Test: Best Service Mystica

Die Human Voice Libraries von Eduardo Tarilonte haben kürzlich mit „Mystica – Female Chamber Choir“ ein neues Mitglied erhalten. Sie sollen sowohl die bereits erhältlichen Softwareinstrumente sinnvoll erweitern, als auch eine weitere Nische mit realistischen und inspirierenden Klängen füllen. Ob Mystica damit erfolgreich ist, erfahren Sie in unserem Test.

Einstieg

Vor einigen Jahren trat Eduardo Tarilonte in Kooperation mit Best Service mit einem frischen Softwarekonzept auf den Plan. Statt großer und mächtiger Softwareinstrumente, die ein ganzes Genre, eine größere Stilistik oder Thematik bedienen, verfolgte Tarilonte ein Nischenprinzip. Libraries wie Forrest Kingdom, Epic World oder Desert Winds waren sehr spezialisiert und machten keinen Hehl daraus, dass sie auf ganz bestimmte Sounds und Einsatzgebiete zugeschnitten sein wollten. Diese Nische füllten sie dafür umso überzeugender aus und fanden gerade in Komponistenkreisen viele Liebhaber, wenn es um Filmmusiken, cineastisches Sounddesign, Orchesterwerke oder Musik aus den Ethno-Genres ging.

Seit einiger Zeit widmet sich Eduardo Tarilonte mit seinem Team den Human Voice Libraries. Dass er auch hier seiner Designphilosophie treubleiben möchte, zeigte die erste Veröffentlichung Shevannai, die vom Ansatz her mit einer virtuosen Solokünstlerin und Phrasen in elbischer Sprache kaum spezieller – aber eben auch leidenschaftlicher – hätte sein können. Diese Serie fand ihren jüngsten Sprössling nun in der Software Mystica, in der jetzt ein Frauenchor zu den Mikrofonen gebeten wurde.

Installation und Autorisierung

Die Library kann über Best Service erworben und nach erfolgreichem Kauf heruntergeladen werden. Das gut 3 Gigabyte große Datenpaket ist dabei zwar kein Schwergewicht, kann aber je nach Internetverbindung schon einige Zeit in Anspruch nehmen. Im Download inbegriffen ist eine knapp zehnseitige, digitale Dokumentation in deutscher oder englischer Sprache. Diese enthält allerdings keine Hinweise zur Installation, die zum größten Teil händisch vonstattengeht.

Dazu sei gesagt, dass Mystica und die übrigen Vertreter der Human Voice Libraries nicht mehr wie die früheren Tarilonte-Instrumente in die Engine 2 als Softwaresampler geladen werden, sondern nun mit Kontakt von Native Instruments arbeiten. Also muss das heruntergeladene Archiv manuell an dem gewünschten Speicherort entpackt und in Kontakt über den „Add Library“-Dialog dorthin navigiert werden. Danach wird Mystica in die dortige Auswahl übernommen. Eine Vollversion von Kontakt ist nicht zwingend nötig; der kostenlose Kontakt Player macht die Library ebenfalls vollumfänglich nutzbar. In jedem Fall sollte eine aktuelle Version der Software vorliegen, da Mystica sonst beim Laden den Dienst verweigert.

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Alle weiteren relevanten Spezifikationen hängen von Kontakt als Hostsoftware ab. Daher kann Mystica mit allen gängigen Schnittstellen (VST, AU, RTAS, AAX), Systemen (ab Windows 7 bzw. Mac OSX 19.7) und auch standalone in 32 und 64 Bit betrieben werden.

Autorisiert wird die Software online über das Native Instruments Service Center. Eine unkomplizierte Eingabe der erworbenen Lizenznummer reicht aus, damit nach kurzer Überprüfung selbiger Mystica auf dem Computer freigeschaltet wird. Über das Service Center ist außerdem die Versorgung der Software mit Updates möglich, auch wenn bis dato noch keine nötig geworden sind.

Überblick

In Mystica werden die Human Voice Libraries fortgesetzt und durch einen Frauenchor erweitert. Dieser besteht aus dem 2011 gegründeten Numen Ensemble – eine Gruppe aus acht Sängerinnen, von denen einige bereits Erfahrungen in renommierten spanischen Chören gesammelt haben. Stilistisch sind sie vom Hersteller im Bereich des Kammer- und Kirchenchores angedacht. Dies entspricht ziemlich genau dem, was Tarilonte bereits mit Cantus, quasi dem männlichen Pendant zu Mystica, anbietet. Ein Hauptaugenmerk bei der Entwicklung war daher auch die Möglichkeit, beide Libraries unkompliziert kombinieren und so einen vollwertigen gemischten Chor bilden zu können. Daher wurden die Sängerinnen von Mystica auch im selben Studio und mit ähnlicher Technik aufgenommen, wie es schon bei Cantus geschehen ist. Die Verknüpfung beider Instrumente wird an anderer Stelle ebenfalls ermöglicht, wozu wir später noch kommen wollen.

Das Klangrepertoire von Mystica besteht im Wesentlichen aus drei Bereichen. Vorbereitete und spielfertige Phrasen und bestimmte vokale Klangeffekte können vom Anfang an direkt verwendet werden. Im Gegensatz dazu gibt es ein weitaus aufwändigeres Patch, in dem der Chor dann melodisch und harmonisch spielbar ist und bei dem auch ein Wordbuilder zur Erstellung eigener Phrasen verwendet werden kann. Abgerundet wird das Angebot (wie in den Tarilonte-Libraries üblich) noch durch eine Auswahl mehrerer Layer- bzw. Pad-Sounds, die Soundscapes genannt werden. In diesem Test wollen wir uns nach und nach alle Bereiche genauer anschauen.

Das Interface

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Um ehrlich zu sein, bestachen die Interfaces der Tarilonte-Instrumente noch nie durch Eleganz und optimierter Nutzerfreundlichkeit. Gerade zu Beginn gab es nicht wenige Kritiker, die den Benutzeroberflächen den Charme überambitionierter Freeware-VSTs attestierten. So hart würde ich mit den Designs zwar nicht ins Gericht gehen. Es ist aber offensichtlich, dass es hinsichtlich Übersichtlichkeit und intuitiver Bedienbarkeit schon bessere GUIs gegeben hat. Da die letztendliche Ausgestaltung an sich Geschmackssache (und zugegebenermaßen bei Tarilonte stets konsequent und leidenschaftlich illustrierend) ist, möchte ich mich hier auf eine objektive Einschätzung der Bedienbarkeit konzentrieren.

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Leider wird ein Großteil des relevanten Bildschirminhalts von der Hauptgrafik in Beschlag genommen. Dies erzeugt zwar ein stimmungsvolles Bild, erschwert jedoch die Bedienung der Software, da vor allem bei der Nutzung des Wordbuilders die dafür wichtigen Elemente recht klein ausfallen. Je nach den Bedingungen am Arbeitsplatz kann es dazu kommen, dass man ab und an etwas näher an den Bildschirm rücken muss. Hat man mehrere Instrumente in Kontakt aktiv, ist außerdem viel Scrolling nötig. Bei aller Liebe zu ästhetisch ansprechender Optik, wird der Platz hier zu ineffizient genutzt, was zwar kein großer Kritikpunkt sein soll, aber von manchem dennoch als störend empfunden werden könnte. Mystica orientiert sich dafür aber konsistent an der Optik des Quasivorgängers Cantus, was Kennern den Einstieg ein Leichtes werden lässt.

Viele Bedienelemente stehen bei Mystica nicht zur Verfügung. Es existieren Regler für Reverb, Expression, Speed und Vibrato, sowie für Attack und Release, einer sehr einfachen Hüllkurvensteuerung. Veränderungen wirken sich träge aus, und so folgen die Regler nicht direkt der Position der Maus. Der Mittelteil des Konsolenabschnitts wird je nach verwendetem Patch von verschiedenen Informationen in Anspruch genommen. Während bei den Phrasen hier der Wortlaut einzusehen ist, wird der Platz ansonsten für den Wordbuilder oder bei den Soundscapes für die Lautstärken der einzelnen Layer verwendet. Ein separater Setup-Tab bietet einige Einstellungsmöglichkeiten für die Behandlung der Legati und Wortbildungen – der Entwickler rät aber in der Dokumentation ausdrücklich davon ab, hieran etwas zu ändern, „… es sei denn, Sie haben einen guten Grund, dies zu tun“ (Zitat).

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Die Patches

Phrasen und FX

Einen schnellen Einstieg erhält man über den Phrases-Patch. Hier stehen 100 vorgefertigte, gregorianische Kurzgesänge zur Auswahl. Einfluss auf Harmonie oder Tonalität hat man hier nicht, dafür erhält man sofort klangvolle und brauchbare Passagen. Über Keyswitches wird dazu zwischen verschiedenen Sets gewechselt, in denen dann durch Tastendruck eine entsprechende Phrase gestartet werden kann. Sogar ein Set mit Sologesang ist vorhanden. Zur Einstimmung folgt ein Beispiel, bei dem vier solcher Phrasen aneinandergereiht wurden. Um dem Hersteller nicht zu viel des originären Materials vorweg zu nehmen, möchte ich mich auf ein Beispiel beschränken. Außerdem habe ich mit Omnisphere noch einen einfachen Padsound hinzugefügt und alles mit ein wenig Delay und dezentem Chorus verbunden. Sämtliche Phrasen in Mystica sind übrigens in lateinischer Sprache gesungen, derer ich leider kaum mächtig bin; sollte das Stück also semantisch komplett missraten sein, möge man mir das an dieser Stelle bitte verzeihen.

 

Die Phrasen sind ausnahmslos stimmungsvoll und die Darbietungen sehr virtuos und natürlich. Das Unisono der Sängerinnen ist klar, metrisch einwandfrei und die Intonation hervorragend. Wer kein absolutes Gehör hat, wird jedoch erst die gesungene Tonart bzw. die Harmonisierung herausfinden müssen. Dabei hätte sich noch ausreichend Platz in der Mittelkonsole für einen Hinweis zum Grundton oder Ähnliches angeboten. In diesem Bereich lässt sich jede Phrase auch beschneiden und so per Marker der gewünschte Einstiegs- bzw. Ausstiegspunkt wählen. Die Unzulänglichkeiten des Interfaces machen sich aber auch hier bemerkbar, da das Fenster zur Darstellung der Wellenform abermals recht klein ausfällt. Letztere sind grafisch auch nicht normalisiert, sodass es meist zielführender ist, die Marker nach dem Höreindruck zu setzen, als sich visuell am Interface zu orientieren.

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In der FX-Abteilung finden sich diverse Aufnahmen, die als Vokaleffekt eingesetzt werden können: Verschiedene Atemgeräusche, Stimmübungen, Gelächter, Gewimmer, Flüstern und weitere. Die Auswahl ist überraschend vielfältig und lässt sich gut für speziellere Untermalungen oder Sounddesign einsetzten, wobei tendenziell auf unheimlichere Stimmungen abgezielt wird. Es folgt eine Montage aus verschiedenen Effektphrasen.

 

Alle Phrasen lassen sich in ihrer Geschwindigkeit via Fader verändern, sodass sie bei Bedarf um bis zu 50 Prozent des Originaltempos langsamer oder schneller abgespielt werden können. Dabei scheint allerdings nur ein einfacher Algorithmus angewendet zu werden. Während man Beschleunigungen je nach Phrase recht weit ausreizen kann, entstehen bei Verlangsamungen sehr schnell Artefakte. Generell führen beide Veränderungen unabhängig der resultierenden Störungen zu einem unnatürlichen Klangbild, sodass man diese nur dezent einsetzen oder auf externe Lösungen zurückgreifen sollte.

Das Hauptpatch

Der „Female Chamber Choir“-Patch ist das eigentliche Herzstück von Mystica. Hier können eigene Melodien, Harmonien und durch den Wordbuilder auch in Grenzen eigene Phrasenkonstruktionen erzeugt werden. Vieles wird dabei durch ein aufwändiges, aber gut strukturiertes Mapping auf der Klaviatur gesteuert.

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Die mittleren blauen Tasten zeigen den Notenbereich, der von den Sängerinnen abgedeckt werden kann. Keyswitches sind rot und grün markiert. Hier wird festgelegt, was gesungen werden soll. Während über die roten Tasten die Vokale ausgewählt werden können, wechselt man über die grünen zwischen 24 Wörtern. Die Funktion der dunklen G-Taste entspricht der eines Sustainpedals. Die oberen blauen Sektionen bieten Atemgeräusche und diverse variierte Konsonanten. In der Standardansicht von Kontakt bleibt leider verborgen, dass es unter den Vokaltasten noch eine weitere gibt, mit der ein „Mmm“-Gesang aktiviert werden kann. Diese Information steht zwar in der Dokumentation, aber angesichts des Mappings, welches auf der Klaviatur durchaus noch Platz böte, wäre eine geschicktere Lösung wünschenswert gewesen. Für einen Eindruck folgen ein paar gesungene Wörter, wobei die Melodie hier im Gegensatz zu den Phrasen selbst gespielt wurde.

 

 

An die Art und Weise, wie ein Wort intoniert wird, muss man sich erst gewöhnen. Will man die Silben auf verschiedene Töne verteilen, ist eine kurze Trennung beim Wechsel der Tasten notwendig, da sonst die Legatofunktion einsetzt und der Vokal der vorhergehende Silbe gehalten wird. Wem die Spielweise schwer zugänglich ist, kann aber komfortabel durch nachträgliches Editieren der MIDI-Noten die gewünschte Silbentrennung vornehmen. Der Vorteil des vom Hersteller gewählten Scriptings ist, dass man so gleichzeitig unkomplizierten Zugriff auf den üblichen Silbengesang und das Vokallegato hat. Um das zu verdeutlichen sind im folgenden Audiobeispiel drei Varianten des Wortes „Dominus“ zu hören. Zuerst nur auf einer Note, wobei die Taste einmal je Silbe angeschlagen wird. Anschließend folgt eine kleine Phrasierung nach oben und unten, wobei kein bindendes Tastenspiel erfolgen darf, um die gewünschte Silbentrennung zu erreichen. Zum Schluss fügen wir ein Legato auf der ersten Silben ein, indem nur die ersten beiden Noten gebunden gespielt werden.

 

Ein paar Legatopassagen waren bei den Audiodemos nun schon dabei. Die Technik wird von Entwicklern als „True Legato“ bezeichnet und leistet wirklich Bemerkenswertes. Gebundene Noten fließen nahezu spurlos ineinander über. Die früher oft verwendete Methodik des Aus- und Einblendens chromatischer Samples ist hier nicht zu hören. Der Chor wechselt sehr natürlich zwischen den Tönen. Das klare Unisono bleibt auch hierbei erhalten, egal ob das Intervall auf- oder abwärts gesungen werden soll. Legati können von einem beliebigen Grundton aus über die gesamte Oktave geformt werden und bleiben in ihrem Klangcharakter dabei stets homogen und ausgewogen. Allein der Oktavsprung wirkt zuweilen ein wenig strapaziert. Zur Demonstration folgen ein paar gebundene Figuren in C-Moll.

 

Nur Vokale bieten überzeugende Legati, sodass man bei Wörtern auf entsprechende Silbenpositionierungen Acht legen sollte. Wer im Klangbeispiel vor allem am Ende genauer hinhört, dem wird vielleicht schon das größte Manko der Library auffallen: Die Sounds haben streckenweise mit deutlichen Artefakten und Qualitätseinbußen zu kämpfen, auf die ich in einem separaten Abschnitt genauer eingehen möchte.

Neben den einstimmigen Modi kann Mystica auch polyphon genutzt werden. Beim Arrangieren sollte man darauf achten, dass sich dabei der Chor pro zusätzlich gespielter Note um acht Damen vergrößert. Übertreibungen wirken daher schnell unnatürlich (wie im zweiten Teil des nächsten Klangbeispiels schon leicht bemerkbar). Legato ist im polyphonen Modus nicht möglich. Ein überzeugender Workaround ist die Nutzung mehrerer Mystica-Instanzen mit identischen Settings, aber monophonen Stimmen.

 

Weitere Artikulationen bietet Mystica nicht, was aber in Ordnung ist, da die angepeilte Stilistik mit dem Gebotenen ausreichend bedient wird. Es sind zwar noch Regler für ein Vibrato vorhanden, welches aber künstlich erzeugt wird und vor dessen Verwendung sogar die Dokumentation warnt.

Der Wordbuilder

Die Krux einer Chorlibrary war schon immer die Frage, ob es überzeugend möglich sein würde, eigene Texte erklingen lassen zu können. East West schuf mit den Symphonic Choirs die erste Library, die Mitte der 2000er einigermaßen Akzeptanz auf dem Gebiet ernten konnte. Dass die menschliche Stimme als Instrument für detaillierte Nachbildungen auf Samplebasis mit momentaner Technik zu komplex ist, dürfte jedem klar sein. Insofern sollte man auch vom Wordbuilder in Mystica keine Wunder erwarten.

Nichtsdestotrotz lassen sich in Mystica mit etwas Fingerspitzengefühl und Zeit interessante Ergebnisse erzielen. Der Rahmen ist dabei freilich recht klein: Die Silbenkonstruktionen sollten so nah wie möglich an der lateinischen Phonetik angelehnt sein. Ich bezweifle, dass aufwändigere Dialektik oder gar Fremdsprachen zufriedenstellend realisierbar sind.

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Durch einen Klick auf den Wordbuilder-Button öffnet sich der Silbenbaukasten. Hier können in jedes Feld bestimmte Silben und Laute eingesetzt und so Phrasen und Verse gebildet werden. Jede Silbe ist außerdem einzeln editierbar und liegt in drei Ausführungen vor, zwischen denen via Regler oder Modulationsrad gewechselt werden kann: schnell, langsam und Staccato. Als Quelle dienen die aufgenommenen Wörter, die man entweder als Ganzes oder in Teilen in den Wordbuilder lädt und neu kombiniert. Der Phrases-Button bietet bereits fertige Silbenkombinationen.

Bearbeitet man die Kästchen manuell, lässt sich über einen dann erscheinenden Button der gut gefüllte Silben- und Wörterkatalog einsehen. Einige Silben wie beispielsweise „im“ oder manche Vokalkombinationen fehlen allerdings. Findige Tüftler können vielleicht fehlende Laute durch ähnlich klingende ersetzen, um so noch einen hinreichend korrekten Eindruck beim Hörer zu erzeugen.

Ein Pluspunkt ist die Möglichkeit, zusammengestellte Phrasen zu exportieren, sodass diese in der Brudersoftware Cantus wieder geladen werden können. Hierfür sollte eine eventuell ältere Version allerdings erst auf die Version 1.1 aktualisiert werden. In unserem Test konnten wir das – mangels Cantus-Installation – zwar nicht explizit ausprobieren, fanden aber bisher auch keine Hinweise, dass es damit Probleme gibt.

Vor unbeabsichtigten Änderungen (die schnell durch einen falschen Klick passieren können) schützt das Schlosssymbol, das den Wordbuilder an der Stelle vorrübergehend einfriert. Die allgemeine Handhabe ist abermals eine durch das Interface bedingte große Spaßbremse. Vor allem die Suche im Silbenkatalog ist ungemein unpraktisch. Im folgenden Screenshot habe ich den Bildausschnitt (in dem zusätzlich noch gescrollt werden kann) horizontal teilen müssen, um das Layout des Testartikels nicht zu strapazieren.

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Was zusammen genommen auf den ersten Blick vielleicht etwas sperrig wirken mag, ermöglicht dennoch überraschend Vieles. Wird die Melodie dann gespielt, springt der Wordbuilder automatisch von Silbe zu Silbe – auch Legato ist hier möglich. Die vorher erwähnten oberen Tasten, die Atemgeräusche und Konsonanten erklingen lassen, verursachen dabei kein Weiterlaufen der im Wordbuilder arrangierten Wörter. Das ist gut durchdacht und ermöglicht so, zwischen den Wörtern bindende Laute einzufügen. Der Zugang zur Konstruktionsmethodik ist am Anfang nur bedingt intuitiv, da man oft um die Ecke denken muss. Hat man das Prinzip aber verstanden, existieren viele Möglichkeiten eigene kleine Choräle zu bauen. Vielleicht errät der ein oder andere, was hier gesungen wird:

 

In dieser (zugegebenermaßen wenig lateinischen) Phrase steckt einige Zeit Arbeit und viel Experimentieren. Selbst wenn ich der unbegabteste Wordbuilder-Nutzer dieses Planeten wäre, sollte dennoch deutlich sein, dass man Mystica nicht konsistent mit vertretbarem Aufwand eigene überzeugende Phrasen entlocken können wird. Wenn man im gesetzten Rahmen bleibt, ist es einen Versuch wert. Der Wordbuilder bleibt meiner Einschätzung nach aber nur ein Experiment. Zu einer wirklich potenten Lösung fehlen ein konsequenteres Design, mehr und passendere Silben und ein besseres Scripting. Silben im Fast-Modus wirken beispielsweise durch das frühzeitige Ausblenden oft zu künstlich. Im Slow-Modus muss man oft noch mühsam den Outmarker korrigieren, sodass keine nachfolgenden Laute hörbar werden. Die Konsonanten wirken stellenweise klanglich zu exponiert und lassen sich nur mit viel Geduld passend integrieren.

Ich möchte die Leistung der Entwickler jedoch an dieser Stelle nicht schmälern: Der Wordbuilder stellt (vor allem durch den möglichen Austausch mit Cantus) einen Mehrwert dar und der Ansatz, Silben aus aufgenommenen Wörtern zu extrahieren, ist auch interessant. Die Stärken von Mystica liegen für mich aber woanders.

Die Soundscapes

In den Tarilonte-Libraries finden sich meist zusätzliche Patches mit relativ aufwändigen Layer- und Padsounds, die zur Grundstimmung des Softwareinstruments passen – so auch in Mystica. Es stehen acht davon zur Verfügung; eines in fünf Varianten, was die effektive Anzahl auf zwölf erhöht. In der Mittelkonsole können die einzelnen Layer editiert und nach Belieben gemischt werden.

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Die Klangpalette reicht von eher geräuschbehafteten Zusammenstellungen bis hin zu Varianten, die aus mehreren Effektvokalen bestehen. Die Auswahl ist klein, aber interessant. Viel Harmonisches ist diesmal nicht dabei, und so wirken die Patches streckenweise etwas aufgeregt.

Guardians of Secrets:

 

Voices of Light (03):

 

Dark Horizon:

 

Klangqualität

Während das Scripting an entscheidenden Stellen wie dem Legato zu überzeugen weiß, fielen während des Tests an manchen Stellen leider merkliche Einbußen bei der Klangqualität auf. Diese äußern sich in hörbaren Artefakten und Klirrgeräuschen, die sehr denen ähneln, die bei Rauschunterdrückungen entstehen. Genaueres vermag ich an dieser Stelle nicht zu beurteilen, es ist aber Schade, dass der ansonsten einwandfreie Sound dadurch einen Makel erhält. Der letzte Teil des obigen Klangbeispiels zum Legato enthält solche Artefakte. In den folgenden beiden Demos – eins bestehend aus einer Phrase, das andere aus einem gehaltenen Ton – ist das Klirren ebenfalls deutlich zu hören.

 

 

Bei weiteren Samples fallen manchmal zu Beginn merkwürdige Intonationsschwankungen auf. Diese sind an sich nicht wirklich negativ, werden allerdings spätestens im polyphonen Modus unangenehm und störend. Im Beispiel ist so eine Schwankung direkt zu Beginn hörbar.


 

Die Stilistik verlangt natürlich nach einer ordentlichen Portion Reverb, um die Klänge aufzufüllen. Dieser kann dabei sogar einiges kaschieren. Mystica hat einen soliden, fixen Reverb an Bord, bei dem man nur Kontrolle über das Zumischen hat. Löblich ist, dass dieser Reverb auch komplett ausgeschaltet werden kann und alle Samples dann trocken und angenehm nüchtern vorliegen, sodann man sich auch problemlos eigene Räumlichkeiten basteln oder besser an ein Arrangement anpassen kann.

Fazit

Mystica macht einen soliden und frischen Eindruck und bietet einen exzellenten Frauenchor, der sich sehr stimmungsvoll und stilsicher in die Human Voices Libraries einfügt. Das Unisono der Damen ist nahezu über jeden Zweifel erhaben und die Legatofunktion liefert bemerkenswerte Resultate. Die Sounds sind ausgewogen und gut umgesetzt. Leider trüben teils deutliche Artefakte und einige Scriptingfehler das ansonsten positive Klangbild.

Der Wordbuilder ist ein interessantes Werkzeug und lädt zum Experimentieren ein. Der Ansatz zum Erstellen eigener Phrasen ist interessant. Zu wirklich überzeugende Konstruktionen reicht es hier aber nicht. Als Kaufargument sollte man den Wordbuilder daher nicht werten.

Die Bedienung der Software ist zuweilen behäbig, was vor allem am unvorteilhaften Design des Interfaces liegt. Die Software geht schonend mit den Computerressourcen um und läuft auch in mehreren Einzelinstanzen zuverlässig und stabil.

Mystica verfolgt das gesteckte Ziel sicher und kann die Stilistik brauchbar bedienen. Die vorgefertigten Phrasen bieten viel authentisches Material, mit dem Hauptpatch lassen sich atmosphärische eigene Melodien und Choräle bilden und wer etwas Geduld mitbringt, kann womöglich auch mit dem Wordbuilder seinen Spaß haben.

Baldwin Freising

Plus

  • Stilsicherer, authentischer Klang
  • Exzellenter Frauenchor
  • Bemerkenswerte Legatofunktion
  • Große Auswahl an vorgefertigten und intonierbaren Phrasen
  • Austausch von Wordbuilder-Informationen mit Cantus möglich

Minus

  • Vereinzelt hörbare Artefakte und Klirren
  • Einige wenige Samplefehler bzgl. der Intonation
  • Solider aber langfristig zu einfacher Reverb
  • Unbrauchbare Vibratofunktion
  • Behäbig bedienbare und platzineffiziente Benutzeroberfläche

Preis

  • 199.- Euro

Systemvoraussetzungen

  • PC ab Windows 7
  • Mac ab OSX 10.7
  • Kontakt oder Kontakt-Player ab 5.1
  • Cantus 1.1 für den Austausch von Wordbuilder-Phrasen

Formate

  • Standalone, VST, AU, AAX in 32 und 64 Bit, RTAS in 32 Bit.

Vertrieb