Test: Waves H-Reverb
|Der neue H-Reverb von Waves kombiniert Faltungstechnologie mit algorithmischer Raumberechnung und bietet neben der Stereo-Variante auch Surround bis 5.1. Die von Waves verwendete Faltungstechnologie kommt dabei ohne Impulsantworten in Form von Samples aus und ermöglicht Transformationen der Hallfahne in Echtzeit. Wie ist das möglich? Und ist die Fusion der beiden Technologien der Schlüssel zum ultimativen Raumklang?
Hinweis:
Der Waves Hybrid Reverb ist auch Mitstreiter in unserem Vergleichstest zwischen 14 nativen Hallerzeugern.
Überblick
Das Zauberwort heißt Finite Impulse Response Technologie, kurz FIR. In Kombination mit algorithmischen Berechnungen und Modulationen soll ein luxuriöser, warmer Raumklang geboten werden, der neue Horizonte erschließt. In der Tat verfügt der HReverb über einige Besonderheiten, die vielleicht neue Perspektiven eröffnen.
Ein umfangreiches Angebot an Presets bietet Räume aller Arten und Größen, von kleinen Räumen bis zur Kathedrale, vom Plattenhall über den Gate Reverb bis zum hyperrealen futuristischen Effekthall. Auch ein riesiges Arsenal an diversen Lexikon-Hallpresets ist an Bord. Zudem gibt sich eine Reihe von Klangkünstlern die Ehre, welche unter anderem Vorlagen für Snares, Gesang und akustische Gitarre variantenreich beigesteuert haben. Mit so viel Auswahl ist man erst einmal gut versorgt und muss nicht zwingend selbst Hand anlegen.
Das Interface steht in zwei Größen zur Verfügung. So wie oben abgebildet dient es dem raschen Einstellen der wichtigsten Parameter; über den Schalter „Expand“ öffnet sich die Tür zur hohen Kunst der Raumgestaltung:
Spätestens jetzt wird klar, dass der HReverb sich nicht auf den klassischen Aufbau aus frühen Reflexionen und Hallfahne beschränkt, sondern einige Extras zu bieten hat: Eine Hüllkurve, Input-Echos (auch temposynchron), Output-Echos, ein Dynamics Modul, einen Vierband-Equalizer mit zwei vollparametrischen Mitten, ein Dämpfungs-Modul sowie eine Modulationsabteilung mit LFO. Eine Vorverstärkung im Ausgangsmodul ermöglicht eine Art Sättigungseffekt mit einer Verstärkung der harmonischen Obertöne des Hallsignals.
Die FIR-Technologie
Zur Finite Impulse Response Technologie: Im Gegensatz zum konventionellen Faltungshall mit IIR-Technologie (Infinite Impulse Response) benutzt diese keine Feedback-Loops für die Darstellung der Hallfahne. Solche Feedback-Loops verursachen (laut Waves) Klangverfärbungen durch Kammfiltereffekte, die intern durch weitere nachgeschaltete Filter wieder ausgeglichen werden sollen – was (laut Waves) nie ganz gelingt. Man darf unterstellen, dass der Hersteller sich hier bestens auskennt, bietet er doch mit dem IR1 seit Jahren einen eigenen Faltungshall. Die neue FIR Technologie liefere hingegen verfärbungsfreie Ergebnisse – nicht ganz ohne Wermutstropfen: FIR beansprucht mit zunehmender Halllänge mehr Rechenleistung als ein vergleichbar langer IR-Hall.
Das Plug-in selbst beansprucht in der Waves V9-Library lediglich 18,1 MB. Da stellt man sich die Frage, wo denn die FIR-Samples sind. Vom Hersteller erhielten wir zunächst nur die Antwort, der Hybrid Reverb sei ein algorithmischer Hall auf der Basis der FIR-Technologie. Ein Sample-Ordner existiere nicht, auch sei es nicht möglich, eigene Samples zu importieren. Ein nochmaliges Nachfragen brachte weitere Details ans Licht: FIR kann grundsätzlich sowohl samplebasiert sein (und in diesem Fall auf ein Sample mit fester Länge zurückgreifen) als auch algorithmisch und in Echtzeit dargestellt werden. Letzteres ist beim HReverb der Fall und erklärt auch, warum Manipulationen der Hallfahne keine „Denkpause“ des Rechners einfordern (beim Faltungshall Waves IR1 sind beispielsweise auch Längen- und Verlaufsveränderungen oder Manipulationen der Dämpfung möglich, solche Parameterveränderungen führen jedoch zu kurzen Arbeitspausen, da das IR-Sample neu berechnet werden muss).
Von der Herstellerseite wird weiter klargestellt: HReverb benutzt einen algorithmischen beziehungsweise synthetischen FIR-Generator, keine PCM-Audio-Dateien (weshalb auch wenig Festplatztenspeicher benötigt wird). Der FIR Generator ist jedoch in der Lage, nicht-lineare Reflexionsabläufe darzustellen und dem eingehenden Audiosignal verfärbungsfrei eine Raumsimulation hinzuzufügen.
Installation
Der HReverb wird über die Software Waves V9 installiert und über das Waves License Center autorisiert. Das Plugin kann über einen Dongle (und damit mobil), mit der Workstation selbst als Referenz oder über eine License-Cloud autorisiert werden. Der iLok wird nicht mehr unterstützt.
Über den License-Manager kann der Standort der Lizenz auch nachträglich verändert werden.
Das Plugin liegt auf Mac (ab OSX 10.7) und Windows (ab 7 SP1) in den Formaten VST/VST3, AU, AAX und RTAS in 32 und 64 Bit vor.
Näheres zum Installieren und Autorisieren von Waves Produkten sowie Informationen zum Waves-Update-Plan finden Sie auch in unserem Beitrag „Von Raubkopierern, Dongen aus purem Gold und anderen Autorisierungsschweinereien“.
Der HReverb im Detail
Eine ganze Reihe von Plugin-Varianten steht zur Verfügung:
Wir starten mit dem HReverb long stereo und hier mit dem Preset Drum Kit Room. Im folgenden Audiodemo habe ich den Hall zum 5. Takt eingeschaltet:
Hier die Grafik dazu:
Über die Kopfzeile erreicht man (wie bei allen Waves-Plugins) eine Undo/Redo-Funktion (sehr lobenswert), zwei A/B-Alternativkonfigurationen, den Browser einschließlich Speichermöglichkeit für eigene Presets, sowie über das Fragezeichen das Manual in Englisch.
Grundlegende Einstellungen zu Early Reflections und Hallfahne
Wie man in der Abbildung oben sieht, starten beim Drum Kit Room Early Reflecions (weiße Balken / im Folgenden mit ER abgekürzt) und Hallfahne (orange) ohne Pre-Delay.
Über den Regler Pre-Delay lässt sich die Hallfahne (bei Bedarf auch temposynchron) verzögert einsetzen; mittels Build-Up ist eine in der Lautstärke ansteigende Hallfahne realisierbar. Mit Size staucht oder dehnt man die Verteilung der frühen Reflexionen.
Zentral stellt man die Halldauer (hier bis 12 Sekunden) ein, darunter wählt man ein Muster für die ER. Ob diese in der Lautstärke gleichmäßig linear oder kurvig abfallen, ansteigen oder mit kleinen Unregelmäßigkeiten behaftet sind, wirkt sich überraschend deutlich auf den gesamten Raumklang aus. Die Wahl eines der zehn zur Verfügung stehenden ER-Muster ist folglich von grundlegender Bedeutung und definiert die Ausgangsposition für die weitere Bearbeitung. Bei dem oben verwendeten Preset hat mir der etwas verwaschene Sound nicht gefallen. Wählt man logarithmisch in der Lautstärke abfallende ER, so klingt es schon ganz anders:
Basis-Parameter wie das Mischungsverhältnis zwischen ER und Haupthall, der Dry/Wet-Mix und die Ausgangslautstärke sind natürlich ebenfalls einstellbar. Will man sich die einzelnen Echos unter der Lupe betrachten, so zoomt man in die Grafik hinein.
Per Reverse-Taster lässt sich die Hallfahne (nicht die ERs) rückwärts abspielen.
Im unteren Bereich erkennt man bereits, dass im Gegensatz zum Dynamics-Modul die zusätzlichen Input- und Output-Echos sowie die Modulationsabteilung nicht beteiligt sind.
Das Dynamik Modul
Das Dynamics-Modul bietet drei Modi: Kompression, Ducking und De-Esser. Alle drei verfügen über die Regler Threshold (Schwellenwert, ab dem der Dynamikeffekt greift) und Recovery (Abklingzeit des Effektes). Eine grafische Rückmeldung über den Verlauf der Kompression fehlt. Eine kleine LED Kette wäre als Hilfestellung nützlich gewesen, besonders, wenn man subtile Kompressionseffekte erzielen möchte.
Sehr lobenswert und bei Hall-Plug-ins selten anzutreffen ist das Ducking: Dieses regelt die Lautstärke des Hallsignals herunter, wenn das Originalsignal den Threshold überschreitet. So kann einen satten, breiten Hall verwenden, ohne Gefahr zu laufen, dass der Raum durch einen übermäßigem Reichtum an Reflexionen intransparent und verwaschen klingt.
Mittels De-Esser werden alleine die hohen Frequenzen komprimiert. De-Esser werden in der Gesangsbearbeitung zum Unterdrücken von Zischlauten eingesetzt. Die Verwendung innerhalb eines Hall Plug-ins ist sehr ungewöhnlich – aber, wie sich zeigt, durchaus eine Bereicherung. So lassen sich auf die Schnelle dumpfe Räume realisieren. Sowohl technisch als auch musikalisch-akustisch gesehen ist ein De-Essing nicht das selbe wie ein High-Cut-Filter (welches statisch Höhenanteile reduziert) und auch nicht mit einer Höhendämpfung zu verwechseln (welche Höhen von Echos sukzessive herunter regelt, also bei späteren Echos stärker einwirkt als bei frühen).
Das Dynamik-Modul liegt in der Signalkette fest verankert hinter den Hall- und Echo-Modulen. Im folgenden Audiodemo habe ich das Preset Drum-Kit-Room verändert, indem ich mit De-Essing die Höhen stark komprimiert habe:
Mehr Echos als nur Early Reflections
Die Input-Echos rekrutieren sich aus (wahlweise temposynchronen) diskreten sowie diffusen Echos. Die diskreten Echos treten im temposynchronen Betrieb punktgenau im Takt auf, die diffusen Echos verteilen sich in einem engen Zeitfenster um die eingestellten Notenwerte herum. Input Echos werden im Display als gelbe Balken angezeigt. Sie werden zusätzlich zu den ER direkt aus dem Eingangssignal generiert und dem Eingangssignal des eigentlichen Hallmoduls (Hallfahne) beigemischt. Nur die diskreten Echos werden auch am Hallfahnen-Modul vorbei weitergeleitet und können dann beispielsweise zur Unterstützung eines Drum-Grooves verwendet werden.
Eine Kombination von ER und diskreten Input-Echos erlaubt Echoeffekte ohne Hallfahne, beispielsweise für sehr konkrete, präzise Reflexions-Effekte oder zum Herausarbeiten einer direkt und frontal wirkenden Solo-Gesangsstimme, hier alternativ oder in Ergänzung zum Doppeln der Stimme.
In einem zweiten zusätzlichen Echo-Modul, den Output-Echos wird aus dem Hallsignal eine Abfolge von Echos erzeugt. Diese sind in ihrer zeitlichen Verteilung und in ihrem Reichtum an hohen Frequenzen justierbar. Über eine Tenmposynchronosation verfügen sie nicht. Die Output-Echos eignen sich, um den Eindruck von räumlicher Tiefe zu verstärken. Setzt man sie ohne Hallfahne und nur zusammen mit den ER ein, so lassen sich auch flatternde Echo-Cluster für Spezialeffekte erzeugen.
Weitere Optionen für die Hallfahne
Das Modul Decay Envelope ermöglicht fortgeschrittene Bearbeitungen der Hallfahne. Per X-Time lässt sich die Zeit nach erfolgtem Build-Up (vergleichbar mit der Attacktime einer Hüllkurve) und bis zum beginnenden Abklingen einstellen. X-Gain bestimmt die Lautstärke vor dem Abklingen. Density bestimmt die Reflexionsdichte innerhalb der Hallfahne (denn auch diese setzt sich letztlich aus vielen Echos zusammen, welche hier ausgedünnt werden können). Eine reduzierte Dichte der Hallfahne wird grafisch durch eine schwächeres Orange dargestellt. Während sich X-Time und X-Gain auch über die Anfasser im Verlaufsdisplay einstellen lassen, können Dichteveränderungen nur über den Regler im voll ausgefahrenen Interface erzielt werden.
Zur Veranschaulichung hier eine Hallfahne mit mittlerem Build-Up, X-fade bis 1 Sekunde bei stark abfallendem Pegel (mittels niedrigem X-Gain-Wert) und geringer Halldichte:
Klangfarben
Das Salz in der Suppe bei einem räumlichen Klangeindruck ist die Beschaffenheit des Raumes: Handelt es sich um eine Kathedrale mit Steinwänden, ein Glashaus oder um einen Raum mit Vorhängen, Möbeln und einer Vielzahl von Personen, die sich darin aufhalten?
Die Materialeigenschaften eines Raumes bestimmen, wie lange bestimmte Frequenzen nachklingen. Daher gestaltet man sie mit Hilfe von Filtern beziehungsweise Equalizern und Dämpfungen, die einen sukzessiven Abfall des Höhenreichtums der Reflexionen bewirken.
Neben dem exotischen aber wirkungsvollen De-Essing des Dynamikmoduls hat HReverb genau diese klassischen Optionen und damit quasi die Gestaltung der Materialeigenschaften des Raumes an Bord.
Vorweg sei gesagt, dass die Bedienelemente und Displays der Filter- und Dämpfungs-Module zwar nicht mehr ganz so winzig wie beim Waves IR1 Faltungshall sind, von einer komfortablen oder großzügigen bedienoberfläche ist man jedoch auch beim Hybrid Reverb noch ein Stück entfernt.
Ungeachtet dessen verfehlen die Filter ihre Wirkung nicht. Und es gibt sie gleich im Zweierpack: als ER Cutoff-Filter und Vierband-Equalizer für die Hallfahne.
Der ER Shelf-Filter kann Höhen steilflankig um bis zu -80dB absenken oder um bis um 12 dB anheben. Die Filter-Frequenz kann zwischen 1000 Hz und 14 kHz eingestellt werden. Mehr Höhenpräsenz bei den frühen Echos eignet sich für die Simulation von Stein- oder Glasflächen, eine deutliche Höhenabsenkung erzeugt einen Raumklang wie bei stoffbezogenen Wänden.
Für die Hallfahne stehen ein Low- und High-Shelf-Filter (mit dem selben Regelbereich wie beim ER Filter) sowie zwei vollparametrische Glockenfilter bereit. Letztere decken zusammen einen Bereich von 60 Hz bis 15 kHz ab und erlauben Absenkungen/Anhebungen um -24 bis +12 dB. Steilflankige Anhebungen können benutzt werden, um Raumresonanzen zu simulieren. Für extravagante Blechdosen- oder Öltank-Halls, die regelrechte Eigenschwingungen des Raumes simulieren, reichen solche statischen Filter jedoch nicht.
Für das folgende Audiodemo habe ich Input-, Output-Echos und Ducking eingesetzt, um einen etwas unregelmäßigen, wellenförmigen Verlauf des Halls zu erreichen. Der Raum soll groß und unregelmäßig geformt wirken. Mit den Filtern habe ich die Höhen ab 1 kHz abgesenkt und die tiefen Bässe angehoben, was den Raumklang dunkel und ein wenig bedrohlich wirken lässt. Der Rhythmus stammt von Native Instruments Action Strikes und Battery, der Gesang aus Soundiron Voice of Rapture The Tenor. Zunächst ohne HReverb:
Und jetzt mit dem Waves-Hall:
Damping und Modulation mit Time-Filter
Beweglicher wird der Raumklang mit den Time Filters, die Klangveränderungen im zeitlichen Verlauf bewirken.
Mit Damping können über zwei Ankerpunkte tiefe und hohe Teilspektren des Hallsignals verlängert oder verkürzt werden. Die Spanne reicht von 1/10 Halldauer bis zur zweifachen Länge. Hier habe ich die Halldauer für tiefe Frequenzen drastisch verlängert, die für hohe Frequenzen verkürzt:
Und hier habe ich es genau umgekehrt gemacht:
Neben dem Damping, welches zur Formung manch extremer wenngleich immer noch natürlich klingender Räume dienen kann, stehen mit den Modulen Envelope und LFO zwei Modulatoren für Filter-Sweep-Effekte zur Verfügung. Hier kann wahlweise ein resonanzfähiges, in der Flankensteilheit definierbares Low- oder High-Pass-Filter mittels AR-Hüllkurve oder temposynchronem LFO moduliert werden. Die Modulationsbreite wird durch Eckfrequenzen begrenzt. Man kann also ein tieffrequentes Wobbeln zwischen 100 und 200 Hertz erzeugen, ebenso ein hochfrequentes Rascheln jenseits der 8 kHz. Im folgenen Audiodemo moduliert der LFO mit gemächlichem Tempo (3/8tel-Synchronisation) das Filter zwischen 100 und 850 Hertz:
Die Filtermodulation macht Effekthall-Sounds für Soundtracks oder abgedrehte Halls für analoge Drums möglich. Die Einflussstärke von LFO und Hüllkurve ist per Mix-Regler dosierbar. Per Flip-Taster kann man die Kurve invertieren. Das Potential dieses Moduls könnte jedoch um ein Vielfaches größer sein, wenn man dem LFO, anstatt ihn lediglich mit einer Sinuswelle auszustatten, noch andere, exotischere Formen mit auf den Weg gegeben hätte.
Weitere Modulationsoptionen
Mit AM Depth und AM Rate kann das Eingangssignal in seiner Lautstärke moduliert werden. Dadurch entstehen sanfte Panning-Effekte, die das Hallsignal psychoakustisch beweglicher machen und im Sinne eines Hinhör-Effekts aufwerten können. Per FM-Regler sind zudem subtile Tonhöhenmodulationen möglich.
Surroundanpassungen
HReverb ist bis zu 5.1 surroundfähig. Im Surround-Betrieb besteht die Möglichkeit, den Hallanteil des Center-Speakes um bis zu -60 dB zu reduzieren, die Halllautstärke zwischen Front- und Rear-Monitoren auszubalancieren und für die rückwärtigen Lautstprecher per Low- und High-Cut-Filter Anpassungen des Frequenzspektrums vorzunehmen.
Diese Anpassungen sind sehr praxisnah und nützlich. Mit ihnen lässt sich beispielsweise ein Hörerlebnis wie auf den vordersten Plätzen simulieren: Eine zu starke Präsenz des Front-Halls (Center Speaker) wird eingegrenzt, den Front-Hall wichtet man etwas geringer als den rückwärtigen Hall. Für die Surround-Monitore im Rücken hebt man die Bässe leicht an, senkt die Höhen geringfügig ab und erzielt so im Verhältnis einen höhenreicheren Fronthall mit weitem, warm klingenden Raum im Rücken.
Mitbewerber
Waves neuer Hybrid Reverb ist zweifellos ein exzellenter und vielseitiger Raumsimulator, der kaum Wünsche offen lässt und über eigenständige Optionen zur Raumklang-Gestaltung verfügt. Dass die Fusion aus Faltungstechnologie und Raumsimulation auf der Basis mathematischer Modelle völlig neue musikalische Perspektiven eröffnet, wäre – bei allem Respekt vor dem in Echtzeit arbeitenden FIR-Generator – etwas zu weit gegriffen.
In seinem Marktsegment trifft der Hybrid Reverb auf manchen leistungsstarken Mitbewerber: Bei einem regulären Preis von 349.- US$ (Stand: Juli 2015) liegt er deutlich über Konkurrenten wie etwa Eventides UltraReverb, einem exzellenten, edel klingenden Hall, der ebenfalls extravagante Möglichkeiten des Raumklang-Designs bietet und altbewährte hauseigene Algorithmen setzt. Es muss also nicht unbedingt die neuste Technologie sein – kann es aber: Erfrischend variantenreiche bis experimentelle Raumklänge liefern zwei Kandidaten aus dem Hause 2CAudio, Aether und B2, deren neu programmierte Algorithmen einen erlesenem Klang kredenzen. Auch sie sind deutlich billiger als der HReverb.
Weit unterhalb dieser Preiskategorie rangiert der UltraSpace von Tone2, dessen Audioqualität keine Wünsche offen lässt, der ebenfalls über gut klingende Filter und Ducking verfügt und als Extra eine temposynchrone Echo-Sequenz bereitstellt.
Dem hauseigenen, altehrwürdigen Rennaissance Reverb, einem Hall-Plug-in der ersten Stunde, ist der Hybrid Reverb allerdings in puncto Transparenz, Klangfülle und Klangdesign haushoch überlegen. Auch den Waves TrueVerb übertrifft er an Ausstattung und Klangfülle. Der Rennaissance Reverb und der TrueVerb kosten aktuell etwa ein Drittel des HReverb.
Bei all diesen Vergleichen darf man nicht vergessen, dass der HReverb gegenüber vielen Mitbewerbern mit seiner Surroundfähigkeit punkten kann. Auch wird der HReverb im Rahmen zeitlich befristeter Angebote sowohl von Waves selbst als auch von Wiederverkäufern deutlich unterhalb des regulären Preises angeboten.
Fazit
Der Waves Hybrid Reverb klingt lebendig, organisch und voll. Der algorithmische FIR Generator mit nicht-linearen Halldecay-Berechnungen in Echtzeit leistet ganze Arbeit. Eine große Auswahl an Werksvorlagen lässt den sofortigen Einsatz für alle möglichen Anwendungszwecke zu – instrumenten- und genreübergreifend.
Ein Plus mit Seltenheitswert ist die zusätzliche Bereitstellung von 5.0 und 5.1 Surround-Plugins, die zudem spezifische und praxisnahe Klanganpassungen des Surroundhalls bieten.
Die Ausstattung mit zwei zusätzlichen Echo-Modulen über die klassische Early Reflections/Tail-Kombination hinaus eröffnet weit reichende Gestaltungsmöglichkeiten realer und irrealer Räume. Unterschiedliche Materialeigenschaften können durch Filter und Damping-Module gut simuliert werden.
Lobenswert ist die Ducking-Funktion, die auch bei dichten Raumsimulationen und vollen Arrangements einen aufgeräumten und transparenten Klang ermöglicht.
Extra-Effekte mittels modulierbarem Filter könnten durch eine größere Auswahl an Wellenformen (für die LFO-Modulation) deutlich interessanter sein, als sie es im Moment sind. Dennoch bereichern sie das Repertoire des HReverb um synthetisch-futuristische Hinhör-Effekte.
Die Bedienung des HReverb ist vergleichsweise rasch erlernt, das Experimentieren mit den Parametern und das Erschaffen neuer Räume, auch jenseits natürlich vorkommender Akustik, macht Spaß.
Die Anforderung an die CPU ist akzeptabel. Einigermaßen zeitgemäße Workstations mit vier oder mehr Kernen erlauben den Einsatz des HReverbs auch bei niedriger Latenz und breit aufgestellten Arrangements.
Trotz all seiner guten Eigenschaften darf man nicht vergessen, dass der Hybrid Reverb auf ein dicht besiedeltes Umfeld stößt und sich dort mit manch potentem Mitbewerber konfrontiert sieht.
Dennoch: Waves Hybrid Reverb gehört in Sachen Hall zu den Top-Kandidaten und bietet eigenständige Optionen für die Hallerzeugung. Deshalb ist ein Antesten der Demo-Version auch dann empfehlenswert, wenn man bereits über gute Alternativen verfügt.
Angesichts der Surroundfähigkeit bis 5.1 ist der Preis angemessen.
Wie sich der HReverb im Vergleichstest zwischen 14 Hall-Plug-ins schläft, erfahren Sie hier.
Testautor: Holger Obst
Plus:
- surroundfähig
- Ducking-Modul
- zusätzliche Echo-Module
- zahlreiche Presets
- vielseitige, auch experimentelle Anwendungsmöglichkeiten
Minus:
- Interface könnte in Teilbereichen etwas großzügiger gestaltet sein
Preis: 349.- US $ (Stand: 11. 10. 2015)
Hersteller: Waves
Systemanforderungen:
- Mac ab OSX 10.7
- Windows ab 7 SP1
- Formate VST/VST3, AU, AAX und RTAS
- 32 und 64 Bit
Kurzfassung
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90%
-
80%
-
80%
-
85%
-
50%
Auf den Punkt gebracht
Waves Hybrid Reverb gehört in Sachen Hall zu den Top-Kandidaten und bietet eigenständige Optionen für die Hallerzeugung.