Test: Sugar Bytes Effectrix

Effectrix ist unser dritter Testkandidat in der Reihe jener Effekte, die über eine MIDI-Keyboardtastatur gesteuert werden. Auch hier geht es zentral um die punktgenaue Versorgung von Beats oder rhythmischen Sequenzen durch mehr oder weniger kurze Effektpassagen. Die Effekte werden ausgelöst, indem man dem das Plug-in wie üblich in einen Slot der Audiospur (bzw. des Ausgangskanals eines Instruments) legt und im zweiten Schritt eine MIDI-Spur einrichtet, welche man auf das Plug-in routet und über die man die Effekte per Keyboardtasten abruft.

The Finger von Native Instruments und Stutter Edit von iZotope haben wir kürzlich getestet. Im Gegensatz zu Stutter Edit kann man Effectrix auch als „normalen“ Effekt ohne MIDI-Tastensteuerung verwenden.

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Effectrix ist sowohl Standalone als auch im Host als VST- und AU-Plug-in verwendbar. Getestet haben wir das VST-Plug-in unter Cubase 6.0 auf einem Intel Mac mit 8×2,8GHz, OSX 10.6.6. Arbeitet man mit der Standalone-Version, so können die MIDI-Befehle auch über die Computertastatur an Effectrix gesendet werden. Alle gängigen Windows- und Mac-Plattformen werden unterstützt. Auf der Sogar Bytes Webseite finden Sie eine Demoversion (Einschränkungen: 30 Minuten Laufzeit nach jedem Start, 30 Tage lang, kein Abspeichern.)

Installation und Authorisation

Die Installation der Vollversion erfolgt über die Eingabe einer Seriennummer, die man nach dem Online-Kauf im Sugar-Bytes Shop per email erhält.

Aufbau und Effektmodule

Für’s erste Kennenlernen stehen eine Reihe von Presets in mehreren Factory-Bänken zur Verfügung. Per default wird der Effekt aktiv, sobald man den Song startet. Der interne Step-Sequencer von Effectrix orientiert sich hierbei an der Songposition, startet man also mitten in einem Takt, beginnt auch der Effectrix-interne Step-Sequencer an der entsprechenden Position. Dies gewährleistet, dass man immer den Effekt so hört, wie er auch später im Downmix klingt. Will man die Effekte so wie eingangs beschrieben über die Tasten eines MIDI-Keyboards steuern, klickt man auf „Trigger by MIDI“. Mit „Pattern Keys on“ werden die zwölf Variation (Sub-Sequenzen) innerhalb eines Presets aktiviert, die man nun durch Betätigen unterschiedlicher Keyboardtasten im Wechsel einsetzen kann.

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Das Tempo (mit Swing-Faktor 0-100 %) ist im Plug-in Betrieb immer an den Host gekoppelt. Innerhalb eines Presets lassen sich Sub-Sequenzen von einer Taste auf eine andere per copy/paste übertragen, sinnvoll, wenn man Variationen mit geringfügigen Abweichungen erstellen will. Der interne Sequencer beinhaltet 32 Steps. Die Länge eines Steps innerhalb eines Presets einschließlich aller Subsequenzen beträgt wahlweise 1/32, 1/16, 1/8, 1/8T, 1/4 und 1/4T. Über die Loop-Bar kann ein Ausschnitt aus einer Sequenz herausgegriffen werden, man muss also nicht immer die volle Länge des Sequencers nutzen. Der Loop läuft von vorne nach hinten wiederholt durch, solange man die Keyboardtaste gedrückt hält. Auch diese Einstellung gilt für alle Sub-Sequenzen eines Pattern. Über „Init“ löscht man alle Einträge innerhalb einer Sub-Sequenz, und über den Chaos-Button erzeugt man eine zufällige Sequenz, was nicht nur ein buntes Bild hergibt (wie unsere erste Abbildung oben), sondern sich auch so anhört: buntes Durcheinander, vor allem bei kleineren Step-Werten (1/32tel oder 1/16tel) und entsprechend raschem Durchlauf. Ein Zufallsgenerator, der sich etwas begrenzter auslebt, wäre in den meisten Fällen zielführender gewesen. Das soll uns aber nicht weiter stören, denn es macht sowieso ungleich mehr Spaß, eigene Sequenzen zu erstellen – und dabei wird man durch den vergleichsweise einfachen Zugriff auf die Mittel, die Effectrix zur Verfügung stellt, schnell Erfolgserlebnisse erzielen.

Ganze 14 Effektmodule sind einsatzbereit …

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… jedes davon hat seine eigene Spur im Step-Sequencer, wo man seinen Einsatz und dessen Länge als bunte Kästchen einzeichnet. Steps können verschoben, verkürzt/verlängert und natürlich auch wieder gelöscht werden (Rechtsklick). Zudem verfügt jeder Effekt über zwei Modulations-Sequenzen (A und B), in denen man den Verlauf zweier über ein Pulldown-Menü wählbarer Parameter einzeichnet. Sichtbar ist immer nur eine der beiden Modulationsseuenzen, aktiv sind aber beide. Neben der Einzeichnung kann der Moulationsverlauf per „Smooth“ geglättet werden, und auch hier gibt es wieder einen Zufallsgenerator, der im Notfall weiterhilft. Das folgende Audiodemo stellt eine Minimalanwendung von Effectrix dar: Lediglich der Effekt X-Loop ist aktiv, und das auch nur in einem Loop mit vier Achteln Länge. Moduliert sind Envelope und Tonhöhe. Effectrix setzt nach einem Takt des Originalbeats ein.

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So hört es sich an, wenn man anstelle der Hüllkurve den Parameter Size moduliert:

 

Es kommt aber noch besser: Per Rechtsklick können alle Effektparameter über MIDI-Learn einem beliebigen MIDI-Hardware-Controller zugewiesen werden. Ein Regler kann dabei mehrere Ziele steuern. Hier steuert das Modulationsrad die Size der X-Loops von 1/128tel bis 1/8tel:

 

Große Wirkung bei minimalem Einsatz, vorbildlich einfach in der Handhabung. Im folgenden Audiodemo haben wir die Länge unserer Sequenz verdoppelt und das Filter zum Einsatz gebracht. Dessen Cutoff haben wir über das Fußpedal gesteuert, die X-Loop Size weiterhin über das Modulationsrad.


 

Das Filter Modul klingt ausgesprochen gut, warm-analog, bietet 24 dB Low-, High- und Band-Pass sowie Comb-Filter und einen Vowel-Modus für vokalähnliche Filtersounds. Wie bei allen Effekten gibt es auch hier eine Auswahl an Presets, die man aufgrund der kinderleichten Bedienung allerdings kaum nutzen wird. Ausprobieren macht erheblich mehr Spaß und führt kaum in eine Sackgasse, eher zu neuen Ideen.

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Wenn es um das Zerlegen des eingehenden Audiomaterials geht, bieten sich neben X-Loop eine Reihe weiterer Module an, allen voran der Stutter-Effekt. Hier können die Slices eine Länge von 1/64tel bis 1/8tel haben, dazwischen liegen auch ungerade Werte wie 3/16tel. Sehr schön ist die Möglichkeit, die einzelnen Slices im Panorama zu verteilen und in der Lautstärke zu begrenzen.

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Ein letztes Mal unser Beat, diesmal mit den Modulen Crush, Filter und Stutter:

 

Crush bewirkt, wie der Name schon verrät, für Lo-Fi Sound, wie üblich durch Reduzierung von Sampling-Rate und/oder Bit-Tiefe:

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Auch Delays sind an Bord, ein temposynchrones (1/128tel bis 1 Takt), mit den Parametern Diffusion und Width überdurchschnittlich ausgerüstet …

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… sowie ein Tonal Delay, das durch sehr kurz Verzögerungszeiten bei hohem Feeback dem eingehenden Audiosignal einen tonalen Charakter verleiht.

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Hier zunächst ein Audiodemo, bei dem eine Kombination aus X-Loop, Crush, Filter und Delay zum Einsatz kommen, und zwar zu Beginn des zweiten Taktes:

 

Es folgt ein Solo des Tonal-Delay, dessen Frequenz über das Modulationsrad gesteuert wird. Mit Feedback regelt man das Sustain des Tons; das High-Pass-Filter erweist sich als sehr nützlich, um tieffrequente Resonanzen bei längeren Zeitwerten des Echos zu unterdrücken. Insgesamt ein recht innovatives und gut durchdachtes Plug-in, das Sugar bytes hier entwickelt hat.

 

Als nächstes habe ich den Effekt Scratchloop hinzugenommen und folgende kleine Sequenz eingegeben:

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Scratchloop ist eine Weiterentwicklung von X-Loop. Wie bei jedem Loop-Tool wir ein Abschnitt des eingehenden Audiosignals in einen Buffer geladen und von dort wieder abgerufen. Am einfachsten geschieht dies mit dem Modul „Loop“:

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Bei Scratchloop geht es darum, Vinyl-Scratch ähnliche Effekte zu erzielen, indem der Buffer mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten vorwärts und rückwärts ausgelesen wird. Die Slope-Parameter bestimmen die Beschleunigung dieses Vorgangs, sodass echtes Vinyl-Scratching simuliert wird: Stoppen und beschleunigtes Vor- und Rückwärtsdrehen der Schallplatte. Auch hier gewinnt die Sache an Lebendigkeit, wenn man ein Fußpedal und Modulationsrad einsetzt, um den Effekt zu steuern.

Eine andere Variante für den Scratching-Effekt bietet das Modul Vinyl an, mit weniger Parametern ausgestattet, dafür aber mit einem Stop-Mode, der sich so anhört:

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Vinyl lässt sich klanglich sehr gut mit dem Modul Reverse verbinden, welches auf der Loop-Buffer-Tchnologie aufbaut und den Speicherinhalt rückwärts ausliest.

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Die Module Phaser und Chorus eignen sich ähnlich wie das Tonal Delay aufgrund ihres weit gefassten Parameter-Wertespektrums ebenfalls für Klangverfremdungen, die über den herkömmlichen Einsatz solcher eher soften Effekte hinausgehen.

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Effectrix ist selbstverständlich nicht auf Soundinterventionen bei Beats beschränkt, sondern eignet sich grundsätzlich für alle Arten von Instrumenten. Der Reverb eignet sich beispielsweise, um per Tastendruck an bestimmten Stellen eine Gesangspassage oder ein Solo-Instrument mit zusätzlichem Hall aufzuwerten.

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Um einen Sound vollkommen umzukrempeln, muss man nicht allzu tief in die Trickkiste greifen. Im letzten Audiodemo hören Sie eine Kombination aus den Modulen Stretch, Reverse, Vinyl und Reverb. Das Stretching erfolgt auf Basis der Granularsynthese, d. h.: das eingehende Material wird in kleine Schnipsel zerlegt und anschließend gedehnt. Die Grain-Größe haben wir per Modulationsrad variiert.

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Performance

Effectrix lief auf unserem Testsystem absolut stabil und forderte auch bei einer Puffergröße von 128 Samples und einer livetauglichen Latenz von 7 ms (Motu 828mK II) lediglich etwa 4 % Rechenleistung ein. Somit dürfte das Plug-in auch auf weniger leistungsstarken Rechnern und einem langsameren USB-Audiointerface eine ausreichend schnelle Berechnung zulassen.

Top Product Award

 

Das gefällt mir nicht

Eine kleine Einschränkung ergibt sich daraus, dass innerhalb eines Presets die Step-Länge und die Loop-Länge nur global für alle Subsequenzen einstellbar ist. Innerhalb einer Tastaturbelegung ist es dadurch nicht möglich, kurze Effektloops mit langen zu kombinieren.

Das gefällt mir

Effectrix bietet eine saubere, zeitgemäß hohe Audioqualität, eine reiche Anzahl von Loop-, Slice-, Scretch-, Vinyl-, Stretch- und Reverse-Effekten, die allesamt sehr flexibel eingesetzt werden können.

Herausragend ist auch das Filter-Modul mit warmem, analogem Klangcharakter. Die einfache Modulation aller Modulparameter über MIDI-Learn und über zwei Modulationssequenzen ist vorbildlich. Effectrix ist trotz der Vielfalt von Eingriffsmöglichkeiten kinderleicht zu bedienen, der Spaßfaktor ist hoch.

Effectrix eignet sich als temposynchrones Multi-Effekttool für alles, was Rhythmus hat und groovt: Drums, Bässe, Synthie-Sequenzen. Auch Solo-Instrumente können damit aufgepeppt werden. Reizt man das enorme Potenzial von Effectrix aus, geht die Reise weit über das hinaus, was man im allgemeinen von einem Effekt erwartet. Man sollte Effectrix eher als Sound-Kompositionstool oder Instrument betrachten, mit der Einschränkung, dass dieses Instrument nicht über eine eigene Klangquelle verfügt.

Das Preis-Leistungsverhältnis ist sehr gut.

Holger Obst

Ergänzende Links

Systemvoraussetzungen Mac OS X

  • Mac: OSX 10.4
  • 1 GHz.
  • VST / AU

Systemvoraussetzungen Windows

  • XP, Vista, 7 – 32/64bit
  • 1 GHz.
  • VST / AU

Preis

  • 99 Euro

Hersteller