Test: Tascam US-2000
|Das Audiointerface ist heutzutage eine der wichtigsten Schnittstellen zwischen analoger und digitaler Audiowelt. Und die Zahl dieser Geräte wächst mit allen möglichen Einsatzzwecken, Geschmäckern und Notwendigkeiten. Selten gibt es noch welche, die tatsächlich noch eine Nische für sich beanspruchen können. Tascam schickt aber mit dem Audiointerface US-2000 ein Vertreter ins Rennen, der gute Chancen hat, für manche Suchenden endlich genau das Richtige zu sein.
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- We are Family
- Ausstattung und Verarbeitung
- Eingänge
- Ausgänge
- Digitale Schnittstellen
- Software-Controlpanel
- Performance und Klang
- US-2000 + Mischpult
- Fazit
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We are Family
Das US-2000 gehört zu einer relativ neuen Palette an USB-Audiointerfaces der Firma Tascam. Die kleineren Modelle sind eher an die Sparte des Mobile- bzw. Homerecordings gerichtet, während sich die „großen Brüder“ an professioneller Kundschaft orientieren. Das US-2000 ist das Flaggschiff und für den Einsatz in Projekt- und kleineren Recordingstudios gedacht. Die speziellen Ausstattungsmerkmale und Spezifikationen lassen das US-2000 dabei im positiven Sinne aus der Reihe seiner Konkurrenten tanzen. Welche Vor- und Nachteile diese Strategie in sich birgt, lesen Sie im folgenden Test.
Ausstattung und Verarbeitung
Das 16/4-Audiointerface kommt stabil verpackt mit allem, was man zum Anschließen braucht. Das Interface benötigt eine eigene Stromversorgung und kann nicht bus-powered betrieben werden. Das ist sehr zu begrüßen, da man sich so keine Gedanken über Schwankungen bei Zuschaltung der Phantomspannungen zu machen braucht. Das eine Höheneinheit große 19-Zoll-Gerät lässt sich mit Mac- und Windowscomputern via USB 2.0 betreiben und bietet nach einem Treiberupdate nun auch volle 64-Bit-Unterstützung für beide Systeme. Eine ausführliche Anleitung, Treiber-CD und eine LE-Version von Steinbergs Cubase liegen dem Gerät ebenfalls bei. In vielen Shops steht übrigens noch der Hinweis, dass es sich um Cubase LE4 handeln würde. Allerdings enthalten alle neueren ausgelieferten Modelle des US-2000 eine Cubase-LE5-Version.
Die Verarbeitung des Gehäuses ist sehr ordentlich. Von der Aluminiumfront lassen sich an beiden Seite die 19-Zoll-Halter abschrauben, wenn man das Gerät nicht in ein Rack einbauen möchte. Dann sollte man aber etwas vorsichtig sein, da die Kanten sehr spitz und scharf sind. Die Haptik ist ebenfalls recht solide. Die Regler und Schalter fühlen sich angenehm an, sind nicht zu leichtgängig und gut zu erreichen. Allerdings sind deren Markierungen bei ungünstigem Lichteinfall schwer zu erkennen.
Eine Besonderheit bilden die 100 LEDs, die den Status sowohl aller 16 Eingänge, als auch der 4 Ausgänge optisch wiedergeben. Diese werden nicht von der Software gesteuert, sondern reagieren direkt auf Signale in der Hardware, was eine Fehlersuche enorm beschleunigt, wenn irgendwo mal ein Signal „hängen“ bleibt. Die LEDs zeigen den jeweils momentanen Peak des entsprechenden Kanals in 5 Stufen an, wobei die letzte LED eventuelles Clipping meldet. Diese Auflösung ist zwar sehr gering, doch zum Metering ist die Anzeige auch nicht gedacht – hier geht es um unkomplizierte Signalverfolgung. Ein großes Manko ist allerdings, dass die LEDs sehr tief hinter der dicken Alufront sitzen und nur mit einigermaßen geradem Blick gut gesehen werden können. Es ist also sehr zu empfehlen, das Interface etwas schräg aufzustellen.
Eingänge
Das Tascam US-2000 verfügt insgesamt über 16 Eingänge, die für gleichzeitige Mehrspuraufnahmen mit 24Bit Auflösung und maximal 96kHz Abtastrate genutzt werden können. 14 davon sind komplett analog (!) und eines der stärksten Argumente des US-2000. Bei vielen Interfaces resultiert die hohe Anzahl an Eingangskanälen meist aus einer beträchtlichen Anzahl digitaler Eingänge, für die aber externe Wandler benötigt werden und so relativ oft ungenutzt bleiben. Somit ist das US-2000 ein seltener Vertreter, der ohne Probleme und zusätzlichem Wandlerequipment Aufnahmen von beispielsweise kompletten Livebands, größeren Chorarrangements und Ensembles oder aufwendigen Schlagzeugmikrofonierungen durchführen kann.
Die meisten Eingänge befinden sich an der Rückseite. Hier gibt es 6 XLR-Eingänge mit Neutrik-Buchsen, sowie 6 Klinkeneingänge. Sämtliche Anschlüsse sind symmetrisch ausgelegt. Die einzigen vorderseitig angebrachten Eingänge sind Nummer 7 und 8. Diese sind XLR-Klinke-Kombieingänge und akzeptieren auch Instrumentenpegel – ideal, um bequem und schnell das Einspielen von Gitarre oder Bass zu ermöglichen.
Es gibt hier aber keine Möglichkeit, manuell per Hardware oder Software die Pegel umzustellen. Eine Nachfrage beim freundlichen und sehr zügigen Tascam-Support schuf aber Klarheit: Werden in die Kombibuchsen XLR-Kabel gesteckt, schaltet das US-2000 auf Mic-Pegel; wird der Klinkeneingang verwendet, wechselt es automatisch auf Instrumenten-Pegel.
Ein großer Pluspunkt ist, dass Kanal 7 und 8 auch wahlweise als Stereo- oder 2 unabhängige Mono-Insertwege verwendet werden können. Ein Feature, was vor allem in kleinen Projektstudios, wo hier und da doch noch etwas Outboardequipment vorhanden ist und eingesetzt werden soll, stark punktet. Dadurch fallen die beiden Kanäle aber als Eingänge weg.
Die Steuerung der Eingangskanäle ist gut organisiert. Auch wenn man sich wünscht, die Beschaltung für jeden Kanal einzeln wählen zu können, bekommt man hier genauere Eingriffsmöglichkeiten als bei so manch anderem Gerät. Einstellungen werden fast komplett hardwareseitig vorgenommen. Eine Softwaresteuerung dazu gibt es nicht. Die Eingangsverstärkungen der Kanäle 1-8 können an der Front eingestellt werden. Mit einem Monitorschalter kann man paarweise wählen, ob jeder Kanal einzeln für sich steht, oder ob jeweils 2 zu einem Stereokanal zusammengefasst werden. Ein weiterer Schalter aktiviert wieder paarweise 48V-Phantomspeisung für die Eingänge.
Für die Einstellungen der Kanäle 9-14 gilt eine ähnliche Vorgehensweise. Allerdings sind die Schalter dafür nur an der Rückseite verfügbar. Phantomspannung gibt es hier nicht. Leider gibt es auch keine Möglichkeit hier die Eingangsverstärkung einzustellen. Stattdessen gibt es einen Wahlschalter für die Pegelumstellung von -10dBV oder +4dBU. Laut Handbuch sind diese Eingänge auch eher für Klangerzeuger ausgelegt, die ihre Lautstärker selbst regulieren können, doch eine Möglichkeit (z. B. über das Software-Panel) es direkt im US-2000 zu bewerkstelligen, hätte das Interface noch eine Stufe flexibler gemacht. Schade! Ein Vorschlag des Autors, wie man diesen Nachteil über einen kleinen Umweg in einen Vorteil umkehren kann, folgt später im Test.
Wen es stört, dass fast alle Anschlüsse auf der Rückseite des Gerätes liegen, dem sei gesagt, dass das US-2000 eben in den professionellen Bereich abzielt und hier ein Rack und Patchbay an der Tagesordnung stehen. Alternativ kann man das nächstkleinere Modell Tascam US-1800 wählen, welches ähnliche Features bietet und die meisten Anschlüsse an der Vorderseite hat.
Ausgänge
Das US-2000 bietet 6 analoge und 2 digitale Ausgänge. Allerdings können die 6 analogen Ausgänge nicht komplett unabhängig voneinander genutzt werden, denn Output 1-2 und Monitor Output L-R sind identisch – die Monitoroutputs werden quasi parallel abgegriffen. Somit kann zwar das Hauptmonitorsignal zweifach Stereo ausgegeben werden, Möglichkeiten für 5.1-Setups gibt es dafür aber selbst mit viel Trickserei nicht. Mir persönlichen fallen kaum Situationen ein, in denen 2 festgelegte identische Monitorausgänge günstiger sind, als Ausgänge, die man selbst frei routen könnte. Das hätte im Übrigen auch das Erstellen mehrerer Kopfhörermischungen für Musiker erleichtert. Da hat Tascam wohl einiges an Potenzial verschenkt.
Digitale Schnittstellen
Da das US-2000 viele analoge Anschlussmöglichkeiten bietet, ist verständlich, dass es auf digitaler Seite eher rar aussieht. Es gibt daher nur einen digitalen Stereoein- und ausgang. Diese können per Software gemeinsam von S/PDIF zu AES/EBU umgeschaltet werden, wodurch das Interface zumindest grundlegend zu digitalen Formaten kompatibel bleibt. Es ist nicht möglich, für den digitalen Ausgang eigenständige Routings zu erstellen. Stattdessen wird über die Software bestimmt, ob der analoge Output 1-2 (respektive Monitor-Output L-R) oder der Output 3-4 zusätzlich digital ausgegeben werden soll. Der digitale Eingang hingegen arbeitet für Audiosignale eigenständig und bietet somit parallel zu den analogen Inputs 2 zusätzliche Kanäle, die auch an der LED-Front angezeigt werden. Am wichtigsten wird die digitale Schnittstelle in Studios höchstwahrscheinlich für das Clocking sein. Das Clockingsignal kann hier nämlich empfangen, oder gesendet werden.
Eine MIDI-Schnittstelle bietet das US-2000 nicht. Hier hatten die Entwickler wohl wieder den Gedanken, dass in (semi-) professionellen Studios meist ein separates MIDI-Interface zum Einsatz kommt. Als tragisch würde ich das Fehlen der MIDI-Ports deshalb nicht bewerten.
Software-Controlpanel
Das Controlpanel ist übersichtlich aufgebaut. Die einzigen Wahlmöglichkeiten beziehen sich auf die oben beschriebenen digitalen Schnittstellen und natürlich auf die Latenz des Gerätes. An der linken Seite finden sich weitere Informationen zum aktuellen Status. Was jedoch sehr stört, ist die schwammige Angabe der Latenz. Sie kann lediglich von in den Schritten highest-high-normal-low-lowest eingestellt werden. Konkrete Werte in Millisekunden verschweigt das Gerät, welche dann über zusätzliche Software oder den Sequencer ermittelt werden müssen. Für Nutzer, die aufgrund eines schwächeren Systems in Aufnahme- und Mischsituationen öfter die Latenz umstellen müssen, kann das schnell lästig werden.
Performance und Klang
Alle wichtigen Lautstärkekontrollen nimmt man wieder an der Vorderseite vor. Hier gibt es 4 Regler, die besonders für das Monitoring wichtig sind.
Während der Regler „Phones“ die Kopfhörerlautstärke und „Monitor“ die Lautstärke der Monitor-Outputs einstellt, sind die Regler mit der Bezeichnung „Computer“ und „Input“ zu Beginn etwas verwirrend, doch entpuppen sich schnell als eine sinnvolle Zugabe. Denn mit den zwei Reglern kann man anteilig die Lautstärke der Signale, die vom Sequencer abgespielt werden (Computer) und der Signale, die an den Eingängen anliegen (Input) extra einstellen. Diese werden sozusagen unabhängig von der Software zusätzlich auf den Monitor-Ausgang geroutet, was sehr hilfreich ist, wenn man beispielsweise während einer laufenden Aufnahme mit Playback im Regieraum mal genauer auf die Eingangssignale hören möchte.
Die Leistung des US-2000 ist zufriedenstellend und bietet eine solide Grundlage für ein kleines Studiosetup. Ein (wenn auch nicht alltägliches) Beispiel für die Stabilität der Treiber ist das sogenannte Hot-Plugging (USB-Kabel wird im laufenden Betrieb entfernt oder eingesteckt). Während manche Interfaces damit arge Probleme haben, ist das für den Tascam-Jüngling kein Problem. Sogar auf Windows scheint sich das Interface mit den Soundtreibern einwandfrei zu arrangieren, was für mich persönlich ein völlig neues Erlebnis war. Hänger, Aussetzer, übermäßig viele Jitter oder vom Interface provozierte Programm- oder Systemabstürze sind während der gesamten Testphase kein einziges Mal aufgetreten. Man kann sagen, dass US-2000 arbeitet wie ein Tier! Selbst nach stundenlangen Recordingsessions in 96kHz. und 24Bit, bei denen alle Kanäle aktiv waren, konnte ich keine Einbrüche in Performance oder Klang feststellen. So soll es sein – Daumen hoch!
Manche Interfaces können durch ihre Prozessor- oder DSP-Leistung den Hostcomputer in Bezug auf Latenzen etwas entlasten und diese dadurch verringern. Dies tritt beim US-2000 nicht so stark auf. Mir ist aufgefallen, dass die Latenzen im Vergleich zum alten Interface etwas gestiegen sind. Wenn man bedenkt, dass das US-2000 aber mit 14 simultanen Wandlungen vermutlich genug zu tun hat, ist das in diesem Preissegment durchaus zu verkraften. Deshalb ist ein Hostcomputer mit guter bis sehr guter Leistung in Verbindung mit diesem Interface sicherlich keine schlechte Wahl.
Der Klang des Gerätes überzeugt ebenfalls. Tascam wirbt mit besonders guten Qualitäts-Vorverstärkern. Genau überprüfen kann ich das nicht, aber die Übertragungs- und Wandlungscharakteristiken kann ich als durchaus positiv und angenehm neutral bewerten. Ich hatte auch nach mehreren Vergleichen nicht das Gefühl, dass die Preamps oder Wandler Signale zum Guten oder Schlechten hin verändern. Das US-2000 zeichnet sich dadurch zwar nicht durch extravagante Klangfärbung aus, aber die neutrale Ausgangsbasis ist definitiv auf Profiniveau und eröffnet dem Interface vielerlei Einsatzzwecke.
US2000 + Mischpult
Bisher haben wir gesehen, dass das US-2000 viele Eigenheiten und dadurch starke Vorteile und leider auch (auf den ersten Blick) gewisse Nachteile hat. Dennoch ist anzumerken, dass das US-2000 mit einem intelligenten Setup des Signalflusses in vielen Situationen einsetzbar ist. Dazu möchte ich an dieser Stelle ein kurzes Beispiel geben, wofür ich zwei im Test erwähnte „Nachteile“ aufgreifen möchte. Zum einen die Tatsache, dass nicht alle analoge Eingänge vom Interface aus mit Phantomspannung versorgt und vorverstärkt werden können; und zum anderen die Problematik, dass es sehr schwer ist für mehr als einen Musiker gleichzeitig einen eigenen Monitor- bzw. Kopfhörermix zu gestalten (bei Liveaufnahmen).
Eine gute Lösung fürs Studio wäre hier beispielsweise ein Mischpult, welches dem Interface vorgeschaltet ist. Bei einer ausreichenden Anzahl von Kanälen könnten Direct-Outs des Mischpults in die Eingänge des Interfaces geroutet werden, wodurch die Versorgung mit Phantomspannung und Vorverstärkungen somit vom Mischpult aus realisiert werden könnten. Das Interface bekommt sozusagen die Aufgabe eines Wandlers. Gleichzeitig bestünde über die Aux-Wege des Mischpults die Möglichkeit, Kopfhörermischungen zu bestimmen. Für Zuspieler vom Sequencer (Clicktrack oder Demos), könnten dann die Outputs 3-4 des US-2000 verwendet werden.
Fazit
Das gefällt mir nicht
An manchen Stellen erlaubt sich das US-2000 leider gewisse Patzer, die eigentlich nicht sein müssten. Warum hätte man aus den (eher unnötigen) Monitor-Outputs keine zusätzlichen Outputs 5-6 machen können? Das hätte es dem Interface ermöglicht auch für 5.1-Mischungen gewappnet zu sein. Außerdem wäre eine Vorverstärkung zumindest per Software für die Klinkeneingänge wünschenswert gewesen, um bestmögliche Flexibilität zu gewährleisten. Auch ärgerlich sind die ungenauen Latenzangaben der Control-Panel-Software.
Das gefällt mir
In den entscheidenden Punkten macht das Interface von Tascam dann aber doch alles richtig und bleibt seiner Linie treu. Es will eben kein Allroundergerät sein. Stattdessen zielt es direkt auf diejenigen ab, die eine stabile und zuverlässige Recordingzentrale für das kleine Projekt- oder Heimstudio suchen. Deren Ansprüche erfüllt es konsequent. Man merkt, dass das Konzept bis auf wenige Ausnahmen im Sinne des Nutzers durchdacht ist, sodass dieser einen Helfer an die Hand bekommt, der still und leise seine Arbeit verrichtet, ohne dass man wieder von wichtigeren Dingen abgelenkt wird. Schnell stellt sich ein angenehmer Workflow ein und was fast am wichtigsten ist: Das Ding läuft und läuft und läuft. Hier verknüpfen sich Stabilität und Zuverlässigkeit mit sehr gutem Klang. Auch unter Extrembedingung, konnte ich das US-2000 nicht einmal zu einem kleinen Fehler überreden. Aufnehmen kann so schön sein!
Baldwin Freising
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Preis (Stand: März 2011)
- 499 Euro
Ergänzende Links
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