Test: New Audio Technology Spatial Sound Card
|Installation
Die SSC wird wahlweise für zwei definierte Rechner oder einen USB-Stick lizensiert. Nach dem Anlegen eines User-Accounts generiert man die individuell lizensierte Software und lädt sie herunter. Dieser Prozess wird narrensicher assistiert. Man sollte sich allerdings ein wenig Zeit dafür nehmen. Bis alles fertig zusammengestellt und heruntergeladen ist, kann eine Stunde vergehen. Kurzweiliger und sinnvoller Zeitvertreib wird in Form von Tutorials angeboten. Abgesehen davon ist es auch nicht erforderlich, die Wartezeit vor dem Rechner zu verbringen. Man kann sich sogar per Email informieren lassen, wenn der Installer fertig ist.
Inbetriebnahme
In meinem Fall platziere ich die SSC zwischen Cubase und Audio Interface. Es gibt hierfür ein kleines Routingmenu in der SSC, wo jedes verfügbare Output Device schnell zugeordnet werden kann. In Cubase funktioniert das über das „Geräte konfigurieren“-Menü unter VST-Audiosystem durch Wahl des ASIO-Treibers:
Nun tauchen die 8 Ein- und Ausgänge der virtuellen SSC auf:
Die aktiv/inaktiv-Anzeigen passen sich den entsprechend eingerichteten Ein- und Ausgangskanälen in Cubase an. Legt man also einen Surroundausgangskanal an, so werden die zugewiesenen SSC-Kanäle automatisch aktiv geschaltet.
Startet man die SSC-Software, so kann es passieren, dass man erst einmal nichts sieht. Auf meinem Testsystem (Mac OSX 10.6.8) fand sich nach dem Starten des Programms kein entsprechender Eintrag in der Kopfzeile oben links, sondern als Icon oben rechts. Dort lässt sich nun das Hauptfenster öffnen, welches sich folgendermaßen präsentiert:
Es gibt auch eine minimalisierte Anzeige beim Betätigen des orangefarbenen Knopfes oben links.
Per Default erscheint hier die 5.1-Surroundabhöre des vom Studio-Magazin betriebenen Studios. Zu jedem Lautsprecher findet sich ein Volumenregler sowie Solo- und Mute-Taster. Weitere Einstellungen nimmt man in den Menüs „5.1“, „Headphone Surround“ und „Edit“ vor. Zudem steht in einem weiteren Menü eine Auswahl an Studioumgebungen bereit – hier wird jeweils der Name der aktiven Studioumgebung angezeigt.
Die Bedienung im Detail
Bei der SSC geht es in erster Linie um Kopfhörersurroundsound. Man kann zudem auch auf 5.1 beschränkte Sequencer wie beispielsweise unsere Cubase-Testumgebung durch Anlegen eines 5.1- und eines Stereo-Masterausgangs 7.1-surroundfähig machen. Dazu legt man einfach die Ausgänge der Stereo-Mastersumme auf die beiden freien Kanäle der SSC. Headphone-Surround wird über das entsprechende Menü eingeschaltet. Hier findet sich auch eine praktische Bypass-Funktion – falls man zwischendurch vom Kopfhörer auf die physikalischen Monitore umsteigen will.
Die Auswahl der virtuellen Abhörumgebungen umfasst einige namhafte und sündhaft teuer eingerichtete Recordingstudios, dazu andere Locations wie etwa ein Planetarium oder ein Übertragungswagen. Hier die Palette an 5.1-Abhören …
… und
Anders als in der gegenwärtigen Version des Spatial Audio Designers verfügt die SSC zudem neben dem Dense-Regler über weitere Anpassungsmöglichkeiten der virtuellen Studioakustik. Hierzu gehört eine Hüllkurve für das Klangverhalten der Reflexionen.
Wer es also lieber etwas trockener haben möchte, kann hier – für Höhen, Mitten und Bässe getrennt – nicht nur das Abklingverhalten sondern auch die Erstreflektionen bis hin zum Direktschall einstellen, folgerichtig auch nicht Decay sondern Envelope benannt:
Die Wirkung dieser Hüllkurve ist hörbar, wenngleich subtil. Man sollte diese Funktion also nicht mit der Nachhallkurve eines virtuellen Hallerzeugers verwechseln, wo eine solche Option zu drastischen Veränderungen des Raumklangs führen kann. Hier geht es aus gutem Grund nur um Nuancen: Der Charakter der eingemessenen Studios und Abhörumgebungen soll ja nicht verfremdet werden. Um den Höhenverlust durch Lautsprecherwiedergabe sowie ggf. leichte Raumresonanzen etwas auszugleichen bzw. zu glätten gibt es eine aktivierbare Room-Compensation-Funktion. Da man beim Mischen eigentlich keine weitere Verfärbung durch den Kopfhörer wünscht, sondern ‚nur‘ die virtuellen Lautsprecher hören möchte, gibt es als weitere Option eine Kopfhörerkompensation mit Presets für einige gängige Studiokopfhörer. Hüllkurven und Equalizeranpassungen können als eigene Presets abgespeichert werden. Änderungen am EQ und an der Hüllkurve sowie das Betätigen der Bypass-Funktionen führen derzeit (Stand Oktober 2013) allerdings zu einer kurzen Unterbrechung des Audiostreams, sodass eine fließende Echtzeitkontrolle und ein nahtloser A/B-Vergleich nicht möglich ist. Dies soll sich laut Hersteller aber noch zeitnah ändern.
Nicht zuletzt gibt es einige Presets für 5.1- und 7.1-Setups sowie eins für eine Stereobasis. Letzteres ist für klassische Stereoabmischungen mit dem Kopfhörer gedacht, interessant z. B. für junge Projektstudios, die noch nicht über ein großes Budget verfügen und noch keine teure Abhöre besitzen – und auch für die Laptop-Arbeit unterwegs.
Die Anpassung der Monitorlautstärken und das Stummschalten einzelner Kanäle ist beim Abmischen äußerst hilfreich. So kann man auch außerhalb des Sequencers schnell überprüfen, ob die Instrumente wirklich dort erklingen, wo sie spielen sollen und auch unerwünschte Verfärbungen, etwa durch EQing-Fehler, schnell lokalisieren. Der zusätzliche Master-Regler mit Mute-Taste unten links im Bedienfeld funktionierte hingegen auf unserem Testsystem (Mac OSX 10.6.8) nicht. Dies ist leider dem Audiotreiber unseres Interfaces geschuldet, der einfach kein Mastervolumen bereitstellt (…)! Mit dem Build-in-Treiber im Mac reagiert der Master in der SSC jedoch ganz wie gewohnt, auch mit den F11/12 Tasten.
Audioqualität und Anwendungsmöglichkeiten
Wer meinen Test zum Spatial Audio Designer gelesen hat wird sich kaum wundern, dass auch die SSC in puncto Echtheit des räumlichen Hörerlebnisses fast auf der ganzen Linie überzeugt – schließlich werden hier dieselben Algorithmen und HRTFs verwendet. Links/rechts und vorne/hinten lassen sich Schallquellen (sprich: Instrumente) klar und deutlich lokalisieren. Es kommt nicht zu einer verfärbten oder verwaschenen, unscharfen Klangwiedergabe, wie bei manch anderem Hersteller, der sich mit Virtualisierungen auseinandersetzt. Mit der SSC öffnet sich der Raum, die Instrumente haben Luft zum Atmen.
Wenn man sich an die Arbeit macht alte, liebgewonnene Stereo-Projekte im DAW-Sequencer zu einem 5.1-Surroundmix umzuarbeiten, muss man sich nicht zuerst vier neue Monitore einschließlich Subwoofer anschaffen. Mit der SSC wird die Arbeit auch unter einem guten, handelsüblichen Kopfhörer zu einem reinen Genuss. Die Im-Kopf-Lokalisation beim herkömmlichen Abhören mit dem Kopfhörer verschwindet. Man hört Instrumente und Feinheiten, die im Stereomix zuvor untergegangen sind. Einziger Schwachpunkt bleibt die Center-Position, in der Entfernungen (zwischen Schallquelle und Hörer) nicht so differenziert abgebildet werden wie bei seitlichen oder rückwärtigen Positionen. Hier haben allerdings auch teure, hardwarebasierte Mitbewerber (wie der Smyth Research Realiser) das selbe Problem und arbeiten keineswegs besser.
Abgesehen vom 5.1-Surroundgenuss mit dem Kopfhörer eignet sich die SSC auch ganz hervorragend für Stereoabmischungen. Wer sich nicht glücklich schätzen darf, auch nachts mit erstklassigen Monitoren in einer eingemessenen Raumakustik abmischen zu können, sollte sich die Demoversion unbedingt einmal herunterladen. Das Angebot an virtuellen Studioumgebungen ist von hoher Qualität und macht das Abmischen mit dem Kopfhörer zum Vergnügen. Fast vergisst man, dass man nicht mit echten Boxen unterwegs ist. Auch hier tritt die gefürchtete Im-Kopf-Lokalisation nicht auf.
Vergleich zum Spatial Audio Designer
Die SSC ist im Gegensatz zur Plug-in-Lösung Spatial Audio Designer schneller installiert und lässt sich per Bypass-Schalter im schnellen Wechsel mit der physikalischen Studioumgebung umschalten. Allerdings kann der virtualisierte Zweikanalmix nicht abgegriffen und aufgezeichnet werden, weshalb es hier auch keine Audiodemos gibt. Ein kleiner eingebauter Recorder hätte hier Abhilfe geschaffen. Die SSC hat also keine Exportfunktion und ist als reines Arbeitswerkzeug, also als virtueller Ersatz für eine Zwei- bis Achtkanalabhöre gedacht. Der Spatial Audio Designer erlaubt hingegen in Kooperation mit dem Sequencer das Exportieren von virtualisierten Zweikanalaudiodateien, sodass auch Konsumenten am Hörerlebnis teilhaben können.
Fazit
Die SSC überzeugt auf der ganzen Linie. Die Klangqualität des virtualisierten Audiostreams ist erstklassig: Transparent, detailliert, ohne jegliche Verfärbung. Über den Kopfhörer kommt man in den Genuss einer professionellen Studioumgebung. Bei den eingemessenen Locations hat man eher die Qual der Wahl. Das Abmischen von Stereo- und Surroundmixen ist nun mit dem Kopfhörer uneingeschänkt möglich. Der Preis der virtuellen Soundkarte ist außerordentlich günstig; ein Ausprobieren mittels Demoversion kann ich jedem Projektstudiobetreiber, der auch mit dem Kopfhörer abmischen will oder vielleicht sogar muss, nur empfehlen.
Plus
- Überzeugende räumliche Lokalisierung von Surroundsignalen mit dem Kopfhörer
- Stereoabmischungen ohne Im-Kopf-Lokalisation mit dem Kopfhörer
- Erstklassige Audioqualität
- Highres bis 384Khz (vorausgesetzt Rechner, Quell und Player können es)
- Auswahl an ausgesuchten, eingemessenen Studios
- Einfache Handhabung
- Räumliches Klangverhalten der virtuellen Umgebungen einstellbar
- Equalizer-Anpassung für Kopfhörer
- Günstiger Preis
Neutral
- Kein eingebauter Recorder zum Aufzeichnen des virtualisierten Zweikanalsignals
Andreas Ecker
Preis (Stand: November 2013)
- 169 Euro