Test: Black Box Analog Design HG-2
Was kann die Black Box HG-2?
Die Emulation orientiert sich bis zur Gestaltung der Oberfläche weitgehend am Original.
Hier geht es um
- Röhrensättigung,
- Belebung des Obertonspektrums,
- eine natürlich klingende Kompression (wie sie im Rahmen der Sättigung auftritt),
- einen kraftvollen Klang, der ohne Erhöhung des absoluten Pegels als lauter und zugleich differenzierter wahrgenommen wird.
Diese Ziele verfolgen alle Röhren-Vorverstärker mit mehr oder weniger durchschlagendem Erfolg. Der nicht gerade kleinliche Preis der Hardware kommt nicht zuletzt dadurch zustande, dass für die Schaltung ausgesuchte Bauteile verwendet werden, teils speziell für die Black Box angefertigt. Das Gerät wird von Hand gefertigt. Selbst die Spulen der Transistoren werden von Hand gewickelt. Der HG-2 ist ein Präzisionstool in amerikanischer Einzelfertigung, kein massenkompatibler Rack-Einschub mit Serien-Fertigung in Fernost. Man darf also gespannt sein, denn eine sorgfältige Emulation dieses High-End-Produkts sollte auch auf nativer Ebene einen Röhrensound der Extraklasse generieren.
Die Emulation wurde von Brainworx in Zusammenarbeit mit Black Box entwickelt. Der Emulation der Originalbauteile hat Brainworx dabei Modifikationen hinzugefügt, um die Bandbreite an Klangfarben sowie die Spanne des auf der Sättigung basierenden Kompressionseffektes zu erweitern.
Zu diesen Ergänzungen zählen die Regler Input, Density, Mix und das dosierbare Air Band. Letzteres gibt es zwar auch bei der Hardware, dort jedoch als fixe Anhebung der Höhen und ohne Amount Regler. (Anstelle des Amount-Reglers findet man bei der Hardware einen Trim-Regler, mit dem man die Balance zwischen dem linken und rechten Kanal einstellen kann. Da eine solche Funktion bei der Software wenig sinnvoll erschien, hat man an deren Stelle den Amount-Regler ergänzt.)
Die Black Box verfügt über zwei parallele Signalpfade:
Im Anschluss an einen Eingangstransformator folgt parallel zum Reglerweg aus seriell geschalteter Pentode und Triode ein Set mit 12AX7 Röhren, mit ihrer spezifischen Sättigung und reichem Obertonspektrum. Dieser Parallelweg kann zu- und abgeschaltet werden. Über den alt-Taster kann man zwischen zwei verschiedenen 12AX7-Röhren umschalten. Die alternative Röhre liefert einen aggressiveren Klang. Dieser Weg ist zudem mit einem Drei-Wege-Frequenzschalter ausgestattet, sodass man bestimmen kann, welcher Teilbereich des Frequenzspektrums durch diese parallele Röhrenschaltung geschickt wird.
Die Schalterpositionen des Reglers Saturation Frequency sind Low, Flat und High. In der Position Low werden Bässe betont, erhalten mehr Durchsetzungsfähigkeit und Präsenz. In der Position High wird vor allem das Obertonspektrum belebt, der Klang wird offener, transparenter, differenzierter. In der Position Flat wird der gesamte Frequenzgang gleichermaßen von der Röhrensättigung beeinflusst. Das Filter ist dann ausgeschaltet.
Der Saturation-Regler bestimmt die Dosierung des Parallelwegs vor der Beimischung zum Hauptsignal und vor dem Eingang zur Pentode (und der nachfolgenden Triode). Wie wir noch sehen und hören werden, erlaubt ein Zusammenspiel aus dem Frequenzschalter des Parallelwegs und dem Air-Band eine optimale Anpassung an das Klangspektrum des Eingangssignals.
Insgesamt sind also vier Röhren eingebaut, von denen maximal drei simultan in Betrieb sind: Zwei alternative Exemplare im Parallelweg, dazu die 6U8A Pentode und Triode des Hauptwegs. Flankiert wird die Röhrenschaltung durch butterweiche Transistoren am Ein- und Ausgang.
Wie stark die Röhren vom Gesamtsignal angefahren werden, stellt man (neben dem Input-Parameter) über die Regler Pentode und Triode ein. Air mit Amount-Regler führt zu einer dosierbaren, subtilen Anhebung des hohen Frequenzspektrums vor dem Ausgangstransformator.
Bis hierhin stimmt die Ausstattung exakt mit dem (aktuellen, weiterentwickelten) Original überein. Das Plug-in verfügt in der Kopfzeile jedoch noch über zusätzliche Funktionen:
- Neben multiblem Redo/Undo stehen
- vier alternative Konfigurationen zum direkten Vergleich bereit,
- zwischen denen Einstellungen per Copy/Paste ausgetauscht werden können.
- Über die Kalibrierung stehen drei Grundtypen zur Wahl. Über einen Kalibrierungsregler verfügt auch das Original, allerdings ist er dort im Gehäuse untergebracht. Das Plug-in muss man hingegen nicht aufschrauben.
- Density bewirkt ein härteres Anfahren der Pentode und Triode in gleichem Maße, ohne dass dabei die zuvor eingestellte Balance zwischen beiden Röhren aus dem Gleichgewicht käme.
- Praktischerweise lässt sich im Plug-in die Eingangslautstärke anpassen.
- Mix erlaubt Parallel-Processing, also eine Balance aus dem bearbeitetem Signal und dem Original.
Außerdem kann man auch das englischsprachige Handbuch (PDF) direkt aus dem Plug-in heraus öffnen. Die Black Box gibt zwar keine großen Rätsel auf und lässt sich bei durchlaufendem Playback intuitiv bedienen, dennoch erfährt man im Manual das ein oder andere Wissenswerte Detail. Auch findet man hier Hinweise zum typischen Klang und Einsatzgebiet der einzelnen Röhren: Der Parallelweg eignet sich beispielsweise besonders für einen dosierbaren Overdrive-Effekt. Richtig crunchy wird es, wenn man die Pentode ausreizt oder besser: überreizt – einen entsprechenden Eingangspegel vorausgesetzt. Das kann bei laschen Gitarren helfen.
Obwohl das Arbeiten mit der Black Box HG-2 recht einfach von der Hand geht, gibt es eine ganze Reihe von Presets für das Mischen und Mastern.
Es ist sicher kein Fehler, wenn man diese Empfehlungen ausprobiert und als Grundlage für eigene Adaptationen verwendet, denn die Vorlagen wurden von Profis entwickelt, die sich mit der Hardware bestens auskennen: Die Presets 1 bis 28 stammen vom Entwickler Eric Racy selbst, hochdekorierter Recording- und Mix-Ingenieur aus LA. Die Presets 29 bis 38 stammen von einem „Veteranen des Masterings“, Trevor Case, der für den letzten Schliff einer Vielzahl von Top-Act-Produktion sorgte.
Eine Sache wäre noch zu ergänzen: Mittig befindet sich eine Pegelanzeige, die zwischen VU und PPM umgeschaltet werden kann. VU stellt eine breiter gefasste Pegelmessung dar, d. h.: Hier wird der Laustärkedurchschnitt eines größeren Zeitfensters dargestellt. PPM liegt näher an einer Peak-Anzeige, bildet also auch Pegelspitzen mehr oder weniger ab und schlägt damit logischerweise höher aus.
Im Manual findet man hierzu nichts, es wird aber definitiv der Ausgangspegel abgebildet – und zwar hinter dem Mix-Regler.
Die hochauflösende Anzeige zeigt im PPM Modus angenehm dynamisch an, wie sich der Pegel verändert, wenn man die Röhren stärker anfährt. Und den Rest besorgen die Ohren. Digitale Übersteuerungen sind bei der Black Box wirklich kein ernsthaftes Problem.
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