Test: Korg Wavedrum Oriental

Mit der Korg Wavedrum Oriental erscheint etwa zwei Jahre nach der Markteinführung der (neuen) Wavedrum eine Erweiterung des Angebots um ein Modell, welches orientalische Percussion dem Klangspektrum hinzufügt. Darbuka, Rq, Def, Tar und Bendir sind arabische Instrumente, die nicht nur im Ethno-Bereich, sondern weitgehend genreübergreifend, im Pop sowie in der Filmmusik eingesetzt werden. Obwohl diese Instrumente über eine einfache Bauweise verfügen, bieten sie dennoch eine enorme Ausdruckskraft, nicht zuletzt wegen der variantenreichen Spielweisen, mit denen sie zum Klingen gebracht werden.

Unser Testkandidat soll diese Ausdruckskraft nicht nur detailliert nachbilden, sondern darüberhinaus auch das Modellieren persönlicher Instrumente (Größe, Materialeigenschaften, Resonanzverhalten) ermöglichen und so über die Bandbreite des Klangspektrums der Naturinstrumente hinausgehen.

Die Wavedrum Oriental wird in limitierter Auflage angeboten, beinhaltet die gesamte Funktionalität und alle Instumenten-Presets des Vorgängers und erweitert diese um 9 neue Algorithmen speziell für orientalische Sounds, 50 neue PCM-Instrumente, 50 neue Presets und weitere 50 freie Speicherplätze für eigene Kreationen. 40 zusätzliche orientalische Loops runden das Angebot ab. Die Effektabteilung beschränkt sich auf Hall und Delay. Insgesamt stehen nun 150 Instrumenten-Presets und 150 User-Speicherplätze zur Verfügung, 300 PCM-Klänge (150 für das Fell, 150 für den Rahmen), 45 Algorithmen und 140 Loops.

Entstehungsgeschichte

Das Konzept einer virtuellen Trommel, die über ein breites Angebot verschiedener Schlaginstrumente und eine differenzierte, sehr dynamische Artikulation verfügt, stammt aus der Mitte der 90er Jahre. Damals erblickte Korgs erste Wavedrum das Licht der Welt. Der Korpus dieser Ur-Wavedrum glänzte in poliertem Edelholz. Technisch wurden auch hier bereits Sensoren eingesetzt, die die Schwingungen des Fells abtasteten und dafür sorgten, dass die Spielweise des Percussionisten detailliert Einfluss auf den Sound nahm. Für die Programmierung gab es einen optionalen Hardware-Editor, eine kleine Box mit Fadern und Tasten, die an die Wavedrum angeschlossen wurde. Auch damals war die Wavedrum aus dem einfachen Grund nicht midifiziert, weil die Klangvariationen nicht 1:1 über MIDI hätten übertragen werden können.

Die Edel-Trommel, die inklusive Editor mehr als umgerechnet 1500.- EUR kostete, fand unter Percussionisten und Drummern weltweit schnell Anerkennung und hat seither ihr Alleinstellungsmerkmal nicht verloren. Kein anderer synthetischer Klangerzeuger aus dem Drum- und Percussion-Sektor schaffte es, die Nachbildung von Spielnuancen ähnlich minutiös zu simulieren. Wavedrum-Sounds fanden bald Einzug in zahlreiche Sample-Libraries, nicht zuletzt trifft man bei diversen Libraries für Stylus RMX auf einige Loops, die mit der Wavedrum eingespielt wurden. Leider verschwand die Ur-Wavedrum wegen ihres stolzen Preises viel zu schnell aus dem Sortiment der Musikhändler, erreichte schnell den Status eines Liebhaberstücks und ist auch gebraucht kaum zu finden. Wer sie hat, trennt sich nicht mehr von ihr.

Vor etwas mehr als einem Jahr war es dann so weit: Mit einem respektvollen Abstand von 15 Jahren trat die neue Wavedrum (mit dem Suffix WDX, gelegentlich auch als Wavedrum II bezeichnet) das Erbe der Legende an. Als ich sie im Vorbeigehen im Schaufenster des Music Store Köln entdeckte und ungläubig einen Preis von knapp 500 Euro ausgezeichnet sah, zögerte ich keinen Moment und sah mir das Objekt der Begierde genauer an. Schon nach kurzem Anspielen war mir klar: Die Attribute der alten Wavdrum: extrem ausdrucksstark, dynamisch, vielseitig im Klang gelten auch für die neue Generation. Selten habe ich einen Kaufentschluss schneller getroffen.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Wavedrums, Spieltechniken

Die neue Generation unterscheidet sich zunächst optisch von der Ur-Wavedrum: Anstelle des Edelholz-Korpus verwendet Korg für die Oberseite einen „Spannring“ aus Metall, die Unterseite besteht aus Hartkunststoff. Die Verarbeitung macht einen insgesamt extrem robusten Eindruck, wie es sich für eine Trommel gehört. Bei der Wavedrum Oriental ist der Rand glänzend bordeauxrot gehalten, optisch sehr gelungen. Der Rand dient als zweite Spielfläche und verfügt beiderseits über eine Reihe von Metallnoppen, die eine besondere Spieltechnik und eine weitere Klangvariation ermöglichen, wenn man mit dem Stick darüber fährt. Die Schwingungen des Fells werden ebenso wie die des Korpus über Sensoren gemessen. Deren gibt es drei: Für das Fell, den Rand und den anhaltenden Druck auf das Fell. Wie schon bei der Ur-Wavedrum nehmen die Mikrofonsensoren unter dem Fell und im Rand den Klang ab, so dass man hört, ob man das Fell am Rand oder zur Mitte hin spielt.

Die Sensorik analysiert die Fellresonanzen auf eine Weise, die auch ein punktuelles Spiel (mit dem Stick oder der Fingerkuppe) von einem breitflächigen Anschlag mit der Hand unterscheidet und den Klang entsprechend anpasst. Auch das Kratzen oder Wischen (mit der Hand oder mit Besen) über das Fell erzeugt einen ganz eigenen Klang, so wie bei einer akustischen Trommel. Dämpft man das Fell mit einer Hand ab, während man es mit der anderen spielt, ergeben sich weitere Klangvarianten. Drückt man das Fell nach unten, registriert der Drucksensor die Auslenkung des Fells in die Tiefe, wodurch – je nach Programmierung – Tuning oder Effektsounds beigefügt werden.

Bedienelemente und Anschlüsse

 

Editiert wird die Wavedrum über einen ABC-Bankwahlschalter, vier nummerierte Tasten, einen gerasterten Value-Regler und einen Write-Knopf. Als Anzeige dient ein dreistelliges Display. Über einen Volume-Regler wird die Ausgangslautstärke gesteuert. Alle diese Bedienelemente sind im oberen Randbereich der Wavedrum, hinter der Sensorplatte eingelassen und dadurch ausreichend geschützt. Anders als für die Ur-Waverum wird ein externer Hardware-Editor nicht optional angeboten – leider auch kein Bildschirmeditor. Ein USB-Anschluss, über den dieser später nachgerüstet werden könnte, fehlt. Ausgangsseitig gibt es den Stereo-Out in Form zweier Klinkenbuchsen (Anschluss zu Aktivboxen, Mixer, Audio-Interface), einen Aux-In als Mini-Stereoklinke (um beispielsweise eine Drum-Machine durchzuschleifen) und einen Kopfhörerausgang. Die Stromversorgung erfolgt über ein Netzteil, welches im Lieferumfang inbegriffen ist.

Erste Schritte

Mit nur zwei Kilogramm Gewicht ist die Wavedrum angenehm leicht. Durch die auch nach unten abgerundete Bauform des Korpus kann man sie zum Einspielen auch auf die Oberschenkel legen. Ein stabiler Hochständer für stehend spielende Percussionisten wird von Korg als Zubehör optional angeboten.

Bevor man loslegt, sollte man die Trommel gegebenenfalls auf die eigene Spielweise justieren. Schlüssel für die Spannschrauben des Fells sind beigefügt. Ein Kalibriermodus sorgt dafür, dass die Dynamikwiedergabe an die persönlichen Bedürfnisse angepasst werden kann. Je nachdem wie man die Wavedrum in sein Equipment einbindet, empfiehlt sich eine Heraufsetzung der Ausgangslautstärke über das Menü. Die werkseitige Einstellung eignet sich für den Direktanschluss an ein Audiointerface ohne Vorverstärker wenig, wenn man nicht die volle Dynamik auskosten möchte.

Anschließend geht es endlich los. Mittels Value-Regler startet man den Streifzug durch die Presets. Spielen mit den Händen und Besen, Mallets und Sticks will wechselweise erprobt werden.

Im folgenden Audiodemo hören Sie zuerst einen Basis-Beat, für den ich eine Drummachine benutzt habe:

 

Jetzt zusammen mit der Snare Nr. 3 aus der Wavedrum:

 

Und hier kommt noch Preset Nr. 6 hinzu: „Pitched Toms with Cowbel“. Die Kuhglocke kommt nicht zum Zug, da ich nur das Fell bearbeitet habe.

 

Hier noch ein Demo, wieder mit den „Pitched Toms“, die hier die Bassdrum ersetzen. Das lang gezogene „Boing“ und die höherfrequenten Effektsounds sind die Cowbels aus den Preset Nr. 6 und 17.

 

Beim Ausprobieren der Waverum merkt man sehr schnell, dass die Ausdrucksbereiche der meisten Instrumente extrem weit gefasst sind. Angefangen bei leisesten Wischgeräuschen oder leichtem Fingertippen auf dem Fell bis zu harten Kantenschlägen wird alles übertragen, fast übernatürlich detailliert: Man hätte tatsächlich große Mühe, solche eine Spanne von Spielweisen nah mikrofoniert ohne Nebengeräusche und Rauschen von einer echten Trommel abzunehmen. Dabei will die Wavedrum nicht die Spieltechniken der Originalinstrumente nachahmen sondern deren Dynamikumfang und Ausdrucksstärke. Die Spieltechnik dieser Instrumente muss man sich auf der Wavedrum selber erschließen, was Teil des kreativen Arbeitens mit ihr ist. Hier ein frei eingespieltes Beispiel, das dies anhand des Presets „Darabuka tarkish“ verdeutlichen soll:

 

Unser einfacher Beat + die iranische Daf

 

Um einer Sample-Library solch lebendige Klänge zu entlocken, müsste diese nicht nur mit vielen Velocity-Switches, Crossfades und Round-Robin-Samples sondern auch mit Artikulationen-Crossfades ausgestattet sein, welche von einem intelligenten Algorithmus je nach Spielweise des Percussionisten angepasst wird. Eine solche Percussion-Sample-Library mit einer Engine, die das kann, gibt es nicht – und ist mit MIDI auch nicht realisierbar. Ein Keyboard und ein 8-Bit-MIDI-Kanal geben diese Auflösung einfach nicht her, die bei der Wavedrum 24 Bit beträgt. Eine Steuerung über Controller kommt auch theoretisch nicht in Frage: man trommelt schließlich beidhändig.

Die Klangerzeugung der Wavedrum

Der Wavedrum-Sound wird durch ein Zusammenwirken mehrerer Komponenten erzeugt. Ausgelöst wird der Klang durch einen Schlag auf das Fell oder den Rand. Sensoren und Mikrofone registrieren das Resonanzverhalten der schlagempfindlichen Bauteile und leiten den abgenommen Klang mit diesen Informationen an einen DSP weiter, der sie auswertet. Einen Teil steuert ein PCM-Klangerzeuger in 48kHz und 24 Bit bei. Insgesamt stehen 250 verschiedene PCM-Instrumente zur Verfügung. Per DSP kommen Algorithmen zum Einsatz, die den endgültigen Sound berechnen. Verwendet werden analoge, additive, nichtlineare Syntheseformen sowie Physical Modeling. Die Wavedrum enthält 36 verschiedene Algorithmen; mit der Oriental-Version kommen 9 weitere hinzu. Da die Mehrzahl der orientalischen Instrumente von Hand gespielt wird, verwenden diese neuen Algorithmen eine höhere Sensorempfindlichkeit.

Unterschieden wird zwischen Einzel- und Doppelslot-Algorithmen. Im Falle von Einzelslot-Algorithmen können pro Preset für Fell und Rand zwei verschiedene Instrumenten-Algorithmen und PCM-Instrumente belegt werden. Doppelslot-Algorithmen kommen zum Einsatz, wenn es um eine besonders realistische und detailgetreue Abbildung eines akustischen Instrumentes wie beispielsweise einer Snare oder einer Djembe geht. Im gedruckten deutschsprachigen Manual findet man eine genaue Beschreibung der Einszelslot- und Doppelslot-Algorithmen mit Auflistung und Funktionserklärung der verwendeten Parameter. Denn – so überzeugend die Werkspresets auch sind (und vielen Usern wird dies zunächst reichen) – man kann die Wavedrum auch programmieren.

Die Editiermöglichkeiten

Schaut man sich die wenigen Regler und Taster an, begleitet von einem Blick in die Parametertabellen der Bedienungsanleitung, taucht schnell die Befürchtung auf, dass mit dem kleinen Display, welches allein aufgrund der Begrenzung auf drei Segmente mit kryptischen Symbolen arbeitet, die erst einmal verstanden werden müssen, eine flüssige Arbeit an eigenen Trommel-Konstruktionen kaum möglich ist. Doch ganz so schlimm kommt es dann doch nicht: Bevor man in den Edit-Mous einsteigt, ist der Value-Regler das erste Bedienelement, dessen Bekanntschaft man macht. Durch einfaches Drehen bewegt man sich hier durch die Presets (welche als dreistellige Nummern angezeigt werden). Man erhält also keine Auskunft über den Namen der Trommel, weshalb zumindest in der Einarbeitungsphase die gedruckte Preset-Liste ständiger Begleiter ist. Das Navigieren mit dem Regler erfordert ein wenig Fingerspitzengefühl – die Rasterung hilft dabei. Verweilt man mit dem Value-Regler etwas zu lange in einer Position, beginnt der Ladeprozess des jeweiligen Presets, der knapp zwei Sekunden dauert. Über die Buttons 1 bis 4 und die drei Bank-Wahltaster a, b und c können 12 Favoriten-Presets direkt und ohne Wartezeit geladen werden.

Um in den Sound einzugreifen, stehen zwei Edit-Modi zur Verfügung. Den ersten Edit-Modus erreicht man über ein gleichzeitiges Drücken von Bank/Mode und Taster Nr. 2. Verändert werden können die Parameter Tonhöhe, Decay, Lautstärke, Panorama, Reverb und Delay. Es stehen 10 verschiedene Hallsimulationen zur Verfügung: vom Federhall über Slap, Garage bis Halle. Hallpegel, -dauer und die Höhendämpfung sind justierbar. Das Delay bietet Verzögerungszeit, Feedback und Höhendämpfung. Des Weiteren stehen im Edit1-Modus verschiedene presetspezifische Velocitykurven sowie Parameter zur Definition des Klangverhaltens beim Drücken auf das Fell zur Verfügung. Schließlich lässt sich hier noch der Algorithmus ändern, was das Instrument in der Regel vollkommen in ein anderes transformiert.

Im Edit Mode 2 geht es eine Etage tiefer in die Soundkonstruktion: Hier können Parameter innerhalb der Fell/Rand-Algorithmen definiert und vorgegeben werden, ob die Wavedrum sich auf das Spiel über Hand oder per Stick einstellen soll. Auch wer sich in die Funktionsweise der Wavedrum bereits eingearbeitet hat, benötigt spätestens an dieser Stelle die Bedienungsanleitung. Um zu wissen, welchen Algorithmus man bearbeitet, gibt es nur die Möglichkeit, im Edit-Mode 1 nachzusehen, welche Nummer im Algorithmus-Submenü angezeigt wird. Anschließend wechselt man in den Edit-Mode 2 und schaut im Manual nach, welche Parameter angeboten werden. Diese sind je nach Algorithmus sehr unterschiedlich. Neben der Balance zwischen algorithmisch erzeugten Sounds und PCM-Wellenformen trifft man hier auf Einstellungen, mit denen man die Trommel umfangreich modellieren kann. Hier nur einige Beispiele für Parameter: Drum-Type (Obertonstruktur: hölzern bis metallisch), String Character (Saitenresonanz, Bsp.: Jew´s Harp), Saitenstärke (Berimbau) Harmonic Shift (Obertonstruktur der einer Tempelglocke), Glockenform (Höhe, Durchmesser, Materialstärke), Buzz Intensity (Intensität der schnarrenden Komponente beim Sawari), String-Type und Plug-Noise (beim Koto).

Der gesamte Edit-Prozess vollzieht sich mittels Mehrfachfunktionen der Bank-Select/Edit 1/2/3-Taster und der numerischen Taster 1-4. Das ist zwar nicht komfortabel, nach etwas Einübung hat man diese Arbeitsweise mit eingeschränkten Zugriffsmitteln jedoch im Griff und wird wahrscheinlich auch nicht immer die Bedienungsanleitung bemühen, sondern einfach herumexperimentieren – was funktioniert, anfängt Spaß zu machen, sobald man in etwa eine Ahnung davon hat, an welcher Stelle in der Klangarchitektur man sich gerade bewegt.

Das Editieren wird durch neuartige Klangerlebnisse aus der Welt der Perussion belohnt. Modellieren ist schon eine feine Sache, vor allem, wenn man sich – wie bei der Wavedrum – bei Parameterveränderungen nicht in eine Sackgasse hineinmanövriert, aus der man nicht mehr zurückfindet. Der Sound ist eigentlich immer interessant und detailreich. Leider fehlt die Möglichkeit per USB, Speicher-Karte oder auf irgend eine andere Weise selbst gefertigte Presets aus der Kiste heraus zu bekommen. Es gibt nur den internen User-Speicher. Und bei aller Liebe zum hervorragenden Klang: Ein Bildschirm-Editor wäre eine feine Sache gewesen, doch den wird es auch in Zukunft nicht geben, denn dafür fehlt einfach die Konnektivität.

Bevor es zum nächsten Kapitel weitergeht, hier zwei Beispiele für Transformationen von Presets durch Änderungen im Algorithmus (Edit-Modus 2): Zunächst die Darbuka, erst das Originalpreset …

 

… und dann die metallisch klingende Verfremdung:

 

Die Kupa Abroad (Tempelglocke)

 

… und eine Modifikation:

 

Loops

140 Loops stehen bereit, um als Begleitung zu eigenen Improvisationen abgespielt zu werden. Man erreicht diese „Jam-Funktion“ über das Global-Menü. Die Begleitloops und das Solo-Instrument können unabhängig voneinander gewählt werden. Die Loops liefern insgesamt einen groovigen, inspirierenden Background, ohne mit dominanten Phrasierungen den Raum für eigene Improvisationen zu nehmen. Das Tempo der Loops wird nicht angezeigt und ist auch nicht veränderbar. Sinn und Zweck dieser Einrichtung ist daher im Wesentlichen eine Begleitung zum Üben. Unter diesem Gesichtspunkt wird man gut und umfangreich versorgt. Geht man darüber hinaus und will die Loops im Seuqencer aufnehmen, um sie innerhalb einer Komposition zu nutzen, benötigt man von Seiten des Host BPM-Analysefunktionen und, wenn sie nachträglich an ein bestehendes Tempo angepasst werden sollen, entsprechende Timestretching-Algorithmen.

 

Ein Loop mit mehreren Add-Ons: Snake Drum, Dahola Drum, Ghatam und Wind Chimes:

 

Soundqualität, Soundangebot

Eigentlich gibt es hierzu nicht mehr viel zu sagen: Die Klangqualität ist vom Allerfeinsten. In jedem Dynamikbereich bietet die Wavedrum eine Vielzahl von Nuancen, die so mit keiner Sample-Library gespielt werden können. Dies betrifft vor allem leise Passagen. Die Wavedrum klingt hier absolut sauber und fast so, als befände man sich mit dem Ohr unmittelbar am Fell. Selbst Nahmikrofonierungen von Samples namhafter Hersteller kommen hier nicht ran. Hier ein Beispiel für das erste Preset, die Snare, mit Besen gespielt. Sogar beim leichten Wischen mit dem Besen über das Fell kann man den Sound noch durch Druckunterschiede steuern:

 

Mächtige Sounds wie die „Wiking War Machine“ findet man neben filigranen Sounds (im folgenden Demo sind es die „Vintage Electronic Toms“, mit den Fingerkuppen gespielt), was Kontraste erzeugt. Zum Füllen des musikalischen Zwischenraums eignen sich Klänge aus der Kategorie „Synth“ oder den „Special Effects“ (hier das Preset „Always a Mystery“):

 

Man kann also ganz alleine mit der Wavedrum Projekte bestreiten. Das Angebot an Sounds ist beinahe allumfassend, hier ein Auszug: Es geht los mit klassischen Snares, Bassdrum, Toms. Blech ist auch dabei (China Splash, Mouth-Percussion Hi-Hat, Finger CymbalCrash, Bells, Metal Tree). Ein riesiges Sortiment von Ethno-Percussion (Bongo, Conga, Djembe, Surdo, Tabla, Udu, Taiko) gehörte schon zur Wavedrum WDX – Library, mit dem Add-on der Wavedrum Oriental kommen mehrere Darbukas, Dafs, Bendirs, Reqs inzu, gefolgt von selten in der virtuellen Welt anzutreffenden Instrumenten wie Nakrazan, Tabil, Zer, Katim.

Die subtraktive Synthese steuert virtuell-Analoges bei. Tonale Sounds gibt es sowohl unter den akustischen Instrumenten (Kalimba, Steel-Drum, Balafon, KotoSitar) als auch in der Synth-Abteilung. Geräusche und Special FX runden die Palette ab.

Anwendungsmöglichkeiten und Zielgruppe

In erster Linie wendet sich die Wavedrum, wie sollte es anders sein, an Schlagzeuger und Perkussionisten. Eine gewisse Übung im Umgang mit Trommeln und verschiedene Spieltechniken sollte man mehr als nur ansatzweise können, um schnell Freude an dem sensibel reagierenden Instrument zu haben. Die Ausdrucksmöglichkeiten gehen über die einer herkömmlichen Trommel hinaus, womit nicht das reichhaltige Angebot an Presets und verschiedenen Instrumenten gemeint ist, sondern die (soweit man das will) übernatürlich weite Spanne an Klangvariationen, die man durch eine entsprechende Programmierung des Algorithmus erreichen kann. Ein Segen nicht nur für Live-Muiker, sondern auch im Studio ist der hochwertige Sound, den man einfach per Kabel zum Mixer schicken kann – keine Probleme mit der Mikrofonierung. Und ganz nebenbei kann man nun auch die Nacht über in einer Mietwohnung durchtrommeln, Kopfhörer vorausgesetzt.

Zum Zweiten ist die Wavedrum ein gutes Übungsgerät, auch für angehende Percussionisten. Die variantenreiche Sammlung an Loops lädt zum Jamen und Perfektionieren des Handwerks ein. Wem das nicht reicht, der kann über den Aux-in einen externen Player hinzuziehen.

Zum Dritten ist die Wavedrum eine Quelle erstklassiger einzelner Hits, die man auch ohne große Kenntnisse der Trommelei sampeln und zu eigenen Libraries zusammenstellen kann. Das erfordert zwar Bastelei und Geduld, wird aber vor allem wegen des Facettenreichtums und der hohen Klangqualität im Pianissimo-Bereich zu Ergebnissen führen, die sich deutlich von fertigen Libraries abheben. Dazu kommt noch die Option, durch Verändern der Algorithmen eigene virtuelle Instrumente zu modulieren.

Zum Vierten kann man auch als weniger geübter Spieler die Wavedrum als Klangerzeuger der besonderen Art in seine Sequenzer-Projekte mit einbeziehen – auch ohne vorher eine eigene Samlpe-Library anzulegen. Voraussetzung ist allerdings eine Audio-Quantisierung innerhalb des Host. Die Wavedrum wird auch bei unzureichendem spielerischen Können Akzente und Ornamente beisteuern können, die nur mit ihr machbar sind. Und wer weiß – vielleicht bekommt man ja so viel Spaß an der Sache, dass man noch zum Trommler wird. Was nicht geht ist die Quantisierung oder Steuerung via MIDI – mangels MIDI-Konnektivität.

httpv://www.youtube.com/watch?v=7qXSY7LKnF8

Das gefällt mir nicht

Die Bedienung und speziell das Editieren erfordert ein wenig Einübung in Begleitung des deutschsprachigen Manuals. In einer Zeit, in der man sich an das Editieren auf dem Bildschirm gewöhnt hat, empfindet man den Weg über wenige Multifunktonstasten für tief reichende Menüs und ein 3-Segment Display als unbequem. Unmöglich ist es hingegen bei weitem nicht und auch der Lernaufwand hält sich in Grenzen und sollte niemanden überfordern. Trotzdem wäre ein USB-Anschluss zum Software-Editor nebst Datenspeicherung eine feine Sache gewesen. Leider gibt es keinen Compare-Schalter für Edit und keine externe Speicherung via USB

Das gefällt mir

Die Klangqualität, die Vielfalt an Instrumenten, von denen jedes für sich genommen über eine große Ausdruckskraft und eine enorme Spanne an Klangvarianten verfügt, ist einzigartig. Keine andere virtuelle Trommel kann der Wavedrum hier das Wasser reichen. Die neu hinzugekommene Orient-Sektion setzt dem Ganzen noch eins drauf: Die Instrumente wurden auf das Sorgfältigste programmiert. Neben den Standard-Orient-Instrumenten gibt es eine große Auswahl an seltenen Exoten. Die Kombination aus PCM-Wellenformen, subtraktiver und additiver Synthese nebst Modeling-Algorithmen ist absolut überzeugend.

Das Jamen zu den Loops wird zu einem kreativen Erlebnis. Live gibt es keine Mikrofonierungsprobleme. Klangforscher werden sich über die Eingriffsmöglichkeiten in die Algorithmen freuen und Instrumente kreieren, die es noch nicht gibt.

Holger Obst

Preis

  • ca. 700 Euro

Vertrieb

Hersteller