Test: Audified U73b V2 Kompressor

 

Der U73b von Audified ist eine Emulation eines Röhren-Kompressors/Limiters von Telefunken, der bis in die 80er Jahre weltweit zum Mastern eingesetzt wurde.

Die Vorgängerversion haben wir bereits getestet. Der markante, eigenständige Vintage-Sound konnte uns überzeugen. Außer der Version von Audified ist uns keine andere Emulation bekannt, die sich explizit diesem Klassiker widmet.

Nun ist die zweite Generation verfügbar. Obwohl sich das Leistungsspektrum erweitert hat, ist der Preis gleich geblieben. Besitzer der Vorgängerversion erhalten zudem einen Rabatt von 50 bis 100%, abhängig vom Kaufdatum.

Recording und Studiotechnik

Beim U73b V2 hat Audified einige Kundenwünsche umgesetzt:

  • Externes Side-Chaining
  • Auto-Output-Modus: Eine Änderung der Input-Reglerstellung bewirkt eine entgegengesetzte Änderung des Output-Reglers mit dem Ziel, die Lautstärke konstant zu halten. Umgekehrt funktionierte das auf unserem Testsystem und zum gegenwärtigen Zeitpunkt (Oktober 2016) allerdings nicht: Bewegungen des Output-Reglers ließen den Input-Regler unbeeindruckt – kein Drama und auch kein Bug.
  • Default-Wert für die Kalibrierung, erweiterte Kalibrierung. Eine wichtige Neuerung, denn damit vergrößert sich der Wirkungsradius der Kompression bzw. des Limitings.
  • Oversampling für einen (noch) besseren Sound. Das Oversampling kann allerdings nur generell eingestellt werden, nicht etwa separat für den Echtzeit-Betrieb und das Rendering. Da man während der Einspielphase meist ohne Oversampling unterwegs sein wird, um Rechenleistung einzusparen, bedeutet das, dass man spätestens beim Mastern und Rendern daran denken muss, bei allen Instanzen das Oversampling einzuschalten. Die Audioqualität des Normal-Modus ist übrigens ohne jeden Tadel, sodass man beim Komponieren es nicht etwa mit einem deutlich minderwertigeren Klang zu tun hätte.
  • Für die Schrift der oberen Leiste kann nun eine beliebige Farbe eingestellt werden. Ganz nett aber auch nicht wirklich bedeutungsvoll.
  • Beschriftung in Englisch und Deutsch. Vorher gab´s nur Deutsch. Wo findet man sonst noch „Durchschalt“ anstatt Bypass und „Rücklauf“ anstatt Release. Jetzt, wo die Briten die EU verlassen wollen, hätte man ihnen nicht unbedingt noch eine eigene Beschriftung hinterherwerfen müssen. (*)
  • Der Look entspricht jetzt dem Original, mit Retina-Support. Macht schon was her, die Originalansicht. Die beiden Metallbügel sind übrigens keine Schalter und beim Plug-in ohne Funktion. Man kann es nicht daran anfassen und herumtragen. Auch gelingt es nicht, in die Buchsen „Sym“ und „Fremdsp“ etwas einzustöpseln.
  • Das Plug-in darf nun auf zwei Computern gleichzeitig genutzt werden. Man kauft also regelrecht zwei Plug-ins. Das ist ein schöner Zug des Herstellers. Andere machen es auch so (aber bei Weitem nicht alle).

u73bv2_bild2

Der Kompressions-Effekt des Audified U73b entsteht abgesehen von der grundsätzlichen Wahl zwischen Kompressor und Limiter („Begr“) im Zusammenspiel zwischen Input-Level, Kalibrierung und Release-Time. Als programmabhängigem Kompressor fehlt ihm ein Threshold: Das Signal wird am Ausgang abgegriffen und in einer Feedback-Schleife zurück in den Detektionsweg geführt, sodass der Kompressionseffekt mit dem Dynamikverlauf mitgeht. Diese Form der Kompression bezeichnet man gerne als „musikalisch“. Der Kompressor-Modus erweist sich als recht flexibel, der Limiter-Betrieb ist eher etwas für das Mastering.

u73bv2_bild3

Im Gegensatz zur Hardware produziert das Plug-in niemals Rauschen. Die Rauschfahnen in den Audiodemos, die noch folgen, sind den Klangerzeugern zuzuschreiben.

Zusammenfassung
  • 100%
    Klangqualität (mit Oversampling) - 100%
  • 95%
    Klangfarbe, Vintage Feeling - 95%
  • 100%
    Preis-Leistungs-Verhältnis - 100%
  • 80%
    CPU-Leistungseinforderung (hoher Wert = niedrige CPU-Last) - 80%
  • 95%
    Bedienkomfort - 95%
94%

Auf den Punkt gebracht

Der U73b von Audified kann auch eine Sammlung erlesener Emulationen analoger Kompressoren durch eine weitere, eigenständig klingende Variante ergänzen und gehört zu den Besten seiner Zunft. In puncto Auflösung und Audioqualität kann er sich auch mit teureren Mitbewerbern messen.

Sende
Benutzer-Bewertung
0 (0 Stimmen)

Eine ausführliche weitere Beschreibung mit weiteren Audiodemos finden Sie in unserem Test zur Vorgängerversion. Hier folgen nur ein paar Anwendungsbeispiele. Ich gebe zu, sie sind nicht besonders einfallsreich, zeigen aber ganz gut, wie der Kompressor arbeitet. Die Demos sind alle mit dem Kompressor-Betrieb aber unterschiedlichen Rücklauf-Zeiten entstanden.

Ein Percussion-Groove (Clavia nord drum 3P) im Original:

 

Und mit dem U73b:

 

Der Kompressor arbeitet die Attacks sehr schön heraus und zeichnet sich durch einen – für ein Röhrenmodell – recht klaren Klang ohne deutliche Anzerrung und auch ohne eine starke Färbung aus. Er wirkt eher etwas nüchtern, akurat, ohne dabei digital zu klingen.

Auch bei dichtem Material …

 

… gelingt es, die Attacks mit dem U73b zu betonen und gleichzeitig mehr Druck zu erzeugen:

 

Hier hört man sehr schön, wie die Obertonstruktur belebt wird (was auf die Röhre zurückzuführen ist). Zuerst das Original:

 

Die Bearbeitung mit dem U73b:

 

Alles zusammen, ohne U73b …

 

… und mit:

 

Der Klang wird kohärenter, ohne dass dabei die markanten Impulse auf der Strecke bleiben.

Der Audified U73b gibt sich mit etwa 5% CPU-Last bei niedriger Puffergröße genügsam und ist absolut livetauglich. Schaltet man das Oversampliung hinzu, so steigt der Leistungshunger auf rund 15% (bei 128 Samples Puffergröße, 44,1kHz, 24 Bit unter Cubase 8.5 auf einem 6-Core i7 PC mit Windows 8.1. (Haswell Extreme Workstation von DA-X). Mit einem RME Fireface 802 USB 2.0 kommt man unter diesen Bedingungen auf knapp 7 ms Latenz).

 

Fazit

Der U73b von Audified kann auch eine Sammlung erlesener Emulationen analoger Kompressoren durch eine weitere, eigenständig klingende Variante ergänzen und gehört zu den Besten seiner Zunft. In puncto Auflösung und Audioqualität kann er sich auch mit teureren Mitbewerbern messen. Dass er nun auch über eine Sidechain-Option verfügt (VST3, AU, AAX), erweitert das Einsatzgebiet.

Die Bedienung ist einfach, der CPU-Leistungshunger (ohne Oversampling) vergleichsweise niedrig. Auch mit Oversampling ist der U73b immer noch livetauglich.

Unterm Strich ein empfehlenswerter Kandidat für die Kompression von Instrumenten aller Art, Gruppen und auch für das Mastering – kein Wunder, zu seiner Zeit war er DER Mastering-Kompressor schlechthin.

Seltsam, dass noch kein anderer Hersteller auf die Idee gekommen ist, ihn zu emulieren. Für einen etwaigen Mitbewerber hat Audified die Meßlatte jedenfalls recht hoch gelegt.

Der Preis ist absolut fair. Manch andere gut emulierte Kompressoren kosten gerne das Doppelte bis Dreifache. Beim U73b erhält man zwei gleichzeitig nutzbare Lizenzen.

Top Product Award

Testautor: Holger Obst

Preis: 149.- US Dollar

Hersteller: Audified

Weiterführende Links: Test des U73b V1.

(*) kleiner Scherz