Test: Native Instruments Session Guitarist Strummed Acoustic
|Mit dem Session Guitarist Strummed Acoustic steckt uns Native Instruments die virtuelle Akustikgitarre gleich mit passendem Studiogitarristen in die Westentasche, verspricht Strummed Acoustic doch das schnelle Erstellen von Gitarrenbegleitungen auf dem Rechner.
Strummed Acoustic ist aber nicht nur eine Library mit Samples einer Steelstringgitarre, schätzungsweise einer Dreadnought aus dem Hause Martin. Ähnlich wie bereits der Scarbee Funk Guitarist bietet das Instrument auch gleich die passende Begleitsektion, die unterschiedliche Akkordvoicings mit Anschlagpattern zu Gehör bringt.
Ein Gitarrist aus Bits & Bytes oder aus Fleisch & Blut?
Natürlich wird sich gleich der ein oder andere Leser die Frage stellen, weshalb es nun unbedingt einer virtuellen Akustikgitarre bedarf, wo man doch fast an jeder Ecke einen Gitarristen findet, den man sich mit heutiger Technik auch ganz schnell ins eigene Studio holen kann, sogar in Echtzeit via Onlinesession.
Und die meisten Musiker könnten die berühmten drei Akkorde bestimmt selbst auf der Gitarre intonieren.
Gründe gibt es aber ausreichend. Zum einen wären da eingeschränkte Aufnahmeszenarien. Nicht jeder verfügt über optimale Räumlichkeiten in seiner Wohnung, um aufwendige Gitarrenaufnahmen umsetzten zu können, geschweige denn über strapazierfähige Nachbarn, die nächtlichen Sessions viel abgewinnen können.
Wer mobil mit Laptop unterwegs ist, hat vielleicht auch nicht immer Lust, eine dicke Akustikgitarre im Case mitzuschleppen, auch hier kann Strummed Acoustic der Retter der sechs Saiten sein.
Und nicht zuletzt: Inspiration! Denn wer selbst ein Instrument spielt, kennt bestimmt folgenden Umstand nur zu gut: Die Finger haben ihre ganz eigene Komfortzone, aus der es schwer ist auszubrechen, folgen sie doch einem unsichtbaren Muster von Ton zu Ton. In der Regel bezeichnet man das auch als den eigenen Stil eines Gitarristen. Möchte man aber neue Wege beschreiten, kann es durchaus sehr inspirierend sein, Bekanntes mit einer neuen Herangehensweise anzugehen.
Überblick
Hierzu bietet das Komplete Instrument NI-typisch eine ausgefeilte Technik, sowohl den Klang des Instruments einzustellen wie auch die entsprechenden Anschlagmuster und Begleitpattern via Midi-Eingabe zu triggern .
Dabei hat es sich Native Instruments zur Aufgabe gemacht, die Bedienung des virtuellen Gitarristen so einfach wie möglich zu halten. Strummed Acoustic soll nicht zuletzt auch für den Nicht-Gitarristen ohne große Lernhürde beherrschbar sein und echt klingen.
Grundsätzlich gibt es die Möglichkeit, das Instrument weitgehend frei zu spielen.
Hierzu „greift“ man auf der Klaviatur mit der rechten Hand vordefinierte Akkorde, die Anschlagmuster wechselt man mit der linken Hand im Bereich C1 aufwärts, entweder als Preset oder benutzerdefiniert über den Pattern Browser.
Einfacher wird es dann sogar noch im Modus Auto Chords. Hier wählt man die gewünschte Grundtonart, das Tongeschlecht, und Strummed Acoustic liefert die passenden Akkorde.
Installation und Autorisierung
Der Download von Strummed ist ca. 8,5 GB schwer, und ihn gibt es wie gewohnt vom Native Instruments-Server. Autorisiert wird via Sereinnummer über das Service Center von Native Instruments.
Strummed Acoustic installiert sich als Komplete Instrument und benötigt folglich den kostenlosen Kontakt Player oder den großen Kontakt Sampler ab Version 5.4.2. Kontakt 5 selbst kann als Standalone Version genutzt werden oder läuft als Plugin in den Formaten VST, Audio Unit, oder AAX Native (in Pro Tools 10 oder neuer) unter Windows 7 und OS X in 32 und 64 Bit.
Lets Strum – Lass schrammeln!
Die Oberfläche von Strummed Acoustic ist sehr klar gegliedert. Es finden sich hier drei Tabs – Pattern, Sound und Playback.
Auf der Patternpage hat man zunächst die Möglichkeit, unter einer Vielzahl von Stilistiken ein passendes Begleitmuster auszuwählen. Die Optionen reichen hier von klassischem Lagerfeuergeschrammel über Reggae-typische Offbeatrhythmen, funky Stuff, Latino Pop bis eben zu der typischen countryesken Gitarrenbegleitung. Für jede Stilistik stehen wiederum acht Pattern zur Auswahl.
Klickt man unten auf eines der Pattern, öffnet sich der Pattern Browser, mit dem man durch die verfügbaren Pattern navigieren kann, oder man nähert sich gemäß Vorgaben dem gewünschten Muster. Hier stehen Kriterien wie Open, Muted, Mixed, Hard, Soft, Triplet oder 4/4 und 3/4 zur Auswahl.
Schön ist die Funktion Rhythm Search. Hier klickt man, ähnlich einem Stepsequenzer mit Lauflicht die gewünschte Taktteile an, die im Pattern enthalten enthalten sein sollen, und der Browser schlägt mögliche Ergebnisse vor.
Im Auto Chords Modus legt Strummed Acoustic die jeweils zugehörigen Akkorde einer Tonart auf die weißen Tasten des Keyboards. Über die schwarze Tasten lassen sich die Akkorde mit Erweiterungen wie 7,9,sus2 oder sus4 versehen lassen. Schön gelöst finde ich die Funktion von Mod- und Pitchwheel. Mit dem Ersten kann man beeinflussen, ob der Klampfer gleichmäßig alle Saiten oder primär die Bass- oder Diskantsaiten trifft, während sich mit dem Pitchwheel Akzente setzen lassen.
Da alles endlich ist, hat Native Instruments auch daran gedacht, eine Variation an Endings mitzuliefern, also Abschläge oder ausklingende Akkorde.
Einfluss auf den Klang der Gitarre bekommen wir im Sound-Tab von Strummed Acoustic.
Hier lassen sich die Voicings anpassen, man entscheidet ob Strummed Acoustic mono oder stereo arbeitet, ein leichter Dopplereffekt lässt sich hinzufügen sowie der Anteil von Bund- und Griffgeräuschen variieren.
Eine einfache Effektsektion steht uns ebenfalls zur Verfügung und beinhaltet EQ, Compressor und Reverb. Grundsätzlich einfach gehalten wählt man hier den Effekttyp und regelt dann über einen Knopf dessen Anteil. Dies erlaubt keine tief gehenden Eingriffe, lässt aber kleine Anpassungen in jedem Fall zu.
Im dritten Tab Playback wird vom Benutzer Swingfaktor, Humanize oder ein Timing Offset eingestellt.
Ähnlich einem Drum-Plug-in lässt sich hier auch die Geschwindigkeit der Patterns verdoppeln oder halbieren, um eine bessere Anpassung an das vorhandene Material vornehmen zu können.
Soundbeispiele
Starten wir mit einer klassischen Nashville Countrygitarrenbegleitung.
Hier nun die gleiche Akkordfolge abgedämpft.
Bewegen wir uns weiter im Country-Genre mit einem Pattern, dass ich stark mit Willie Nelson assoziiere.
Genug der beschaulichen Cowboyromantik – lets get funky!
Aber auch Folkpattern von der grünen Insel hat Strummed Acoustic im Angebot.
Benötigt man eine Akustikgitarre im Stil der Foo Fighters oder Kings of Leon, wird man in der Rockabteilung fündig.
Fazit
Session Guitarist Strummed Acoustic ist ein nützliches, natürlich klingendes Instrument, mit dem auch Nicht-Gitarristen schnell eine überzeugende Gitarrenbegleitung realisieren können.
Zwar nicht alternativlos am Markt ist das Komplete Instrument aber im Gegensatz zu anderen Lösungen leicht zugänglich und direkt spielbar. Dabei bleibt die Wahl der Komplexität dem Benutzer weitgehend freigestellt. Wer harmonisch sicher ist, navigiert auf Sicht durch die Akkordzusammenstellungen und Patterns, allen anderen assistiert der Auto Chords-Modus. Dieser empfiehlt sich auch, wenn man z.B. mit einer kleineren Klaviatur oder mit einem On Screen-Keyboard arbeitet.
Session Guitarist Strummed Acoustic macht die Gilde der Studiogitarristen sicher nicht arbeitslos und kann einen Virtuosen am Instrument nicht ersetzen. Wenn es aber darum geht, Akkord-Changes zu skizzieren, rhythmische Texturen auszubreiten oder einem Playback neue Aspekte hinzuzufügen, macht Strummed Acoustic seinen Job wirklich sehr gut. Der gebotene Funktionsumfang steht in gutem Verhältnis zum Preis und macht Strummed Acoustic zu einem Komplete Instrument, dass man gerne in seiner Sammlung hat.
Heiko Wallauer
Plus
- einfache Handhabung
- stilistisch Vielfältig
- gutes Preis-/Leistungsverhältnis
Minus
–
Preis: 99.- EUR
Systemvorrausetzungen:
- kostenloser Kontakt Player oder
- Kontakt 5.4.2
- Win/Mac
- AAX, RTAS, AU. VST, standalone
- 32 und 64 Bit
Hersteller
Links: