Test: SPL Vitalizer MK2-T
|Der Vitalizer MK2-T gehört zur Gattung der Klangoptimierer und vereinigt die Technologien eines dynamischen Equalizers, einer Obertonbearbeitung, Stereoverbreiterung, eines Bass-Kompressors und einer Röhrenschaltung. Was es damit auf sich hat, wie weit die Magie des zweikanaligen Vitalizers reicht und welche gestalterischen Möglichkeiten sich daraus ergeben, erfahren Sie in diesem Test.
Historie
Die Geschichte des Vitalizers beginnt 1988. Damals entwickelte SPL den Ur-Vitalizer mit der Bezeichnung SX2, der nicht nur die Bearbeitung des Obertonspektrums in hohen Frequenzlagen ermöglichte, sondern auch Bässe und das Mittenspektrums mit einschloss. Es folgte ein Jahr später der SX2 Pro. 1993/1994 tauchte erstmals der Markenname Vitalizer im SPL Sortiment auf. Nach dem Stereo-Vitalizer MK2 mit einem Reglersatz für den linken und rechten Kanal gemeinsam und dem Top-Modell Tube-Vitalizer (beide 1995) erschien 1998 der Stereo-Vitalizer MK2-T.
Bevor die Vitalizer und ihre Vorgänger das Licht der Welt erblickten, fand man in Projektstudios nur eine Low-Budget Version des Aphex Aural Exciters Type C, die sich schwerpunktmäßig den hohen Frequenzen widmete und nicht nur die Obertöne, sondern auch das Rauschen kräftig anhob. Der SPL Vitalizer eröffnete als erstes Gerät ein deutlich feineres, besser regulierbares Sounddesign und wurde bald für Viele zu einem unverzichtbaren Werkzeug, um nicht nur den Mix, sondern auch Vocals, Gitarren und Schlagzeug luftiger und lebendiger zu machen.
Bei unserem Testkandidaten steht das T für Tube (Röhre). Etwa 200 Euro tiefer gibt es eine zweite Ausgabe ohne Röhrensound.
Äußere Merkmale
Der Vitalizer MK2-T begnügt sich mit einer Höheneinheit eines 19-Zoll-Rackeinschubs. Die goldenfarbene Frontpartie ist mit acht griffigen, gummierten Reglern versehen, die einwandfrei laufen und dabei einen angenehmen Widerstand bieten, also nicht versehentlich durch eine leichte Berührung verstellt werden können. Sie sind teilweise gerastert und alle mit einer Werteskala markiert. Dort, wo es darauf ankommt, beispielsweise bei der Filterfrequenz, hilft die Rasterung auf die Frequenzwerte. Hinter einem schwarz vergitterten Fensterchen befindet sich die Röhre, die immer mit von der Partie ist, also nicht umgangen werden kann. Doch wer will das schon?
Per Drive-Regler lässt sich der Vitalizer fein dosiert anfahren. Ein per LED hintergrundbeleuchteter Taster zeigt an, ob das Gerät aktiv oder im Bypass-Modus ist. Rückwärtig stehen XLR und Klinke Ein- und Ausgänge für den linken und rechten Kanal bereit, die sowohl symmetrisch als auch unsymmetrisch betrieben werden können. Das Ausgangssignal liegt immer an XLR- und Klinkenausgängen zugleich an.
Bedienelemente, Funktion und technische Raffinessen
Wir arbeiten uns von links nach rechts durch die Frontpartie und beleuchten die dahinterliegende Technik: Der Vitalizer kennzeichnet sich durch eine sehr spezielle und ausgeklügelte Logik und hebt sich deutlich von Equalizern oder herkömmlichen Excitern ab.
Der Drive-Regler arbeitet zwischen –20 und +6dB. In der Mittelposition (0dB) rastet er ein. Eine Clip-LED warnt vor Übersteuerung bereits 3dB unterhalb der Grenze, an der es zu einer unerwünschten Verzerrung kommt und bezieht sich nicht nur auf die Eingangsverstärkung, sondern signalisiert auch Übersteuerungen, die hinter dem Drive-Regler auftreten können, beispielsweise durch zu stark eingesetzte Bass- oder Höhenanhebungen.
Für die Bearbeitung der Bässe stehen zwei Filtercharakteristika zur Verfügung: Dreht man den Bass-Regler von der 12-Uhr-Position aus nach links, erhält man einen runden, satten Bass (soft), dreht man ihn nach rechts, klingt er eher trocken und knallig (tight). Die Gestaltungsmöglichkeiten des Bassbereichs gehen jedoch über diese beiden Filtercharakteristika hinaus, denn sie stehen nicht isoliert da: Das Bassmodul des Vitalizers interagiert mit dem Processing- und dem Mid-Hi-Tune-Regler. Es macht einen Unterschied, ob man maximales Processing mit einer eher geringen Bass-Anhebung kombiniert oder umgekehrt.
Die Bassbearbeitung, die der Vitalizer bietet, ist ein mächtiges Werkzeug. Und um dessen Auswirkungen auf den Klang unter Kontrolle zu bringen, ist in den Bass-Signalweg ein Soft-Knee-Kompressor integriert, der dazu dient, möglichst unauffällig Pegelveränderungen durch eine zu starke Basspräsenz auszugleichen, ohne dass dabei die Höhen mit unterdrückt würden. Es geht bei diesem Kompressor also nicht um eine ausgewachsene Dynamikabteilung, sondern eher um ein Regulativ. Attack, Release und Threshold sind vorgegeben. Der Regler bedient das Kompressionsverhältnis (Ratio).
Bei den folgenden Audiodemos geht es um die Bearbeitung eines Bass-Tracks. Sie hören zunächst die Version ohne Vitalizer …
… und hier mit dem Bass-Processing im Tight-Bereich, mit Kompression und einem Schuss Höhenanhebung per Mid-Hi-Tune bei 1,2 kHz. Besonders im Attack gewinnt der Bass an Prägnanz. Durch eine moderate Anhebung der Lautstärke mittels Drive-Regler wird das Filternetzwerk höher angesteuert und der Effekt deutlicher: Es kommt ein subtiles Knurren in den Bass-Sound.
Wechselt man von Soft zu Tight, wird der Bass runder, gewinnt an Volumen und klingt etwas gemütlicher:
Es reizt natürlich, den Vitalizer auch mit den Drums auszuprobieren: Die Bassdrum flappt im Hintergrund und macht ihrer Bezeichnung „Kick“ noch keine Ehre. Wir helfen ihrer zurückhaltenden Präsentation mit dem Bass-Regler im Tight-Bereich auf die Sprünge. Das Rascheln der Snare möchten wir ein gutes Stück nach vorne holen, und die Triangel soll richtig spitz klingen und im Gesamtsound aufblinken.
Der Mid-Hi-Tune-Regler bestimmt die Frequenz, unterhalb derer das Signal abgesenkt und oberhalb derer die Lautstärke angehoben wird. Man kann sich seine Wirkungsweise vereinfacht wie eine Wippe vorstellen. Dreht man den Processing-Regler auf, geht es auf der rechten Seite zunehmend nach unten und gleichermaßen auf der linken nach oben. Die Center-Frequenz dieser Wippe kann zwischen 1000 Hertz und 22kHz. eingestellt werden. Damit ist bereits klar, dass der Mid-Hi-Tune-Regler sich auch auf das Frequenzverhalten im Bassbereich auswirkt und die Kombination mit Soft/Tight-Bass sich ein vielfältiges Klangdesign im Tieftonsektor eröffnet. Neben der Bestimmung der Einflussstärke von Bass- und Mid-Hi-Tune bewirkt ein Aufdrehen des Process-Reglers die Abdämpfung allzu dominanter Mitten.
Im Gegensatz zu graphischen Equalizern, die einfach einen bestimmten Bereich des Frequenzspektrums in der Lautstärke absenken (oder anheben) arbeitet der Vitalizer mit einer lautstärkegesteuerten Phasenverschiebung. Einfach gesagt, werden laute und leise Signalanteile minimal versetzt, sodass Details im Klangbild deutlicher hervortreten (Demaskierungseffekt). Klangverfärbungen durch Kammfiltereffekte, mit denen herkömmliche Equalizer zu kämpfen haben, sind mit dieser Technik ausgeschlossen.
Die folgenden Audiodemos verdeutlichen die Wirkungsweise des Mid-Hi-Tune-Reglers. Im ersten Audiodemo hören Sie wieder das unbearbeitete Signal:
Nun folgt die Reglerposition 7kHz. Frequenzen oberhalb werden betont, darunterliegende abgeschwächt. Der Processing-Regler steht in der 14-Uhr-Position (ca. 60 % der möglichen Leistung). Sicher ist diese Einstellung insgesamt zu viel des Guten, macht aber klar, worum es geht:
Hohe Frequenzen der Rhythmusabteilung treten hervor. Hier steht der Mid-Hi-Tune-Regler auf 1,2 kHz. Auch die Obertöne der Gittarre werden nun vom Vitalizer herausgearbeitet.
Nun nehmen wir noch den Bass in der Tight-Stellung hinzu und regeln das Processing etwas zurück:
Die Bassdrum spielt wieder mit. Das Signal wirkt offener und zugleich deutlicher und detailreicher, ohne dass es zu unerwünschten Resonanzbildungen bzw. partiellen Überbetonungen kommen würde. Der Vitalizer hat aber noch mehr zu bieten: Im Gegensatz zum Mid-Hi-Tune-Regler bedient der High-EQ ein steilflankiges Filter, das eingesetzt wird, um hohe Frequenzen und Obertöne jenseits der 2 kHz. zu betonen. Sowohl gerade als auch ungerade harmonische Teiltöne werden verstärkt. Der benachbarte Intensity-Regler bestimmt den Grad der Verstärkung. Im Gegensatz zum Exciter generiert der Vitalizer jedoch keine zusätzlichen Obertonspektren durch das Hinzufügen von Verzerrungen, sondern greift ausschließlich auf das eingespeiste Audiosignal zurück. Im Resultat klingt der Vitalizer in den Höhen deutlich musikalischer, seidiger und weniger scharf als ein Exciter. Zusammen mit dem Mid-Hi-Tune-Regler ergeben sich fein dosierbare Eingriffsmöglichkeiten in das Obertonspektrum.
Hier die bekannte Passage, diesmal mit dem Bass-Regler im Soft-Modus, dem Mid-Hi-Tune-Regler bei 4 kHz., Processing bei etwa 60 % und einer Anhebung der hohen Frequenzen mittels High-EQ:
Die Bassdrum hat nun einen sehr deutlichen, runden Wumms, der Rest des Signals ist bestens aufgelöst und klar.
Dass der Vitalizer ein gutes Stück mehr kann als ein Exciter zeigt sich im Vergleich mit dem Aural Exciter, den es inzwischen (von renommierter Seite) auch als Plug-in gibt. Zwar wird keine noch so sorgfältige Emulation das Original 1:1 nachbilden, doch der Unterschied zum Vitalizer tritt deutlich hervor:
Als letzte Instanz wäre noch der Stereo-Expander zu nennen, der das Klangpanorama über die Position der linken und rechten Boxen erweitert, indem dem jeweils gegenüberliegenden Kanal phaseninvertierte Signale des Gegenspielers beigemischt werden. Monophone Mittelsignale werden gleichzeitig abgeschwächt. Ein übertriebener Einsatz des Stereo-Expanders kann zu Monoinkompatibilität führen.
Einsatzmöglichkeiten des Vitalizers MK2-T, Praxis
Es gibt eigentlich kaum ein Gebiet, in dem unser Testkandidat nicht für einen besseren Klang sorgen könnte. Einzelinstrumente aller Art werden durch den Vitalizer lebendiger und gewinnen deutlich an Glanz. Auch beim Mastering dürfte es kaum einen Mix geben, der durch den Einsatz des Vitalizers nicht aufgewertet wird. Nicht nur beim Remastern älterer, angestaubter Aufnahmen ist er ein Werkzeug erster Wahl. Die Alternative über ein Trio aus Equalizer, Exciter und Spatial-Tool ist nicht nur erheblich umständlicher, sondern birgt aufgrund der anderen Technologie auch Gefahren (Kammfiltereffekte, Resonanzen), die der Vitalizer geschickt umgeht. Nicht zuletzt dürfte er auch im Live Einsatz eine gute Figur machen, beispielsweise um den Gesang besser herauszuarbeiten oder die Musik insgesamt klarer zu präsentieren.
Hier wieder ein A/B-Vergleich: Zunächst ohne Vitalizer …
… dann mit einer Gesangsbearbeitung.
Abschließend
Der Vitalizer ist ein intuitiv zu bedienendes Gerät mit dem man schnell zurechtkommt. Trotzdem ist eine Lektüre der sehr gut und verständlich geschriebenen deutschsprachigen Bedienungsanleitung hilfreich, um die technischen Zusammenhänge und das Wechselspiel zwischen den einzelnen Sektionen Bassbereich und Mid-Hi-Tune mit Processing-Regler zu verstehen. Die einzige Gefahr, die von diesem Gerät ausgeht ist, dass man seine Möglichkeiten überstrapaziert. Der Sound erfährt eine deutliche Aufwertung, an die man sich nur all zu gerne gewöhnt. Damit man insbesondere beim Mastering nicht zuviel des Guten tut, sollte man zwischendurch öfter einen A/B-Vergleich und/oder eine Referenzaufnahme zu Rate ziehen.
Die Zeiten, in denen man bei der Bearbeitung des Obertonspektrums immer den Zuwachs an Rauschen im Auge behalten musste, sind mit dem Vitalizer MK2-T vorbei. Gegenüber seinem Vorgänger, bietet das aktuelle Modell nochmals 8dB mehr Rauschabstand.
Den Klang des Vitalizers kann man nur als transparent, detailreich und dabei musikalisch warm und angenehm sanft bezeichnen. Zusammen mit dem Input-Drive verleiht die Röhre dem Ganzen eine zusätzliche Dimension.
Fazit
Mit dem Vitalizer kommt man schnell zum gewünschten Ziel. Die Bedienung geht leicht von der Hand. Audioquellen aller Art lassen sich aufwerten. Eine müde Bassdrum erhält den richtigen Kick, ein schlapper Bass fängt an zu knurren, eine zurückhaltende Snare hebt sich aus dem Mix hervor, Flächen werden luftig und Vocals intimer. Ältere Aufnahmen lassen sich mit neuem Leben erfüllen, einem bereits guten Mix kann man das letzte Sahnehäubchen aufsetzen.
Die Verarbeitung des Geräts ist erstklassig und der Preis in Anbetracht des Leistungsumfangs und der Flexibilität günstig. Der Vitalizer gehört zu der Klasse von Hardware, die sich immer noch von guter Software durch eine hervorragende Auflösung und einen musikalischen Klang abhebt.
Holger Obst
Preis
- UVP: 855 Euro
Hersteller