Test: Hollow Sun Sample Libraries
|Hollow Sun hat sich auf Retro-Instrumente in Form kleiner Sample-Libraries spezialisiert. Dabei sind es weniger die unzählige Male emulierten Legenden der Gilde analoger Synthesizer, die den Schwerpunkt des Repertoirs bilden. Hollow Sun präsentiert vielmehr Urgesteine elektronischer Klangerzeugung, die in Samples gegossene Essenz kompromisslosen Experimentierens mit Modularsystemen oder gar Gerätschaften, denen man auf den ersten Blick kaum eine Tauglichkeit als Musikinstrument zutrauen würde.
Für diesen Test haben wir uns folgende Instrumente aus dem Hollow Sun – Repertoire herausgegriffen:
- Tesla Coils: Der Sound von Tesla-Hochspannungstransformatoren
- ANG: Ein fortgeschrittener Rauchgenerator
- Cronk-O-Tron: Mellotron-ähnliche Pads zwischen analogen Streichern und Voices
- Interference: Geräuschgenerator (altes Vinyl, Knistern, Rumpeln, Brummen)
- Newtron Bomb III: Mellotron M400 – Samples
- Broken: Eine defekte Hammond Solovox
- Cognosphere: Retro-Sci-Fi Sound mit Röhrenoszillatoren aus den 40er und 50er Jahren
- YouKnow6: ein Synthesizer-Klassiker
Am Ende des Tests finden Sie ein kleines Tutorial, das zeigt, wie man unter Kontakt 5 eine in der Benutzeroberfläche fehlende Synchronisation von LFOs und Delays zum Host Tempo nachträglich einrichtet.
Überblick
Stephen Howell, Mastermind von Hollow Sun, kann auf eine Jahrzehnte lange Erfahrung im Umgang mit Samplern zurückblicken. Bereits in den 70er Jahren arbeitete er mit dem ersten Fairlight und war auch in die Entwicklung der frühen Akai-Sampler involviert.
Neben der Vintage Line, die sich bekannten Klassikern elektronischer Klangerzeugung widmet (unser letzter Testkandidat, YouKnow6, gehört hierzu), bietet die Produktlinie Music Laboratory Machines Ausgefalleneres. Die meisten unserer Testkandidaten entstammen dieser Kategorie.
Die Hollow-Sun-Libraries beschränken sich auf ein überschaubares Sampleaufkommen deutlich unter einem Gigabyte. Klangquellen sind beispielsweise Röhrenoszillatoren, Oszillator-Filter-Schaltungen, defekte elektronische Musikinstrumente, Rauschgeneratoren oder Hochspannungstransformatoren. Ziel der Klangforschung ist es, deren urtümlichen, bisweilen fragilen, manchmal auch verstörend zersetzenden Output authentisch und ungeschminkt einzufangen oder nachzubilden.
Die Samples sind zwar technisch einwandfrei und sauber geloopt aber nie aufpoliert, ihr Klangcharakter ist daher häufig rau bis derb, ausdrucksstark und ungeschminkt.
Das Ergebnis dieser Arbeit, die Sound-Libraries, stellen quasi eine Einladung dar, am Experiment teilzuhaben und selbiges fortzuführen. Alle Instrumente verfügen zu diesem Zweck über Optionen, in die Klanggestaltung einzugreifen. Die Oberflächen im phantasievollen Retro-Look sind ohne Lernaufwand bedienbar. Ungeachtet dessen gehört ein leicht verständliches, englischsprachiges PDF-Manual zum Lieferumfang.
Die meisten Parameter können, wie bei Kontakt-Instrumenten allgemein gebräuchlich, via Rechtsklick und MIDI-Lerndialog auch durch externe Controller gesteuert werden kann. Auf der Grundlage der bisweilen brachialen Ursprungssounds, geformt mit kräftig zupackenden Filtern und moduliert mit LFOs, lässt sich auf diese Weise manch ungewöhnliche Performance realisieren. Die durchweg niedrige Beanspruchung der Rechenleistung kommt einer Live-Performance zugute. Da vielfach noch Kontakt 4.2 unterstützt wird, laufen die Libraries auch auf inzwischen veralteten Systemen.
Die Instrumente der Kategorie Music Laboratory Machines eignen sich neben Klangexperimenten auch für die Filmmusik und die Spielevertonung. Abgedrehte Geräuschkulissen, knackige Effekte, spacige Sounds finden sich häufig.
Die Preisgestaltung der auf Native Instruments Kontakt laufenden Instrumente bewegt sich meist im Bereich einer Spende.
Installation
Man erhält einen Download-Link per Email. Die Library muss nur noch entpackt und an einen beliebigen Speicherplatz befördert werden. Von dort kann sie in Native Instruments Kontakt 4 oder 5 geladen werden und läuft in den gängigen Plug-in Formaten sowie standalone auf Mac und PC. Die jeweilige Vollversion von Kontakt ist erforderlich, will man die Instrumente uneingeschränkt nutzen. Auf dem kostenlosen Kontakt-Player laufen die Instrumente ähnlich restriktiv wie eine Demo-Version: zeitlich beschränkt und ohne die Möglichkeit des Abspeicherns.
Eine Autorisierung (etwa über das NI Service Center) wird nicht eingefordert.
Tesla Coils
Im Jahre 1981 meldete Nikola tesla die nach ihm benannten Spulen zum Patent an. Dabei handelte es sich um Hochspannungstransformatoren, die bei seiner Forschung zur kabellosen Stromübertragung eine wesentliche Rolle spielten. Die Transformatoren produzierten nicht nur bunte Lichtbögen, sondern auch eine krächzende Geräuschkulisse. Genau diese sollte mehr als 100 Jahre später Gegenstand der Howellschen Klangforschung werden.
Um den Klang der Teslaspulen nachzubilden, verwendete Stephen Pulswellenoszillatoren, Frequenzmodulation und ein moduliertes Bandpassfilter eines anlogen Modularsystems.
Das Ergebnis sind etwa eine Minute lange Samples von Geräuschkulissen.
Die Bedienelemente beschränken sich auf einen statischen Dreiband-Equalizer, Echo, Hall sowie fünf schaltbare Lichtbögen. Aus der Kombination dieser Lichtbögen ergeben sich unterschiedlich detailreiche, knisternde und rauschende Geräuschfarben. Um rhythmische Effekte zu erzielen, bietet sich eine Kontrolle dieser Schalthebel durch externe Controller-Tasten oder -Pads (via MIDI-Lerndialog) an. Die Lautstärke lässt sich bei Bedarf anschlagsdynamisch regulieren. Unter Variation 1 und 2 stehen langsame, durch Zufallswellenformen gesteuerte Tonhöhenmodulationen bereit. Per Spread kann das Klangpanorama verbreitert werden.
2,43 MB Arbeitsspeicher beanspruchen die Tesla-Coil Instrumente. Hier das Patch Tesla Coils:
Und das Broken Tesla:
ANG: Advanced Noise Generator
Auch bei diesem Instrument geht es um Geräusche, besser gesagt um Rauschen. Ausgehend von der ernüchternden Erkenntnis, dass Rauschgeneratoren in modernen Synthesizern lediglich Randerscheinungen darstellen, wagt Stephen Howell mit ANG einen Gegenentwurf: Hier geht es zentral ums Rauschen. Entstanden sind fulminate Helikopter- und Windsimulationen, maschinenähnliche Geräuschkulissen oder so etwas wie ein elektrischer Fliegenschwarm.
Damit der User sich nicht zwingend durch die reichlich bestückte Oberfläche mit einem kräftig zupackenden Multimodefilter mit acht Charakteristika, vier LFOs, teils mit mischbaren Wellenformen, ADSR-Hüllkurve, Echo und Hall durcharbeiten muss …
… steht eine Reihe von Presets bereit …
… von denen wir uns nun einige anhören wollen:
Alien Wind:
Event Horizon:
Da fliegt vor dem geistigen Auge ein schrottreifes Raumschiff gefährlich nahe vorbei. Grundlage für diese Klänge sind Samples von Weißem und Rosa Rauschen sowie tieffrequente Störgeräusche eines analogen Modularsystems.
Hier der Helikopter, mal fern blubbernd, mal nah zappend:
Ein weiteres Maschinengeräusch (Rhythmic Lo-Fi Rumble) beweist, wie vielfältig Rauschgeneratoren sein können:
Cronk-O-Tron
Deutlich harmonischer geht es beim Cronk-O-Tron zu, welches zum Preis einer Tasse Kaffee erworben werden kann. Auch hier fehlt es nicht an einer gehörigen Portion Patina:
Das Cronk-O-Tron klingt einfach wunderschön nostalgisch.
Grundlage für das Cronk-O-Tron sind Multisamples eines Analogsynthesizers mit Sounds zwischen Streicher- und Voice-Charakter, vor dem Digitalisieren aufgenommen mit einem alten, nicht ganz funktionstüchtigen Sony-Tonbandgerät aus den 70ern und mit zusätzlicher Patina durch eine nicht näher definierte Post-Production versehen. Das Ergebnis toppt so manchen Mellotron-Sound. „Welcome to the sounds of a past future“ titelt Stephen Howell zutreffend.
Ein in Tiefe und Geschwindigkeit regulierbarer LFO steuert Peak-Filterresonanzen. Damit lassen sich weitere Klangfärbungen modulieren (mit einigen zusätzlichen Handgriffen auch temposynchron, wie im Tutorial-Anhang beschrieben):
Interference Generator
Wollten Sie, von Sehnsucht nach alten Zeiten getrieben, schon einmal das Knistern eines Schelllackplattenspielers hören und haben verzweifelt nach geeigneten Samples oder Vinyl-Lo-Fi-Effekten gesucht? Auf diesem Gebiet gibt es mit Vinyl von iZotope oder Speakerphone von AudioEase zwei recht potente Kandidaten, wenn eine Aufnahme alt und zerkratzt klingen soll. Aber für sich alleine produzieren diese beiden trotzdem kein authentisches Plattenspielergeräusch Anno 1940. Nun, hier ist es:
Interference sieht so aus …
… und lässt unschwer erkennen, dass dieses Geräusch-Instrument noch mehr kann. Überhaupt stelle ich fest, dass der Kippschalter bei Vinyl noch gar nicht umgelegt ist. So hört es sich an, wenn der Variations-Regler (ganz oben) und der Tune-Regler des inzwischen eingeschalteten Vinyl-Moduls moduliert wird:
Ein Maschinengeräusch mit den Modulen Fan, Crackle und Rumble:
Im Gegensatz zu den anderen Hollow-Sun Instrumenten lässt sich der Tnterference Generator nicht über die gesamte Tastatur spielen: Einzelne Key-Switches aktivieren die diversen Geräuschmodule separat. Legt man die Hebel um, so ertönt die Geräuschkulisse nonstop, ohne dass eine Note gespielt wird. Um eine abwechslungsreiche Klangkulisse zu entwerfen, bietet es sich an, die einzelnen Module per Key-Switch zu aktivieren und die Regler via MIDI-Lerndialog über Controller zu steuern.
Im folgenden Audiodemo habe ich die Module Fan, Crackle und Vinyl (per Key-Switch) eingespielt, über externe Controller in der Tonhöhe moduliert und den MIDI-Arpeggiator Arpache SX aus Cubase benutzt, um einen Maschinenrhythmus zu generieren. Besonders der Fan klingt durch die Tonhöhenmodulation nun richtig gequält.
Im zweiten Durchgang der 16-Takte-Sequenz (bei 120 BPM) kommt das Preset 16 Violins aus Hollow Sun Newtron Bomb III zum Einsatz (unser nächster Testkandidat). Die Lautstärke der Mellotron-Streicher habe ich mit dem Cubase-Standard-Kompressor im Sidechain-Modus durch den Maschinenrhythmus gesteuert, um einen allzu vollen, undynamischen und ermüdenden Gesamtklang zu verhindern.
Etwas schade ist, dass die Module des Interference Generators nicht über Einzelausgänge verfügen, was das Abmischen erleichtern würde. Da jedoch jedes Modul über einen eigenen Lautstärkeregler verfügt, kann man die Geräuschgeneratoren nacheinander als separate Audiofiles aufnehmen.
Hier der Vollständigkeit halber die Einstellungen des MIDI-Arpeggiators und des Kompressors aus Cubase:
Newtron Bomb III
Hier trifft man auf eine ganze Reihe von Mellotron (M400) Sounds. Die Bänder des Mellotron erlaubten eine maximale Spieldauer von acht Sekunden pro Note (es handelt sich hier also nicht um Bandschleifen, die endlos durchlaufen können) und wurden komplett gesampelt, auch bei halber Abspielgeschwindigkeit. Im Gegensatz zum echten Mellotron bricht der Klang der virtuellen Version nicht nach spätestens acht Sekunden ab, sondern währt dank nahtlos geloopter Samples ewig. Unter den Hollow-Sun-Instrumenten hält das Mellotron mit teilweise mehr als 100 MB Speicherbedarf den Rekord.
Zwei Layer teilen sich die linke und rechte Hälfte der Oberfläche. Klickt man auf das Namensschild der Layer, öffnet sich ein Aufklappmenü, über das andere Samples geladen werden können.
Zusätzlich steht eine Reihe von Presets bereit …
… bei denen es sich nicht um unterschiedliche Parameter-Konfigurationen, sondern um Instrumente mit unterschiedlichen Samples handelt.
Die Ausstattung mit Parametern ist einfach und weitgehend selbsterklärend. Ein Sinus-LFO fügt Vibrato hinzu und kann wahlweise über das Modulationsrad gesteuert werden.
Mit „Wow“ schaltet man zufällige Gleichlaufschwankungen ein, die den Klang des altgedienten Mellotrons noch etwas authentischer wirken lassen.
Mit „Start“ wird für jeden Note-On ein anderer, zufälliger Startpunkt innerhalb des Samples ausgewählt. Ähnlich wie Round-Robin-Samples wird so ein Wiederholungseffekt des selben Klangverlaufs vermieden.
Mit aktiviertem „Velo“ lässt sich Newtron Bomb III anschlagsdynamisch spielen. Damit bewegst man sich vom Original allerdings weg; das M400 kannte diese Funktion nicht.
Zentral findet sich ein einfaches, nicht temposynchrones Echo mit einem Filter zur Höhendämpfung. Als (IR-) Halltypen stehen jeweils zwei Variationen eines Federhalls, Plattenhalls und Raum-Halls zur Verfügung, die in ihrer Größe und Ausklingzeit geregelt werden können.
Echo und Hall sind in den Werkspresets überdeutlich präsent. Um einen besseren Eindruck der Samplequalität zu ermöglichen, habe ich die Effekte für die folgenden Audiodemos ausgeschaltet. Wow und Start sind eingeschaltet.
16 Violins (Layer 1), Violins (Layer 2):
Mit halber Geschwindigkeit (und damit eine Oktave tiefer):
Knabenchor und Flöte:
Das Preset „Sky Watcher“ mit den Layern Watcher und Violin; Hall und Echo sind nun eingeschaltet:
Nach alter Filmmusik klingen diese Mellotron-Streicher, Preset „ShimmerTron“:
Geradezu mitleiderregend klingen diese Bläser (Tron Brass):
Keine Frage, das Hollow Sun – Mellotron klingt arachaisch und authentisch. Vermisst habe ich einen Panoramaregler für die beiden Layer. In höheren Preisregionen ab 80.- Euro aufwärts finden sich Mellotron-Spezialisten, die etwas weniger harsch und rau klingen und (unter anderem) beispielsweise mit Piano und Vibraphon Klangfarben ins Spiel bringen, die unser Testkandidat nicht bietet (Toontracks Mellotron für EZkeys, Gforce Mtron Pro, IK-Multimedia SampleTron).
Broken
Die hier gesampelte Hammond Solovox Orgel aus den 40er Jahren hat, das ist kaum zu überhören, einen langen Leidensweg hinter sich.
Jede einzelne Taste erzählt ihre persönliche Geschichte, garniert mit Piepsen, Knacken. Knistern – nahe am Totalausfall. Das schrille Pfeifkonzert ist harmonisch nicht in den Griff zu bekommen und auch nicht ansatzweise tonal spielbar.
Mit Oszillatorbrummen, Wobbler und Lo-Fi-Effekten lässt sich die gespenstische Darbietung noch steigern.
Kleiner Tipp:Wer einen zu glatten Orgelsound mit Patina garnieren möchte, findet in Broken den idealen Kandidaten zum Doppeln. Damit beide Spuren nicht nur nebeneinander herlaufen, sondern auch interagieren, platziert man man im Mixer-Kanal der Originalspur ein sidechain-fähiges Gate oder einen Kompressor als Insert-Effekt und steuert diesen durch das Audiosignal des Broken-Tracks (dort etwa über den Send-Effektweg, den man zum Gate/Effekt routet).
Cognosphere
Hier kommen sechs in Samples gegossene Röhrenoszillatoren der 40er und 50er Jahre sowie ein Rauschgenerator zum Einsatz. Die Oszillatoren liefern Standardwellenformen (Sinus, Sägezahn, Dreieck, Rechteck) mit unüberhörbaren Anzerrungen im Obertonspektrum – klanglich weit entfernt von edlen (und oft rechenintensiven) Röhrensimulationen, wie man sie in manchem virtuellen Instrument oder Plug-in findet.
Die Oszillatoren können gemischt, im Panorama verteilt und in ihrer Tonhöhe individuell mittels LFO moduliert werden. Der LFO liefert eine Mischform aus Sinus-, Sägezahn- und Rechteckwelle im Geschwindigkeitsbereich von ultra-langsamen 0,1 bis zu schnellen 200 Hertz.
Ein potentes, wahlweise zwei- oder vierpoliges Multimodefilter mit Tief-, Band- und Hochpasscharakteristik sowie eigener ADSR-Hüllkurve kann über einen weiteren LFO moduliert werden. Zusammen mit der Oszillator-Modulation lassen sich retro-futuristische Effektsounds erzeugen, die an die Klangkulisse alter Science-Fiction-Filme erinnern.
Cognosphere ist wahlweise monophon, dann mit Glide-Option, oder polyphon spielbar.
Anstatt gezielt an der Parametereinstellung zu arbeiten, kann man auch auf das große zentrale Zahnrad klicken, welches eine Zufallskonfiguration entwirft. So surft man ohne angestrengtes Mausklicken durch blubbernde, knisternde oder quietschende Klangwelten. Dabei sollte man nicht vergessen, interessante Ergebnisse als Snapshot abzuspeichern (Kamerasymbol in der oberen Menüleiste).
Zudem wird eine Reihe von Presets mitgeliefert:
Richtig spannend und komplex wird es, wenn man vom All-Oscillator-Editiermodus zum individuellen Editieren wechselt. Nun steht die komplette Ausstattung mit Filter, LFOs und Hüllkurven für jeden Oszillator einschließlich Rauschgenerator individuell zur Verfügung. Mit entsprechenden Einstellungen der Lautstärkehüllkurven und der Panoramaregler lassen sich sieben Ein-Oszillator-Sounds als Layer im zeitlichen Versatz und mit unterschiedlichen Stereopositionen überblenden.
Nach so viel extravaganten Instrumenten will ich es nicht versäumen, Ihnen auch einen typischen Vertreter für die Nachbildung legendärer Synthesizer vorzustellen. Dabei vollziehen wir einen Zeitsprung von den 40ern in die 80er Jahre:
You Know6
Schon der Name dürfte deutlich machen, welcher Synthesizer hier Pate stand. Ein Blick auf die Oberfläche räumt letzte Zweifel aus:
YouKnow6 ist keine strenge Nachbildung des Originals: Mischbare, gegeneinander verstimmbare Oszillator-Wellenformen, ein anschlagsdynamisch, per LFO oder Hüllkurve steuerbares Tiefpassfilter mit 12 und 24 dB Flankensteilheit sind passende Erweiterungen der Funktionalität. Eine Filtermodulation per LFO kann via Modulationsrad oder Aftertouch gesteuert werden. Ein einfacher Arpeggiator liefert quirlige Tonfolgen, auch punktiert oder triolisch. Der legendäre Chorus des Originals wurde ebenfalls gesampelt und ist zuschaltbar.
In einem zweiten Menü entdeckt man fünf Standardeffekte: Flanger, Phaser, Rotator, Delay und Reverb.
YouKnow6 lässt sich leicht bedienen, sodass es kein Problem sein sollte, gezielt Klänge selbst zu erstellen. Dennoch gibt es für den Schnelleinstieg eine Reihe von Presets:
Dank der Verstimmbarkeit der Oszillatoren, Filtermodulation, Suboszillator sowie Chorus und anderen Effekten ergibt sich ein breites Angebot: Vom satten, fetten Bass bis zu warmen, schwebenden Pads. Der Rauschgenerator ermöglicht auch perkussive Klänge wie Bassdrum, Snare, Hi-Hat und Becken.
Die Klangqualität ist ausgezeichnet und im Gegensatz zum Original rauschfrei. In Zeiten hochkomplexer virtueller Synthesizer, bei denen man sich im Parameterdschungel leicht verirren kann, erweist es sich als erfrischend, zur Abwechlung mal mit einem solide klingenden, geradlinigen Synthesizer zu arbeiten.
Hier kamen vier Instanzen von YouKnow6 zum Einsatz: Bass, Bassdrum, Snare und analoge Strings. Abgesehen von einem Limiter im Master-Out habe ich keine externe Klangbearbeitung vorgenommen.
Echos und LFOs zum Tempo synchronisieren
Alle mir bekannten Hollow Sun Instrumente bieten keine direkt über die Benutzeroberfläche erreichbare Synchronisation zum Host-Tempo. Dieser Mangel kann jedoch auf relativ einfache Weise im Edit-Modus von Kontakt beseitigt werden. Dazu klickt man zunächst auf das Schraubenschlüsselsymbol in der linken oberen Ecke der Kopfleiste des Instruments und anschließend auf die Schaltfläche „Group Editor“:
Im Group Editor wählt man die Samplegruppen aus, für die die Bearbeitung gelten soll. In unserem Fall benötigen wir in der Regel alle Gruppen, klicken also entsprechend auf „Edit all Groups“.
Meist verwendet Stephen Howell einen Multi LFO für die Filtermodulation. Man öffnet also die Modulatorenansicht (letzte Zeile unten, Modulation), wo als erster Eintrag der Multi LFO zu finden ist:
Unter LFO Freq wird in der oberen Abbildung 0,5 Hertz angezeigt. Um den LFO zum Tempo des Host zu synchronisieren kick man auf Hz, womit ein Aufklappmenü mit verschiedenen Notenlängen erscheint. Genau das, was wir brauchen.
Hat man sich hier eine Notenlänge ausgesucht, so dient der Regler dazu, ein Vielfaches dieser Notenlänge einzustellen. Sechzehntel mit Wert 1 bewirken, dass der LFO einmal pro Sechzehntel-Note seine Wellenform durchläuft. Sechzehntel mit Wert 16 verlängern diesen Prozess auf einmal pro Takt. Nach dem Verlassen des Edit-Modus übernimmt der LFO-Speed-Regler der Oberfläche diese Funktion, allerdings ohne Anzeige der Notenlängen.
Sollten mehrere LFOs in Gebrauch sein, etwa zur Modulation der Oszillator-Tonhöhe und der Filter, so klickt man zunächst auf das Filter und sieht sich an, welcher LFO für dessen Modulation verwendet wird. Bei unserem Beispiel ist es der besagte Multi-LFO, der die Cutoff-Frequenz regelt.
Mit dem Echo macht man es genauso: Soll dieses zum Tempo synchronisiert werden, so wählt man im Edit-Modus unter Insert Effects das Delay aus (Doppelklick), klickt auf ms (für Millisekunden) rechts unterhalb des Time-Reglers und wählt aus dem Aufklappmenü die gewünschte Echodauer in Notenlängen.
Fazit
Wer auf der Suche nach exgravaganten, kompromisslos authentischen Retro-Klangerzeugern ist, wird bei Hollow Sun fündig. Das Spektrum reicht von tonal spielbaren Vintage-Instrumenten bis hin zu Störgeräuschgeneratoren. Speziell Klangexperimente der verstörenden Art, Retro-Effektklänge, rhythmische Maschinenklänge aller Art oder Elektro-Geräuschtexturen gelingen mit diesen Instrumenten spielerisch und stets mit nostalgischem Flair.
Jedes einzelne Instrument ist auf seine Weise liebevoll konzipiert und gestaltet. Einen aufpolierten Klang sucht man hier vergeblich, dafür zahlreiche authentische Offenbarungen aus der Frühzeit elektronischer Klangerzeugung
.
Die Optionen zur Klanggestaltung sind überschaubar aber effektiv und für das jeweilige Instrument passend zugeschnitten.
Echos und LFOs sind über die Benutzeroberfläche nicht zum Tempo synchronisierbar. Dies kann jedoch über das Edit-Menü von Kontakt erreicht werden.
Die Preisgestaltung ist ausgesprochen fair.
Plus
Außergewöhnliche Experimental-Instrumente (Produktlinie Music Laboratory Machines)
Authentischer Retro-Klang
Niedige Preise
Minus
Echos und LFOs nur über das Edit-Menü von Kontakt zum Tempo synchronisierbar
Preise (in Britischem Pfund, zzgl. Umsatzsteuer):
Tesla Coils: 10,00 GBP
ANG: 8,00 GBP
Cronk-O-Tron: 2,50 GBP
Interference: 4,00 GBP
Newtron Bomb III: 20,00 GBP
Broken: 5,00 GBP
Cognosphere: 10,00 GBP
YouKnow6: 20,00 GBP
Hersteller: Hollow Sun
Systemvoraussetzungen
Kontakt 4.2 Vollversion:
Windows® XP (SP2, 32bit) / Vista® (32/64 Bit), Windows 7® (32/64 Bit)
Mac OS® X 10.5 aufwärts, Intel® Core™ Duo 1.8 GHz, 2 GB RAM
Kontakt 5 Vollversion:
Windows® 7 aufwärts (32 und 64 Bit)
Mac OS® X 10.8 aufwärts (32 und 64 Bit)
Formate
Standalone, AAX, RTAS, VST, AU
Diesen Artikel finden Sie in vollständiger Länge, mit allen Screenshots und Audiodemos auch in unserem iBook Magazin (Heft 2).