Test: Soundiron Voice of Wind: Adey

Test: Soundiron Voice of Wind: Adey

Mit Voice of Wind: Adey beginnt Soundiron eine neue Reihe von Gesangslibraries. Im Fokus steht die Mezzo-Sopranistin Adey Bell, deren vielseitige Stimme in einer Reihe von Kontakt-Instrumenten zur Verfügung steht.

Recording und Studiotechnik

 

Überblick

Mögliche Anwendungen reichen von klassischen Kompositionen bis zu Ethno, Pop, Blues, Folk oder Jazz. Die Stimme kann neben eigenständigen Song-Kompositionen auch die Filmmusik, Spielevertonung und Multimedia bereichern.

Neben den typischen Vokal-Gesängen plus Summen (Aa, Ee, I, Oo, Uu und Mmmh), die echte Legato-Samples für diverse Intervalle beinhalten, gibt es Staccatos mit stattlichen acht Round Robins und eine große Auswahl an improvisierten melodischen Phrasen für die unterschiedlichsten Stimmungslagen, eingesungen in 100, 120 und 140 BPM. Die von Kontakt bereitgestellte Tempo-Sync-Funktion wird bei Adey genutzt und macht es möglich, die Phrasen in weiten Bereichen abseits des Originaltempos flexibel einzusetzen. Neben 12 Kontakt-Instrumenten gibt es als Extra 20 Effektklänge, die auf Basis der Gesangsaufnahmen erstellt wurden und vornehmlich das gut bestückte, interne Effekt-Board nutzen.

Die Library wiegt rund 2 GB und beinhaltet mehr als 3100 Samples in 24 Bit / 48kHz. Voraussetzung ist die Vollversion von Kontakt 5.5.2. Der kostenlose Kontakt-Player wird nicht unterstützt.

Wer andere Soundiron-Gesangslibraries kennt, wird anhand der beschriebenen Eckdaten schon erkennen, dass der Hersteller mit den Voice of Wind – Libraries nahtlos an die Voice of Gaya – Serie und Voice of Rapture anschließt. Sie finden auf releasetime mehrere Tests zu Einzelprodukten dieser Serien. Dort sind Parameter und Funktionen ausführlich dokumentiert, die auch hier wiederkehren, sodass wir bei diesem Test nicht ganz so tief in die Details einsteigen. Sie gelangen zu den Tests der anderen Libraries, indem Sie oben rechts im Suchfeld der Startseite von releasetime „Soundiron“ eingeben. Hier einige direkte Links: Voices of Rage, Voice of Raprure: The Bass, Voice of Gaia: Francesca Genco.

 

Die Kontakt Instrumente

Legato-Hauptinstrument

Das Patch Adey Legato beinhaltet alle Vokal-Gesänge sowie Summen mit echten Legato-Samples.

Die Key-Switches liegen werksseitig außerhalb des Standards einer 88-Tasten-Klaviatur. Anstatt die Tastatur zu transponieren, lassen sich die Key-Switches mit einem Klick beliebig verschieben.

Die eigentlichen Gesangssamples decken drei Oktaven ab, von C3 bis C6. Die untersten drei Halbtonschritte und die obersten ab Gis 5 klingen allerdings etwas unnatürlich. Dem Höreindruck nach wurden hier Samples transponiert. Aber über gut zwei Oktaven lässt sich die Stimme ausdrucksstark und natürlich spielen.

Die Stimme hat einen angenehm weichen Charakter, schwerelos und fast ein wenig gehaucht bietet sie sich für romantische, liebliche, zarte oder märchenhafte Motive an.

Wie auf der Abbildung oben zu sehen, gibt es mit swell, attack, offset, release und vibrato Parameter, die per Rechtsklick und MIDI-Lerndialog auch externen Hardware-Controllern zugewiesen werden können. Mit swell steuert man die Laustärke und kann so Crescendi und Decrescendi realisieren. Vibrato erzeugt künstliche Tonhöhenschwankungen, mit denen man es nicht übertreiben sollte. Dezent eingesetzt und automatisiert wirkt das Vibrato natürlich. Mit Legato bestimmt man die Geschwindigkeit der Übergänge bei gebundenem Spiel. Autopan verteilt die Stimmen zufällig im Panorama. Schaltet man Legato aus, so erhält man die klassischen Vokal-Chorgesänge.

Eine kleine Kostprobe des Ah-Legatos:

 

Autopan war aktiviert, sodass die einzelnen Noten nach dem Zufallsprinzip individuelle Positionen im Panorama einnehmen. Das automatische Panning ist gut dosiert und fällt nicht als Effekt auf, sondern steuert nur eine angenehme Bewegung bei. Angenehm ist auch, dass die einzelnen Samples mehrere Sekunden lang sind. Erst nach etwa acht bis zehn Sekunden greift ein Loop, der zwar keine Knackser beisteuert aber dennoch bei aufmerksamem Hören als Bruchstelle wahrnehmbar ist. Letztlich wird man kaum eine Note so lange halten.

Hier habe ich die Eh-Artikulation polyphon und damit ohne Legato gespielt. Die Lautstärke (swell) und das Vibrato habe ich gemeinsam per Modulationsrad gesteuert:

 

Das Summen ist naturgemäß leise (Nur wenigen Menschen gelingt es, in Forte oder Fortissimo zu summen). Ich habe das Summen für das folgende Audiodemo um 20 dB angehoben. Dabei wird deutlich, wie sauber und rauschfrei die Aufnahmen sind. Mit eingeschaltetem Legato, Legatogeschwindigkeitsregler bei Null:

 

Fährt man den Regler auf 100 hoch, so klingt es folgendermaßen:

 

Die Unterschiede bei verschiedenen Legatogeschwindigkeiten sind teils subtil. Der kleine Fehler mit dem Stimmenaussetzer für wenige Millisekunden liegt nicht am Legato-Script, sondern ist im Sample enthalten:

 

Staccato

Das Staccato-Instrument verfügt über Vokale in verschiedenen Lautstärken, zwischen denen nicht per Anschlagsdynamik, sondern per Key-Switch gewechselt wird.

Mit dem Swell-Parameter kann man zudem die Lautstärke variieren. Dabei wird dem Höreindruck nach anders als beim Key-Switch-Einsatz nicht zu lauter eingesungenen Samples per Crossover gewechselt, sondern lediglich das Volumen geregelt. Ungeachtet dessen kann man eine Dramaturgie auch mit dieser einfachen Lautstärkesteuerung entwerfen.

Die Staccato-Samples klingen ausgesprochen natürlich, was nicht zuletzt daran liegt, dass hier acht Round-Robins eingesetzt werden.

 

Hier habe ich zwischen den verschiedenen Vokalen gewechselt:

 

Das ungenaue Timing ist nicht Soundiron anzulasten, sondern liegt am Einspielen ohne Metronom.

Komme wir zu Adey Phrase Bright. Wie man sieht, ist das Instrument recht komplex.

 

Bei den Phrasen handelt es sich nicht um Verse, sondern um Vokal-Improvisationen. Diese können im Originaltempo, synchron zum Songtempo oder auch variabel eingesetzt werden. Nur im Modus „variable“ kann man die Geschwindigkeit des Samples in Echtzeit per Stretch-Parameter (und via MIDI-Learn über einen externen Controller) steuern. Damit ist es möglich, auch mitten im Sample zu beschleunigen oder zu verlangsamen, wodurch der Ausdruck der betreffenden Phrase stark verändert werden kann. Bei anderen Sample-Libraries ist es mir schon untergekommen, dass es beim Beschleunigen oder Verlangsamen von Samples mitten im Abspielen zu unerwünschten Lautstärkeschwankungen gekommen ist. Bei Adey gelingen solche Operationen artefaktfrei.

Es werden Phrasen in diversen Tonarten angeboten:

Über den Parameter „Pitch“ lassen sich alle Phrasen eines Sets um bis zu zwei Oktaven transponieren. Ab einer Transponierung von drei bis vier Halbtonschritten verändert sich allerdings der Stimmcharakter und wird zunehmend unnatürlich. Zusammen mit den Originaltonarten werden dennoch alle Tonarten in Dur und Moll ohne Mäuscheneffekt abgedeckt. Die Transponierung kann man auch per Steuer-Tasten (grün eingefärbt) vornehmen:

Diese Tasten liegen oberhalb des normalen Spielbereichs einer 88er-Klaviatur, die transponiert werden muss, um die Tasten zu erreichen.

Mit eingeschaltetem Legato wird zwischen den Noten überblendet, sodass es nicht zu abgehackten oder brüchigen Wechseln kommt.

Ein Mittel für experimentelle Gesänge ist der Step-Sequencer, mit dem in verschiedenen Ablaufmustern Noten- und Silbensequenzen konfiguriert werden. Im Modus „Knob Follow“ wechselt man per Controller zwischen den Fragmenten. Für jeden Step lässt sich ein Abschnitt aus dem Sample mittels Start- und Endpunkt definieren. Zum Sequencer finden Sie ausführliche Erläuterungen und auch weitere Anwendungsbeispiele bei den eingangs erwähnten Tests der anderen Soundiron-Gesangslibraries.

Diese Sequenz besteht aus fünf Silbenfragmenten, die zufällig abgespielt werden:

 

Ich habe einige lang gezogene Noten dazu eingespielt. Step-Sequencer und normales Einspiel lässt sich in einem Patch kombinieren. Sie starten den Sequencer mit der in Lila eingefärbten Taste, spielen über die blauen Tasten weitere Samples ab und fügen über die gelben Tasten Atemgeräusche hinzu:

Die Auswahl an Phrasen ist enorm und erstreckt sich über neun Instrumente. Die Instrumente bieten jeweils Phrasen in verschiedenen Tonarten, wie in der Abbildung unten links im Aufklappmenü gezeigt:

Dabei handelt es sich immer um individuelle Phrasen. Wechselt man also zwischen den Tonarten, so wird nicht etwa die selbe Phrase in unterschiedlichen Tonarten gesungen, sondern pro Tonart ein komplett neues Set geladen.

Will man eigene Melodien entwerfen, so kann man das problemlos mit einem darauf spezialisierten Programm wie etwa Celemony Melodyne oder Antares Auto-Tune machen. Solche Arbeiten gelingen sehr gut, denn die Samples aus Voice of Wind Adey liegen absolut trocken vor. Was Sie in den bisherigen Audiodemos an Hall hörten, ist auf den IR-Raumsimulator im integrierten Effektboard zurückzuführen:

Es stehen diverse Räume zur Verfügung (s. o.). Zu den Raumtypen wie Cathedral, Chamber oder Large Room (etc.) gibt es über ein zweites Aufklappmenü noch weitere Spezifizierungen, also unterschiedliche Positionen in der Kathedrale (Close, Far) oder unterschiedliche Räume (bei Large Room). Die Raumqualitäten sind gut und können auch mit Spezialisten mithalten. Wer aber den Gesang mit anderen Effekten bearbeiten oder im selben Raum wie auch die Geigen platzieren will, wird einen externen Raumsimulator einschalten und profitiert dann ebenfalls von den trockenen Samples, vermischt also nicht Raumanteile, die nicht zusammenpassen und zu einem mulmigen, wabernden Reflexionsmonster führen können.

Hier noch einige Phrasen aus dem Instrument „Phrase Dark 100 BPM“ im Originaltempo:

 

Das klingt eher sanft, etwas nach innen gekehrt und ein wenig melancholisch. Hier war übrigens einer der internen Kathedralenhalls (Cathedral/Church Far) beteiligt.

Auch die gesummten Phrasen sind mit dem bekannten Set an Parametern ausgestattet:

 

Sie liegen ebenfalls in verschiedenen Dur-Tonarten vor, verfügen unter anderem über Timestretching und den erwähnten Sequencer. Auch stark verlangsamt, nämlich bei 80 BPM anstatt des Originaltempos vom 120 BPM sind sie noch für epische, getragene Szenen verwendbar:

 

Ein kleines Experiment mit dem Harmony-Modul von iZotope Nectar 2:

 

Im Ordner „Custom“ finden sich Effektklänge:

Ein paar Akkorde mit dem Patch „Echoes“ schaffen bereits Atmosphäre:

 

Fazit

Mit Adey startet Soundiron eine neue Serie von Gesangslibraries unter der Bezeichnung „Voice of Wind“. Dabei knüpft der Hersteller an Voice of Gaya und Voice of Rapture an: Auch Adey ist in vollem Umfang einer Solistin gewidmet, der Mezzo-Sopranistin Adey, deren zarte, melodiöse Stimme in stattliche 2 GB und mehr als 3000 Samples gegossen wurde.

Die zum Tempo synchronisierbaren Vokal-Improvisationen bieten genug Material für zahlreiche Projekte, sei es Ethno-Pop, Balladen oder Filmmusik und artverwandte Genres. Die Stimme kann rundum bezaubern und ist exzellent aufgenommen worden.

Außergewöhnliche Experimente gelingen, indem man bis zu 32 Samplefragmente per Sequencer in Bewegung setzt.

Auch die Legato-Patches mit diversen Vokalen und echten Legato-Samples können überzeugen und sind polyphon (dann ohne Legato) auch für Chorgesamg geeignet. Die Staccato-Patches sind mit ganzen acht Round Robins ausgestattet. Ein Machinegun-Effekt bzw. öde Wiederholungen ein und desselben Samples hintereinander sind damit ausgeschlossen.

Die Aufnahmequalität spielt sich auf gewohnt hohem Niveau ab. Auch die internen Impulsantworten sind von ansprechender Qualität. Im Gegensatz zu manch anderen Vocal-Libraries von Soundiron wurde dieses mal auf eine doppelte Mikrofonierung verzichtet, zugleich der Preis aber reduziert.

Voice of Wind können wir eine klare Empfehlung aussprechen. Die Library ist genreübergreifend für jeden interessant, der eine ausdrucksstarke, sanfte weibliche Stimme sucht. Auch wer bereits einige Gesangslibraries besitzt, findet hier für vergleichsweise kleines Geld eine Bereicherung seines Repertoires.

Plus:

  • charismatische Stimme
  • zahlreiche tempoflexible Phrasen
  • Vokal-Legato-Patches
  • saubere Aufnahmen in hoher Qualität
  • trockene Originalsamples sind bestens geeignet für externe Effekte und Pitch/Time-Spezialsoftware
  • exzellentes Preis-Leistungsverhältnis

Minus:

Preis: (UVP, Stand Oktober 2018): 99,00 US Dollar

Hersteller: Soundiron

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