Test: INA GRM Tools Spaces Bundle
|Spaces ist das vierte Effekt-Bundle des französischen Herstellers INA/GRM und zielt auf Mehrkanalanwendungen. Audiosignale werden in einem von bis zu 32 Monitoren flankierten Raum bewegt, als Granularwolke verfremdet oder in Form von Teilspektren animiert.
Wichtiger Hinweis: Zwei weiter unten beschriebene kleine Bugs sind inzwischen mit dem aktuellen Update behoben. Positionen beim Plugin Spaces sind nun im internen Preset abspeicherbar. Kanalkonfigurationen werden mit dem Projekt zusammen abgespeichert.
Stand: 22. 7. 2015
Zusammenfassung
-
100%
-
100%
-
95%
-
95%
-
95%
Auf den Punkt gebracht
INA GRM Tools Spaces erschliesst neue Möglichkeiten für Mehrkanal-Kompositionen von Surround bis zu Klanginstallationen mit 32 Kanälen. Die Audioqualität ist exzellent.
Benutzer-Bewertung
( Stimmen)Überbick
GRM Tools Spaces beinhaltet drei Effekte:
- Spaces bewegt eine Klangquelle mit bis zu 32 Kanälen in einem Mehrkanalraum von zwei bis 32 Kanälen. Die Bewegung der Klangquelle kann auf vielerlei Weise erfolgen, etwa zufällig oder auch entlang eines Pfades.
- SpaceFilter teilt ein Mono- oder Stereosignal in vier spektrale Bänder, die individuell innerhalb eines Multikanal-Raumes zwischen bis zu 32 Monitorpositionen bewegt werden können. Für jedes Band steht ein temposynchrones Echo zur Verfügung.
- Space Grain benutzt zwei bis acht Eingangs- und zwei bis 32 Ausgangskanäle. Das eingehende Audiosignal wird in bis zu 100 Fragmente (Grains) aufgelöst, die im Raum verteilt werden. Die Grains können in ihrer Position, Dauer, Zeitverzögerung, Lautstärke und Tonhöhe variiert werden.
GRM Tools Spaces beschreitet im Bereich Mehrkanaleffekte Neuland. Die Anwendungen sind überwiegend experimenteller Natur. Die Effekte eignen sich für Klanginstallationen, Planetarien und auch für die Mehrkanal-Filmmusik oder experimentelle Kompositionen einschließlich Meditationsmusik, New Age und Ambience.
Reduziert man die Effekte auf ihre Stereo-Funktion, hat man immer noch in ihrem Funktionsumfang außergewöhnliche Tools, wird aber das Potenzial von Spaces weitgehend brach liegen lassen.
Damit Sie als Leser das Raumklang-Erlebnis erfahren können, habe ich daher ein Projekt mit dem Spatial Audio Designer angelegt, der es erlaubt, einen Mehrkanalsound virtuell über Kopfhörer abzubilden. Zu diesem (dem Kopfhörer) sollten Sie greifen, wenn Sie die Audiodemos streamen. Wenn Sie die Audiodemos über Stereo-Monitore abhören, nehmen Sie einen spektral verfärbten Klang wahr.
Falls Sie mehr über das französische Klangforschungsinstitut INA erfahren möchten, empfehle ich unseren Test zum GRM Tools Evolution Bundle. Nebenbei werden Sie hier auch andere spannende Effekte entdecken. Einer davon, Fusion, deutete (rückblickend betrachtet) bereits die Fortsetzung der GRM Tools an: Fusion bietet ebenfalls mehrkanalfähige spektrale Filter.
Des Weiteren finden Sie im Test zum Evolution-Bundle auch konkrete Hinweise zur generellen Bedienung der GRM-Tools-Oberfläche, beispielsweise zur Arbeit mit Presets oder zur Steuerung von Parametern durch externe Controller.
Installation
Nach dem Erwerb wird die Lizenz zum iLok-Konto hochgeladen. Über den iLok License Manager kann die Lizenz auf den iLok oder auf den Rechner übertragen werden. Den Download der Vollversion (126 MB) erreicht man (unter anderem) über die französische Seite von INA/GRM-Tools (www.inagrm.com), wo man auf „télécharger“ klickt.
Installiert werden die drei Plugins Spaces, SpaceFilter und SpaceGrain. Für Mac und PC stehen die Formate AAX, RTAS, VST, AU (nur Mac) sowie Standalone in 32 und 64 Bit zur Verfügung.
Das Installationsprogramm möchte außerdem einen Interlok Driver für die Autorisierung installieren. Aufgrund schlechter Erfahrungen in anderen Fällen, in denen aktuelle Interlok Treiber durch ältere überschrieben wurden, habe ich hier das Häkchen entfernt. Die aktuelle Version des iLok License Managers reicht für eine funktionierende Autorisierung. Den iLok License Manager erhalten Sie über die iLok Webseite.
Welche Formate man installieren möchte, kann man auswählen, nicht jedoch ob 32 oder 64-Bit-Versionen. Beide werden installiert. Als Pfad für die VST-Installation auf dem PC wird der Ordner Program Files → VST Plugins vorgeschlagen. Auf unserem Testsystem (s. Anhang) ist es erforderlich, diesen in Program Files → Steinberg → VST Plugins zu ändern. Auch den Pfad zum PDF-Handbuch kann man ändern:
Die 32-Bit-Versionen kann man nach der Installation manuell löschen, wenn man sie nicht benötigt.
Die drei Plugins im Detail
Alle Plugins des Bundles bieten vielerlei Konfigurationsalternativen, um Mehrkanal-Klangquellen über eine Mehrkanal-Monitoranlage abzuhören. Das namensgebende Plugin Spaces erlaubt es beispielsweise, eine 32-Kanal-Klangquelle über einen 32-Kanal-Ausgang auf 32 Monitore zu schicken. Über die Aufklappmenüs Sources Layout und Speaker Layout können beliebige Kombinationen eingerichtet werden. Für diesen Test habe ich mich auf eine klassische Zweikanal-Klangquelle beschränkt, diese auf einen 5.1 Kanal geroutet, dort die GRM-Spaces-Plugins als Insert-Effekte platziert und deren Ausgangssignal zum SAD-Mixer geschickt.
Es stellte sich allerdings heraus, dass nach jedem Neuladen des Cubase-Projektes das Source-Layout neu eingestellt werden musste.
Der Spatial-Audio-Designer simuliert das Hörerlebnis einer Mehrkanal-Monitoranlage über Kopfhörer. Innerhalb des SAD-Mixers stehen verschiedene Abhöranlagen zur Auswahl. Ich habe mich für das Preset „Studio Magazin“ entschieden, welches die 5.1-Surroundanlage des Regieraumes von Fritz Fey, Herausgeber des Studio-Magazins in Oberhausen abbildet. Fritz Fey ist übrigens auch Spezialist für Studioakustik und benutzt Genelec-Monitore.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Der Spatial Audio Designer von New Audio Technology ist nicht Teil der GRM-Tools Spaces.
Spaces
Spaces ermöglicht die Positionierung und Bewegung einer Multikanal-Klangquelle (mit 1 bis 32 Kanälen) in einem Multikanal-Raum (mit 2 bis 32 Kanälen bzw. Monitoren). Vereinfacht dargestellt handelt es sich also um einen Multikanal-Panner – der allerdings über außergewöhnliche Gestaltungsoptionen verfügt.
Zwei Modi stehen bereit: Trajectories und Position.
Im Position-Modus definiert man die statische Position der Klangquellen und setzt diese – soweit gewünscht – über den Parameter Rotation oder über die Modulation einzelner Parameter per Agitator in Bewegung.
Die ersten drei Parameter sind modus-spezifisch. Im Position-Mode handelt es sich dabei um:
- Position Links/Rechts und Vorne/Hinten
- Following Time: Definiert die Trägheit der Positionsveränderung in (0,0 bis 10) Sekunden oder Notenwerten. Following Time wirkt sich erst aus, wenn Positionsveränderungen per Maus oder durch Animation der Parameter Links/Rechts und Vorne/Hinten bewirkt werden.
Im Trajectories Modus folgt die Klangquelle einem Pfad. Die Kanalkonfiguration von Quellensignal und Monitoranlage wird aus dem Positionsmodus übernommen.
- Über den Parameter Interpolation überblendet man stufenlos zwischen zwei Pfadvarianten. Per Aufklappmenü stehen die Grundpfade Kreis, Rechteck, Spirale, Stern und Center Point zur Verfügung. In der folgenden Abbildung sehen Sie eine Mischform aus Kreis- und Spiralpfad:
- Zudem können eigene Pfade eingezeichnet werden. Es stehen diverse Zeichenmodi zur Verfügung: Ohne Zusatztasten zeichnet man eine beliebige Bahn mit der Maus. Bei gehaltener STG-Taste setzt man Ankerpunkte, die miteinander zu einem Pfad verbunden werden. Mit gehaltener Shift-Taste malt man mehrere Pfade nacheinander, die dann von der Klangquelle der Reihe nach abgefahren werden. Mehrere Pfade können sogar aus extrem kurzen Linien bestehen, zwischen denen die Klangquelle springt. Die (per Animation fließende) Interpolation ist sowohl zwischen zwei eigenen Pfaden als auch mit den werkseitig vorgegebenen Pfaden möglich.Neben dem fortwährend nahtlosen Durchlaufen des Pfades (Loop-Modus) kann auch eine Pendelbewegung stattfinden (Bounce-Modus).
- Eigene Pfade können über einen Trajectory Editor vom Plugin aus abgespeichert werden. Es gibt jedoch keinen vorgegebenen Speicherpfad, sodass je nach Host für den Import und Export der entsprechende Ordner immer wieder manuell aufgerufen werden muss.Der Trajectory Editor erlaubt des Weiteren das Skalieren, Dehnen/Stauchen und Drehen der Pfade über einen Rahmen mit Anfassern.
- Der Parameter Speed beschreibt die Geschwindigkeit und Richtung, mit der der Pfad durchlaufen wird. Diese reicht von 0 Sekunden (Stillstand) bis zu +/-200 Millisekunden. Leider ist der Parameter selbst nicht zum Tempo synchronisierbar. Aber auch hier gibt es eine Abhilfe:
- Position definiert die Position auf dem Pfad und kann alternativ zum Speed Parameter via Agitator temposynchron animiert werden (vorausgesetzt, Speed steht auf 0).
- Über die Taster absolute/relative, start und dyn bestimmt man die Ausrichtung der Klangquelle während der Pfadverfolgung (der Bewegungsrichtung folgend oder starr), setzt die Klangquelle zurück auf den Ausgangspunkt der Bewegung (via MIDI-Lerndialog auch über einen externen Hardware-Controller fernsteuerbar) und wählt eine Verlaufskurve für die Geschwindigkeit, mit der der Pad durchfahren wird:
Die acht Kurven der Kategorien Elastic und Bounce erzeugen (im gegensatz zum einfachen Bounce-Modus partiell federnde) Pendelbewegungen.
Die folgenden Parameter stehen sowohl im Position- als auch im Trajectories-Modus zur Verfügung:
- Spread: Regulierung des Einflussbereichs der Ausgangskanäle. Im Fünfkanalbetrieb kann beispielsweise zwischen der Wiedergabe nur über die vorderen Monitore oder nur über die hinteren Monitore stufenlos überblendet werden.
- Distance: Änderung der Lautstärke in Abhängigkeit von der Entfernung zwischen Schallquelle und Monitor
- Doppler: Der klassische Doppler-Effekt: Tonhöhenveränderung in Abhängigkeit von der Bewegung der Schallquelle auf die Monitorpositionen zu oder von ihnen weg. Es besteht die Wahl zwischen „global doppler“ (für die Klangquellen wird eine gemeinsame Position berechnet) und „independant doppler“ (für jede Klangquelle wird realitätsgetreu ein eigener Doppler-Effekt berechnet, was für vielschichtige einem Chorus ähnliche Effekte verwendet werden kann).
- Source Orientation: Winkel der Klangquellen zu ihrem Zentrum
- Source Size: Distanz zwischen den einzelnen Kanälen der Klangquellen (in unserem Fall: Breite des Steeo-Signals)
- Source Rotation: Drehbewegung der Klangquellen um ihr Zentrum im Uhrzeigersinn oder entgegengesetzt (-10 bis +10 Hz, nicht alternativ temposynchron). Der Parameter selbst ist nicht direkt zum Tempo synchronisierbar. Er kann jedoch über einen der vier Agitatoren moduliert werden. Da diese wahlweise temposynchron, also in Notenwerten arbeiten, ist eine getaktete Rotation dennoch möglich.
- Souce Aperture: Verteilungswinkel der Klangquellen. Die Klangquellen werden entlang einer halbkreis- oder vollkreisförmigen Bahn verteilt. Bei einer Fünfkanal-Klangquelle können beispielsweise alle Kanäle auf einen Punkt zusammengelegt werden (0% Aperture) oder die Surround-Kanäle ihre Plätze tauschen (200% Aperture). Bei einer Stereo-Klangquelle wandern die auf einem Punkt zusammengelegten L/R-Kanäle mit steigendem Aperture-Wert halbkreisförmig auf die Seitenpositionen. Per Agitator in Bewegung versetzt erreicht man bei einer Stereo-Klangquelle beispielsweise eine zyklische Kontraktions/Expansions-Bewegung.
Im Layout-Editor können die Positionen der Monitore komfortabel justiert werden:
Anwendungsbeispiele Spaces
Im Position-Modus liefert Spaces zunächst einen luxuriösen Mehrkanal-Panner. Eine detaillierte Mehrkanal-Konfiguration mit bis zu 32 Kanälen und Einstellungen für Position, Winkel und Einflussbereich von Eingangs- und Ausgangskanälen bietet in dieser Form kein anderes Plugin. Sogar ein Doppler-Effekt ist realisierbar. Über die Standalone-Version können auch aufwändige Klanginstallationen mitsamt genauer Platzierung von 32 Monitoren realisiert werden. Das Einzige, was Spaces nicht liefert, ist eine Höheneinstellung für Klangquellen und Monitore.
Im Plugin-Betrieb können mehrere Klangquellen über entsprechend viele Instanzen von Spaces genauestens im Raum positioniert und bewegt werden. Bewegungen im Position-Modus ergeben sich auf vielfältige Weise:
- Per Klicken und Ziehen der Klangquelle kann eine Bewegung unmittelbar umgesetzt und auch als Automation aufgezeichnet werden.
- Die Positionsparameter können (auch durch externe Controller via MIDI Learn) fließend verändert werden: intern und automatisiert durch Zuweisung der Agitatoren oder extern durch Hardware-Controller via MIDI Learn.
- Die Klangquellen können im Raum rotieren.
- Über die Plugin-internen Preset-Taster und den Super-Slider kann zwischen unterschiedlichen Parameterkonfigurationen interpoliert werden.
Im folgenden Audiodemo hören Sie einen Beat bei 80 BPM aus Stylus RMX, Expansion-Library Liquid Grooves. GRM Spaces ist hier noch nicht beteiligt. Ich lasse die Stereo-Drums langsam im Uhrzeigersinn durch den 5.1 Surroundraum wandern. Noch einmal der Hinweis: Der räumliche Positionierung im Surroundraum ist nur über Kopfhörer wahrzunehmen. Die Audiodemos sind 320 kBit Mp3-Dateien.
Nun kommt GRM Spaces zum Einsatz. Die vorangegangene Fahrt durch den Raum lösche ich.
Der Beat beginnt in der klassischen Stereo-Front-Position. Anschließend folgen diverse Formen von Rotationen, erst ohne, dann mit Doppler Effekt (der sich in Tonhöhenveränderungen bemerkbar macht). Auch den Einfluss der Positionen der Klangquellen auf die Lautstärke über die fünf Monitore habe ich variiert. Es geht bei diesem Audiodemo nicht um ein musikalisch sinnvolles Mehrkanal-Sounddesign für den Beat, sondern um die aufeinanderfolgende Darstellung verschiedener Anwendungsmöglichkeiten.
Die verschiedenen Parameterkonfigurationen habe ich zuvor als Presets in den ersten acht der insgesamt 16 zur Verfügung stehenden Slots abgespeichert und diese dann nacheinander abgerufen. Wie das funktioniert, finden Sie, wie eingangs erwähnt, in meinem Test zu GRM Tools Evolution Bundle (und dort im Abschnitt „Grundlegende Performance-Funktionen“).
Bei der Abspeicherung von Parameterkonfigurationen in Presets hat sich leider herausgestellt, dass die ersten drei Positionsparameter der Klangquellen nicht abgespeichert werden. Hier sollte der Hersteller nachbessern.
Zur Abwechslung folgt eine Mini-Komposition mit asiatischen Elementen. Die Stimmen stammen aus uralten Gesangs- und Zupfinstrumentphrasen, die ich als Rex-Files in Stylus RMX geladen habe (u. a. Sample CD „This is Vietnam“). Zu Beginn ist Spaces noch nicht aktiv, wirbelt dann aber mittels Rotation der Klangquelle und Animation von deren Position das etwas unkonventionelle musikalische Geschehen zusehens durcheinander:
Wie Sie bestimmt gemerkt haben, kommt hier auch der Doppler zum Einsatz.
Wir wechseln in den Trajectories-Modus und fangen mit einer einfachen Kreisbewegung im Uhrzeigersinn an. So etwas kann man natürlich auch mit jedem Surroundpanner machen. Deshalb lassen wir die Klangquelle, während sie ihrer Kreisbahn folgt, gleichzeitig um ihr Zentrum rotieren. Das geht mit einem üblichen Surroundpanner nicht.
Sie hörten einige Verse aus „Ici Bas“, gesungen von Nichale Déchaine (Soundlibrary: Soundiron Voice of Rapture: The Soprano)
Im folgenden Audiodemo habe ich dem Gesang einen Hall über den Send-Weg zugefügt (B2 von 2CAudio) und den Halleffekt über eine zweite Instanz von Spaces laufen lassen. In dieser zweiten Instanz folgt das Hallsignal dem Kreispfad in umgekehrter Richtung, auch die Rotation des Hallsignals erfolgt entgegen dem Uhrzeigersinn. Zudem habe ich den Doppler im Individual Modus geringfügig beigemischt, um das Hallsignal zusätzlich in der Tonhöhe zu modulieren. Damit das Hallsignal nicht zeitweise nur noch aus einer Richtung kommt, sondern lediglich als beweglich und schwebend empfunden wird, habe ich bei der zweiten Instanz von Spaces den Mix-Regler auf 70% gestellt.
Im folgenden Audiodemo habe ich den Gesang mittels GRM Tools Evolution in eine Geräuschtextur umgewandelt, diese über eine spiralförmige Bahn wandern lassen und wie bereits zuvor über eine zweiten Instanz von Spaces den B2 Reverb im Raum bewegt.
Die plötzlichen wobble-ähnlichen Effekte ergeben sich durch die Verwendung von Bounce-Dynamics für die Pfadverfolgung: Diese Geschwindigkeitskurven beinhalten einen Wechsel zwischen langsamen und rasch pendelnden Passagen. Den Originalgesang habe ich zeitweise durch eine Automation des Mix-Reglers des Evolution-Plugins hinzugemischt.
Space Grain
Der Multikanal-Granulareffekt SpaceGrain zerlegt das Eingangssignal in bis zu 100 Fragmente. Folgende Parameter können eingestellt, automatisiert oder Presets zugewiesen werden, zwischen denen dann interpoliert werden kann:
-
die Verteilung der Grains im Multikanal-Raum (von punktuell konzentriert bis zu raumfüllend)
-
die Anzahl der (monophonen) Grains (1 bis 50, durch Überlappungen bei entsprechenden Hüllkurven bis zu 100 effektive Grains)
-
die Hüllkurve der Grains (von rechteckig bis zu einer Dreiecks-Kurve)
-
die Position des Zentrums der Grain-Wolke (links/rechts – vorne/hinten). Im Gegensatz zu Spaces funktioniert hier das Abspeichern von Positionswerten in den internen Presets.
-
eine zufällige Variation der Position
-
die Dichte der Grains (niedrige Werte verringern die Häufigkeit).
-
die Dauer der Grains: Einzelne Fragmente können zwischen einer Millisekunde und zehn Sekunden lang sein. Alternativ können Notenwerte von 1/64tel bis zu 4 Takten gewählt werden.
-
Eine Zeitverzögerung der Grains (Delay: 0 bis 10 sek. oder in Notenwerten)
-
eine Zufallsfunktion für die Zeitverzögerung
-
eine Tonhöhenveränderung der Grains um bis zu +/- eine Oktave (wahlweise kontinuierlich oder in Halbtonschritten)
Anwendungsbeispiele:
Fahrten der Grain-Wolke durch den Raum können punktgenau auf Knopfdruck über Presetwechsel stattfinden. Alternativ kann das Zentrum der Grain-Wolke per Maus animiert und diese Bewegung aufgezeichnet werden. Zudem steht für GrainSpaces (wie im Übrigen für alle GRM Tools) ein umfassender MIDI-Lerndialog zur Echtzeitperformance über Hardware-Controller, was sehr lobenswert und unter Effekt-Plugins leider nicht weit verbreitet ist.
Über die vier internen Agitatoren (Modulatoren mit unterschiedlichen Verlaufsformen) sind auch automatisierte und temposynchrone Veränderungen der Parameter möglich.
Im folgenden Audiodemo hören sie den bereits zu Beginn verwendeten Stylus Beat mit vier Presets, die eine unterschiedliche Anzahl, Dauer und Position der Grains abgreifen. Den Mix-Regler habe ich von 0 auf 50 und dann wieder zurück auf 30 Prozent bewegt. Sie hören im ersten Takt noch den trockenen Beat.
Der folgende Rhythmus stammt von Toontracks EZdrummer, Electronic Expansion Set:
Diese Einstellung von SpaceGrain …
… bewirkt folgendes Resultat:
Zusammen mit GRM Spaces in dieser Einstellung …
… wandert das chaotische Elektro-Schlagwerk durch den Raum.
Hier habe ich den Beat mit GRM Grinder (aus dem Evolution Bundle) verfremdet und dann über SpaceGrain im Raum verteilt:
Space Filter
SpaceFilter teilt das eingehende Signal in vier Bänder auf, die in einem Multikanalraum mit bis zu 32 Monitoren bewegt werden können. Die durch steilflankige Filter getrennten Frequenzbereiche können eingestellt werden
-
in ihrer zentralen Frequenz,
-
ihrer spektralen Breite,
-
ihrer Lautstärke
-
ihrer Zeitverzögerung (Echo mit Feedback in Millisekunden oder Notenwerten)
-
ihrer Position auf einer Kreisbahn und der Entfernung vom Raumzentrum
-
ihrer Geschwindigkeit beim Folgen dieser Kreisbahn (im und entgegen dem Uhrzeigersinn)
-
ihrer Breite (als Klangquelle im Raum) und
-
ihrer Eigenrotation.
Die Frequenzbänder können überlappen, sehr schmalbandig sein und auch Lücken im Frequenzspektrum lassen.
Die Modulationsmöglichkeiten sind umfassend und entsprechen den Optionen, wie wir sie bereits von den anderen beiden Plugins des Bundles kennen.
Anwendungsbeispiele:
SpaceFilter eignet sich für äußerst bewegliche Lo-Fi-Effekte. Per Delay und Feedback können obertonreiche Resonanz-Kaskaden realisiert werden. Hier der bekannte Beat mit verschiedenen Filtereinstellungen, die ich über Presets abgerufen habe:
SpaceFilter eignet sich auch sehr gut für Klanggemälde. Für das folgende Audiodemo habe ich ein Preset aus Omnisphere 2 gewählt, eine Textur, die man für Ambience oder Filmmusik verwenden würde. Zu Beginn hören Sie den Klang ohne GRM SpaceFilter. Der Grundsound von Omnisphere ist für sich schon eine feine Sache. Aber mit dem langsamen Einblenden von SpaceFilter öffnen sich neue Räume.
Das ist doch eine schöne Kulisse für eine weibliche Stimme (Snokinetic Aliye). Den Gesangseinlagen habe ich ein wenig Hall beigemischt (ein Mausoleum aus Audioease Altiverb XL) und dieses Signal dann mittels SpaceGrain im Raum verteilt.
Systemlast, Bugs und Bedienung
Überraschenderweise beanspruchen die GRM Spaces keine exorbitant hohe CPU-Leistung, sodass sie auch bei niedriger Latenz und im Rahmen einer Live-Performance eingesetzt werden können – einen halbwegs aktuellen Rechner vorausgesetzt. Lediglich das Plugin SpaceGrain fordert bei der Berechnung vieler Grains eine höhere Rechenleistung, die aber ebenfalls von einer schnellen CPU bewältigt werden kann.
Im Großen und Ganzen liefen die Plugins auf unserem Testsystem (s. Anhang) und im Rahmen der beschriebenen Konstellation ohne Probleme, sodass weitgehend eine reibungslose Arbeit möglich war.
Es gab jedoch zwei Abstürze von Cubase 7, einer bei der Arbeit mit dem Trajectories Editor bei laufendem Playback.
In einem Einzelfall trat nach dem mehrfachen Entfernen und Laden des Spaces-Plugins ein unergründlicher Echo-Effekt in der Mittelposition der Stereoquelle auf, der nach dem erneuten Öffnen des Projektes verschwand.
Auch trat in einem Fall eine deutliche Verzögerung der Reaktionszeit des Cubase-Transportstasters auf, der ebenfalls nach einem erneuten Laden des Projektes verschwand.
SpaceFilter funktionierte als Plugin in einem Stereokanal nicht. Nach dem Entfernen des Plugins blieb der Stereokanal (ein Instrumentenausgang) stumm.
Diese Funktionsstörungen sind teilweise sicher nicht den Spaces-Plugins alleine anzulasten und treten auf anderen Systemen möglicherweise nicht auf.
Ein Antesten mittels Demo-Version empfiehlt sich, nicht nur, um die Funktion auf dem eigenen System zu erproben, sondern auch, weil die neuen Effekte aus dem Hause INA/GRM einzigartige und innovative Werkzeuge darstellen.
Die Bedienung ist komfortabel. Um alle Funktionen nutzen zu können, empfiehlt sich eine Lektüre des PDF-Manuals. Auch hilft unser test zum Evolution-Bundle weiter, der teilweise Tutorialcharakter hat. Angenehm ist, dass alle Plugins über eine skalierbare Fenstergröße verfügen. Dabei wird allerdings nur die zentrale Grafik vergrößert. Die Schriftzüge und Bedienelemente wie Taster, Regler und Slider werden nicht skaliert.
Fazit
Es kommt nicht häufig vor, dass neue Software auch wirklich grundlegend Neues bietet. Bei den INA GRM Tools Spaces ist das der Fall. Der französische Anbieter folgt damit seiner Philosophie des Außergewöhnlichen und Einzigartigen.
Das Bundle liefert in hoher Audioqualität und weitgehend die CPU schonend Mehrkanaleffekte mit Konstellationen von bis zu 32 Ein- und Ausgangskanälen.
Das Plugin Spaces erlaubt atemberaubende Fahrten durch den Klangraum einschließlich Doppler-Effekt. Rotierende Klangquellen können unter anderem anhand eines frei zeichenbaren Pfades bewegt werden, zyklisch oder zwischen zwei Positionen pendeln.
SpaceGrain zerlegt das eingehende Signal in Klangfragmente, aus denen Klangwolken entstehen. Die Verteilung im Raum und das Verhalten der Grains kann in vielen Details definiert und animiert werden.
Mit SpaceFilter bewegt man vier Teilspektren durch den Raum. Die Kombination aus frequenzmodulierten Spektren, deren Rotation und deren Bewegung im Raum sowie eine Echofunktion mit Feedback erlaubt einzigartige 3D-Effekte, von langsamen, meditativen Klangtransformationen bis zu spektakulären, quirligen Verfremdungen.
Erfreulich ist auch, dass in den meisten Fällen zeitabhängige Parameter zum Tempo synchronisiert werden können.
Zwar ist eine Stereo-Anwendung auch möglich, das Potenzial des Bundles nutzt man aber erst bei Mehrkanalanwendungen aus. Ab einer Quadrofonie wird es richtig spannend. Die Hörerlebnisse suchen ihresgleichen. Zusammen mit dem Spatial Audiodesigner von New Audio Technologies (oder einer anderen Soft- oder Hardware, die einen virtuellen Mehrkanalton für Kopfhörer über einen Stereo-Ausgang ausgibt), lassen sich solche Klang-Abenteuer auch ohne ein teures Surroundstudio mit entsprechender Monitorausstattung erleben.
Die GRM Spaces eignen sich als Effekte der Extraklasse für die Film- und Spielevertonung, für experimentelle Mehrkanal-Kompositionen bis hin zu 32-Kanal Klanginstallationen mit der Standalone-Version und einem Audiointerface-Monitor-Netzwerk.
Die im Abschnitt „Systemlast, Bugs und Bedienung“ beschriebenen Funktionsstörungen sind gering zu gewichten und beeinträchtigen die Arbeit mit Spaces in der Praxis kaum. Der Funktionsumfang mit 16 Presets und Super-Slider, internen Modulationsmöglichkeiten durch die Agitatoren, externen Steuerungsoptionen via MIDI-Lerndialog und umfangreichen Automationsmöglichkeiten über einen Host-Sequencer ist beinahe lückenlos und ermöglicht eine komplexe vorkonfigurierte oder in Echtzeit gestaltete Performance.
Der Preis ist fair, ein Antesten der Demo-Version für jeden empfehlenswert, der auf der Suche nach neuen Möglichkeiten ist.
Testautor: Holger Obst
Plus:
-
einzigartige, innovative Effekte
-
Mehrkanal-Performance bis 32 In/Out
-
hohe Audioqualität, transparenter Klang
-
umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten eines dynamischen Raumklangs
-
automatisierte Modulation über vier Agitatoren
-
vielfache Möglichkeiten der Temposynchronisation
-
externe Steuerung über MIDI-Lerndialog
-
moderate Einforderung von Prozessorleistung
-
skalierbare Fenster
-
Unterstützung älterer Betriebssysteme
-
fairer Preis
Minus:
–
Preis: 250.- EUR (Stand 10. 7. 2015)
System:
-
Mac (ab OSX 10.6)
-
PC (ab Windows XP SP2)
-
Formate: VST, AU, AAX, RTAS, Standalone
-
iLok Nutzerkonto (physikalischer iLok nicht zwingend erforderlich)
Hersteller: INA/GRM (Institut National de l`Audiovisuel)
Testsystem:
- PC Intel Core i7 3930K, Windows 7, Cubase 7, Motu 828 mKII;
- Testprojekt Cubase: 44,1 kHz Samplerate, 24 Bit Auflösung
- alle Audiodemos in 320 k mp3 FÜR KOPFHÖRER