Test: Eventide UltraChannel
Eventides UltraChannel ist ein virtueller Channel-Strip mit einigen Extras: Neben zwei Kompressoren, einem vollparametrischen Equalizer mit fünf Bändern, Gate und Stereo-Delay ist auch der Micro Pitch Shift aus dem Hardware-Flagschiff H8000 an Bord. Ist es Eventide gelungen, die hohe Qualität der Hardware auf die native Ebene zu transferieren?
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Vorab: Sofern Sie das möchten, können Sie den Test mit der Demo-Version des Produkts begleiten.
Überblick
Geboten wird:
- ein Gate mit Threshold und Release,
- ein Kompressor mit Soft-Knee-, De-Esser- und Sättigungsoption
- ein weiterer Kompressor, „O-Pressor“, eine Auskopplung aus Eventides Omnipressor mit Bass-Cut
- ein voll parametrischer Fünfband-Equalizer mit wählbaren Filtercharakteristika und internem 64 Bit-Betrieb (auch bei den 32 Bit Formaten)
- ein temposynchrones Stereo-Delay
- ein Micro-Pitch-Shift-Modul
- Input-Modul mit Phasenumkehrschalter
- Output-Modul mit Transformer (Emulation analoger Sättigung)
- flexibles Routing
- Sidechain-Option für Kompressor und Gate: Beide Kompressoren sowie das Gate sind mit einer Sidechain-Option ausgerüstet. Im Sidechain-Betrieb können externe Audiosignale das Gate und die Stärke der Kompression steuern. Benutzt man beispielsweise UltraChannel in einem Instrumenten-Gruppenkanal und reguliert per Sidechain einen der Kompressoren durch eine Gesangsspur, so wird die Lautstärke der instrumentalen Begleitung automatisch heruntergefahren, wenn Gesang anliegt. Eine andere beliebte Anwendung wäre das Rhythmisieren eines Flächensounds durch einen Beat. In diesem Fall würde man UltraChannel im Kanalzug des Flächensounds installieren und das Gate via Sidechain durch eine Bassdrum oder Snare-Spur aktivieren: Mit jedem Drum-Hit pausiert der Flächensound.
Da die Sidechain-Funktion lediglich für die Formate AAX und AU, derzeit aber noch nicht für VST implementiert ist, konnte ich diese Funktion auf unserem Testsystem (s. Anhang) nicht überprüfen. Laut Hersteller ist eine sidechain-fähige Version im VST3-Format geplant.
Installation
Nach dem Erwerb erhält man einen Activation Code und eine Seriennummer, mit der man das Plug-in auf der Herstellerseite registriert. Des Weiteren benötigt man einen iLok-Account, nicht zwingend einen Hardware-iLok. Nach der Registrierung bei Eventide wird die persönliche Lizenz zum iLok-Konto gesendet.
Mit der Software iLok License Manager lädt man diese Lizenz herunter und aktiviert entweder den Rechner oder – soweit vorhanden – den iLok-Dongle. Letztere Lösung bringt den Vorteil mit sich, dass man via Dongle UltraChannel mobil einsetzen kann.
Unabhängig davon erhält der Käufer zwei Activations, sodass man sowohl den iLok als auch einen Rechner autorisieren kann. Dieselbe Lizenz von UltraChannel kann somit auf zwei Rechnern zur selben Zeit genutzt werden.
Eine ausführliche Betrachtung zum Thema iLok Dongle finden Sie auch in unserem Artikel „Von Raubkopierern, Dongeln aus purem Gold und anderen Autorisierungsschweinereien“.
Presets
UltraChannel beinhaltet eine umfangreiche Sammlung an Presets – keine Selbstverständlichkeit für einen Kanalzug.
Die Presets sind nach Instrumenten, Spezialitäten (Micro Pitch, Delays, Mix & Master) sowie nach den Namen der Preset-Designer sortiert, die ihre Kreationen beigesteuert haben.
Eigene Presets können in einem eigenen Ordner mit individueller Namensgebung abgelegt werden. Erfreulicherweise kennt UltraChannel den Pfad dorthin, sodass man zum Laden oder Speichern eigener Konfigurationen nicht quer durch die Ordnerhierarchie navigieren muss, wie bei manch anderem Plug-in.
Zur Einstimmung probieren wir ein paar Presets aus:
Für den Anfang habe ich einen Beat aus Toontracks EZdrummer 2 herausgegriffen, der sich unbearbeitet so anhört (Ambience und Reverb des EZdrummer habe ich ausgeschaltet):
Nun mit dem Preset Rockin´ Punch Drums:
Mit dem Preset Louder Wider geht es richtig zur Sache. Die Sättigung des Kompressors und der Transformer im Output-Modul färben den Klang, das Mikro Pitch Shift Modul macht ihn breit und fett:
Drum Pumping von Richard Devine:
Es finden sich eine Reihe von Presets für einzelne Schlaginstrumente wie Bassdrum, Snare und Hi-Hat. Den folgenden Beat habe ich mit Stylus RMX zusammengestellt …
… und drei Instanzen von UltraChannel für Kickdrum, Snare und Hi-Hat verwendet:
Aufbauend auf diesem Rhythmus habe ich noch Gesang hinzugenommen (aus der Sample-Library Soundiron Voice of Gaia – Strawberry) und einen Bass (FXpansion DCAM Synth Squad, Strobe).
Zunächst zum Gesang. Hier ein Ausschnitt ohne Bearbeitung:
Nun mit dem leicht veränderten Preset Female Vox:
Die Kompressoren bringen Dichte und Durchsetzungskraft in die Stimme, Mikro Pitch Shift sorgt für eine Art Dopplungseffekt, die Stereo Delays für ein wenig Räumlichkeit, und der Transformer des Ausgangsmoduls führt zu einer leichten Schärfung:
In einen Effekt-Sendweg habe ich (für den Gesang) noch den kürzlich getesteten Eventide UltraReverb geladen:
Zum Vergleich Drums, Beat und Gesang ohne die UltraChannel- (und UltraReverb-) Instanzen:
Das klingt noch unausgewogen und kümmerlich. Jetzt mit UltraChannel und UltraReverb:
Hört sich schon ganz anders an. Dabei habe ich hier lediglich Presets verwendet, die Thresholds der Kompressoren und die Lautstärke angepasst und noch keine Feinarbeit, etwa mit den Equalizern vorgenommen. Die ganze Einstellung benötigte kaum fünf Minuten Arbeit.
Flexibles Routing
Alle Module und Bedienelemente sind in einem Fenster verfügbar. Die Reihenfolge der Module zwischen In- und Output ist variabel: Per Klicken und Ziehen kann man beispielsweise das Gate ganz an den Anfang oder ganz ans Ende der Signalkette legen. Gleiches gilt für die beiden Kompressoren und das Equalizer-Modul. Gate, Equalizer und Kompressoren sind seriell geschaltet. Mikro Pitch Shifter und Stereo Delay sind als letzte Module vor dem Output fest verankert und arbeiten parallel. Die Ausgänge des Dual-Delays kann man nicht nur über das herkömmliche Feedback zurück zum Eingang des Echos leiten, sondern alternativ zum Equalizer, Gate oder einem der beiden Kompressoren – und das für jeden Kanal getrennt.
Die Module:
Input
Das Input-Modul mit Phasenumkehrschalter und großzügig bemessenem Level-Meter erlaubt eine Anpassung des Eingangspegels von -60 bis 12 dB. Die Werte sollen neben der Justierung des Gain-Reglers per Maus auch per Doppelklick und Zifferneingabe über die Tastatur eingestellt werden können.
Eine Eingabe über die Tastatur funktionierte auf unserem Testsystem (s. Anhang) nicht, auch nicht bei Parametern der anderen Module.
Gate
Klassische Aufgaben eines Gates sind die Unterdrückung von Nebengeräuschen, das Reduzieren von Ausklingphasen, Hallfahnen oder Raumanteilen, etwa beim Einsatz nicht trocken aufgenommener Loops oder – im Sidechain Betrieb – ein Dynamikeingriff in den Klangverlauf durch ein externes Signal.
Sobald ein Schwellenwert (Threshold) unterschritten wird, senkt das Gate den Pegel. Signale mit einer Lautstärke unterhalb des Schwellenwertes werden damit unhörbar.
Der Threshold des UltraChannel Gates kann zwischen -60 und 0dB eingestellt werden. Eingangspegel und Pegel-Reduktion werden nebeneinander in einem Level-Meter dargestellt, sodass man die Arbeit des Gates auch visuell gut verfolgen kann.
Die Releasetime des Gates kann zwischen einer und 500 Millisekunden eingestellt werden. Bei einer kurzen Releasetime öffnet das Gate entsprechend schnell wieder, wenn der Threshold überschritten wird, bei einer langen Releasetime arbeitet es träge. Mit dem angegebenen Regelbereich lassen sich unterschiedlichste Audiosignale gut bearbeiten, etwa Drums mit kurzer und Gesangsaufnahmen mit langer Releasezeit.
Durch die flexible Positionierung des Gates innerhalb des Channel Strips eröffnen sich weitere Gestaltungsmöglichkeiten: Es macht einen Unterschied, ob das Gate vor oder hinter dem Equalizer oder den Kompressoren positioniert ist.
Im folgenden Audiodemo habe ich das einen Beat aus EZdrummer2 bearbeitet. Zunächst das Original:
Der Raumanteil ist sehr dominant. Mal sehen, ob wir mit dem Gate eine Art Gate-Reverb daraus machen können.
Die Bassdrum möchte ich zunächst noch etwas hervorheben, und das Gate soll darauf reagieren. Also schiebe ich den EQ vor das Gate und hebe die Bässe leicht an.
Die Releasetime des Gates stelle ich auf rund 150 ms. Bei kürzeren Zeiten würde der Beat regelrecht zersägt, bei längeren bliebe der gewünschte Effekt aus.
Mit dem O-Pressor, der richtig kräftig zupackt, sorge ich für mehr Druck im Mix.
Um den Groove zu unterstützen, setze ich zudem das temposynchrone Echo ein.
Mit dem Transformer des Output-Moduls schärfe ich den Klang ein wenig.
So sehen die Einstellungen aus:
Und so klingt es:
Welche maßgebliche Rolle das Gate dabei spielt, wird klar, wenn man es wieder ausschaltet:
Wir kommen auf das Gate gleich noch zurück.
Der Kompressor
Der erste der beiden Kompressoren bietet – ähnlich wie das Gate – einen Threshold (-60 bis 0 dB) mit visueller Kontrolle des Geschehens via Input- und Gain-Reduction-Anzeige: Sobald der Schwellenwert überschritten wird, wird die Lautstärke des über diesen Wert hinausschießenden Signals in einem Verhältnis bis 20:1 heruntergeregelt. Mit der hohen ratio sind auch sehr harte Kompressionen nahe am Limiting realisierbar.
Auch hier kann neben der Attackzeit die Releasezeit zwischen einer und 500 Millisekunden eingestellt werden.
Als Extra ist eine Soft-Knee-Funktion mit 0, 6, 12, 18 und 24 dB vorhanden, die im Grenzbereich des Thresholds eine rundere Pegelabsenkung bewirkt: Signale, die den Threshold nur gering überschreiten, werden schwächer abgeregelt als solche, die weit darüber liegen. In der Praxis führt eine Soft-Knee-Schaltung bei starker Kompression (=Ratio) zu einem weniger auffällig komprimierten, organischeren Klang anstelle eines harten, technischen Plattbügelns der Signale mit höherer Dynamik.
Alternativ zum herkömmlichen Betrieb kann der Kompressor als De-Esser verwendet werden und unterdrückt dann scharfe hochfrequente Signale in einem Bereich zwischen vier und neun kHz. De-Esser werden benutzt, um Zischlaute im Gesang oder bei Sprachaufnahmen zu unterdrücken.
Die folgende (aus Slices zusammengesetzte) Gesangsaufnahme ist in den Höhen etwas scharf und weist Nebengeräusche auf:
Um die Nebengeräusche außerhalb des Gesangssignals herunterzufahren, setze ich das Gate ein:
Der Kompressor fängt im De-Esser-Modus mit einer Ratio von 4:1, einem Attack von fünf und einer Releasetime von 100 Millisekunden ab 7 kHz die Höhen ab:
Mit dem O-Pressor komprimiere ich die Stimme, um ihr mehr Druck zu verleihen:
Mikro Pitch Shifter und Stereo Delay benutze ich zur Dopplung und für kurze, den Klang andickende Slap-Back-Echos (bei -20dB):
Zusammen mit einem Hall (Eventide UltraReverb) hört es sich so an:
Im De-Esser-Betrieb erweist sich der Kompressor als genau dosierbares Werkzeug, welches Zischlaute und zu scharfe Signalanteile bei Gesang und Sprache unterdrückt, ohne dass es dadurch dumpf oder verfärbt klingt. Die Stimme behält ihren ursprünglichen Charakter.
Auch als Kompressor für einzelne Instrumente oder Gruppen macht er eine ausgezeichnete Figur.
Hier ein Beat aus Stylus RMX, Library BackBeat:
Die Bassdrum ist sehr dominant und überlagert die gesamte Rhythmik.
Mit einer Absenkung der tiefen Frequenzen etwa unterhalb von 100 Hertz, einer Anhebung bei 2 kHz (für die Snare) und einer Anhebung der Höhen wird der Klang transparenter. Der Kompressor sorgt dafür, dass der Rhythmus regelrecht zu atmen beginnt:
Hier der Screenshot mit den Einstellungen:
Wer es noch etwas deftiger haben möchte, schaltet den zweiten Kompressor hinzu:
Der O-Pressor
Im Gegensatz zum Kompressor bietet der O-Pressor eine Ratio bis 100:1 und kann damit praktisch als Brickwall-Limiter eingesetzt werden. Die ultrakurze Attackzeit von 0,1 ms macht dies möglich. Der O-Pressor ist eine native Version von Eventides Hardware Omnipressor (verzichtet allerdings auf die zusätzliche Expander-Funktion des Omnipressors) und zeichnet sich durch einen extrem zupackenden, aggressiven Umgang mit dem Audiomaterial aus. Er eignet sich damit bestens für pumpende, pulsierende Rhythmen.
Die Reduzierung des Pegels wird hier in Form eines VU Meters dargestellt.
Das Make-Up-Gain liegt zwischen – 30 und + 30 dB.
Der Bass Cut – Regler dient dazu, tieffrequente Signalanteile vor dem Threshold abzufangen, damit diese nicht zu einer übermäßigen Kompression führen.
Benutzt man sehr kurze Attack- und/oder Releasezeiten, kann der Kompressor stark klangfärbend wirken: Indem er in extrem kurzen Intervallen auf das Eingangssignal reagiert, entsteht eine Art Andickung oder Verzerrung des Klanges (wie im letzten Audiodemo oben zu hören).
Klangdesign mit dem O-Pressor bietet sich vor allem für Drums an. Im folgenden Audiodemo hören Sie Toontracks EZdrummer2, Claustrophobic Drum-Set:
Bassdrum, Snare und Toms habe ich auf separate Ausgänge gelegt und jeweils mit einer eigenen UltraChannel-Instanz bearbeitet. Dabei kam der O-Pressor zum Einsatz. Das Ausschwingen der Bassdrum habe ich zudem mit dem Gate etwas reduziert, die Snare mittels Equalizer durch eine Anhebung bei 800 Hertz etwas bauchiger gemacht:
Der raue, wuchtige Klang von Bassdrum und Toms sind dem O-Pressor zuzuschreiben. Und weil es einfach Spaß macht, mit diesem Plug-in zu arbeiten, habe ich bei allen drei Instrumenten noch den Mikro Pitch Shifter hinzugeschaltet und diesen vor allem bei den Toms stark beigemischt. Außerdem habe ich für die Snare und die Toms noch eine UltraReverb Instanz über einen Send-Weg eingebunden, dieses mal mit einer sehr kleinen Ambience und Slap-Back-Echo:
Der Fünfband-Equalizer
Mit fünf Bändern wählbarer Filtercharakteristik bietet der UltraChannel einen üppig ausgestatteten Equalizer. Für das unterste und oberste Band gibt es die Wahl zwischen Shelf-, 6- und 12 dB steilen Cut-Filtern sowie Classic und Modern Peak. Die drei mitteleren Bänder dazwischen beschränken sich auf die Optionen Classic und Modern Peak. Mit einem Q-Faktor von bis zu 20 sind auch sehr schmalbandige Eingriffe möglich, etwa um Resonanzen hervorzuheben oder abzuschwächen.
Die Justierung der Filter kann man komfortabel über Anfasser im Kurvendisplay oder über die Regler vornehmen.
Durch die Positionierung des EQs vor oder hinter den Kompressoren kann man zudem deren Verhalten stark beeinflussen.
Insgesamt klingt dieser EQ musikalisch und organisch. Seine exzellente Audioqualität verdankt er nicht zuletzt dem 64-Bit-Betrieb. Er stellt ein mächtiges Werkzeug für die Bearbeitung der Audiosignale dar. Equalizer mit vergleichbarer Qualität und Ausstattung kosten oft beinahe so viel wie der Gesamtpreis des UltraChannel.
Der Mikro Pitch Shift
Mikro Pitch Shift und Stereo Delay liegen beide an letzter Position vor dem Output-Modul und werden parallel betrieben. Das Ausgangssignal von Mikro Pitch Shift durchläuft also nicht das Stereo Delay (und umgekehrt).
Mikro Pitch Shift ist eine Besonderheit, wie sie mir bislang unter den Channel Strips noch nicht begegnet ist.
Das Mikro Pitch Shift – Modul habe ich in einigen der vorangegangenen Audiodemos bereits eingesetzt. Es eignet sich vor allem für eine Verbreiterung des Sounds, etwa für das Doppeln von Gesang, Soloinstrumenten oder zum Andicken von Drums. Wie der Name Micro Pitch Shift schon andeutet, spielt sich die Tonhöhentransponierung im Cent-Bereich ab; es geht also hier nicht um eine Harmonizer-Funktion oder um das Generieren von Intervallen.
Die Parameter:
- Size bestimmt die Stärke der Transponierung
- Width bestimmt die Stereobreite der transponierten Signale
- Depth bestimmt die Zeitverzögerung der transponierten Signale
- Mix bestimmt den Anteil von Effekt- und Originalsignal
Im folgenden Audiodemo habe ich Mikro Pitch Shift eingesetzt, um ein Bläserensemble (Native Instruments Session Horns Pro) in Szene zu setzen. Mikro Pitch Shift habe ich im zweiten Durchgang des Themas zugeschaltet:
Der Effekt ist wirklich einzigartig und schlägt jedes Chorus-Ensemble um Längen. Im Verbund mit dem Equalizer und dem O-Pressor sowie dem Stereo Delay und dem Transformer sind noch deutlich spektakulärere Ergebnisse erzielbar:
Hier die verwendeten Einstellungen:
Was mit Bläsern geht, funktioniert auch mit Streichern (Native Instruments Session Strings Pro). Den Eventide UltraChannel habe ich nach acht Takten eingeschaltet:
Hier noch eine Gesangsbearbeitung der Phrase „Ab Initio“ aus Soundirons Voice of Rapture – The Bass. Zum Einsatz kommt neben O-Pressor, Micro Pitch Shift und Delay auch der zweite Kompressor, hier im De-Esser-Betrieb zwecks Unterdrückung einiger kleiner Zischlaute. Außerdem habe ich wieder UltraReverb als Hall in einem Effekt-Send eingesetzt. Die Bearbeitung startet nach den ersten acht Takten:
Der UltraChannel verhilft dem Gesang zu einer prächtigen, räumlichen, kompakt-druckvollen Darbietung. Mikro Pitch Shift trägt hierzu wesentlich bei. Durch den Einsatz von UltraChannel kommt es in diesem Fall zu einer Erhöhung der Lautheit um etwa 8 dB, die ich innerhalb des Channel Strips nicht ausgeglichen habe, da zur Übersteuerungsgrenze noch ausreichend Headroom verfügbar war.
Damit der Bonus-Effekt nach dem Prinzip „was lauter ist, klingt auch besser“ das Urteilsvermögen nicht trübt, habe ich im folgenden Audiodemo die Lautstärke des unbearbeiteten Originals angepasst:
Trotz dieser Anpassung wird die enorme Aufwertung des Signals durch UltraChannel deutlich.
Dem Höreindruck nach verwendet der Mikro Pitch Shifter intern eine Modulation des Pitch-Shiftings und wahrscheinlich auch der Zeitverschiebung. Dieser Algorithmus greift perfekt und zaubert einen unerreicht organisch-musikalischen Klang hervor. Im Gegensatz zu einem Chorus wirkt das Signal nicht im mindesten verwaschen; die Stimmen hören sich immer noch natürlich und nicht nach Effektbearbeitung an. Soweit man überhaupt eine leichte Färbung des Signals ausmachen kann, wird diese eher als natürliche Modulation empfunden, wie sie auch auftreten würde, wenn mehrere Sänger unisono singen würden.
Erfreulicherweise zeigt auch der PAZ-Analyser kaum Phasenauslöschungen an, sodass auch die Monokompatibilität gewährleistet ist.
Stereo Delays
Ebenfalls als letzte Instanz vor dem Output und parallel zum Micro Pitch Shift befindet sich das Stereo Delay mit Panoramaregler, Lautstärke, Verzögerungszeit und Feedback für beide Kanäle. Dieses kann auch synchron zu einem manuell angegebenen Tempo oder zum Tempo des Host-Sequencer eingesetzt werden. Die Verzögerungszeiten werden dann allerdings nicht in Notenwerten, sondern nach wie vor in Milllisekunden angezeigt. Man muss also entweder rechnen, um herauszufinden, ob nun Achtel, Viertel, punktierte oder triolische Notenwerte verwendet werden, oder ganz nach dem Gehör operieren.
Das Echo eignet sich durch die Temposynchronisation für die gängigen groovigen Anwendungen: Auch ein eher schlapper und einfallsloser Beat lässt sich mit diesem vielfach erprobten Mittel leicht und ohne große Umwege aufpeppen und zum Grooven bringen. Wenn es dabei nicht zu maschinell vor sich gehen soll, stellt man einfach manuell ein Tempo ein, welches geringfügig vom Tempo des Host-Sequencers abweicht. Ein minimaler Zeitversatz der Echos kann subtil zu einem lebendigeren Höreindruck beitragen.
Als Besonderheit können über den Feedback-Weg andere Module (die Kompressoren, der Equalizer, das Gate) des UltraChannels eingebunden werden, sodass Gate- und Ducking-Echos ebenso wie eine Färbung per Equalizer möglich sind. Dadurch werden außergewöhnliche Effekte realisierbar.
Bevor man jedoch mit hohen Feedback-Werten experimentiert, sollte man unbedingt einen Brickwall-Limiter im Masterausgang des Sequencers platzieren, um versehentliche schrille Rückkopplungen abzufangen.
Hier die bereits bekannten Toms, zunächst ohne Echo-Bearbeitung:
Und nun mit Stereo-Delay, Einbeziehung des Kompressors über den Feedback-Weg, Gate am Ende, um auslaufende Resonanzen abzuschneiden, O-Pressor für satten Druck:
Die verwendeten Einstellungen:
Das Output-Modul
Der Vollständigkeit halber sei auch dieses Modul hier nocheinmal abgebildet:
Das Klammersymbol oben leuchtet blau auf, wenn der Transformer eingeschaltet ist, der hohe Pegel und Peaks mit einem analogen Sättigungseffekt garniert.
Die Ausgangs-Lautstärke kann zwischen -60 und +12 dB geregelt werden.
CPU-Beanspruchung
Die Beanspruchung der CPU ist erstaunlicherweise sehr gering, sodass es auch auf älteren Systemen bei geringer Latenz und live kein Problem sein sollte, mehrere Instanzen von UltraChannel zu verwenden.
Fazit
Der Eventide UltraChannel ist der mit Abstand beste Channel Strip, der mir auf nativer Ebene bislang begegnet ist. Für die gelungene Konzeption, den erstklassigen Klang und die hohe Effizienz der Module dürfte nicht zuletzt die beinahe 35-jährige Erfahrung des Herstellers verantwortlich sein. Einen direkten Vergleich zu den entsprechenden Algorithmen des H8000 kann ich nicht ziehen, doch die Qualitäten des O-Pressors und des Mikro Pitch Shift haben mich lebhaft an frühere Arbeiten mit dem Eventide Orville erinnert. Wenn im direkten A/B – Vergleich ein Qualitätsunterschied hörbar sein sollte, kann er nicht groß sein.
Abgesehen von einer vorzüglichen Audioqualität mit sauberem, detailliertem Klangbild bietet der UltraChannel einige Besonderheiten, die ihn von Mitbewerbern unterscheiden:
Neben einem herkömmlichen Kompressor, der auch als De-Esser eingesetzt werden kann und über eine Sättigungs-Option verfügt, ist mit dem O-Pressor ein Kompressionswerkzeug der Extraklasse an Bord: Der O-Pressor packt extrem kräftig zu und ermöglicht ein eigenständiges Klangdesign, das speziell bei kurzen Attack- und Releasezeiten beispielsweise eher unauffällige Drums in energiegeladene Beats transformieren kann.
Der Fünfband-Equalizer mit wählbaren Filtercharakteristika klingt ausgewogen, ermöglicht feine Arbeiten am Frequenzspektrum und ist ein mächtiges, musikalisch klingendes Werkzeug. Seine exzellente Audioqualität ist auch darauf zurückzuführen, dass hier (auch bei 32 bit AU, AAX oder VST Formaten) intern mit 64 Bit gerechnet und Quantisierungsrauschen, wie es speziell bei Equalizern auftreten kann, vermieden wird. Mit hohen Flankensteilheiten kann man bei Bedarf auch sehr schmalbandig operieren und Resonanzen unterdrücken oder hervorheben. Insgesamt ist er ein vielseitiges Werkzeug, bestens geeignet um die Charakteristik eines Instruments herauszuarbeiten.
Der Micro Pitch Shift erweist sich als außergewöhnlich natürlich klingender Effekt, wenn es darum geht, Gesang zu doppeln oder Instrumente aller Art einschließlich Schlagzeug durchsetzungsfähig und „fett“ zu machen. Er übertrifft jeden Chorus- oder Ensemble-Effekt und lässt auch hochwertige Doppler mit seinem transparenten, räumlich offenen Klang ein gutes Stück weit hinter sich.
Das wahlweise temposynchrone Echo kann für räumliche Effekte bei Gesang und Solo-Instrumenten, als Groove-Generator für Beats, Sequenzen und Arpeggios oder für Experimente durch die wählbaren Feedback-Wege benutzt werden. Die Zeitverzögerung ist auf 600 Millisekunden begrenzt.
Selbst im Output-Modul hat Eventide mit dem nach analogen Vorbildern emulierten Transformer einen subtilen aber wirkungsvollen, klangfärbenden Effekt eingebaut.
Richtig interessant wird es mit der Kombination der Module. Dabei hilft das flexible Routing per Drag & Drop: Gate, Kompressoren und EQ können in beliebiger serieller Reihenfolge verwendet werden. Die Module sind für sich alleine betrachtet schon erlesen; im Zusammenwirken zeigt sich, wie gut sie aufeinander abgestimmt sind und erschließen eine Klangbearbeitung, wie man sie selten antrifft.
Die Anwendungsgebiete erstrecken sich quer über alle Genres. UltraChannel kann sowohl für einzelne Instrumente als auch in Gruppenkanälen oder im Master eingesetzt werden. Für einen ausgewachsenen Master-Channel-Strip fehlt zwar die Multibandfähigkeit der Kompressoren, doch die einfache Bedienung und der erstklassige Klang könnten sich als praxistauglicher erweisen als manch üppig ausgestattete Multiband-Option, vor allem wenn die Zeit drängt.
Apropos Bedienung: Anders als bei vielen Mitbewerbern trifft man hier auf eine Vielzahl sinnvoller Presets. Insbesondere zu Schlagzeug und Percussion gibt es reichliche Alternativen, zugeschnitten auf einzelne Instrumente, die man mit wenigen Handgriffen den individuellen Erfordernissen anpassen kann. Daneben trifft man auf außergewöhnliche, klanggestaltende Presets, die Lust auf eigene Experimente jenseits des Üblichen machen.
Das einzige nennenswerte Manko, das ich feststellen konnte, betrifft die VST-User: Im derzeit noch auf VST 2 beschränkten Format bietet UltraChannel nicht die Möglichkeit des Sidechainings bei den Kompressoren und beim Gate. Eine VST 3 – Version ist laut Hersteller jedoch in Arbeit. Ein Termin für das Update ist noch nicht bekannt.
Der Preis des Eventide UltraChannel ist gemessen an der Qualität und den Möglichkeiten ausgesprochen günstig.
Holger Obst
Plus
- erstklassige Audioqualität
- Extrem-Kompressor: O-Pressor
- flexibles Routing der Module
- hervorragender „Doppler“: Micro Pitch Shift
- De-Esser-Option für zweiten Kompressor
- schaltbarer Sättigungs-Effekt in Kompressor und Output-Modul
- günstiger Preis
- geringe CPU-Beanspruchung
- Unterstützung älterer Betriebssysteme
Minus
- Sidechaining im VST 2 – Format nicht möglich (VST3 ist als Update in Planung)
Preis: 199.- EUR
Systemvoraussetzungen
- Mac OS 10.5: AU
- Mac OS 10.6: AU, AAX
- Mac OS 10.7: AU, AAX
- Windows XP: VST
- Windows 7: VST, AAX
- iLok-User Account (iLok Dongle nicht zwingend erforderlich)
Hersteller
Deutscher Vertrieb
Testsystem: PC Intel Core i7 3930K, Windows 7, Cubase 7, Motu 828 mKII, Testprojekt mit 44,1 kHz Samplerate und 24 Bit Auflösung. Alle Audiodemos in 128k mp3.