Test: Native Instruments Session Horns Pro
Die Sample-Library Session Horns Pro von Native Instruments bietet neben einem Bläserensemble mit 10 Instrumenten innovative Funktionen, die das Erstellen professioneller Bläser-Arrangements besonders leicht machen sollen: den Animator, Smart Chord und Smart Voice Split. Zusätzlich gibt es noch zahlreiche umfangreich editierbare Effekte mit Presets für unterschiedliche Stile. Inwieweit die große Pro-Version der ‚Session Horns‘ eine echte Bläser-Sektion ersetzen kann, erfahren Sie in diesem Test.
Überblick
Die mehr als 27 GB schwere Library bietet drei Saxofone, zwei Posaunen, drei Trompeten, eine Tuba und ein Flügelhorn. 38 fertig konfigurierte Ensembles stehen für den sofortigen Einsatz bereit. 34 verschiedene Spielweisen (Articulations), vier anschlagsdynamisch gestaffelte Samples (Velocity-Layer) sowie bis zu vier alternierende Wiederholungssamples (Round Robins) sollen ein natürliches, abwechslungsreiches und lebendiges Spiel möglich machen. Verschiedene Funktionen dienen dazu, das Ensemble-Spiel der Bläser naturgetreu nachzubilden und das Erstellen von Bläsersätzen zu erleichtern:
- Smart Voice Split verteilt bei polyfonem Spiel die Stimmen auf mehrere Instrumente
- Der Animator liefert 200 fertige Phrasen
- Smart Chord ermöglicht ein vierstimmiges, skalengetreues Akkordspiel mit nur ein oder zwei Tasten
Neben den Ensembles können die Bläser auch als Solisten auftreten.
Installation, Autorisierung & System-Anforderungen
Installation & Autorisierung
Ein Download von über 27 GB will erst mal gestemmt werden. Das übernimmt der Downloader, eine kleine .exe-Datei, der die Daten in 10MB-Häppchen in einen beliebig wählbaren Ordner herunterlädt und sie dann in ein 27GB-ISO entpackt. Nach Eingabe der Seriennummer im (NI-Autorisierungs-) Service-Center kann es bereits losgehen. Insgesamt ist die Installation narrensicher und verläuft reibungslos.
32 vs. 64 Bit
In meinem Test der Session Horns habe ich bereits die Problematik 32 vs. 64 Bit ausführlich besprochen, deshalb hier nur der Link zu diesem Artikel und der Hinweis, dass ein Betriebssystem mit 64 Bit dringend empfohlen wird. Die Session Horns Pro laden zwar meist deutlich weniger als die 4GB Grenze von 32-Bit-Systemen in den Arbeitsspeicher, Native Instruments empfiehlt jedoch 6 GB RAM – wahrscheinlich auch im Hinblick auf andere, RAM-beanspruchende Instrumente innerhalb eines Projekts.
System-Anforderungen
- Kontakt oder kostenloser Kontakt-Player
- 6 GB RAM
- 64bit Betriebssystem
Vergleich mit Session Horns
Für die Besitzer der Session Horns hier ein kurzer Überblick über die Unterschiede zu Session Horns Pro:
- 10 statt 4 Instrumente
- mehr Artikulationen (unter anderem Growl, Doits & Falls Slow, Vibrato mit echten Vibrato-Samples, Sax-Triller)
- teilweise etwas mehr Round Robins
- bis zu 6 Instrumente (bis zu 2 der 4 Instrumenten-Slots können mit zwei Instrumenten belegt werden)
- Mixer und umfangreich editierbare Effekte (nicht mehr nur Presets), so dass ein eigenständiger Mix erstellt werden kann (Lautstärke, Panorama, Reverb, Delay, Kompressor, EQ, Tape-Saturator etc.)
- Neben dem Performance.nki mit eingeschränktem Zugriff auf die Artikulationen gibt es jetzt noch ein Keyswitch.nki mit direktem Zugriff auf zahlreiche Artikulationen
- Die 10 Solo-Instrument.nki entsprechen dem Keyswitch.nki, enthalten aber nur ein Instrument (kein Animator, Smart Chord, Smart Voice-Split). Mit mehreren Instanzen von Solo.nki kann man wirklich bis ins letzte Detail am eigenen Horn-Arrangement feilen.
- Die Smart Chord Option bietet zusätzliche Töne bzw. Voicings auf Knopfdruck.
- Der Animator bietet in der Pro Version deutlich mehr Stile und Phrasen.
- Statt der vorgegeben Oktav-Drop-Auswahl per Menü kann jetzt jeder einzelne Instrumente-Slot oktaviert werden (die Instrumente in Slots mit 2 Instrumenten auch einzeln!)
Praxis & Sound-Beispiele
Schon bei meinem Test der Session Horns war ich von den innovativen Ideen und dem großartigen Klang begeistert, hätte mir allerdings noch einige tiefer gehende Eingriffsmöglichkeiten bzw. weniger Beschränkungen gewünscht. Mit den Session Horns Pro werden nun alle Wünsche erfüllt – und noch mehr! Schauen wir uns doch mal im Detail an, was die Session Horns Pro uns bieten …
Native Instruments stellt uns mit den Session Horns Pro 12 nki-Files (also Instrumente bzw. Tastaturbelegungen) zur Verfügung:
- Performance – Horn Section mit bis zu 6 Instrumenten
Für Real-Time Performance (Animator oder Standard-Keyboard-Mode) oder sehr schnelles Arrangieren / Recording.
2 von 14 Artikulation wählbar per Velocity-Switching (plus Doits / Falls per Mod Wheel) - Keyswitch – Horn Section mit bis zu 6 Instrumenten
Für Real-Time-Performance (mit einiger Übung) und für ausgefeilteres Arrangieren / Recording.
9 von 16 Artikulationen wählbar für 9 Keyswitches (plus Doits / Falls per Mod Wheel) - 10 Solo Instrumente: 3 Saxophone (Alt, Tenor & Bariton), 2 Posaunen (Tenor & Bass), 3 Trompeten (davon eine mit Mute), Flügelhorn & Tuba
wie Keyswitch, aber für einzelne Instrumente. Für bis ins letzte Detail ausgefeiltes Arrangieren / Recording.
Velocity Layers, Round Robin, Release Samples & Ressourcen sparen
Die Session Horns Pro bieten neben den zahlreichen gesampelten Artikulationen (Spieltechniken) drei Funktionen, um einen möglichst authentischen Klang zu erzeugen: Velocity Layers, Round Robin, Release Samples.
Velocity-Layer
Mehrere Velocity Layers bedeutet, dass abhängig von der Anschlagsdynamik (und damit bei unterschiedlichen Lautstärken) unterschiedliche Samples abgespielt werden. Da sich nicht nur die Amplitude, sondern auch das Timbre eines Instruments mit zunehmender Lautstärke ändert, ist dies eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen naturgetreuen Klang. Meist sind es vier Velocity-Layer, bei Artikulation, die nur forte bis fortissomi gespielt werden (können), nur ein oder zwei Velocity-Layer. Im folgenden Audio-Beispiel schlage ich dieselbe Note mit zunehmender Anschlagsstärke an. Man hört deutlich die vier Velocity-Layer:
In diesem Beispiel halte ich einen Ton und ändere die Lautstärke mit dem Expression-Pedal. Dieses Crescendo ist eine bläser-typische Spieltechnik.
Eine weitere häufig verwendete Spielweise ist ein lauter Attack mit schnellem Leiserwerden, gefolgt von einem langsamem Anschwellen. Diese Artikulation gibt es in zwei Längen gesampelt (2 Zählzeiten und 4 Zählzeiten), die über eine Tempostretch-Funktion an das jeweilige Tempo des Host angepasst werden.
Humanize
In sämtlichen Instrumenten ist auch ein Humanize-Regler enthalten, der die Timing-, Intionations- und Velocity-Schwankungen regelt (von 100 % exakt bis sehr ’sloppy‘). Das nächste Audio-Beispiel demonstriert die Bandbreite dieses Regler anhand desselben Riffs, das einmal mit dem Humanize-Regler in der Minimal und einmal in der Maximal-Stellung abgespielt wird.
Hier ist also alles drin von punktgenau und virtuos bis zur betrunkenen Kirmes-Kapelle.
Round Robin
Round Robin bedeutet, dass beim Abspielen desselben Tons mit derselben Velocity (Anschlagsstärke) nicht dasselbe Sample hintereinander abgespielt wird. So vermeidet man den ‚Maschinengewehr-Effekt‘ (benannt nach einer gesampelten Snare Drum ohne Round Robin, die dann sehr unrealistisch und eher wie ein Maschinengewehr klingt).
Übersicht Velocity Layers & Round Robins, Vergleich Session Horns Pro vs. Session Horns.
Release Samples
Die Release Samples erzeugen bläsertypische Nebengeräusche wie das Absetzen des Instruments und das Klappern der Klappen und Ventile. In den folgenden Audio-Beispielen wird dieselbe Phrase erst ohne Release Samples, Round Robin und Humanize gespielt und dann mit (der Humanize-Regler steht bei ca. 30 %). Selbst ohne klingt es dank der Artikulationen und des Animator-Riffs schon gut, mit den zusätzlichen Optionen gewinnt die Darbietung nochmals subtil an Natürlichkeit.
Um Computer-Ressourcen zu sparen, kann man im Control-Tab Round Robin und Release Samples abschalten. Das empfiehlt sich natürlich nur beim Einspielen, beim Mixdown sollte man diese Funktionen wieder einschalten.
Hauptansichten der Instrumente (nki)
Es gibt drei Hauptansichten: Main-Window, Sound-Window und Control-Window. Sound und Control sind bei allen Instrumenten (nki) identisch. Nur beim Performance.nki kommt noch der Animator als alternative Ansicht für das Main-Window hinzu. Die grundsätzlichen Dropdown-Menüs Section Preset und Voicing Assistant sind in jeder Ansicht verfügbar (außer bei den Solo-Instrumenten.nki, wo sie ja keinen Sinn machen würden).
Control Window
Dynamic Control
Die Dynamik kann entweder mit der Anschlagsstärke oder über einen Controller gesteuert werden.
Für die Velocity gibt es drei Velocity-Kurven:
- Soft (logarithmisch)
- Straight (linear) und
- Hard (exponentiell)
Interessanterweise werden bei der Velocity-Kurve ‚Soft‘ nicht wie erwartet die Samples softer gespielt, sondern bereits bei gering erhöhter Dynamik lauter. ‚Soft‘ und ‚Hard‘ bezeichnen also die Spielweise, nicht die Reaktion der Session Horns Pro.
Alternativ bietet sich die Steuerung über MIDI CC11, also z. B. via Expression-Pedal an. Den Einsatz des Expression-Pedals habe ich oben schon bei Audio-Beispiel 2 demonstriert: Es lassen sich fließende, natürlich klingende Crescendi oder Decrescendi spielen, ohne dass dabei die Übergänge zwischen den Velocity-Layern erkennbar würden. Ein Breath-Controller (MIDI CC2) kann an dieser stelle allerdings nicht zugewiesen werden.
Pitch Wheel
Mit dem Pitch Wheel kann man wahlweise die Tonhöhe verändern oder Doits bzw. Falls auslösen, und zwar entweder beim Notenanschlag oder beim Release der Noten. Im Animator-Fenster kann man mit dem Pitch Wheel zwischen dem polyfonen ‚Harmony‘ und ‚Unisono‘ wechseln.
Samples
Um Computer-Ressourcen zu sparen, können Release Samples und Round Robin wie bereits erwähnt abgeschaltet werden.
Sound Window
Jedes Instrument hat seinen eigenen Lautstärke-Fader, Solo-Button und Mute-Button. Außerdem kann man mit dem jeweiligen Drop-Button jedes einzelne Instrument eine Oktave tiefer spielen lassen. Jeder Instrumenten-Slot hat eine eigene Effekt-Sektion mit genau konfigurierbarem Kompressor und EQ. Reverb-Send und Delay-Send können für jeden Slot individuell eingestellt werden. Wenn sich zwei Instrumente in einem Slot befinden, verfügen beide trotzdem über individuelle Einstellungen.
Über Global Send FX kann man eine Raumcharakteristik (eine Impulsantwort für den Faltungshall) und das Return-Level einstellen sowie Feinjustierungen am optional temposynchronen Delay vornehmen.
Im Global Master FX-Menü finden sich fünf Master-Effekte: Kompressor, EQ, Tape Saturator, Twang (Amp-Simulation) und ein Low Pass Filter. Die Global Send FX und die Gloabal Master FX wirken sich natürlich jeweils auf alle Instrumente aus.
Diverse Mix-Presets, FX-Presets etc. hatte ich schon im Test der Session Horns mit Audio-Beispielen vorgestellt. Bei den Session Horns Pro kann man aus Presets wählen und diese dann mit zahlreichen Regler feinjustieren.
Performance.nki
Das Performance.nki eignet sich für das Spiel in Echtzeit, und außerdem beheimatet es den großartigen Phrasenplayer namens ‚Animator‘. Neben der Hauptartikulation, für die man die Sustain-Artikulationen mit oder ohne Vibrato wählt, kann man noch eine zweite Artikulation wählen. Diese wird über die Anschlagsstärke gesteuert, wobei der Velocity-Treshold, ab dem die zweite Artikulation gespielt wird, frei wählbar ist. Zusätzlich kann man mit dem Mod-Wheel noch Doits und Falls auslösen, so dass man nach kurzer Einübung bereits ein recht realistisches Ergebnis in Echtzeit erzeugen kann.
Der Animator macht Gebrauch von allen möglichen Artikulation. Dabei verwendet er MIDI-Phrasen, die bereits die passenden Artikulationen zu den gespielten Tönen beinhalten. Will man selbst noch mehr ins Detail gehen, wählt man besser das …
Keyswitch.nki
Bei diesen Tastaturbelegungen kann man die Artikulationen per Keyswitch steuern, wobei man der ‚c-1‘-Oktave 9 von 16 vorhandenen Artikulationen zuordnen kann. Der Animator steht bei diesem nki nicht zur Verfügung.
10 verschiedene Soloinstrumente
Die zehn verschiedenen Solo.nki schließlich erlauben ein richtig ausgefuchstes Arrangieren, wobei die Funktionen Animator, Smart Chord und Voicing Assistant nicht benutzt werden können.
Main Window (Keyswitch.nki und die zehn Solo-nki)
Im Main Window des Keyswitch.nki und aller Solo.nki kann man Steuertasten außerhalb des Spielbereichs (C-1 bis g#-1) neun der 16 gesampelten Spieltechniken individuell zuordnen. (Jede der neun Keyswitch-Tasten verfügt über ein Aufklappmenü, innerhalb dessen man sich die gewünschte Artikulation aussuchen kann.) Diese Key-Switches schalten dann solange auf die gewählte Artikulation um, bis ein anderer Key-Switch gewählt wird. Alternative Modi, wie etwa der Wechsel einer Spielweise nur für die Dauer, in der der Keyswitch gehalten wird, sind allerdings nicht implementiert.
Hören wir uns doch mal verschiedene Artikulationen an. Zuerst spiele ich mit dem Tenor-Sax Sustain-Non-Vibrato-Samples, dann Sustain-Vibrato. Es folgen ein paar Marcato-Medium-Samples, die anders klingen als Sustains, die man kurz spielt. Noch deutlicher wird der Unterschied bei den dann folgenden Staccato-Tönen (aufgelockert mit jeweils einem Sustain-Sample in der Mitte). Die chromatischen Läufe zum hohen Ton sind auch gesampelt, ich spiele hier nur den hohen Ton, dann eine Tonleiter abwärts und wieder den hohen Ton mit dem gesampelten Lauf, den man selbst kaum so sauber mit der Tastatur spielen könnte.
Die bei den Session Horns Pro hinzugekommenen Artikulationen lassen jetzt ein wirklich detailreiches und realistisches Arrangieren / Aufnehmen zu – eine entsprechende Detailarbeit vorausgesetzt.
Section Setup (Keyswitch.nki & Performance.nki)
Im Main Window kann man die jeweiligen Hauptfunktionen des gewählten Instruments (nki) einstellen: Bei den Horn Sections kann man hier bis zu sechs Instrumente in die vier Intrumenten-Slots packen (bei den Solo.nki entfällt diese Möglichkeit logischerweise). Dieses Zusammenstellen der Bläsergruppe kann auf zwei Arten ausgeführt werden: Durch Auswahl aus dem Section Preset Drop-Down Menü oder durch manuelles Zusammenstellen. Bei Auswahl eines Section-Presets aus dem entsprechenden Dropdown-Menü ändert sich nicht nur die Zusammensetzung der Bläsergruppe, sondern auch die Mixer- und Effekt-Einstellungen (die man natürlich ändern kann).
Main Window (Performance.nki)
Beim Performance.nki wählt man hier die Hauptartikulation, die durch hohe Velocity-Werte getriggerte alternative Artikulation und den Treshold-Wert, ab dem diese zweite Artikulation ausgelöst wird. Zusätzlich kann der Animator aktiviert werden, den wir uns gleich noch ganz genau anhören werden.
Voicing Assistant
Das Dropdown-Menü Voicing Assistant bietet vier bzw. fünf Modi:
- Polyphonic spielt die Samples ab wie ein herkömmliches Keyboard-Horn-Instrument: Jeder gespielte Ton triggert alle Instrumente. Spielt man vier Tasten und hat vier Instrumente ausgewählt, hört man also 16 Instrumente.
- Smart Voice Split hingegen teilt die vier Töne auf die vier Instrumente auf, so dass man wie bei einer echten Bläsergruppe weiterhin nur vier Instrumente hört. Zusätzliche Töne ersetzen bereits gespielte Töne. Mit Hilfe des Sustain-Pedals können problemlos polyphone Legato-Phrasen gespielt werden.
- Legato spielt Legato-Samples ab, sofern sich die gespielten Töne leicht überlappen. Jeder Ton triggert alle Instrumente, wie bei ‚Polyphonic‘.
- Chord + Legato spielt für die oberste Stimme Legato-Samples ab, sofern sich die gespielten Töne leicht überlappen. Darunter kann man Akkorde spielen.
- Animator spielt fertige Bläser-Phrasen ab. Diese Funktion ist nur beim Performance.nki verfügbar.
Im folgenden Audio-Beispiel spiele ich einen vierstimmigen Akkord erst im Polyphonic-Mode ab, dann im Smart Voice Split Mode mit der Artikulation Susation-Vibrato, und schließlich dasselbe nochmal mit der Artikulation FoPiCre4Beat (Attack, leiser, anschwellen):
Smart Chord
Mit der großartigen Funktion Smart Chord lassen sich skalengetreu authentische Bläservocings mit nur einem oder zwei Fingern erzeugen! Die weißen Tasten des Keyboards triggern den Akkord der entsprechenden Stufe (die Taste C triggert in der Tonart C-Dur einen C-Dur und in der Tonart E-Dur einen E-Dur-Akkord, die Taste D in der Tonart C einen D-Moll und in der Tonart E-Dur einen F#-Moll etc.). Die fünf schwarzen Tasten fügen optional eine von fünf Klangfarben (Optionstöne bzw. Voicing) hinzu. Die Oktave der weißen Tasten wird berücksichtigt, die Funktion der schwarzen Tasten ist in allen Oktaven identisch. Im folgenden Beispiel spiele ich eine C-Dur Tonleiter (einstimmig!) über mehrere Oktaven, dann halte ich nacheinander jede der 5 schwarzen Tasten, während ich pro schwarzer Taste einmal eine Oktave der Tonleiter auf den weißen Tasten spiele. Zum Abschluss spiele ich jeweils den Ton C, erst ohne und dann nacheinander mit jeder der fünf schwarzen Tasten, um die Optionen bei ein und demselben Akkord vergleichen zu können.
Man beachte auch, dass es nicht einfach nur immer höher geht, sondern teilweise auch Umkehrungen gespielt werden. Zudem kann man von Akkord zu Akkord zum Basis-Drei- oder Vierklang weitere Intervalle über die schwarzen Tasten hinzufügen und sich so ein sehr abwechslungsreiches und absolut professionell klingendes Arrangement erstellen, ohne einen blassen Schimmer von Arrangier-Techniken zu haben. Dazu braucht man nur die eigenen Ohren: Klingt nicht? Nächste Option. Klingt? Bleibt! Und wenn man auch die Akkorde und Riffs nicht selbst einspielen kann oder will, hilft der …
Animator
Der Animator erlaubt das Abspielen von über 200 typischen Bläser-Phrasen, sortiert nach Stilen und Unterstilen (Songs). Eine Phrase kann durch das Spielen einer einzigen Taste getriggert werden, folgt aber auch den gespielten Akkorden und passt die Phrasen entsprechend an. Das Abspielen der Phrasen erfolgt temposynchron zum Host. Die Phrasen liegen intern als MIDI-Files an, nicht als Samples. Timestretching oder Pitch-Shifting kommt hier also nicht zum Einsatz. Entsprechend artefaktfrei arbeitet der Animator.
Im One Shot Modus wird die Phrase einmal komplett durchgespielt, egal wie lang oder kurz man den Ton hält, ansonsten wird die Phrase so lange gespielt wie der Ton gehalten wird (und gegebenenfalls abgeschnitten oder wiederholt).
Wenn der Kippschalter Harmony / Unison in der Stellung Harmony steht, spielen alle vier Instrumente ihren eigenen Ton, es entstehen also vierstimmige Bläsersätze. Wenn der Schalter auf Unison steht, spielen die Bläser unisono, die melodischen Informationen bleiben also erhalten, werden aber vereinfacht, nämlich einstimmig gespielt.
Der Rhythm Only Modus geht noch einen Schritt weiter, hier wird nur noch der Rhythmus der Phrase abgespielt, so dass man die Tonhöhe selbst beeinflussen kann. Das ist praktisch, wenn im eigenen Arrangement harmonisch viel passiert. Sehr durchdacht!
Je nach gewählter Phrase ändert sich die Zusammensetzung, der Mix und die Effekt-Einstellungen der Bläser-Sektion. Mit dem Button „Link Preset To Song“ kann diese Funktion an- und ausgeschaltet werden, falls man schon eine perfekte Bläsersektion gefunden hat und diese nicht durch die Auswahl der Phrase verändern lassen möchte.
Im folgenden Audio-Beispiel demonstriere ich die verschiedenen Möglichkeiten anhand von einer einzigen Phrase, jeweils im One Shot Modus. Zuerst spiele ich die Phrase in verschiedenen Oktaven komplett mit dem Grundton C durch. Wie gesagt: Ich spiele jeweils nur einen einzigen Ton!
Jetzt wechsle ich den den Ton taktweise in dieser viertaktigen Phrase:
Jetzt spiele ich das Ganze im Unisono Modus ab (mit Akkordwechseln).
Und jetzt spiele ich das Ganze im Rhythm Only Modus. Hier werden nur die Rhythmen und Artikulationen der Phrase abgespielt.
Zusätzlich kann man den Startpunkt und die Länge der einzelnen Phrasen einstellen, um sich einzelne Fragmente der Riffs auszusuchen (und eventuell zusammenzubasteln). Sehr cool, das schauen wir uns in Kürze noch genauer an!
Im folgenden Beispiel habe ich nur die letzte Note abgeschnitten (die ein Auftakt zum nächsten Durchgang darstellen würde) und im Rhythm Only Modus jeden Takt den Akkord gewechselt (C mit Oktave, Cmaj7, C7, C6).
Und jetzt verändere ich ein vorgegebenes Riff grundlegend. Zuerst die ursprüngliche Version (4 Takte), und dann habe ich verschiedene Schnipsel gebastelt, bei denen der Startpunkt um einige 16tel nach hinten versetzt und die Länge beschnitten wurde, um mir bestimmte Licks aus der 4-taktigen Phrase auszuschneiden. Wann dieses Lick abgespielt wird, bestimmt natürlich der Startpunkt der von mir gespielten Triggernote. Als zeitliche Referenz habe ich eine Schlagzeugspur hinzugefügt.
Animator & Smart Chord kombiniert
Die den Grundakkorden durch Smart Chord hinzugefügten Intervalle funktionieren in Verbindung mit dem Animator nur eingeschränkt, da die Phrasen ja schon über harmonische Informationen verfügen. Weitere Anpassungen über Smart Chord werden daher gar nicht oder nur teilweise umgesetzt.
Mit Smart Chord kann man aber problemlos die Phrasen des Animators an verschiedene Tonarten anpassen, und zwar nicht nur den Grundton, sondern auch die Klangfarben Dur, Moll, Dominant 7 und Dorisch. Und das Ganze triggert man dann mit einzelnen Tönen, wobei die Taste C jeweils die I. Stufe der jeweiligen Tonart triggert, die Taste D die II. Stufe etc. Klasse!
Sonstiges
- So ziemlich alle Regler der Session Horns Pro verfügen über MIDI-Learn und Host-Automation.
- Die Session Horns Pro sind ein mächtiges virtuelles Instrument mit zahllosen fantastischen Möglichkeiten.
- Die Bedienungsanleitung gibt es – wie von Native Instruments gewohnt – nur in englischer Sprache.
Was können die Session Horns Pro und für wen sind sie geeignet?
Hat man gemerkt, wie viel Spaß ich beim Erforschen der Möglichkeiten der Session Horns hatte? Ganz bewusst habe ich bei meinen Audio-Beispielen auf komplett arrangierte und produzierte Song-Beispiele verzichtet. Solche kann man sich auch bei den Demo-Tracks von Native Instruments anhören, oder in meinem bereits erwähnten Test der Session Horns.
Die Session Horns Pro sind für jeden geeignet, der Bläser in seine Produktion integrieren möchte: Wer in puncto Bläser-Arrangements und Harmonielehre nicht firm ist, findet per Animator, Smart Chord und dem Performance.nki viele Automations-Möglichkeiten und Presets, die schnell zu guten Ergebnissen führen. Dem Tüftler und Arrangeur stehen mit den Keyswitches, den selbst zusammenstellbaren Horn Sections, dem Mixer und den Effektgeräten alle Möglichkeiten offen, auch das letzte Detail selbst zu bestimmen.
An den Session Horns Pro habe ich nur einen einzigen Kritikpunkt: Man kann die Animator-Phrasen nicht exportieren, um sie weiter zu bearbeiten (weder die selbst zerstückelten noch die originalen). Wenn man sie per Klicken und Ziehen in den Sequenzer transportieren und dort einzelne Noten, Artikulationen etc. ändern könnte, wären die Session Horns meiner Ansicht nach rundherum perfekt. Aber es muss ja noch eine Kleinigkeit für das nächste Update bleiben… ;-)
Fazit
Die Session Horns Pro von Native Instruments spielen klanglich in der Champions League und bieten mit 27 GB verlustfrei komprimierter Samples nicht nur Masse, sonder auch Klasse. Session Horns Pro bietet sich genreübergreifend für alle Rock/Pop/Dance-Projekte an, wenn ausdrucksstarke Bläser gefragt sind. Die Audioqualität ist exzellent: Die Bläser klingen strahlend, transparent und außerordentlich präsent. Die Samples sind angenehm trocken aufgenommen, sodass problemlos sowohl interne als auch externe Effekte hinzugefügt werden können, ohne dass sich beispielsweise Raumanteile unangenehm überlagern.
Mit den Sonderfunktionen Animator, Smart Chord und Smart Voice Split stellt Session Horns Pro eine einzigartige Komplettlösung dar, die überzeugende Bläser-Arrangements auch Einsteigern möglich macht. Insbesondere der Animator mit über 200 variabel einsetzbaren und temposynchronen Phrasen ist eine sehr nutzerfreundliche, gelungene Innovation. Für den Profi gibt es zudem reichliche Gestaltungsmöglichkeiten für individuelle Instrumente.
Zahlreiche Artikulationen, eine gute Ausstattung mit anschlagsdynamisch gestaffelten Samples (Velocity Layer) sowie die Round-Robin-Technologie (alternierende Wiederholungssamples) ermöglichen ein abwechslungsreiches, nuanciertes Einspielen.
Der Preis geht angesichts des Gebotenen absolut in Ordnung.
Andi Saitenhieb
Plus
- Audioqualität
- zahlreiche Artikulationen
- Animator
- Smart Chord
- Smart Voice Split
- Mixer, Effekte, Sections mit bis zu 6 Instrumenten inklusive Presets
- Preis
Minus
- Mit dem Animator & Smart Chord bearbeitete Phrasen können nicht per Drag’n’Drop in den Sequenzer exportiert werden, um sie dort weiter zu bearbeiten.
Preis (Stand September 2014)
- Vollversion 299,- Euro (Download)
- Upgrade von Session Horns 199,- Euro (Download)