Test: Best Service Klanghaus 2

Wie beschreibt man das neue virtuelle Instrument von Ferdinand Försch und Best Service in einem Satz? Am besten gar nicht. Klanghaus 2 lässt sich nämlich in keine gewöhnliche Kategorie einordnen und bietet Dinge an, die man in der Art und Kombination wohl eher selten in einer Software findet. Wir wollen uns im folgenden Test dem Sonderling annähern und uns an einer Bewertung versuchen.

Einleitung

homerecording und studiotechnik

Das Instrument Klanghaus geht auf die Kunst und das Handwerk von Ferdinand Försch zurück. Der Musiker und Instrumentenbauer ist unter anderem für seine individuellen und neuartigen Herangehensweisen bekannt, mit denen er bestehende Instrumentenkonzepte durch neue Bauformen erweitert und neu interpretiert oder gar gänzlich neue Klangkörper zu erschaffen versucht. 1997 eröffnete er dazu das KlangHaus (hier mit großem H geschrieben) in Hamburg, welches er als experimentellen Veranstaltungsort etablierte und wo seine Instrumente und Klanginstallationen ausgestellt sind. Zusammen mit Best Service kam es danach zu einer Kooperation, bei der einige von Förschs Instrumenten erstmals in einem virtuellen Instrument umgesetzt wurden.

Aus eigener Erfahrung, aktueller Recherche und Gesprächen mit Nutzern der ersten Klanghaus-Software war die Rezeption damals seitens der Nutzer bereits sehr divers. Fragt man Musiker und Produzenten, wie sie Klanghaus definieren würden, bekommt man ungefähr genauso viele verschiedene Antworten wie auf die Frage, für was sie die Software letztendlich verwenden. Sehr beliebt war und ist sie nicht nur für Sound Design, Rhythmus-/Loopexperimente und Effektuntermalungen, sondern auch als klassische Instrumentenlibrary für passende Musikgenres verschiedenster Art, in denen neuartige oder ungewöhnliche Klänge zu gebrauchen sind.

Klanghaus ist eine kreative und individuelle Soundlibrary, die vielerlei Möglichkeiten bietet und im positiven Sinne etwas aus dem Feld konventioneller Sampler oder Softwareinstrumente heraussticht. Klanghaus 2 greift dieses Konzept auf und stellt sich nun als eine Neuauflage mit vielen frischen Sounds, erweiterten Möglichkeiten und verbessertem Interface dar, die wir in den kommenden Abschnitten etwas genauer beschreiben möchten.

 

Installation und Autorisierung

Voraussetzung für die Nutzung von Klanghaus 2 ist die Software Engine 2 von Best Service. Diese kann kostenlos über die Herstellerseite heruntergeladen werden. Klanghaus 2 kann wahlweise als Boxed Version oder als Download erworben werden. Insgesamt wird gut 4 GB Festplattenspeicher bei der Installation benötigt, bei der im Grunde die Library-Daten an einen gewünschten Speicherort abgelegt werden. In Engine 2 kann man dann im Preference-Tab über die Schaltfläche Add Library zum Speicherort navigieren und so Klanghaus 2 mit der Engine verlinken.

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Beim ersten Starten wird dann mittels Challenge-Response-Verfahrens die erworbene Lizenz mit dem genutzten Computer validiert und Klanghaus 2 kann fortan als Instrument in der Engine 2 ausgewählt werden. Letztere funktioniert standalone oder als Plug-in über die VST-Schnittstelle in Windows (32 und 64 Bit) oder auf dem Mac zusätzlich als AU (64 Bit) in einem Sequencer oder Host. AAX- oder die (vorher noch für Mac verfügbare) RTAS-Schnittstelle werden momentan nicht unterstützt.

 

Features

Aber was genau ist Klanghaus 2 nun eigentlich? Zugegebenermaßen wird man aus den Herstellerangaben nicht wirklich schlau, was man von dem Produkt erwarten kann. Dort ist von „einer Sammlung außergewöhnlicher Instrumente“ zu lesen, ferner von „über 900 Grooves, Loops und Swells“, von „Arpeggiatoren und Step-Sequencern“ sowie von einer „unbegrenzten Vielfalt an melodischen Klangstrukturen“.

Tutorials oder Workflow-Empfehlungen sind auch im Handbuch nicht zu finden. Ein Stück weit ist das auch verständlich, da Klanghaus 2 durchaus entdeckt werden möchte. Ein intuitiver Zugang oder ursprünglicher Umgang bleibt aber so versagt.

Grundlegend ist Klanghaus 2 eine Library aus Loops und Sounds meist rhythmischer Natur, die mit den Instrumenten und Patches, u. a. von Ferdinand Försch, und einem an elektrischen Musikgenres angelehntem Postprocessing mit entsprechenden Effektketten erstellt sind. Das meiste wird über Presets arrangiert und eingestellt; sowohl vom ersten Suchen der Sounds bis zum Verändern und Anpassen. Für fast alles bietet Klanghaus 2 eine Palette an Auswahlmöglichkeiten, die allesamt interessant wechselwirken und Experimente erlauben. Neben dieser besagten Basis-Library und den Preset-Gerüsten ist das auffälligste Merkmal das neue Nutzerinterface. Dieses wollen wir nun etwas näher betrachten und so Stück für Stück die Möglichkeiten in Klanghaus 2 analysieren.

 

Interface

Das Interface wirkt in der Version 2 nun strukturierter, erwachsener und trotzdem auch ästhetisch. Klare Einteilungen und farblich abgetrennte Bereiche ermöglichen ein übersichtliches und schrittweises Navigieren in der GUI. Den Großteil der Nutzeroberfläche nimmt dabei eine Grafik ein, die zwar stimmungsvoll aber leider auch wieder recht groß geraten ist.

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Bei den Engine-Instrumenten fällt immer wieder auf, dass eben die Hauptgrafik gern in den Vordergrund gerückt wird, was ich auch immer wieder bemängele. Es mag kein essentieller Punkt sein, aber dass die eigentlich wichtigeren Bedienelemente und vor allem Fenster, in denen der Status von bestimmten Modulen (z. B. Reverb, Delay, Filter, etc.) angezeigt wird, in Relation zu der Grafik so unnötig klein ausfallen, finde ich schade und ein wenig an der Praxis vorbei konzipiert.

 

Main Setup und Parts Tabs

Die Main-Setup- (zu sehen im Screenshot vom vorhergehenden Abschnitt) und Parts-Bereiche sind im Aufbau und den Einstellungsmöglichkeiten fast identisch.

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Die Soundkollagen von Klanghaus 2 bestehen aus bis zu 3 Einzelsetups und Loopstrukturen, die separat über das Keyboard gesteuert und in den entsprechenden Tabs editiert werden können. Tabs und die Keyboardbereiche sind farblich passend gestaltet.

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Nun kann also gezielt jede Loop- und Beatsektion (weiß, grün, gelb) separat, oder via Main Setup der gesamte Patch global bearbeitet werden. Dazu stehen jeweils diverse Tools zur Verfügung …

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Jeder Part kann natürlich bezüglich der Lautstärke und Panorama verändert werden. Dazu sind, wie an vielen Stellen in Klanghaus 2, Drehregler vorgesehen, deren Bedienung aber nicht sehr komfortabel ist. Zahlenwerte oder zumindest ein gewisses Raster zur Orientierung fehlen nämlich; wer diese einsehen möchte, muss in das Pro-Edit-Menü von Engine 2 wechseln. Man kann hierbei zugunsten des Designs argumentieren, bei dem man womöglich den Nutzer nicht mit zu vielen Informationen von der Klangfindung ablenken wollte. Das funktioniert auch gut, da man sich so nur auf das eigene Hören konzentriert, wenn man mit den Parametern arbeitet. Aber beispielsweise dann, wenn mehrere Instrumente oder Instanzen in wichtigen Einstellungen angepasst oder synchronisiert werden müssen, wird diese Kleinigkeit schnell lästig.

Volume und Panorama können zusätzlich noch moduliert werden, was in vielen Presets bereits vorweg aktiviert ist. Wer die ausgewählten Sounds genau kennen lernen möchte, dem empfehle ich die Modulationen zumindest beim ersten Laden vorerst abzuschalten, da diese durchaus großen Einfluss auf den Groove und das Timbre haben können. Als Modulationsquelle stehen über 100 vorgefertigte Muster zur Auswahl, die von schnellen, staccato-artigen Modulationen über vielerlei rhythmische Variationen bis hin zu langsamen Veränderungen reichen. Zur Demonstration wähle ich den Patch „Pulsix“ – eine Zusammenstellung aus seichter Perkussion mit latent tonalem Charakter:

 

Der Patch folgt einer sehr geraden Rhythmik, dich ich mittels Modulation verändern möchte. Eine interessante Variante wäre die Voreinstellung „Hard Steps (Biploar) #2“, die dem Loop eine gewisses Double-Time-Feeling verleiht. Eine Panorama-Modulation wäre hier zwar vermutlich schon zu viel des Guten, aber auch die soll an dieser Stelle demonstriert werden:

 

Leider habe ich keine Möglichkeit gefunden, die Modulationsquelle zu automatisieren (z. B. für einen selektiveren Gebrauch). Auch im Pro-Edit-Menü fand ich keine Möglichkeit dazu.

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In der Mitte befindet sich eine Effektsektion mit Reverb, Delay, Filtern und (im Main-Tab) Kompressor und Limiter. Spätestens hier wird das Arbeiten mit den angesprochenen, relativ geringen Bedienfeldgrößen etwas umständlich. Da die Entwickler von Klanghaus 2 anscheinend von eher erfahrenen Nutzern ausgingen, fällt außerdem unangenehm auf, dass das Handbuch in vielen Punkten zu oberflächlich und partiell unbrauchbar ist. Hinter der Bezeichnung des Parameters „ER-L.“ beim Hall verbirgt sich beispielsweise offensichtlich die Lautstärke („L“ für Level) der Erstreflexionen („ER“ für Early Reflections). Wer mit den Abkürzungen auf Anhieb aber nichts anfangen kann, findet im Manual dazu keine schnelle Hilfe.

Die Möglichkeiten des Reverbs (14 Presets) und des Delays (11 Presets) sind freilich als integrierte Effekte begrenzt. Zur Klangformung reichen sie aber völlig aus und lassen sich zudem auch wieder modulieren. Als Beispiel folgt eine Version aus dem Patch „cinematic-mode on“:

 

Mit etwas Hall und einem modulierten Delay klingt das Ganze dann mit wenigen Mausklicks so:

 

Beim Filter (der in dieser Sektion zur Klangformung gedacht) muss das Handbuch ebenfalls passen. Wer mit Bezeichnungen wie „hp12“, „bp24“ oder „lp36“ nicht direkt etwas anfangen kann, ist also wieder allein gelassen. Mithilfe einer Spektrumanalyse werden die Funktionen jedoch rasch klar: Es können die Filtercharakteristiken Hochpass (hp), Bandpass (bp) und Tief- bzw. Lowpass (lp) ausgewählt werden. Die Zahlen dahinter deuten offensichtlich auf die Filterordnung und die somit erzielbare Flankensteilheit hin (verfügbar sind alle Filterarten in den Ordnungen 12, 24 und 36). Genauere Informationen über weitere Filterparameter erhält man nicht. Die Algorithmik wirkt solide und für das Sound Design brauchbar. Die Drehregler für die Grenz- und Resonanzfrequenz sind automatisierbar und dank dem Engine-2-Scripting auch einfach via MIDI-Learn zuweisbar.

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Im letzten Bereich steht abschließend ein Equalizer und eine ADSR-Hüllkurve zur Verfügung, um den Sound des jeweiligen Parts oder des Ensembles in Gänze anpassen zu können. Das Sustain-Volume lässt sich dabei noch getrennt einstellen. Wer bei der ADSR-Parametrik tiefer eingreifen oder konkrete Zahlenwerte einsehen möchte, der kann auch hier wieder in die Pro-Edit-Ebene von Engine 2 wechseln, wo instrumentenspezifische Detaileinstellungen vorgenommen werden können. Bei einigen Patches gibt es außerdem noch die Möglichkeit, aus mehreren Mikrofonpositionen zu wählen.

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Arpeggiator und Step-Sequencer

Aufmerksame Leser werden in den Screenshots gesehen haben, dass wir Ihnen bisher eine Sektion unterschlagen haben. Darin geht es um den Arpeggiator und den Step-Sequencer.

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Gerade bei solch perkussiv ausgerichteten Libraries darf eine valide Rhythmusmanipulation natürlich nicht fehlen. Die Sounds, die in Klanghaus 2 geladen werden, weisen bereits je nach ausgewählter Zusammenstellung, Part und gespielter Taste eigene „Grundrhythmen“ auf, die mittels Arpeggiator und Step-Sequencer dann manipuliert werden können.

Beide Module können wieder für jeden Part separat oder global aktiviert werden. In der normalen Nutzeroberfläche basiert die Arbeit wieder auf der Auswahl geeigneter Presets. Beim Arpeggiator können hier verschiedene Notenveränderungen nach oben, unten oder in beide Richtungen mit verschiedenen Timings ausgewählt werden. Das verändert dann nach Anschlagen einer Taste bzw. Aktivieren eines Loops das zählzeitgenaue Wechseln auf andere Tasten und Loops. Der Step-Sequencer hingegen variiert nicht die gespielten Noten, sondern die Zusammensetzung und das Abspielen des Tonmaterials an sich.

Die Arbeit mit den beiden Modulen stellt sich als sehr zäh und aufwändig heraus. Die Presets bieten vom Start weg eher wenig aufregende Variationsmöglichkeiten und so sollte man beim Arpeggiator und Step-Sequencer lieber selbst Hand anlegen. Doch das gestaltet sich leider sehr schwierig und kaum intuitiv. Um selbst zu kontrollieren, was Arpeggiator oder Step-Sequencer machen, muss man nämlich abermals ins Pro-Edit-Menü von Engine 2 wechseln und sich dann dort durch diverse Layer, Sections und Modifier klicken, um in den gewünschten Bereich zu kommen. Das Handbuch von Klanghaus 2 frühstückt diesen wirklich wichtigen Punkt leider nur mit ein paar wenigen Textzeilen ab („Klicken Sie einfach auf den gewünschten Modifier“ u. ä.) und verweist ansonsten auf das Manual der Engine-2-Software. Dies führt dazu, dass die Arbeit schnell ermüdet und demotiviert, da einige weitere Unbequemlichkeiten hinzukommen. So ist eine Editierung on-the-fly nicht immer möglich, da Veränderungen im Sequencing von Noten oder Loops zum Teil erst wirksam werden, wenn das Playback neu gestartet wird. Ab und zu bleibt ein Patch auch nicht nachvollziehbar komplett stumm, nachdem man etwas geändert hat. Des Weiteren ist die Navigation im Pro-Edit-Menü durch die Vielzahl an Parametern umständlich, da man die jeweilige Zuweisung auch erst herausfinden muss. Meistens hat man es mit Abkürzungen und Nummern zu tun:

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Wenn man so tief in die Struktur von Klanghaus 2 eingreift, wechselwirken die Parameter oft auch untereinander. Das Finden und Selektieren der relevanten Modifier in der richtigen Section mit der korrekten Zuweisung geht wenig intuitiv von der Hand. Hat man diese Hürden aber genommen, kann man sich tatsächlich ordentlich austoben. Ein unbearbeiteter Loop (hier aus dem Patch „woodeven“) …

 

… kann so mit dem Arpeggiator rhythmisch und kreativ neugestaltet werden …

 

… Oder man nutzt den Step-Sequencer, um einen Ausgangsloop …

 

… neu zu strukturieren:

 

Auch wenn die Möglichkeiten hier sehr groß sind, ist deren Umsetzung in Klanghaus 2 leider ernüchternd. Dem Nutzer wird viel Geduld, Einarbeitung und Umdenken abverlangt. Beim kreativen Umgang mit Arpeggiator und Step-Sequencer muss oft zwischen den Nutzeroberflächen gewechselt werden. Dass wichtige Elemente hierzu nicht schon in die eigentliche GUI von Klanghaus 2 geflossen sind, ist der Software vom Design her nicht zu vorzuwerfen. Allerdings wären hier zum Beispiel ausführlichere Erläuterungen im Handbuch oder eindeutigere Parameterbezeichnungen sehr wünschenswert gewesen und hätten den Zugang und das Verständnis beim Nutzer erleichtert.

 

Main FX

Der letzte Tab, der in unserer Betrachtung noch fehlt, ist „Main FX+“. Hier lassen sich weitere Effekte global zum Patch hinzuschalten, die nicht in den Untergruppen auswählbar waren: Phaser, Ringmodulator, Bit-Crusher, Rotor und eine hart anpackende Distortion-Sektion.

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Viele Effekte lassen sich wieder zeitlich modulieren und so lassen sich Sounds nochmal gezielt verbessern oder gar verfremden. Zur Demonstration nehmen wir eine Kollage mehrerer Loops aus dem Patch „big riddim“ …

 

… und übertreiben es etwas. Durch einen modulierten Phaser, Rotoreffekt und Bit Crushing erhalten wir dann dies:

 

Sounds und Performance

Die Library von Klanghaus 2 ist umfangreich und beeindruckend. Fast jedes Patch bietet sowieso noch mehrere verschiedene Loop-Kombinationen, mit denen man starten kann und die allesamt auch editierbar sind. Das Arsenal an Sounds ist also sehr groß. Der Duktus der Library ist dabei immer stark an Rhythmik angelehnt und hat oft elektronischen Einfluss. Nichtsdestotrotz gibt es aber auch genügend Sounds, die Abwechslung bieten. Sämtliche Klanghaus-1-Patches sind übrigens in der Version 2 enthalten, verfügen im Vergleich zu den neueren Sounds aber verständlicherweise nur über eingeschränkte Einstellmöglichkeiten. Eine kleine Auswahl weiterer Klänge der Library möchte ich Ihnen an dieser Stelle noch zeigen. Wir werden die Patches hierbei noch nicht layern und verschiedene Loop-Variationen und –Kombinationen ausprobieren.

Bisher waren hauptsächlich rhythmische Patches zu hören. Klanghaus 2 bietet aber auch Ambient- und Effektgeräusche. Eine gute Mischung daraus ist zum Beispiel „Dark tunnel“:

 

Aus der Ambient-Kategorie folgt nun ein Beispiel, das die klangliche Vielfalt von Förschs Instrumentarium aufzeigt:

 

„Cosmix“ ist wieder beat-betonter und bietet auch interessante tonale Elemente:

 

Etwas wilder, aber nicht weniger aufregend sind die Patches vom DJ Alexander Seidel, der u.a. auch einige Sounds zu Klanghaus 2 beisteuerte (hier: „Gabba Dogs“):

 

Und auch die Effektabteilung kommt bei alledem nicht zu kurz. Hier eine Kollage aus einigen Sounds:

 

Die Performance ist, wie von Engine 2 gewohnt, sehr zufriedenstellend und hält auch mehrere Instanzen oder Instrumentenlayer problemlos aus. Das Scripting seitens Klanghaus 2 ist über weite Strecken auch in Ordnung. Die Timings und Abstimmungen der Patches untereinander sind stimmig, und wer auf die richtige Quantisierung achtet, kann auch mit entsprechenden Beat-Controllern seinen Spaß an Klanghaus 2 haben. Gänzlich frei von Fehler ist die Software jedoch nicht. Einige wenige Patches liefen im Host-Betrieb mit der Zeit auch mal auseinander, wenn ein Loop nur einmal getriggert und gehalten wird (Latch-Betrieb). Das ist zwar nicht schön, fällt aber erst nach einer Weile auf und lässt sich durch taktweises Neustarten via MIDI-Editor o.ä. umgehen. Im Nachfolgenden Beispiel ist demonstriert, was gemeint ist. Hierbei wurden einige Patches aus Klanghaus 2 gelayert. Spätestens ab Sekunde 15 sollte ein deutlicher Drift zwischen einigen Elementen des Beats erkennbar werden:

 

Klanghaus 2 halte ich für den Livegebrauch eher ungeeignet. Man hat per se bei den meisten Parametern (vor allem Arpeggiator und Step-Sequencer) zu wenig intuitive Kontrolle, als dass sie kreativ in Echtzeit eingesetzt werden könnten. Das soll aber nicht heißen, dass sorgfältig vorbereitete Patches nicht auch in Live-Setups gute Dienste tun würden. Für spontane Kreativität sollte man aber eher auf richtige Sampler zurückgreifen.

Anzumerken ist noch, dass die Loops grundlegend in geraden Zählzeitsystemen am besten funktionieren. Exotischere Taktvarianten (5/4 u.ä.) und Polyrhythmen sind zwar möglich, erfordern aber geschicktes händisches Setzen der MIDI-Noten und –Längen, filigrane Arbeit mit entsprechendem Zeitaufwand.

 

Fazit

Klanghaus 2 ist ein aufregendes und vielseitiges Softwareinstrument. Die Klangkonstruktionen aus dem Hamburger KlangHaus wurden neben vielen weiteren Sounds in einem soliden Paket vereint, was zum Entdecken und Experimentieren einlädt. Vor allem Letzteres schien den Entwicklern am Herzen gelegen zu haben, denn man hat viele Möglichkeiten, die ohnehin schon einzigartigen Sounds noch weiter zu verändern, anzupassen oder neu zu gestalten.

Leider verliert Klanghaus 2 bei diesen Ambitionen manchmal den Bezug zu nutzerfreundlicher Bedienung. Der Arpeggiator und Step-Sequencer erweitern die Möglichkeiten zwar nochmal enorm, die Handhabe ist aber zäh und zeitaufwändig. Hierbei kann viel Kreativität und Spontanität verloren gehen; eine bessere Integration oder vereinfachte Nutzung in der Haupt-GUI wäre vielleicht eine interessante Alternative gewesen. Besonders ärgerlich ist jedoch, dass das Handbuch den vielen Möglichkeiten und der Qualität von Klanghaus 2 in keiner Weise gerecht wird. Viele Softwareinstrumente sind prinzipiell intuitiv zu bedienen und benötigen keine ausführliche Beschreibung mehr. Aber Klanghaus 2 ist kein gewöhnliches Instrument und so wurde viel Potenzial verschenkt, den Nutzer schrittweise und motivierend an die Fähigkeiten von Klanghaus 2 heranzuführen. Stattdessen muss man sich zum Beispiel mit nicht weiter erläuterten Abkürzungen und der wenig trivialen Arbeit im Pro-Edit-Menü selbstständig auseinandersetzen, was für Nutzer mit weniger Erfahrung im Ton- und Sound-Design durchaus ein Hindernis sein kann.

Abgesehen davon ist der Gesamteindruck von Klanghaus 2 aber durchweg gut. Die Library und Sounds sind frisch, inspirierend und sehr gut umgesetzt. Von vielen rhythmischen und Beat-orientierten Patches, über mehr oder weniger starke tonale Effektbänke bis hin zu stimmungsvollen Ambientsounds ist einiges an Audiomaterial in Klanghaus 2 zu finden. Das Potenzial, all diese Sounds noch layern und so komplexere Klänge konstruieren zu können, ist enorm.

Das Gesamtdesign wirkt stimmig, auch wenn manche Bedienelement etwas größer hätten ausfallen können. Die Vorarbeit, die in die Loops und Presets geflossen sein muss, ist lobenswert und ermöglicht einen schnellen und spaßigen Einstieg in die Klangwelt dieses Softwareinstruments.

Sinnvolle Effekte und Module (wie zum Beispiel diverse Modulationsmöglichkeiten) machen das Experimentieren und Erforschen spannend. Die Klangqualität und Performance ist dabei über weite Strecken fehlerfrei. Nur beim Arbeiten im Pro-Edit-Menü und bei einigen lang getriggerten Loops kann es passieren, dass Klanghaus 2 mal schwächelt und stumm bleibt oder das Timing verliert.

Ansonsten kann Klanghaus 2 jedem ambitionierten Klangtüftler, Beat-Programmierer und Komponisten empfohlen werden, der auf der Suche nach neuen und aufregenden Sounds ist. Zufriedene Nutzer von Klanghaus 1 sollten ob des sehr großzügigen Upgrade-Angebots auf alle Fälle einen genaueren Blick in die neue Software investieren.

Baldwin Freising

Preise (Stand August 2015):

  • 259 Euro (Download oder Versand)
  • 19 Euro (Upgrade von Klanghaus 1)

Plus:

  • Sehr umfangreiche Library
  • Viele frische und neuartige Sounds
  • Sehr gute Klangqualität
  • Detaillierte und gut aufbereitete Patches (einige gar mit verschiedenen Mikrofonpositionen)
  • Sinnvolle Effekt- und Editing-Sektionen
  • Durchdachtes Presetangebot zur Einstiegshilfe
  • Enormes Potenzial durch Kombinieren und Layern von Sounds
  • Überzeugendes Interface-Design (obwohl recht kleine Bedienelemente)
  • Klanghaus-1-Patches enthalten
  • extrem niedriger Preis für das Update

Minus:

  • Eigenes Klangdesign abseits der Presets erfordert viel Einarbeitungszeit; je nach Vorkenntnis flache Lernkurve
  • Streckenweise schwer zugänglicher Workflow
  • Äußerst mangelhaftes Handbuch und Dokumentation
  • Arpeggiator und Step-Sequencer (obwohl sehr nützlich) leider eher umständlich nutzbar
  • Einige Parameter nicht automatisierbar (z. B. On/Off-Optionen)
  • Seltene Scripting-Aussetzer

Systemanforderungen:

Mac OS

  • Mac OS 10.8, 10.9, 10.10
  • Minimal empfohlene Ausstattung: Intel Mac 2GHz, 2GB RAM
  • Standalone, AU, VST (64bit )
  • Derzeit kein RTAS und AAX Support

Windows

  • Windows 7, 8 und 10, 32bit & 64bit

  • Minimal empfohlene Ausstattung: Pentium/Athlon XP 3.0GHz, 2GB RAM
  • Standalone, VST (32bit und 64bit )
  • Derzeit kein RTAS und AAX Support

 

Hersteller: Best Service

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