Test: Toontrack Rooms and Verbs / Indie Guitars EZmix Pack
|Toontracks EZmix 2 ermöglicht mit einem Sortiment an Effekten aller Art ein einfach zu bedienendes, die Ressourcen schonendes und damit auch livetaugliches Abmischen in ansprechender Qualität. Die Kollektion an Effekten kann durch Zusatzpakete erweitert werden. In diesem Test geht es um solche Erweiterungen, nämlich um Hall- und Gitarreneffekte.
Überblick
EZmix 2 haben wir bereits für Sie getestet. Hier geht es also nicht um die Bewertung der Engine als solche, sondern um die beiden Erweiterungen.
Dem EZmix-Konzept folgend, sollen auch die neuen Effekte dazu beitragen, mit einem Minimum an Einstellungen eine bestmögliche Qualität zu erzielen.
Rooms and Verbs erweitert das Angebot des vielleicht wichtigsten Effekts überhaupt: Ohne einen Hall kommt kein Mix zurecht, unabhängig davon, um welches Genre es geht.
50 auf Impulse-Response-Technologie basierende Hallpresets beinhaltet das Mix Pack, welches mit einem überraschend geringem Datenvolumen von 12 MB kaum Festplattenspeicher beansprucht. Dass die Impulsantworten nicht mehr Speicher benötigen, liegt vor allem daran, dass viele der Presets relativ kurze Hallfahnen aufweisen. Geboten werden real vorkommende Umgebungen wie Kirchen, Theater, Studio-Aufnahmeräume, ein Bootshaus und zahlreiche eher kleine, intim klingende Räume wie „Station Wagon Front Seat“, „Piano Bar“ oder „Snare Chamber“. Auch legendäre, algorithmische Hall-Hardware wurde per IR-Technologie eingefangen, ebenso Plattenhall und Fußtreter aus dem Effekterepertoire von Gitarristen. Apropos Gitarre:
Indie Guitar erweitert das Arsenal an Gitarreneffekten, hier speziell um solche, wie sie den Independent Pop und Rock der letzten beiden Dekaden prägten. Auch hier ist die Ausstattung an Bedienelementen minimalistisch; im Hintergrund agieren jedoch teils aufwändige Effektketten mit bis zu zehn Modulen. Zum Einsatz kommen Amp- und Speaker-Simulationen, darunter auch Leslies, Lo-Fi-Effekte, diverse Verzerrer und Sättigungs-Emulationen inclusive virtuelle Röhren, Chorus, Flanger, Phaser, Reverbs und Delays.
Installation
Bei der Installation wird eine vorhandene EZmix 2 – Installation erkannt und die Zusatzpresets in den entsprechenden Ordner befördert. Soweit ein Update von EZmix 2 erforderlich ist, wird man bereits während er Installation darauf hingewiesen.
Unter Cubase 7 war zu beachten, dass das EZmix Plugin des Updates im Ordner Programme → Steinberg → VST-Plugins und nicht im vom Hersteller vorgesehenen Ordner Programme → VST-Plugins landete, da das 64-Bit-Plugin dort von Cubase 7 nicht erkannt wird.
Die Autorisierung erfolgt über den User-Account auf der Toontrack Webpage per Challenge-Response – vollautomatisch online, alternativ auch offline.
Rooms and Verbs
Will man sich auf die Presets des neuen Packs konzentrieren, klickt man im EZmix Browser einfach in der Attribute-Spalte „Preset Pack“ auf den entsprechenden Eintrag, hier also „Rooms and Verbs“.
Der Name der einzelnen Presets macht sinnvollerweise deutlich, welcher Raum hier simuliert werden soll („Basement Chamber“, „Boathouse“, „Empty Stage“), für welche Anwendung der Effekt sich besonders eignet („Drums OH“, „Lex Guitar Plate“, „PCM Vocal Plate“) oder welcher Hallerzeuger Pate stand („140 Plate“, „Springs“).
Die Presets bieten bis auf eine Ausnahme neben dem Mix-Regler lediglich einen globalen Regler zur Kontrolle der Halleffekte. Regulierbar ist – abhängig vom Preset – beispielsweise der Höhenreichtum des Halls und damit die Materialeigenschaft (Room EQ, Plate Damper), die Länge der Hallfahne oder das Predelay. Hinter den Kulissen kommen Effektketten mit bis zu drei Effekten zum Einsatz: Echo, Hall und Equalizer.
Für die folgenden Audiodemos habe ich eine Gesangspassage aus Soundiron Voice of Rapture The Tenor verwendet (Latin Phrases). Als erstes hören Sie das Preset 140 Plate.
Neben dem Mix-Regler, den ich auf 40% eingestellt habe, gibt es für den Plattenhall nur noch den Length-Parameter. Hier wird keine Halldauer in Sekunden, sondern nur ein Prozentwert angezeigt.
Stellt man die Länge auf 100% erhält man einen wunderbar weichen, schwebenden Hall:
Etwas direkter und voller wirkt das Preset PCM Vox Plate, vermutlich durch dichtere und lautere frühe Reflexionen:
Offen und weit präsentiert sich die „Echo Chorch“, bei der die Länge der Echos eingestellt werden kann:
Im folgenden Audiodemo habe ich einen einfachen Rhythmus mit Superior Drummer 2 eingespielt, bestehend aus Bassdrum, Snare, Toms und zwei Becken. Der Gesang stammt von Soundiron Questionably Barbershop. Zunächst die Passage ohne EZmix Reverbs:
Für den Gesang habe ich da Preset „Vocal Plate PD“, für die Snare „PCM Snare Chamber“ und für die Bassdrum „140 Plate“ eingesetzt:
Snare und Bassdrum ohne Gesang:
Die 140 Plate gibt der Bassdrum viel Volumen, es entsteht ein wuchtiges Raum-Klang-Gebilde. Die Snare mit dem Chamber-Hall spielt hingegen weiter vorne und erhält durch das Hallpreset mehr Fülle.
Als Nächstes habe ich eine Gitarrenphrase aus Ueberschall The Guitar hinzugefügt, hier ohne Ezmix-Bearbeitung:
Und hier mit dem Preset „Guitar Booth“:
Mit einer zweiten, vorgeschalteten Instanz von EZmix 2 nehme ich noch das Preset „Moderate Drive Amp 3“ hinzu … ein kleiner Vorgriff auf den zweiten Teil unseres Tests, nämlich das EZmix Pack Indie Guitar:
Indie Guitars
Mit einer einzigen Ausnahme, nämlich dem „Tube Crunched Octaver“, handelt es sich bei den Presets dieses Packs ausschließlich um Amp-Speaker-Simulationen, welche allerdings in vielen Fällen um weitere Effekte ergänzt werden. Bei diesen Ergänzungen kommen alle möglichen Klangbearbeitungsmodule und Effekte zum Einsatz: Hall, Equalizer, Kompressor, Echo, Gate und Stereo-Enhancer sowie die gesamte Liga der Bodentreter-Effekte mit Octaver, Wah-Pedal, Phaser, Chorus, Tremolo, Vibrato und Flanger. Die im Hintergrund agierenden Effektketten bestehen aus zwei bis sieben Modulen, steuerbar über zwei Makro-Regler.
Die Amp-Speaker-Simulationen reichen von Clean-Varianten über moderate Anzerrungen bis zu kräftig zupackenden oder beißenden, stark verzerrten Modellen. Per Drive-Makroregler ist die Anzerrung bei vielen Presets gut dosierbar. Mit an Bord sind auch einige sehr spezielle Vintage-Presets, bei denen etwa ein per Filter im Frequenzspektrum begrenzter Leslie zum Einsatz kommt. Das Ergebnis ist ein holziger Sound wie aus einem uralten Radio.
Fangen wir mit den unverzerrten Modellen an. Zunächst hören Sie eine kleine Zusammenstellung aus Gitarrenphrasen der Library Ueberschall Guitar ohne EZmix:
Nun mit dem Preset „Clean and Limited Verb 1“. Amp/Cabinet, Delay, Gate, Kompressor und Hall kommen hier zum Einsatz, regulierbar ist der Hallanteil und die Vorverstärkung.
Stellt man bei diesem Preset den Drive-Parameter auf Maximum, so klingt es angenehm kratzig:
Knackig und präzise klingt die Gitarre mit dem Preset „Clean Amp“, bei dem lediglich eine Amp/Cabinet-Simulation am Werke ist. Der Presence-Regler liefert Höhen und holt die Gitarre nach vorne.
Deutlich bissiger klingt „Moderate Drive Amp 3“, wiederum eine reine Amp/Cabinet-Simulation:
Der „Stereo Slap Amp“ fügt einen kurzen Hall hinzu:
Nach Retro klingt das Preset „Rotary“ mit Kompressor, Hall und Leslie. Letzterer ist in seiner Geschwindigkeit regulierbar. Über den zweiten Makro-Controller „Balance“ lässt sich der Klang zwischen dumpf (klingt, als ob die Gitarre im Nachbarraum gespielt würde) und dünn (kleines Blechdosenradio) regeln. Für das folgende Audiodemo habe ich Speed und Balance in der Mittelposition (Voreinstellung) gelassen.
Für die folgenden Audiodemos habe ich einen Drumgroove aus Toontrack Superior Drummer 2, Kit „Indiependent SDX“, verwendet. Die Gitarrenlicks stammen wieder aus Ueberschall Guitar. Hier zunächst alles ohne Bearbeitung:
Bei den Drums habe ich die Raummikros nicht verwendet, daher klingen sie unnatürlich trocken. Im Folgenden habe ich über zwei Effektkanäle in Cubase 7 Hallpresets aus EZmix Rooms & Verbs für die Drums verwendet, außerdem im Drum-Gruppenkanal einen Dynamik-Drummeffekt aus dem Basisrepertoire von Ezmix2.
Für die Gitarre habe ich das Preset „Clean Vibrato Verb“ verwendet. Wie der Name schon andeutet, kommt hier ein Vibrato-Bodentreter zum Einsatz, daneben Hall, Amp- und Cabinetsimulation. Es stehen die Globalparameter „Modulation“ und „Reverb“ zur Verfügung. Den Modulation-Parameter habe ich animiert, den Hall ein wenig zurückgenommen, damit die Gitarre vorne spielt.
Hier läuft die Gitarre über „Reverb Amp 1“. Hinter den Kulissen kommen eine Amp-Cabinet-Simulation, ein EQ, ein Kompressor, ein Echo und ein Hall zum Einsatz. Den Modulation-Parameter habe ich wiederum animiert:
Hier habe ich eine einfache Gitarre mit der MusicLab RealRick eingespielt, zunächst ohne Ezmix-Effekt:
Und nun mit dem oben bereits verwendeten Preset „Reverb Amp 1“:
Das Preset „Wild Shifts“ benutzt gleich zehn interne Module; steuerbar sind die globalen Parameter „Filter“ und „Tremolo Depth“. Der Giterrensound geht in ein Pad über:
Fazit
Eine Installation von Toontracks EZmix 2 vorausgesetzt, bieten die beiden Mix Packs eine breit aufgestellte Ergänzung der Preset-Library.
Dabei erreichen die auf Impulsantworten basierenden Halls aus Rooms & Verbs die Qualitäten vergleichbarer Presets deutlich teurerer nativer Hallerzeuger. An der Audioqualität, der Transparenz und Detailtreue der Hallpresets ist nichts auszusetzen. Sie klingen weder technisch noch kühl und schon gar nicht dünn, sondern bieten von authentisch klingenden kleinen Räumen bis zum Kirchenhall mit schwebenden Echoi-Mustern auf den musikalischen Gebrauch zugeschnittene räumliche Kulissen.
Auch die Indie Guitar Effekte können überzeugen. Die Amp-Cabinet-Simulationen liegen auf Augenhöhe mit hierauf spezialisierten Plugins. Man trifft auf zahlreiche Effekte mit ansprechendem Vintage- oder Retro-Feeling. Manche Effekte, die intern auf komplexe Modulketten mit bis zu zehn Einzeleffekten zurückgreifen, wären mit Hilfe entsprechender Spezialsoftware nur aufwändig nachzubauen. Wie bei den Halls gilt auch für die Indie Guitar – Effekte: Klanglich brauchen sie den Vergleich mit entsprechenden Presets nativer Gitarren-Racks nicht scheuen.
Alles in allem sind beide EZmix – Packs eine klare Empfehlung für alle, die auf Toontracks CPU-schonendes und mit einem Minimum an Bedienaufwand zurecht kommendes Konzept setzen.
Wie sich das Produkt im Vergleich unter 14 Hallerzeugern geschlagen hat, erfahren Sie hier.
Testautor: Holger Obst
Plus:
- Vielseitigkeit
- gute Klangqualität, vergleichbar mit Spezialsoftware
- geschmackvoll gestaltete Multi-Gitarreneffekte (Indie Guitars)
- niedriger Preis
Minus:
–
Preis: je 39.- EUR
Hersteller: Toontrack
Systemvoraussetzungen:
- EZmix 2.1
- Windows ab 7
- Mac (nur Intel) ab OS X 10.6
- AU, VST, AAX (32 und 64 Bit) RTAS (32 Bit)
Zusammenfassung
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95%
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70%
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30%
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100%
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100%
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100%
Auf den Punkt gebracht
Alles in allem sind beide EZmix – Packs eine klare Empfehlung für alle, die auf Toontracks CPU-schonendes und mit einem Minimum an Bedienaufwand zurecht kommendes Konzept setzen. Dabei erreichen die auf Impulsantworten basierenden Halls aus Rooms & Verbs die Qualitäten vergleichbarer Presets deutlich teurerer nativer Hallerzeuger.