Test: Zero-G Ethera Soul Edition

Bei Gesangslibraries blickt Zero-G auf eine lange Tradition zurück. Die drei neuen Ethera-Libraries stellen dabei die jüngste Stufe der Evolution dar. Die Ethera Soul Edition bietet neben Chören mit einer weit entwickelten Legato-Engine sowie Vokalgesängen temposynchrone Phrasen und sogar einen Phrases-Builder.

Mit dieser Ausstattung ist die Ethera Soul Edition nicht, wie man vielleicht annehmen könnte, ein Spezialist, der ausschließlich für Gospel und Ähnliches eingesetzt werden kann, sondern als Allrounder für filmmusikreife Chöre ebenso geeignet wie für Soul/Pop-Produktionen.

Recording und Studiotechnik

 

Rückblick und aktuelles Angebot an Vocal-Libraries bei Zero-G

Schon in den 90ern veröffentlichte Zero-G mit Deepest India und Voices of Africa Audio-CDs mit Wav-Files für Filmmusik und Ethno-Projekte (die heute noch erhältlich sind). Mit dem Aufkommen von Melodyne wurde dieses Material dann auch für Pop-Songs interessant. Es folgten diverse Dance-Vocal-CDs und mit Vocal Forge, Vocal Foundry und Vocal Factory Libraries mit englischsprachigem Gesang, speziell für Pop/Rock-Projekte. Das zuletzt genannte Trio setzte bereits auf Native Instruments Kontakt 3 und 4.

Das Ethera Bundle besteht aus Ethera 2, Ethera Soundscapes und unserem Testkandidaten und nutzt die erweiterten Möglichkeiten der Vollversion von Kontakt 5 aus. Entsprechend flexibel ist inzwischen der Einsatz der Phrasen, die dank Kontakts Time Machine Pro nun in guter Qualität zum Tempo synchronisiert werden. Gleichwohl wird das Originaltempo und auch die Originaltonart angegeben – mit der Empfehlung, sich davon nicht allzu weit weg zu bewegen. Das Timestretching von Kontakt lässt allerdings Anpassungen in einem relativ weiten Bereich zu, ohne dass es zu unangenehmen Qualitätseinbußen kommt. Die Empfehlung zielt weniger auf die Vermeidung von Artefakten als vielmehr darauf, dass die Gesänge natürlich klingen. Gospel und Soul-Stimmen arbeiten häufig mit Ornamenten und Vibrato. Wird dieses allzu stark gedehnt, fängt die Stimme an zu leiern. Starke Beschleunigungen führen zu nervös klingenden Jodlern.

Die hier vorliegenden Phrasen sind überwiegend nonverbale Improvisationen. Es finden sich aber auch kurze englischsprachige Passagen, mehr davon im Bonus Material (s. letzter Abschnitt im Test).

Neben den Ethera-Libraries hat Zero-G kürzlich mit DeeVa und Velvet weitere Vocal-Libraries herausgebracht, die ebenfalls über temposynchrone Phrasen und teils über ähnliche Funktionen wie die Ethera-Libraries verfügen.

Allen Libraries ist eine hohe Audioqualität mit lupenreinen, sauberen Gesangsaufnahmen gemeinsam, die nach Abschalten des internen Halls oder anderer Effekte angenehm trocken vorliegen und dadurch optimale Voraussetzungen für die Bearbeitung mit Melodyne oder anderen Pitch/Time-Spezialisten bieten. Diese Vorzüge betreffen vor allem die Phrasen.

 

Überblick und Eckdaten

Die Ethera Soul Edition wiegt rund 1,2 GB. Alle Samples liegen intern als unkomprimierte Wav-Files in 24 Bit und 48 kHz vor. Die Library setzt die Vollversion von Native Instruments Kontakt 5 voraus. Der kostenlose Kontakt-Player wird nicht unterstützt.

Das Material unterteilt sich in vier Kategorien:

Die Ethera Soul Phrases wurden von Clara Sorace eingesungen und bieten 12 Patches mit Soul- und Gospel-Phrasen. Wer mehr über die Protagonistin wissen möchte, findet HIER umfangreiche Informationen.

Mit den den beiden Ethera Soul Phrases Builder – Patches spielt man kurze Gesangsfragmente oder Wörter legato oder polyphon wie ein tonales Instrument. Die Notenhöhe bzw. den Akkord gibt man dabei über die Tasten vor.

Das Sustain-Patch bietet Ohs und Ahs als Sustain-Chor.

Das Chor legato – Patch bietet eine Chor, kombiniert mit einer ausgefeilten Legato-Engine (unter der Bezeichnung SIPS). Die Tonhöhenübergänge können anhand bestimmter Parameter genau gestaltet werden.

Neben den Standard-Instrumenten stehen noch diese hier im High Quality Time Mode bereit:

Der Chor bietet einen Tonumfang von rund dreieinhalb Oktaven, die sich männliche und weibliche Stimmen teilen. Der Chor wird per default monophon gespielt. Ein virtuelles Legato, also fließende Tonhöhenübergänge bei gebunden gespielten Noten, ist separat innerhalb der männlichen und der weiblichen Stimmen möglich. Ein Legato von Mann zu Frau funktioniert naturgetreu nicht.

Neben dem Legato-Modus kann zu einem Portamento-Betrieb umgeschaltet werden. Während das Legato ausgesprochen natürlich klingt, kommt es beim Portamento zu effektvollen Bendings, die durchaus ihren Reiz haben. Wechselt man hier allerdings von den männlichen zu den weiblichen Stimmen, kommt es beim Übergang zu einem unnatürlichen Tonhöhenschlenker. Im Portamento-Betrieb sollte man also Männer und Frauen (im Zweifelsfall über zwei Instanzen) getrennt einsetzen.

Nicht zuletzt kann der Chor auch ohne Tonhöhenübergänge polyphon gespielt werden. Durch die ausdrucksstarken Modulationen (Vibrato) und ein in den Samples enthaltenes Crescendo erreicht auch der klassische Ah-Chor einen beeindruckenden künstlerischen Ausdruck.

 

Legato-Raffinessen

Bei Chorstimmen und Sologesang ist mir bislang noch keine derart ausgefeilte Legato-Engine wie im Legato-Expert-Menü der Ethera Soul Edition begegnet. Die sogenannte SIPS-Engine erzeugt ein virtuelles Legato, welches Lautstärke- und Tonhöhenübergänge kombiniert. Es kommen keine echten Legato-Samples zum Einsatz. Ungeachtet dessen klingt das Legato natürlich, sofern man die Parameter zueinander passend und für den musikalischen Kontext sinnvoll einstellt.

Bevor Sie nun aber befürchten, dass sich hier ein Buch mit sieben Siegen und ein kompliziertes Prozedere auftut, sei vermerkt, dass man getrost auch mit der Werkseinstellung zurechtkommt und Anpassungen in vielen Fällen nicht nötig sind. Im Folgenden beschreibe ich also nicht das, was zwingend nötig ist, sondern eher das, was möglich ist, wenn man das Legato ganz genau gestalten möchte.

Abgesehen vom grundlegenden Modus (s.o.) kommt es zunächst auf das zum Tempo passende Zeitfenster an, innerhalb dessen sich das Legato abspielt. XTime stellt man also bei raschen Notenwechseln auf eine kurze Zeitspanne ein, etwa 200 ms, bei getragenen Passagen erhöht man den Wert. Für Geschwindigkeitswechsel empfiehlt es sich, den Parameter zu automatisieren oder per Rechtsklick einer externen Spielhilfe zuzuweisen.

Der Tonhöhenübergang besteht zum einen aus einem Überblenden von Samples, zum anderen aus dem eigentlichen Bending. Xtime, Attack- und Release-Fade bezeichnet also Lautstärkekurven der Start- und Endsamples, Btime hingegen das Zeitfenster des eigentlichen Bendings, also des legatospezifischen Tonhöhenübergangs.

Legato Offset legt den Startpunkt der innerhalb des Legatos verwendeten Samples fest. Ein kurzer Offset führt dazu, dass das Legato deutlicher hervortritt, ohne dabei unnatürlich zu wirken, im Gegenteil: In diesem Modus wirkt das Legato besonders echt und präzise. Will man es weicher und ein wenig verwischter haben, etwa für verträumte Passagen, so erhöht man die Attack- und Release-Fade-Time.

Ein hoher Offset führt hingegen dazu, dass das Legato eher sprunghaft wirkt, also das Bending in den Hintergrund tritt. Zwischen beiden Extrempositionen sind alle gewünschten Schattierungen machbar.

Über Minimum Bend legt man die Tonhöhenkurve fest, die sich innerhalb des Legatos abspielt. Es geht hier also nicht um einen Begrenzung des Legato-Intervalls an sich (etwa, um nur bis zu einer Quinte legato zu spielen). In der Regel fährt man mit niedrigen Werten um die 20 bis 30 cent gut, wenn man ein natürliches Legato haben möchte. Will man hingegen ornamenthafte Tonhöhenmodulationen einbinden, erhöht man diesen Wert. Beim Chor macht das vielleicht weniger Sinn, bei den Solo-Stimmen kann eine Modulation des MinBend-Reglers dazu verwendet werden, kleine Intonationsausrutscher einzubinden, die den Gesang noch authentischer wirken lassen. Bleiben wir aber zunächst beim Chor:

Hier ein Legato mit niedrigem MinBend-Wert, dann mit höheren:

 

Mit dem Octave-Regler kann man das Bending noch weiter anpassen und theoretisch soweit treiben, dass innerhalb des Legatos eine Stimme in einer höheren Tonlage eingeflochten wird, was aber musikalisch kaum sinnvoll sein dürfte. Stellt man hingegen MinBend auf Maximum und Oktave auf 2.0, so wird einem Oktav-Legato noch eine weitere Oktave hinzugefügt. Dabei kann man über Node Vol(ume) die zeitliche Abfolge steuern. Im folgenden Audiodemo hören Sie ein Legato mit zwei Oktavsprüngen mit Node Vol 10% und 100%:

 

Laut Manual bestimmt Node Vol den prozentualen Anteil der maximalen Lautstärke, die durch das erste Segment der Fade-In-Kurve erzielt werden kann. Bevor man nach geglückter Übersetzung ins Grübeln gerät, sollte man lieber zum praktischen Teil wechseln. Ein Spielen von Intervallen bei gleichzeitigem Manipulieren der Parameter ist die wesentlich weniger anstrengende Vorgehensweise und bringt verblüffende Legato-Varianten zutage.

Nicht irritieren lassen sollte man sich von einem Pulldown-Menü, welches Legato-Presets vom Bassoon bis zum Violinen-Ensemble bereitstellt. Das ist wahrscheinlich für andere Zero-G-Instrumente gedacht, die die selbe Legato-Engine verwenden. Dennoch kann es reizvoll sein, ein Violinen-Legato auf den Gesang zu übertragen. Und schließlich kann man hier auch eigene Presets abspeichern, was angesichts der Parameterfülle nach einem geglückten Eigenentwurf nicht unwesentlich ist.

Das Portamento kann sich übrigens so anhören:

 

Dabei handelt es sich um das klassische virtuelle Bending, was von vielen Sample-Instrumenten als künstliches Legato eingesetzt wird. Die Portamentozeit kann man in einem weiten Bereich automatisieren oder per Controller steuern (Rechtsklick/MIDI-Lernfunktion).

 

Das Control-Menü

Deutlich bekannter und einfacher als das Legato-Expert-Menü präsentiert sich das Control-Menü:

Die Parameter sind selbsterklärend, sollte man meinen: Hall und Echo (nicht temposynchron), Cutoff (beschneidet die Höhen und eignet sich dafür, den Chor etwas in den Hintergrund zu schieben). Manipulationen von Attack, Release und Offset lassen den Chor allerdings unbeeindruckt, auch nach Ausschalten des Legato-Experten, der ja diese Parameter möglicherweise dominieren bzw. überschreiben könnte.

Der Chor polyphon:

 

Beim Sustain-Instrument …

… funktioniert der Attack-Regler weitgehend. Lediglich bei den Ethera Chören UH und OH ist er außer Betrieb. Offset funktioniert und kann verwendet werden, um einen harten Einsatz des Chores zu erwirken. Dann klingt ein Aah-Chor ähnlich wie die Stakkato-Sample-Chöre aus Pop-Produktionen der 90er Jahre – mal abgesehen davon, dass bei Ethera sich die Audioqualität auf dem zeitgemäßen Hochglanz-Niveau abspielt.

Release Time und Release Volume beziehen sich auf spezielle Release-Samples, die Atemgeräusche und andere Nebengeräusche der Protagonisten nach dem Note-Off anhängen. Subtil dosiert, hauchen sie dem Chor zusätzliches Leben ein.

Während die Ethera-Chöre hier über vier Oktaven Umfang verfügen und wiederum männliche und weibliche Stimmen präsentieren, handelt es sich bei den vier Pads (s. Abbildung oben) um weibliche Solo-Stimmen, die polyfon gespielt werden können. Als Release-Samples kommen Atemgeräusche zum Einsatz, dosierbar wie oben bereits beschrieben. Das Uh Pad:

 

Zwischen Chören und Pads kann man nur über das oben abgebildete Aufklappmenü wechseln, nicht über Key-Switches.

 

Die Ethera Soul Phrases …

… sind im Tempo flexibel und synchronisierbar. Da Soul von Vibrato und genretypischen Tonhöhenschlenkern und Ornamenten gekennzeichnet ist, sollte man jedoch der Empfehlung des Herstellers folgen, und sich an das Originaltempo halten bzw. um nicht mehr als 20 Punkte nach unten oder oben abweichen. Besonders zu schnelle Vibratos wirken nervös und unnatürlich.

Auch die Originaltonart der jeweils 12 Patches, jedes mit zahlreichen Phrasen, wird angegeben. Hier wirkt schon eine Transponierung um mehr als eine kleine Terz unnatürlich und verfärbend mit der Tendenz zur Kinderstimme. Schaltet man den Hall und das Delay im FX-Rack aus, liegen allerdings vorbildlich trockene Samples vor, die sich für eine Bearbeitung mit Melodyne und Co. empfehlen.

Die einzelnen Phrasen weisen im Sample oft einen Vorlauf aus, also eine Pause. Das ist in Ordnung, wenn man mit dem Original-Versatz des Einsatzes arbeiten will. Soll die Stimme aber mit Tastendruck erklingen, stellt man mit dem Offset-Regler den Samplestart an den gewünschten Punkt. Im Wellenformdisplay kann man sich dabei gut orientieren. Es gibt sogar noch einen zweiten Offset-Regler, der sich bei gebunden gespielten Noten auf die Folgenote bezieht.

Will man allerdings mehr als zwei Phrasen eines Instruments spielen und bei allen den Offset einstellen, kommt man nicht darum herum, den Regler zu automatisieren und von Phrase zu Phrase an die richtige Stelle zu schieben. Er gilt nämlich global für alle Samples. Wünschenswert wären individuelle Regler pro Sample, was progammiertechnisch bei Kontakt machbar aber aufwändig ist.

Im Legato-Modus kommt es zu einem Überblenden zwischen zwei Phrasen, die man dann mitten im Sample wechseln kann, was ohne große Einübung absolut natürlich klingende Ergebnisse hervorbringt. Die Gesangsphrasen sind nämlich überwiegend nonverbale Improvisationen, sodass unsinnige Wechsel mitten in Lyrics kaum passieren.

Beim Legato setzt der Cursor übrigens im Folgesample an der Position ein, die er im ersten Sample erreicht hat. Die oben erwähnten verzögerten Einsätze machen daher keine Probleme, und ein zusätzliches Jonglieren mit Offsets ist nicht erforderlich.

Im folgenden Audiodemo habe ich die Phrase im Legato-Modus sechsmal gewechselt und mir dabei keine besondere Mühe gegeben bzw. nicht viel herumprobiert. Hören Sie die Übergänge heraus?

 

Es funktioniert also, auch ohne einen Regler für die Crossfade-Zeit des Legatos.

Wer die Instrumente der Library – also nicht nur die Phrasen – verfremden will, findet dazu im FX Rack einige Werkzeuge:

Unter Drive, Reverb, Amp und Cabinet findet man Aufklappmenüs mit diversen Alternativen. Speziell die Auswahl an Impulsantworten für den Faltungshall ist riesig und schließt einige exotische Räume mit ein. Der Phaser kann auch in einen Chorus oder Flanger verwandelt werden.

Im nächsten Audiodemo hören Sie Phrasen aus dem Patch Oriental Soul bei 125 BPM in G-Moll und den Effekten Hall, Echo, Kompressor, Bandsimulation sowie Basshorn. Das Horn bringt übrigens erstaunlicherweise eine deutliche Belebung der Höhen mit sich, fast wie ein Exciter:

 

Ohne Basshorn:

 

Der Phrases Builder Legato:

Hier werden Wörter und Satzfragmente gesungen, wie etwa „Amen long“, „I say Yeah“ oder „Lady“. Als Extras gibt es noch einen „Joy“ und einen „I know“ – Chor (unisono). Man kann also gospeltypisch mit einer Solostimme improvisieren und den Chor als Frage-Antwort-Spiel zwischendurch einfügen.

In der Balkengrafik kann man die betreffende Phrase aus einem Pool an Angeboten aussuchen, indem man den Balken vertikal bewegt. Der Text wird dabei in einem Infofeld angezeigt. Die Abfolge der Balken stellt dabei einen Step-Sequencer dar. Bis zu 32 Phrasen können aneinandergefügt werden. Mit jeder Folgenote wird dann zum nächsten Schritt gewechselt. Legato wechselt man per Crossfade zwischen Phrasen oder spielt eine Melodie.

Alle Phrasen sind nämlich auf einer Note eingesungen. Wechselt man die Noten, so erklingen die Phrasen mit der gespielten Note. Hier ist die Audioqualität der Transponierungen übrigens sehr gut und artefaktfrei, was die Vermutung nahelegt, dass kein Pitch-Shifting, sondern Multisamples zum Einsatz kommen.

Zero-G empfiehlt für den Phrase-Builder ein Tempo von 110 BPM. Daran muss man sich nicht halten. Kontakts Time Machine Pro bietet Raum für Flexibilität beim Tempo. Zudem gibt es noch ein Alternativinstrument (Phrases Builder High Quality) mit einem verbesserten Timestretching-Algorithmus, der allerdings mehr Rechenleistung einfordert.

Um im Projekt immer wieder die selbe Phrase am Anfangspunkt zu starten, muss man den Sequencer zum ersten Schritt zurücksetzen. Das funktioniert über einen frei positionierbaren Reset-Key. Leider wird hier nur die Notennummer, nicht die Note angezeigt. Auch wird der Key nicht als Key-Switch auf Kontakts virtueller Tastatur angezeigt. Per default ist hierfür die Nummer 48 eingetragen (MIDI-Note C2). Da alle Phrasen oberhalb von C2 liegen, braucht man diesen Eintrag nicht verändern, es sei denn, man operiert mit einem Zwei-Oktaven-Keyboard.

Schön wäre es gewesen, wenn man alle Phrasen des Patch-Builders auch per Steuertaste wechseln und die Steps des Sequencers gezielt anfahren könnte.

Die Bezeichnung des Parameters Chord ms ist etwas irreführend. Hier geht es nicht darum, ein Zeitfenster einzustellen, innerhalb dessen Notenwechsel noch als polyphone Akkorde erkannt werden. Vielmehr wird beim Überschreiten des Zeitfensters zum nächsten Step gewechselt.

 

Das Instrument Phrases Builder Poly TM …

bietet im Großen und Ganzen die selbe Ausstattung wie Phrases Builder Legato, nur dass hier mehrstimmig gespielt werden kann und der auf Solostimmen ausgerichtete Legato-Experte nachvollziehbarer Weise nicht enthalten ist. Der Step-Sequencer des Phrases Builder bietet hier 20 (anstatt 32) Steps.

In Kombination mit den Phrasen wird es nun schon richtig spannend. Arbeitet man mit zwei Instanzen, Legato und Poly, so sind recht komplexe Lyrics und Solo-Chor-Kombinationen möglich.

Bei dem folgenden Audiodemo habe ich den Chor und die Solistin auf zwei separate Kontakt-Ausgänge gelegt und mit folgenden Effekten bearbeitet:

  • Solostimme: Black Box Analog Design HG-2
  • Chor: Eventide UltraChannel
  • Beide: Altiverb 7. Gesungen wird in der kleinen Holzkapelle God Stave, die im norwegischen Freilichtmuseum für Kultur als Baudenkmal errichtet ist. In Altiverb habe ich den Positioner verwendet und die Solistin nahe an den Hörer, den Chor in der Raummitte platziert. Die Halldauer habe ich auf 150% skaliert, womit sie bei rund 3 Sekunden liegt.

 

Den Knackser beim finalen „Yeah“ konnte ich übrigens nicht beseitigen. Entweder gehört er zum Sample oder er entsteht durch einen Streaming Fehler. Apropos Streaming: In diesem Punkt ist Ethera Soul Edition nicht ganz anspruchslos. Wer mit niedrigen Latenzen arbeiten will, etwa weil er noch andere Instrumente ohne störenden Zeitversatz einspielen will, sollte die Library lieber auf einer SSD installieren (was ich nicht gemacht habe).

Beim letzzten Audiodemo Beispiel fiel mir erstmals auf, dass die Solo-Stimme partiell geringfügig phasig klingt, auch nach Abschalten der externen Plug-ins. Die Phasenauslöschungen sind auch in einem Analyser erkennbar, wenn man das Analysezeitfenster unter 140 ms einstellt. Interne Effekte sind bei den Phrases-Builder-Patches nicht vertreten, diese können also auch nicht schuld daran sein. Das minimale Phasing ist kein großes Drama und kann nur daran liegen, dass die Stimme mit mehreren Mikrofonen aufgenommen wurde, die dann gemischt wurden, um einen volleren Klang zu erhalten. Durch Laufzeitunterschiede zwischen den Mikrofonen kommt es zu Phasenauslöschungen, wenn man hier nicht vorbeugt, etwa durch ein M/S-Aufnahmesystem.

Wie erwähnt eignen sich die trockenen Aufnahmen auch gut für Klangdesign mit externen Mitteln. Dazu zählen nicht nur Pitch/Time-Spezialisten, mit denen man die Geschwindigkeit und Tonhöhenkurve bearbeiten kann, sondern auch Spezialisten für die Geschlechtsumwandlung, wie etwa Trax V3 von IRCAM Tools/Flux.

 

Anstatt im Phrases Builder Balken für Balken Phrasen auszusuchen und aneinanderzuhängen, kann man über eine Zufallsfunktion auch 32 Phrasen auf einen Schlag platzieren. Hat man eine Phrasenkombination gewürfelt oder selbst erstellt, die man vielleicht später auch noch in anderen Projekten verwenden möchte, so kann man diese über die Snapshot-Funktion von Kontakt abspeichern.

Abschließend sei noch vermerkt, dass im Ordner „Ethera Extra Samples“ zahlreiche Audiofiles liegen, Phoneme, Phrasen und Sustains, die man direkt in einen Audiotrack des Host-Sequencers ziehen kann. Tempo und Tonart sind hier allerdings nicht vermerkt. Diese Samples eignen sich aber, um bei Filmmusik Akzente zu setzen oder innerhalb von Pop/Gospel-Projekten, bei denen man mit Melodyne oder einer vergleichbaren Software arbeitet. Man trifft hier nämlich auch auf längere Song-Abschnitte.

Ein Ausschnitt:

Ein Beispiel mit einem Pad aus Ethera Soundscapes im Hintergrund.

 

Fazit

Ethera Soul Edition ist eine umfangreiche Library mit Soul- und Gospel-Gesang in vielerlei Form: Man triofft auf Solo-Stimmen in vielerlei Form, einschließlich Phrases Builder, und auf einen gemischten Chor, der genretypisch auf kleine Ornamente und Vibrato setzt, ohne es dabei zu übertreiben oder gar in ein Leiern zu geraten. Aufgrund dieser Modulationen empfiehlt es sich, in etwa beim Originaltempo zu bleiben, welches samt Tonart angegeben wird.

Herausragende Merkmale der Library sind das minutiös gestaltbare Legato über das Menü „Legato Expert“. Es ist in dieser Form meines Wissens einzigartig unter den Vocal-Libraries. Auch die beiden Phrases-Builder für eine Solo-Stimme und den Background Chor sind eine feine Sache, ermöglichen Sie doch eigene Lyrics.

Die Aufnahmequalität ist durchweg gut bis hervorragend. Die Stimmen klingen voluminös und sind detailreich aufgezeichnet. Schaltet man den internen Hall aus, so liegen angenehm trockene Samples vor, die man problemlos mit externen Effekten oder Pitch/Time-Spezialsoftware bearbeiten kann. Störende Nebengeräusche sind mir nicht aufgefallen. Kleine Fehler wie der Knackser beim „Yeah“ sind absolut seltene Ausnahmen.

Auch das Script mit der oben genannten Legato-Engine ist eine feine Sache, sehr ausgefeilt und in dieser Preisklasse sonst nirgendwo anzutreffen. Bei einigen Details würde ich mir noch kleine Nachbesserungen wünschen, etwa individuelle Offsets für die Phrasen eines Patches. Auch trifft man gelegentlich auf Regler, die außer Betrieb sind (wie im Test vermerkt). Für die Praxis sind diese kleinen Unzulänglichkeiten jedoch kaum von Bedeutung und schränken den Einsatz der Library nicht wesentlich ein.

Die Ethera Soul Edition eignet sich für die Filmmusik und artverwandte Genres, ebenso für Pop-Produktionen mit Blues/Soul/Gospel-Charakter. Wer mit Melodyne oder vergleichbarer Software arbeitet, sollte auch die Extra-Samples nicht vergessen, unter denen sich komplette Verse befinden, die sich für vollständige Song-Arrangements eignen.

Der Preis ist gemessen am Umfang der breit aufgestellten Library mit Sologesang, Phrases-Builder und Chor in einem Paket ausgesprochen fair. Andere Anbieter nehmen für ähnlich aufwändig programmierte Libraries gerne das Doppelte bis Dreifache.

Testautor: Holger Obst

Plus:

  • vielseitige Library
  • detailliertes Experten-Legato
  • Vielzahl von Phrasen
  • Phrases-Builder
  • trockene Samples

Minus:

  • Bei einigen Details könnte die Bedienung und Funktionsausstattung etwas komfortabler sein.

Preis: 79,99 US Dollar; 85.- EUR

System: Kontakt 5 Vollversion

Herstellerseite: https://zero-g.co.uk

Produktseite: https://zero-g.co.uk