Test: Native Instruments Abbey Road 50s Drummer

Als bekennender Fan der Abbey-Road-Drummer kann ich eine gewisse Vorfreude auf den neuesten Spross dieser Produktreihe nicht verbergen. Ob der 50s Drummer hält, was er verspricht und ob man ihn überhaupt braucht, wenn man schon die anderen 5 Abbey-Road-Drummer mit ihren jeweils 2 Drumkits hat? Hört und entscheidet selbst …

Autumn_Kit

Download & Installation

Onlinekauf, Installation und Autorisierung des Abbey Road 50s Drummer gehen wie bei Native-Instruments gewohnt schnell und einfach von der Hand. Wer die Prozedur nicht kennt, kann z. B. in meinem Testbericht über den Abbey Road Vintage Drummer nachlesen.

Anmerkung

Die Abbey-Road-Drummer-Serie 60s, 70s, 80s und Modern habe ich bereits ausführlich getestet und die Funktionen beschrieben. Dort werden auch die Effekte und die Artikulation aufgeführt. Dem Vintage-Drummer (der erste Abbey-Road-Drummer mit zusätzlichen Besen-Artikuklationen) habe ich hier ausführlich auf den Zahn gefühlt. Deshalb hören wir uns in diesen Test hauptsächlich die neuen Klänge an, die der mittlerweile sechste Abbey Road Drummer mit dem Namen „50s Drummer“ zu bieten hat: Die beiden neuen Drum Kits „Autumn Kit“ und „Spring Kit“. Dabei stehen insbesondere die mitgelieferten Mixer-Presets, die neuen MIDI-Drum-Grooves und die Besen-Artikulationen im Fokus.

Übersicht

Wie gewohnt bietet der „Abbey Road 50s Drummer“ 2 komplette Drumkits, und jedes dieser Kits hat 3 verschiedene Snares zur Auswahl.

Insgesamt haben die beiden Kits einen sehr markanten Klang und herrlich lang nachklingende / scheppernde Snares (was mit dem Hold-Regler geändert werden kann). Beim Spring-Kit ist das Stand-Tom tiefer gestimmt als beim Autumn-Kit, aber auch das kann mit dem Tune-Regler verändert werden. Die beim Vintage-Drummer eingeführten zusätzlichen Besen-Artikulationen wurden auch hier gesampelt und sind auch wieder ohne Aufpreis enthalten – sehr lobenswert!

In meinem ausführlichen Test der Abbey-Road-Drummers-Serie hatte ich die vielen Percussion-Instrumente schon erwähnt. Auch der Vintage Drummer liefert wieder einige neue und interessante Percussion-Instrumente:

  • Spring Kit – Sticks, Claps (Single und Multi), Tambourine, Cowbell, Bongo
  • Autumn Kit – Sticks, Claps (Single und Multi), Kick Shell, Triangle und Woodblock

Autumn_Percussion

Spring_Percussion

Für die Besenartikulation gibt es ein eigenes Drum-Mapping, so dass bestehende MIDI-Files einfach mit der Besen-Artikulation abgespielt werden können. Aber auch beim Default Mapping können die Besen-Artikulationen gespielt werden, ihnen wurden dann andere – normalerweise nicht benötigte – Noten zugeordnet. Des Weiteren gibt es wieder Mappings für die Toontrack-Drummer, Addictive Drums, BFD und einige elektronische Schlagzeugkits, so dass deren Grooves mit einem Mausklick für den 50s Drummer abspielbereit sind.

Die sehr inspirierende Groove-Library enthält 7 Genres mit jeweils 10 Songs (außer Indie: 20 Songs) mit jeweils 10 meist 2- bis 8-taktigen Pattern (7 Grooves und 3 Fills). Die Grooves selbst sind klasse, allerdings lässt sich aus ihnen kein ganzer Drum-Track zusammenbasteln, weil dafür die Auswahl an Files pro Song zu gering ist und es keine Intros, Endings etc. gibt. Als Inspiration sind diese Grooves aber hervorragend geeignet, sowohl zum Jammen als auch als Songbasis, zu der man sich die Intros, Endings und Übergänge dann selbst einspielt.

Grooves

Die Mixer-Sektion enthält wieder zu den neuen Kits passende Presets (8 Presets pro Kit). Diese bilden eine sehr gute Ausgangsbasis für eigene Mischungen und für Unerfahrene.

Die Lautstärke der Artikulationen Snare-Roll und Brush-Wish ist wie beim Vintage Drummer auch mit dem Pitchbend-Wheel steuerbar.

Praxis & Sound-Beispiele

Der 50s Drummer hat dieselben mächtigen Werkzeuge zur Klangveränderung an Board wie alle Drummer der Abbey Road-Serie. Bei den folgenden Audio-Beispielen habe ich mich ganz bewusst für die von Native Instruments angebotenen Mixer-Presets entschieden, da sie meiner Ansicht nach eine gute Ausgangsbasis für eigene Mischungen bieten. Ich habe auf jegliche externe Klang- und Dynamik-Bearbeitung verzichtet, um den Sound möglichst naturgetreu wiederzugeben. Wegen des fehlenden Limiters sind die Audio-Beispiele etwas leiser, um Übersteuerungen zu vermeiden. Dafür kann man die beiden Kits im folgenden in ihrer ganzen Dynamik genießen.

Spring-Kit

Als erster hören wir uns das Autumn-Kit mit dem Mixer-Preset „Rock ’n‘ Roll“ an. In den ersten Takten hören wir eine Blues-Rumba mit Triangel, dann folgt ein Beat, der das Ride featured und schließlich ein HiHat-getriebener Groove.

 

Derselbe Groove mit dem Spring-Kit (die Cowbell ersetzt hier die Triangel):

 

Mit dem Mixer-Preset „Blues“ hören wir erst einen HiHat-Groove, dann einen Ride-Groove, dann kommt die Rim-Only-Artikulation und schließlich werden noch Hand-Claps hinzugefügt:

 

Derselbe Groove mit dem Spring-Kit:

 

Beim Mixer-Preset „Traditional Pop“ hören wir zuerst ein HiHat-Intro, dann setzt das ganze Kit ein, dann wird die HiHat erst ein wenig und denn etwas mehr geöffnet, dann wechselt der Groove auf Ride und RimClick und dann auf Ride mit Snare und Tambourine. Insgesamt ist dies ein sehr ruhig gehaltenes Beispiel, perfekt geeignet für Balladen.

 

Und wieder mit dem Spring-Kit:

 

Mit dem Mixer-Preset „Country“ hören wir erst einen Standard-Groove, dann werden Brush-Wishes hinzugefügt, dann wird der Brush noch etwas wilder, dann wechselt der Groove auf die Toms und werden noch Hand-Claps gefeatured.

Das Autumn-Kit beginnt wieder:

 

… gefolgt vom Spring-Kit:

 

Das Mixer-Preset „Jazz“ demonstriere ich natürlich mit ordentlich Besengewische. Zuerst ganz reduziert, dann steigert sich der Groove langsam, die HiHat öffnet sich, dann gibt es einen ungewöhnlicheren Groove und schließlich wird das Ganze noch etwas peppiger mit dem hohen Tom.

Wie immer einmal mit dem Autumn-Kit gespielt …

 

… und einmal mit dem Spring-Kit

 

Jetzt wird’s funky! Beim Mixer-Preset „Soul – Funk“ habe ich ein 16-taktiges Beispiel zusammengestellt (bestehend aus 4 verschiedenen 4-taktigen Grooves), der die Toms in den Vordergrund rückt.

So klingt es mit dem Autumn-Kit …

 

… und so mit dem Spring-Kit mit Snare B:

 

Und schließlich haben wir noch das Mixer-Preset „ Indie“. Man beachte den langen und sehr realistischen Nachklang des Beckens jeweils ganz am Ende der Files.

Autumn-Kit:

 

Spring-Kit:

 

Sehr cool ist auch das Mixer-Preset „Vintage Mono“, das sich so ein bisschen anfühlt wie Fernsehen in schwarz-weiß … Mit dem richtigen Film bzw. Song kann das genau das Richtige sein.

Autumn-Kit:

 

Spring-Kit:

 

In den folgenden Beispielel wechselt alle 4 Takte die Snare-Drum, zuerst mit dem Autumn-Kit und dann mit dem Spring-Kit. Alles andere (Groove, Mixer-Einstellung etc.) ist identisch.

 

 

So unterschiedlich können die Kits nur durch Austauschen der Snare-Drum klingen. Und da haben wir noch gar nicht angefangen, an den ganzen Reglern rumzuschrauben, die der 50s Drummer bietet …

Besen-Technik

Wie schon beim Test des Vintage Drummers dargelegt, entsteht der charakteristische Besen-Sound nicht nur durch das normale Schlagen auf die Trommeln (die dann natürlich etwas anders klingen), sondern insbesondere auch durch das Wischen der Besen über die Snare.

Um einen authentischen Sound zu bekommen, ist es wichtig, dass man beide Artikulationen gleichzeitig spielen kann, denn ein echter Schlagzeuger wischt mit der einen Hand und schlägt die Snare dazu mit der anderen Hand. Für Nicht-Schlagzeuger gibt es auf youtube.com einige Tutorials zu der Thematik, die helfen, Besen-Artikulationen realistisch rüberzubringen. Das hier finde ich ganz gut:

httpv://www.youtube.com/watch?v=87FurYBjM1A

Das folgende Audio-Beispiel demonstriert erst wieder die unterschiedlichen Velocity-Stufen des Brush-Wishs, dann einen langen Brush-Wish mit zusätzlichen Hits, dann einen langen Brush-Wish mit Lautstärke-Variation mit Pitchbend-Rad und schließlich einen langen Brush-Wish mit rhythmischen Betonungen durch das Pitchbend-Rad (verschiedene Tempi und Bend-Stärken.).

Der Brush-Wish und die Snare-Hits sind nicht in einer Mute-Gruppe. Sehr gut! So kann man die typische Technik simulieren, dass die eine Hand mit dem Besen wischt und die andere normale Snare-Hits dabei spielt. Dasselbe gilt übrigens auch für die Snare-Roll: Auch die sind nicht in einer Mute-Group mit den Snare-Hits, so dass man auch in einen Roll einzelne laute Hits reinspielen kann.

Hören wir uns die Brush-Wishs zuerst mit dem Autumn-Kit an:

 

Und dann mit dem Spring-Kit:

 

Und als letztes Audio-Beispiel habe ich noch Brush-Artikulationen der restlichen Kit-Pieces demonstriert (natürlich jeweils wieder mit diversen Velocities) in der Reihenfolge:

  1. Hi-Hat Brush Closed Bell, Brush Closed Tip, Brush Open
  2. Tom 1 Brush Tap und Brush Dig
  3. Tom 2 Brush Tap und Brush Dig
  4. Crash 1 und Crash 2 (jeweils erst einmal und dann mehrmals mit anschließendem Choke)
  5. Ride mit Brush Tip und Brush Dig.

Zuerst das Autumn-Kit:

 

Und dann das Spring-Kit:

 

Sonstiges

Wie immer hat NI einige gut klingende komplett produzierte Demo-Tracks in verschiedenen Musikstilen im Angebot.

Die sehr gute Anleitung gibt es nur in englischer Sprache. Wer schon den Studio-Drummer oder einen anderen Abbey-Road-Drummer sein Eigen nennt, braucht die Anleitung nicht.

Die beiden Drum-Kits verbrauchen ca. 500 MB RAM in der Full-Version und in der Light-Version unter 200 MB RAM (alle Artikulationen und alle Velocity-Layers, aber keine alternierenden Samples pro Velocity Layer /Round Robin).

Die mittlerweile 6 Abbey Road Drummer sind nur noch einzeln zu je 99,- Euro erhältlich, das vergünstigte Komplettpaket ist nicht mehr im aktuellen Angebot von Native Instruments.

Fazit

Die beiden Drum-Kits des 50s-Drummers sind eine tolle Ergänzung zur Abbey-Road-Drummer-Serie. Der mittenlastige Klang und die lang scheppernden Snares haben einen ganz eigenen Flair. Wie bei den Abbey-Road-Drummern gewohnt ist sowohl der Klang der Samples als auch die Anzahl der Spieltechniken über jeden Zweifel erhaben. Die mitgelieferten Effekte und deren Presets erlauben dem Einsteiger professionelle Ergebnisse und dem Profi tiefe Eingriffsmöglichkeiten.
Der Preis ist mit 99,- Euro für 2 Drum-Kits dieser Qualität absolut fair.

Mein einziger Kritikpunkt betrifft die mitgelieferten MIDI-Grooves: Sie sind wieder zahlreich vorhanden, sie sind sehr inspirierend und klingen richtig gut, aber es gibt nicht genügend Songteile, um sich daraus schnell eine komplette Schlagzeugspur mit Intro, Strophen, Refrains, Zwischenteil und Ending zusammenzustellen. Man fühlt sich ein bisschen wie in einem vornehmen Edel-Restaurant: Was auf dem Teller ist, ist richtig lecker, aber die Portion ist zu klein, um satt zu werden.

Ob man diese beiden Drum-Kits noch braucht, wenn man schon die anderen Abbey-Road-Drummer hat, muss jeder selbst entscheiden – bei mir werden die beiden Kits sicher des öfteren zum Einsatz kommen!

Top Product Award Best Value Award

 

Andi Saitenhieb

Preis (Stand August 2014)

  • Abbey Road 50s Drummer (2 Kits): 99,- € (Download)

System-Voraussetzungen

  • Windows: Benötigt SSE2 (CPU-Befehlssatzerweiterung)
  • Mac: Nur Intelmacs, PPC nicht unterstützt.
  • Beide: Kontakt oder kostenloser Kontakt-Player.

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