Test: Tone2 Gladiator 2

Gladiator 2 ist ein virtueller Synthesizer auf Basis der Harmonic Content Morphing Synthese, die es erlaubt, durch das harmonische Spektrum zweier Oszillatoren zu surfen. Dabei wird das Obertonspektrum der Oszillatoren moduliert. Ergänzend können Samples eingebunden werden. Filter, LFOs, Effekte, ein Arpeggiator und eine Modulationsmatrix machen Gladiator zu einer gut ausgestatteten Bastelkiste für Klangforscher und Sounddesigner. Gladiator 2 bietet die Möglichkeit, Sounds mittels subraktiver, additiver und frequenzmodulierender Synthese zu erstellen. Geboten werden darüber hinaus Wavetable- und Resynthese. In der Summe aller Features ergibt sich ein großes Potenzial für die Soundgestaltung. Wie man dieses Potenzial in den Griff bekommt und ob es sich auch in praxistauglichen und audiomäßig überzeugenden Sounds niederschlägt, erfahren Sie in diesem Test

Wer lieber mit fertigen Sounds startet, findet einen reichlich gefüllten Preset-Browser. Optional wird ein Electronic Expansion-Kit mit weiteren über 300 Presets angeboten, welches ebenfalls Gegenstand dieses Tests ist. Gladiator 2 kann Standalone betrieben werden sowie als VST und AU-Instrument für alle gängigen Mac- und Windows-Plattformen. RTAS wird nicht unterstützt.

 

Das Welcome-Patch von Gladiator 2

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Installation, Skins, Bedienungsanleitung

Die Installation vollzieht sich analog zum bereits getesteten ElectraX: Nach dem Kauf im Tone2-Online-Shop erhält man einen Download-Link. Das Key-File muss in den Plug-in-Ordner (Mac: Library->Audio->Plug-ins) kopiert werden. Dort findet sich auch die Textdatei, welche die Farbe des Gladiator-Interfaces bestimmt. Die zusätzlichen Skins sind Bestandteil der Erweiterung und in der Grundversion nicht enthalten. Will man beispielsweise vom werksseitig vorgegebenen Blau zu Rot wechseln, öffnet man diese Textdatei, die als Eintrag lediglich eine 1 aufweist und ersetzt die 1 mit einer 2.

Lobenswert ist die insgesamt ausführliche und verständlich geschriebene Bedienungsanleitung (PDF), die es auch in deutscher Sprache gibt (nur wenige deutsche Hersteller können sich dazu aufschwingen) und die sogar über einige hilfreiche Tutorials verfügt.

Schnellstart mit Presets

Presets sind immer gut, wenn man sich einen Überblick über die Möglichkeiten eines Klangerzeugers verschaffen will. Zum zweiten können sie auch als Ausgangsbasis für eigene Kreationen gute Vorlagen liefern. Der Preset-Browser von Gladiator 2 bietet reichlich Material, sortiert nach der übliche Kategorisierung.

Innerhalb der Kategorien findet man eine schier erschlagende Auswahl an Presets. Hier ein kleiner Ausschnitt aus der Arpeggiator-Kategorie und den Natural Vitage-Sounds, bei denen die Kürzel vor den Namen weitere Auskunft geben: FL für Flute, GT für Gitarre.

Die kleinen Buttons im Preset-Browser dienen der Organisation von Soundbänken und dem Abspeichern eigener Klänge. In Anbetracht der Vielzahl von mitgelieferten Presets vermisst man erweiterte Funktionen wie die Zuordnung von Attributen, eine entsprechende Suchfunktion oder eine Markierung von Lieblings-Sounds per Favoritenkennzeichnung. Als Besonderheit gibt es innerhalb des Browsers einen Random-Taster, der sämtliche Parameter eines Presets durcheinanderwirbelt und sich als sehr zweckdienlich erweist, wenn man auf der Suche nach einem interessanten Ausgangssound für eigene Bastleien ist. Die Random-Funktion ist zwar nicht dosierbar und produziert regelmäßig Sounds, die mit dem ursprünglichen Preset nicht mehr viel gemein haben, doch die Ergebnisse sind erstaunlich gut und mehr als nur brauchbar, so als würde dieser Zufallsgenerator nach musikalisch sinnvollen Kriterien vorgehen.

Zurück zu den Presets: Ein paar Beispiele sollen vorab das Soundpotenzial unseres Testkandidaten beleuchten. Hier zunächst ein Preset aus der Kategorie Arpeggiator (Der Beat stammt von Stylus RMX):

 

Und noch eins:

 

Zwei Gladiator-Instanzen: Die Atmo Rainy Days mit dem Pad Nordpol RR

 

Das Vogelpiepsen der Atmo Rainy Days entsteht durch eine Modulation der Sinuswellenform von Oszillator 1, also nicht etwa durch Filterresonanzen oder den Einsatz von Samples.

In der Atmo-Abteilung findet sich eine große Anzahl von Texturen, die sich gut für Soudtracks und Multimedia eignen …

 

… aber auch Experimentell-Rhythmisches (das Demo startet mit einem Background-Beat von Stylus):

 

In der Kategorie FX Drum Percussion finden die Noise- und Effektgrooves ihre Fortsetzung:

 

Unter den Synths findet man neben vielen sehr eigenständigen, modernen Sounds, die wie eine Mixtur aus FM- und additiver Synthese mit Sound-Morphing klingen, auch klassische warme Analogsounds. Hier das Preset SY Oberheim, dazu eine Effekt-Bassdrum, die den Stylus-Beat im Hintergrund mit Volumen füllt:

 

Eine Flöte aus der Abteilung Nature Vintage schafft Kontraste:

 

Gladiator geht einigermaßen schonend mit den CPU-Ressourcen um. Daher ist es kein Problem, auch auf nicht ganz aktuellen Rechnern mehrere Instanzen zu öffnen. Im folgenden Audiodemo kommen drei Instanzen zum Einsatz: Ein modifiziertes Vibraphon wird von einer Hi-Hat und einer Bassdrum begleitet:


 

Hier sind es vier Gladiator-Instanzen: Drei für den Beat und dazu wunderbar warm und analog klingende Hörner aus der Rubrik Vintage-Natural:

 

Apropos „natural“: Man sollte von Gladiator nicht erwarten, dass er eine erstklassig aufgenommene Sample-Library ersetzt. Das ist auch nicht Ziel dieses Soundlabors. Trotzdem findet man unter den Bläsern, Orgeln und Keyboard-Klängen eine Menge Material, das es auch mit herkömmlich gesampelten Sounds aufnehmen kann. Etwas schwächer finde ich die Gitarren-Presets, denen es etwas an Modulation fehlt. Die Gitarrensounds eignen sich jedoch sehr gut als Grundlage für Eigenkreationen. Gelegenheit, mehr Lebendigkeit einzupflanzen gibt es reichlich, denn bei der Gitarre ist nur ein Oszillator im Einsatz. Nimmt man nun einen zweiten Oszillator hinzu und legt die Überblendung zwischen beiden via Modulationsmatrix auf das Modulationsrad, ergeben sich schnell abwechslungsreich modulierbare Klänge. Im folgenden Audiodemo hören sie eine solche Weiterentwicklung eines Gitarren-Presets. Der Bass stammt von einer zweiten Gladiator-Instanz, der Beat wieder von Stylus:

 

Den Bässen ist, wie sich das gehört, eine eigene Kategorie gewidmet, bis zum Rand gefüllt mit Allem, was das Herz begehrt: Von Akustik-Style über knarzig und hart bis zu fett und analog. Experimentelles und Neues fehlt auch hier nicht. Insgesamt inspirierend.

Die Lead-Sounds konzentrieren sich auf die Nachbildung analoger Legenden – mit bemerkenswerten Ergebnissen. Auch hier zeigen die Presets, was in den Morph-Tables steckt. Gladiator lässt manchen Klassiker in punkto Soundfülle und Abwechslungsreichtum verstaubt aussehen. (Ich weiß, es grenzt an Blasphemie, so etwas zu schreiben. Zweifler sollten sich die Demo-Version herunterladen.) Hier ein Zusammenspiel von einem Sequencer-Bass und einem Lead-Sound, im Hintergrund wieder ein Stylus Beat:

 

Bedienoberfläche und technische Details

Gladiator verfügt über fünf Oszillatoren, die im Unisono-Betrieb maximal 18-stimmig sind. Das Interface besteht aus einem großen Fenster, welches Zugriff auf sämtliche Klangparameter bietet. Per Rechtsklick gelangt man zu Auswahlmenüs, unter anderem für die Oszillator-Wellenformen, Samples (Oszillator 5), Modulationsquellen und -ziele, Filter, Effekte, LFOs, Unisono- und Arpeggiator-Parameter.

Harmonic Content Morphing

Grundlage für die Klangerzeugung in Gladiator sind zahlreiche Standard-Wellenformen wie Sinus, Sägezahn, Rechteck etc. sowie eine Vielzahl von sogenannten Multi-Waves. Diese bauen intern auf jeweils 256 Snapshots auf, die den Verlauf des Obertonspektrums eines bestimmten Instruments abbilden und in Morph-Tables zusammengefasst sind. Diese Morph-Tabels werden als Oszillator-Presets geladen und können anschließend vielfältig moduliert werden, beispielsweise durch eine fließende Veränderung des Obertonspektrums oder eine periodische Wiederholung einzelner Segmente innerhalb des Tables.

Die Oszillatoren 1 und 2 sowie 3 und 4 bilden jeweils ein Duo, welches in einem Block zusammengefasst ist.

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Der jeweils zweite Oszillator der Duos moduliert wählbare Parameter des ersten Oszillators und/oder wird mit diesem zu einem Signal zusammengefasst. Auch hierfür gibt es verschiedene Optionen. Im Einzelnen: Zunächst ein Ausschnitt aus den Wellenformen, die für jeden der Oszillatoren 1 bis 4 zur Verfügung stehen.

Im deutschsprachigen PDF-Manual findet sich eine Komplettübersicht:

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Auch Drumloops gehören zur Wellenform-Ausstattung

Neben klassischen Modulatoren wie LFOs, die über eine Matrix zugewiesen werden können, sind in beiden Duo-Oszillatorblöcken Modifier enthalten – und die haben es in sich.

Es würde diesen Testbericht sprengen, alle Modifier im Einzelnen zu erläutern. Doch ich will einige herausgreifen: Bei den Mix-Modifiern werden transponierte Versionen dem Signal beigemischt. Die Thin-Modifier eliminieren u. a. geradzahlige, ungerade, zufällig ausgewählte oder alle Obertöne. Im Weiteren stehen Modifier bereit, die das Klangspektrum verschieben, spreizen, stauchen, säubern, entlang einer Basisfrequenz spiegeln, Amplitudenmodulationen hinzufügen, Obertöne vertauschen, den Klang verdichten, eine Pulsweitenmodulation mittels verstimmtem Duplikat des Oszillators ermöglichen, Filterfunktionen hinzufügen, Formanten herausgreifen oder hinzufügen, den zeitlichen Ablauf der Welleform verändern, die Tonhöhe modulieren, verschiedene Versionen der Frequenzmodulation ins Spiel bringen, Waveshaping und Verzerrungen oder Hüllkurven- bzw. Tremolo-Effekte ermöglichen.

Spätestens jetzt dürfte klar sein, dass ein zielgerichteter Einsatz der Optionen eine Lektüre des Manuals erfordert. Die zur Verfügung stehenden gestalterischen Möglichkeiten sprengen alles, was man kennt (abgesehen von komplexen Modularsystemen wie Reaktor). Doch erfreulicherweise kommt man auch ohne Manual über reines Ausprobieren schon recht weit. Ungenießbares Klanggemüse muss nicht entstehen, wenn man beim Herumprobieren Schritt für Schritt vorgeht. Die Pfeil-Tasten am Rand der Auswahlfelder helfen dabei, die klangliche Auswirkung der Wellenform- oder die Modifierpresets zu erkunden (als Alternative zu den Aufklappmenüs).

Über das Combine-Feld bestimmt man die Mischung der beiden Oszillatoren eines Blocks.

Hier trifft man die Entscheidung, ob man nur einen der beiden Oszillatoren verwenden will, eine Mischung, Subtraktion, Multiplikation, Crossfades, abwechselndes Abspielen oder eine Mischung der ungeraden Obertöne des ersten mit den geraden Obertönen des zweiten Oszillators, eine Amplituden- oder Frequenzmodulation. Tja, und dann gibt es noch das Morphmode-Feld, ebenfalls mit Dropdown-Menü.

Was zunächst etwas befremdlich aussieht, erweist sich als recht einfach zu lesen. Bei den LFOs werden wir diese Art der Symbolik wiederfinden. Ähnlich wie bei einem Loop-Player geht es hier darum, wie die Wellenform im Morph-Table abgespielt werden soll: Vorwärts-Rückwärts, mit zufälligem Einsatzpunkt, mit zunehmender oder abnehmender Geschwindigkeit, mit einem Loop im Teilbereich der Wellenform oder auf einen der 256 Snapshots fokussiert. Der RST-Button bestimmt, ob das Durchlaufen des Morph-Tables kontinuierlich oder mit jedem Note-On-Befehl vom Startpunkt aus erfolgen soll. Mittels Speed-Regler legt man die absolute Geschwindigkeit des Morphings fest; mit dem Sync-Taster wird sie zum Tempo des Host synchronisiert. Der Speed-Regler springt im Sync-Modus von geteilten zu ganzen Noten. Wie bei allen Parametern wird die aktuelle Werteangabe im Display rechts oben im Interface angezeigt. Über Key-Follow steigt die Abspielgeschwindigkeit des Morphs mit der Notenhöhe. Schließlich gibt es noch eine globale Pitch-Abteilung für die Tonhöhe des Oszillatorblocks, inklusive Fomantentransponierung.

 

Oszillator Nummer 5 unterscheidet sich grundlegend von den beiden beschriebenen Blöcken der Oszillatoren 1 bis 4. Hier werden Samples als One-Shots wiedergegeben.

 

Oszillator 5 eignet sich dazu, die Attackphase eines Sounds zu betonen, einen Geräuschhintergrund zu schaffen oder zusätzliche Klangfarben (Instrumentensamples: Gitarren-Picking etc.) hinzuzufügen. Mittels Key-Regler können die Samples der Notenhöhe angepasst werden, außerdem gibt es eine einfache Loop-Funktion.

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Im Mix-Bereich regelt man die Lautstärke der Oszillatoren, die Amplitudenmodulation zwischen den beiden Morph-Table-Blöcken. Über die Panorama-Regler lassen sich Stereo-Effekte realisieren, mit Mute einzelne Stränge der Klangerzeugung ausschalten. Die Mix-Parameter finden sich auch als Modulationsziele in der Matrix wieder, können also beispielsweise von einem LFO oder einem externen Controller gesteuert werden (dazu später).

 

Unterhalb des Mix-Bereiches findet sich eine kleine aber feine Unisono-Abteilung, die einen starken Einfluss auf den Klang nehmen kann.

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Spread und Depth bestimmen die Stereo-Verteilung und den Grad der Verstimmung bei den hinzugefügten Stimmen. Über ein Pulldown-Menü erreicht man verschiedene Verteilungen der Unisono-Stimmen.

Für die Art der Tonhöhen- und Phasenodulation der Unisoni-Stimmen stehen verschiedene Presets im Pulldown-Menü Spirit Mode zur Verfügung.

Hier geht es darum, Ungenauigkeiten bzw. Unregelmäßigkeiten bei den hinzugefügten Stimmen zu implementieren und ein natürlicheres Klangverhalten zu imitieren. Sie können jedoch auch als zusätzliche Quelle für Klangexperimente genutzt werden. Ein Beispiel dafür: Zunächst hören Sie das Preset Guitar Slap 2 mit einfachem Unisono:

 

Nach Zugabe des zweiten Oszillatorblocks und des Filters ergibt sich bereits ein ganz anderes Klangbild:


 

Mit dem Preset Sin32 im Spirit-Mode der Unisono-Abteilung lässt sich der glockenhaft-metallische Anteil des Filters herausarbeiten:

 

Womit wir beim Filter wären, welches den Morph-Table-Oszillatoren durch eine üppige Auswahl an Charakteristika und eine überzeugende Qualität und Parameterausstattung als weiteres starkes Gestaltungswerkzeug zur Seite steht. (Die Stärke des Filters dürfte auch von der Entwicklung der Tone2 Filterbank 3 profitieren.)

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In den folgenden Audiodemos hören sie einen simplen C-Dur-Akkord des Presets EP keyjazz, erst ohne, dann mit verschiedenen Filtern:

 

 

mit dem Comb Filter

 

mit dem Double-Comb Filter und dem Step-Lfo zur Modulation des Cutoffs

 

Resample-Filter

 

LP Superflat – Filter mit hoher Resonanz und Cutoff-Modulation durch den Step-Sequencer

Neben dem Reichtum an Charakteristika ist der Stereo-Regler, der das Filtersignal im Panorama verteilt, eine Besonderheit von Gladiator. Neben dem Filter gibt es noch eine kleine EQ-Sektion:

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Weiter geht es mit den Effekten: Hier wäre zunächst die Distortion-Abteilung zu nennen, die folgende Presets beinhaltet:

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Mehr Biss, Rauheit, Aggressivität bis hin zu destruktiven Eingriffen in den Sound sind hier mit einem Regler, Drive, realisierbar.

Neben der Amplifier-Hüllkurve findet sich ein kleines temposynhrones Delay; Verzögerungszeiten sind aus einem Pulldown-Menü wählbar. Der Gain-Regler bestimmt das Feedback:

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Zwei Effektblöcke bieten dieselbe …

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… Ausstattung mit Presets.

Sie können parallel oder seriell geschaltet werden. Alle Delays sind zum Songtempo synchronisiert. Eigentlich sind Halleffekte in virtuellen Instrumenten eher Dreingaben, die man durch bessere externe Lösungen ersetzt. Den Hall von Gladiator 2 sollte man aber nicht in gewohnter Manier links liegen lassen: Er klingt sehr warm, organisch und projiziert angenehme Schwebungen in den Sound. Ein wirklich ausgereifter Effekt, der sich gut in den Sound des Instruments einfügt und es aufwertet. (Auch hier liegt der Verdacht nahe, dass ein anderes Produkt der Tone2 – Serie Pate gestanden hat: Der Warmverb multi FX.) Die anderen Effekte klingen ordentlich und passen ins Bild, sind aber im Vergleich zu den Möglichkeiten der Oszillator- und Filter-Sektion nicht spektakulär. Interessant er wird es, wenn man sie über die Matrix moduliert.

Die Matrix bietet 2 x 6 Modulationsslots (auf zwei Seiten verteilt):

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Hier stellt man insgesamt 12 Modulationsquellen und Ziele zusammen und reguliert die Modulationsstärke. Diese kann wiederum durch eine weitere Modulationsquelle moduliert werden, man kann also beispielsweise die Stärke, in der eine Modulations-Hüllkurve den Filter-Cutoff steuert, durch den Step-LFO synchron zum Songtempo verändern. Hier die Liste der Modulationsquellen.

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Neben den internen Modulationsquellen wie LFOs und Hüllkurven können auch sämtliche externen MIDI-Controller zugewiesen werden, also nicht nur Pitchbender und Modulationsrad.

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Erfreulich ist, dass auch Effektparameter moduliert werden können. Leider fehlen die Modifier-Modulationsregler aus der Oszillatorsektion als Modulationsziele. Dies hat seinen Grund darin, dass das Morph-Table nach einer Justierung dieser Regler neu berechnet werden muss. Eine modulierbare Echtzeitberechnung würde zu viel Prozessorleistung beanspruchen.

Zu den internen Modulationsquellen: Da wären zunächst zwei identisch aufgebaute LFOs …

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… mit diesen Wellenformen.

Mittels BPM-Synchronisation der LFOs hat man sich mit wenigen Handgriffen einen sägenden Groove-Sound zusammengebastelt. Dazu klickt man zunächst im Browserbereich auf „init“, um sämtliche Parameter zurückzusetzen und alle Wellenformen zu entfernen. Anschließend wählt man eine Saw-Wellenform für Oszillator 1. Diese klingt auch ohne weitere Manipulationen schon recht fett. Weil´s aber immer noch ein bisschen mehr sein darf, habe ich ein wenig mit den Modifiern herumprobiert und den Unisono-Modus hinzugenommen, wie hier abgebildet:

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Der LFO soll ganz klassisch den Filter-Cutoff steuern. Also muss zunächst eine Filtercharakteristik gewählt werden. Ein 30dB Lowpass-Filter packt ordentlich zu:

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Der Sound hört sich nun so an:

 

Nun starten wir LFO 1 mit einer Mini-Sequenz und natürlich BPM-synchron:

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LFO 2 nehmen wir hinzu, um das Feintuning des Oszillators zu modulieren – das macht den Sound hinterher noch fetter:

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Schließlich weisen wir beide LFOs in der Matrix Modulationszielen zu:

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Und so hört es sich an:


 

Im Browser geben wir über den Rename-Taster unserem Kind einen Namen und speichern es ab:

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Simple Fat LFO SAW BEAST

Eine weitere interne Modulationsquelle ist der Step-LFO:

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Der Step-LFO bietet bis zu 37 Schritte zwischen denen hart oder weich in mehreren Stufen übergeblendet werden kann. Er ist zum Song synchonisierbar. Im folgenden Demo moduliert der Step-LFO das Filter-Cutoff und die Verzögerungszeit sowie das Feedback eines Echos im FX-Slot 1. Wieder zunächst der Sound ohne LFO-Modulation, dann mit:

 

 

Zieht man die anderen beiden LFOs zur Modulation der Stärke des Step-LFOs hinzu, lässt sich das Klangmuster weiter verfeinern:

 

Um das Thema LFOs abzuschließen, sei noch auf die Global-LFOs (mit den Nummer 3 und 4) hingewiesen. Beide sind äußerst spartanisch ausgestattet und verfügen lediglich über eine Sinus-Wellenform und eine nicht synchronisierbare Geschwindigkeitsfunktion. Als Modulationsquelle findet man im Dropdown-Menü der Matrix. LFO 4 ist mit einem späteren Update dazugekommen und findet sich am Ende der Liste. Schließlich gibt es noch die beiden bereits erwähnten Modulationshüllkurven. Insgesamt stehen damit vier Hüllkurven zur Verfügung, die als Modulationsquellen benutzt werden können. Die fest zugewiesene Funktion der Filter- und Volumenhüllkurve wird nicht beeinträchtigt, wenn man sie über die Matrix zusätzlich auf andere Ziele legt.

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Über die Modulationsmatrix lassen sich die MIDI-CC-Nummern von 1 bis 90 als Quellen eingeben und erlauben damit eine Steuerung über externe Controller. Seit der Version 2.2 können Midi-Controller alternativ auch über einen Learn-Dialog zugewiesen werden (Apple: Shift + Apfel + linke Maustaste; Windows: Shift + STG + linke Maustaste) oder in einer Cubase 6 – Instrumentenspur über die Learn-Funktion der Quick Controls. Zuweisbar sind die Parameter der Filter- und Volumenhüllkurve, der Effekte und LFOs.

Nicht zuletzt gehört ein 16-Step Arpeggiator zur Ausstattung unseres Testkandidaten.

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Verschiedene Abspielmodi …

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… bis zu 16 Steps, diverse Taktunterteilungen zur Synchronisation zum Songtempo und ein Autochord-Mous stehen bereit.

Die beiden Zeilen mit numerischen Werten dienen dazu, den Akzent, also die Lautstärke der Noten zu definieren (untere Reihe, Abstufungen von 0 bis 8) und deren Tonhöhe festzulegen, bei wechselnden Tonhöhen als Notensprung oder als Glide.

Insgesamt erweist sich der Arpeggiator als einfach (vergleicht man ihn beispielsweise mit dem Monstrum, welches in FX-Pansion Fusor enthalten ist) aber wirkungsvoll – klassisch dance-orientiert.

Zurück zum Glide (Portamento): Diese Funktion gibt es auch außerhalb des Arpeggiators als globalen Parameter. Zur Verfügung stehen eine Auswahl temposynchroner Glides mit und ohne Legato. Im Legato-Modus wird ein Glide nur bei gebundenem Spiel aktiv.

CPU-Last

Gladiator erweist sich trotz umfangreicher interner Berechnungen als nicht sehr CPU-lastig. Auf unserem Testsystem, einem 8-Kerne-Intel-Mac mit OSX 10.6.6, 32 Bit, brachte es eine Instanz im höchsten Qualitätsmodus bei einer Puffergröße von 192 Samples (Latenz mit dem Motu 828 mk II: ca. 10ms), 44,1 kHz Sampling-Rate, 24 Bit und gängigen Spielweisen mit bis zu achtfacher Polyphonie auf weniger als 10 % der ASIO-Last-Anzeige von Cubase 6. Die Berechnung fand auf einem 2,8 GHz. Prozessor statt. Das Hinzuladen weiterer Instanzen führte zur Verteilung auf die freien Prozessoren und erhöhte die ASIO-Last nur geringfügig. Spielt man volle Akkorde plus Bass-Begleitung und reizt den Unisono-Modus aus, kann sich die ASIO-Last mehr als verdoppeln. Ältere Rechner mit geringerer Leistungsfähigkeit werden an Gladiator trotzdem nicht scheitern, denn im Settings-Menü lässt sich die Qualität in vier Stufen von linear bis ultra einstellen. Dies führt je nach Preset zu hörbaren Klangveränderungen. In der Einstellung „ultra“ klingt Gladiator spürbar transparenter, räumlicher, offener, wärmer, druckvoller. Im Linear-Modus macht er aber immer noch eine mehr als brauchbare Figur. Bei einigen Presets wirkt er hier ein bisschen schärfer und aggressiver.

 

Gladiator-Trompete im Ultra-Modus …

 

… und im Linear-Betrieb mit etwa 50 % CPU-Last-Ersparnis.

Sollte der Rechner mal wirklich in die Knie gehen: Einspielen im Sparmodus, Rendern in ultra.

Bugs und Instabilitäten

Eine sehr gute Nachricht gibt es hier zu vermelden: Trotz komplexer Architektur lief Gladiator auf unserem Testsystem reibungslos.

Vergleichskandidaten

Die in Form von Presets mitgelieferte und erst recht die durch Eigenkreationen erweiterbare Soundpalette von Gladiator 2 ist sehr breit aufgestellt. Da fällt es nicht leicht, einen Mitbewerber zu finden, der ähnlich vielseitig ist.

Einer meiner persönlichen Top-Favoriten ist das DCAM Synth-Squad Bundle von Fxpansion. Wer hier in die Tiefen der Programmierung, vor allem bei den Modulationssequenzen von Fusor eindringen will, sollte hoch motiviert und nicht lern- und lesescheu sein. Belohnt wird man mit einem Underground-Synth-Sound vom Feinsten: Oft ein bisschen dreckig, kantig, deftig und derb-analog auf hohem klangtechnischen Niveau. Im direkten Vergleich wirkt Gladiator breit, fett, aufpoliert und ästhetischer im Sinne von Hi-Fi-Breitband-Sounds. Die Entscheidung für den einen oder anderen Kandidaten ist eher eine Geschmacksfrage als eine Frage der Klangqualität. Das Fxpansion Bundle ist allerdings nichts für in die Jahre gekommene Rechner: Hier ist CPU-Leistung gefragt.

Etwas näher am Klang von Gladiator liegt der Waldorf Largo mit seiner Wavetable-Synthese, ebenfalls ein vielseitiger Kandidat mit großem Potenzial. In puncto Druck und Klangfülle kommt er an Gladiator nicht heran. Begreift man den Waldorf Largo als Soundbastelkasten, wird man trotzdem nicht enttäuscht. Seine Modulationsmatrix hat es in sich. Wer verstärkt auf Presets setzt, sieht sich beim Largo allerdings mit einer schlecht sortierten Library konfrontiert. Man findet hier ein buntes Gemisch inspirierender Sound, den richtigen für eigene Weiterentwicklungen zu entdecken benötigt Zeit. Gladiator bietet eine wesentlich umfangreichere und besser sortierte Library mit vielen Presets, die man sofort nutzen kann.

Ebenfalls vielseitig ist der Native Instruments Absynth. Auch mit diesem Synthie wird man in neue Klangwelten vorstoßen können und sich nicht über mangelnde Klangqualität oder Optionen beschweren. Im direkten Vergleich zum Gladiator ist er jedoch deutlich weniger transparent im Klang und erreicht auch nicht dessen Fülle.

Hier noch ein Demo mit verschiedenen Presets der Expansion-Library Electronics, die von Arpeggiated Sounds über Keys, Drum-Loops bis zu Trancegate und FX-Textures eine breite Palette anbietet, die nicht nur für Dance-Genres geeignet ist:

 

Abschließend

Gladiator kann ohne Zweifel nicht nur sehr viel, sondern auch Vieles sehr gut und lässt den Großteil der Mitbewerber einigermaßen blass aussehen. Doch es gibt ein paar Dinge, die Wünsche offen lassen.

Eine Automation der Parameter funktionierte in Cubase 6 nicht über den Write-Taster des VST-Interfaces. Gelegentlich vermisst man eine Undo-Funktion. Noch hilfreicher wäre die Möglichkeit, das Filter oder die Modifier der Oszillatorblöcke auszuschalten. Dies geht nur über die Anwahl des „off“-Presets aus dem Dropdown-Menü, was sich in der Praxis als umständlich erweist: Will man später wieder zur vorherigen Wahl zurück, muss man sich das Modifier-Preset oder das Filter erneut aus der Liste heraussuchen. In Anbetracht der üppigen Anzahl von Alternativen kann dies zum Gedächtnistraining werden.

Eigene morphtable-fähige Samples aus 256 einzelnen Snapshots zu erstellen wäre sicherlich eine aufwändige Sache, die man lieber dem Hersteller überlässt. Doch ein Import eigener Samples in Oszillator 5 wäre fein.

Das Ändern von Skins über die Textdatei ist zwar keine Herausforderung. Die veränderte Farbe betrifft jedoch alle Gladiator-Instanzen. Ein individueller Wahlbutton im Interface wäre komfortabler und zudem eine optische Unterscheidungshilfe, wenn man mit mehreren Instanzen arbeitet.

Alle diese offenen Wünsche ändern nichts daran, dass man mit Gladiator erheblich weiter kommt als mit den meisten Mitbewerbern. Daher sollen die oben aufgeführten Anmerkungen auch nicht als Kritikpunkte, sondern eher als Randnotizen verstanden werden.

Fazit

Der Sound von Gladiator ist einfach umwerfend. Höchstes Niveau in puncto Audioqualität, vielseitig, innovativ und inspirierend. Das Konzept des Harmonic Content Morphing eröffnet neue Gestaltungsmöglichkeiten ohne Ende – und das Beste daran ist, dass Gladiator trotz der komplexen Architektur bedienbar bleibt. Es macht Spaß, in diese Klangwelten einzutreten und zu experimentieren. Alle gängigen Syntheseformen von der klassischen subtraktiven über die additive bis zur FM-Synthese, von Wavetables bis zur Resynthese können in beeindruckender Qualität realisiert, Samples können zusätzlich eingebunden werden und Akzente setzen. Die Filterabteilung klingt großartig. Selbst der eingebaute Reverb, bei anderen VIs eher ein Anhängsel, überzeugt durch angenehme organische Wärme.

Mit vier LFOs, darunter ein Step-LFO, mit vier Hüllkurven und einem Arpeggiator kommt Leben in den Sound. Gladiator 2 eignet sich nicht nur für Dance-Genres und Klangforscher, sondern auch für abgedrehte athmosphärische Klänge, utopische Maschinengeräusche und Texturen. Selbst Imitationen akustischer Instrumente gelingen verblüffend gut. Der Preis ist fair.

Top Product Award

Best Value Award

Holger Obst

Systemanforderungen Mac OS X

  • OSX 10.4
  • G4, G5 oder Intel Mac
  • 256 MB RAM

Mac Formate

  • VSTi, Audiounit (AU); Univeral Binary

Systemanforderungen Windows

  • Windows XP / 2000 / NT / ME, Vista 32 Bit oder 64 Bit, Windows 7 32 Bit oder 64 Bit
  • Intel Pentium 4 kompatibel
  • 256 MB RAM

PC Formate

  • 32-bit VSTi, 64-bit VSTi, Standalone

Unterstützte Samplerates

  • 44,1 kHz; 48 kHz; 88,2 kHz; 96 kHz; 192 kHz

Nicht kompatibel zu

  • Protools/RTAS

Preis im Tone2-Online-Shop

  • 189 Euro
  • Electronic-Expansion: 49 Euro

Hersteller