Test: SPL Phonitor

Mittlerweile sind wir es gewohnt, weitgehend unabhängig von Studio-Imobillien zu arbeiten. Die Bandmaschine und das Effektrack finden längst im Laptop Platz, für mehr Rechenpower gibt es DSP-Beschleuniger. Nur ein Problem bleibt immer bestehen: Wie lässt sich die Abhörsituation, im mobilen Setup, optimal gestalten?

Die tollen SSL-Pulte und die teuren Neumänner waren mir nie so wichtig, wie die akustisch optimierten Räumlichkeiten in den amtlichen Studios. Gerade beim Mischen ist eine akustisch eingemessene und ins Kleinste optimierte Monitoring-Umgebung für analytische Hörsessions kaum zu ersetzen. Trotzdem komme auch ich immer wieder in die Situation, zu Hause oder auf Reisen arbeiten zu müssen, wo ich alles andere als eine optimale Abhörsituation vorfinde. Natürlich kann ich ein paar Genelecs mit ins Hotel schleppen, das Lautstärkeprobleme und eine akustisch eher ungenügende Umgebung lassen sich damit aber auch nicht lösen.

Es wäre doch schön, wenn man endlich „richtig“ über Kopfhörer mischen könnte. Die Lösung für dieses Problem verspricht der Phonitor von SPL.

Aber was ist eigentlich so schwierig daran, eine Mischung über Kopfhörer anzufertigen? Problematisch finde ich die stark erweiterte Stereobasis und das Problem der In-Kopf-Lokalisation. Unter Umständen nimmt man stereorelevante Raum- und Zeiteffekte viel extremer wahr und hält sich deshalb beim Mix entsprechend zurück. Hört man so eine Mischung anschließend über Lautsprecher ab, kann es vergleichsweise lau und irgendwie eingeengt klingen.

Verarbeitung

Der Phonitor macht einen hervorragenden Eindruck, so massiv ist die Verarbeitung der Komponenten.

 

Alle Bedienelemente befinden sich auf der Vorderseite, die Anschlüsse (bis auf die Kopfhörerbuchse) auf der Rückseite.

Dominiert wird das Gesicht des Phonitors von den beiden VU-Metern und dem großen Volumeregler. Daneben finden wir noch Drehregler für Crossfeed, Speaker Angle und Center Level. Alle Regler liefern das bekannt-highendige SPL-Drehgefühl – zum Teil mit der SPL-typischen Rasterung. Zusätzlich gibt es auf der Frontseite kleine Schalter für L/R-Solo, L/R-Phasenumkehr, Mono, Crossfeed/Speaker Angle on/off und Center on/off. Darüber hinaus haben wir einen Dimschalter, der das Kopfhörer-Ausgangssignal um -20 dB absenkt, sowie einen Schalter, der die Kalibrierung der Meter ändert. Letztere lassen sich zwischen VU und PPM umschalten. Der Anschluss für den Kopfhörer befindet sich rechts unten.

 

Auf der Rückseite befinden sich der Netzanschluss und der Powerschalter, der Zugang zur Sicherung sowie Input- und Outputbuchsen, die als hochwertige XLR-Buchsen mit symmetrischer Signalführung ausgeführt sind. Alles machen einen sehr vertrauenswürdigen und langlebigen Eindruck.

 

Schön sind auch die Füße auf der Unterseite, mit der sich der Phonitor so anwinkeln lässt, dass die Front nach oben zeigt.

Was auf den ersten Blick vielleicht nicht so auffällt: Der Phonitor hat ziemlich genau halbe Rackbreite und ist zwei HE hoch, so dass man ihn auch, ausreichend Tiefe vorausgesetzt, zum Transport in ein Standardrack einbauen kann. Man sollte nur auf ausreichende Belüftung achten, denn das Innenleben des Phonitors strahlt auch Wärme ab.

Wie von den Masteringtools von SPL bekannt, basiert der Phonitor auf 120 Volt-Technik. Den neun SUPRA-OPs sollte man genügend Luft zum atmen geben. Die Schaltung hat einen Dynamikumfang von 150 dB, was den Phonitor quasi übersteuerungsfest macht.

Arbeitsweise

Zunächst kann man den Crossfeed zwischen den beiden Kanälen regeln. Damit lässt sich die strikte Trennung zwischen linkem und rechtem Kanal aufheben. Unter Zuhilfenahme des Crossfeedreglers bekommen wir wieder die auf das Frequenzspektrum bezogenen Abhängigkeiten von linkem  und rechten Kanal zurück, die uns bei der herkömmlichen Kopfhörer-Wiedergabe verloren gehen. Was ist damit gemeint? Beim Hören über Lautsprecher lassen sich linker und rechter Kanal nicht strikt separieren, denn sowohl linkes wie auch rechtes Ohr nehmen jeweils auch Signalanteile aus dem eigentlich nicht zugehörigen, über Kreuz liegenden Lautsprecher war, also rechtes Ohr aus linkem Lautsprecher und linkes Ohr aus rechtem Lautsprecher. Beim Hören über Kopfhörer fällt dieser als natürlich empfundene Umstand weg, sitzen die Lautsprecher doch direkt auf der Ohrmuschel. Crossfeed speist nun die so verlorenen Anteile zurück in den Kopfhörer-Sound, also Signale von linkem Kanal auf rechtes Ohr und umgekehrt.

Mit dem Speaker Angle lässt sich Einfluss auf die Stereobasis nehmen, die sich beim Phonitor zwischen 15“ und 75“ regeln lässt. Hiermit hebt sich die auf die Laufzeit bezogene Trennung von rechtem und linkem Kanal auf, die ebenfalls dadurch entsteht, dass wir beim Kopfhörer beide Muscheln direkt an den Ohren sitzen haben. Der Einsatz von Crossfeed und Speaker Angle hat zur Folge, dass die in der Mitte des Stereospektrums platzierten Signale als präsenter wahrgenommen werden, während diese beim „normalen“ Kopfhörer-Einsatz eher in den Hintergrund rücken. Mit dem Center-Regler lässt sich hier wieder gegenlenken, so dass man ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Mitten- und Seitenanteilen auf dem Kopfhörer erreichen kann.

Crossfeed und Speaker Angle lassen sich jeweils über einen kleinen Schalter an- und abschalten, genauso wie die Center-Funktion, so dass man  auch immer einen A/B-Vergleich zur herkömmlichen Kopfhörer-Wiedergabe hat.

 

Der Phonitor in der Praxis

Eins gleich vorweg: der Phonitor ist kein Gerät, das man anschließt und dann sofort den großen Aha-Effekt erzeugt.

Es ist ratsam, sich beim ersten Setup möglichst viel Zeit zu nehmen und jeweils mit Lautsprechern wie auch mit Crossfeed, Speaker Angle und Center aktiv/passiv gegen zu hören. Es macht meiner Meinung nach am meisten Sinn, den Phonitor mit einer eigenen Produktion, die man selbst gemischt oder gemastert hat, einzustellen, statt sich die letzte Steely Dan drauf zu tun, denn nur so kann man im Grunde beurteilen, wie nahe man seiner gewohnten Abhörsituation kommt.

Die Wahl des Kopfhörers halte ich für sekundär. Man sollte diesen in Sachen Frequenzgang kennen, aber je nach eigenem Gusto das Modell wählen, das dem eigenen Hörempfinden zuträglich ist.

Ich habe den Phonitor mit unterschiedlichen Studio- und HiFi-Kopfhörern getestet: dem Beyerdynamic DT900 Pro, einem Grado RS2i und mit Shure SE425 In Ear-Hörern zum Beispiel. Aber auch meine Sportohrhörer von Skullcandy (INKD) und Sennheiser (PMX680 Sports) mussten für den Test herhalten. So unterschiedlich wie die genannten Ohrhörer auch preislich und qualitativ sein mögen, mit jedem lies sich arbeiten, wobei in Sachen ausgeglichener Wiedergabeeigenschaften der Beyerdynamic mein Faovrit ist.

Der Phonitor greift in die Stereowiedergabe ein, nicht aber in den Frequenzgang, er lässt die Wiedergabeeigenschaften des Kopfhörers unangetastet.

Man sollte auch nicht erwarten, dass der Phonitor ein „Schönklinger“ im Sinne eines HiFi Highender-Geräts ist. Stattdessen hilft er, analytisch zu hören und Stärken und Schwächen objektiv zu beurteilen – und das hat ja nicht immer zwingend etwas mit Schönklang zu tun.

Sehr wichtig finde ich bei Kopfhöreranwendungen, dass möglichst wenig Nebengeräusche das Ohr stressen. Ein dauerhaftes Rauschen wäre zum Beispiel absolut nervig und störend. Aber auch hier verhält sich der Phonitor korrekt und diskret, so dass man mit dem Gerät auch in langen Sessions ermüdungsfrei arbeiten kann, ohne dass das Gehör über die Zeit schnell erlahmt oder abstumpft. Mit einem angenehm zu tragenden Kopfhörer lassen sich so auch ausgedehnte Sessions realisieren.

 

Das gefällt mir nicht

Das gefällt mir

Der SPL Phonitor ist ein kompromissloses Tool von ausgezeichneter Qualität. Das Konzept geht meiner Meinung nach voll auf, denn der Phonitor ermöglicht, hat man ihn richtig abgeglichen, ein Arbeiten losgelöst von Regieräumen und Lautprechern. Auch wenn es etwas länger dauert, bis man den Phonitor eingestellt hat, so ist er doch intuitiv zu bedienen. SPL hat es wieder geschafft, alle relevanten Parameter in einer übersichtlichen Anzahl von Regelmöglichkeiten abzubilden.

Wer flexibel sein möchte findet im Phonitor ein Tool, das als Referenz gelten kann. Endlich lässt sich zu Hause, im Hotel oder im Tourbus richtig arbeiten, ohne dass man die mit Kopfhörer erstellten Mischungen nachbearbeiten oder, im schlimmsten Fall, noch mal von vorne anfange muss, wenn man das Ergebnis über Lautsprecher abhört.

Diese Möglichkeiten haben natürlich auch ihren Preis und mit ca. 1.400 Euro ist der Phonitor bestimmt kein Sonderangebot, aber das  kompromisslose Design und die hohe Fertigungsqualität rechtfertigen dies. Wer bereit ist, diese Summe in den Phonitor zu investieren, wird gute Gründe für seine Entscheidung haben.

Ob man nun mit dem Phonitor eine Abhöre mit Lautsprechern ersetzt, bleibt natürlich die Gretchenfrage, die aber jeder nur für sich selbst beantworten kann. Ich finde schon, das man mit dem Phonitor der Lautsprecherfalle entgeht.

Heiko Wallauer

Preis

  • 1.400 Euro

Hersteller