Test: sonible smart:EQ+, proximity:EQ+ und entropy:EQ

Fazit

Bereits sonible frei:raum lieferte neben einem intelligenten Equalizer außergewöhnliche Effekte für die Gewichtung von Rauminformationen sowie zur Schärfung des Klangbilds durch Betonung oder Abschwächung markanter (atonaler) Teilklänge. Die Rede ist vom SmartEQ, dem ProximityEQ und dem EntropyEQ. Diese drei Module aus frei:raum sind nun einzeln erhältlich, was nicht nur einen differenzierteren Einsatz und weniger CPU-Last mit sich bringt, sondern auch den Geldbeutel schont, wenn man sich nicht gleich alle drei zulegt. Es gibt allerdings auch ein EQ+ Bundle, das alle drei Plug-ins enthält. Mit dem Bundle liegt man zwar knapp über dem Preis von frei:raum, spart aber 20% gegenüber den einzelnen Plug-ins.

Der smart:EQ+ erlaubt differenzierte Eingriffe in den Gesamtklang und kann Instrumente betonen, den Mix insgesamt transparenter und frischer machen. Nach dem Lernmodus schlägt er eine hochauflösende Filterkurve vor, die über die vollparametrischen Equalizer nun nach allen Regeln der Kunst gewichtet werden kann. Der Aufbau der beiden anderen Kandidaten ist identisch, was die Ausstattung mit Filtern betrifft.

Der proximity:EQ+ geht eher sanft mit dem Material um und kann den Sound prägnanter machen, indem er Raumanteile verringert. Entgegengesetzt lassen sich auch Gruppen in den Hintergrund schieben, indem Raumanteile verstärkt werden. Ein komplettes Trockenlegen des Signals ist mir im Verlauf dieses Tests nicht gelungen, mit vergleichbaren Mitbewerbern allerdings auch nicht. Dazu müsste man gröbere Mittel heranziehen, etwa fortgeschrittene Transientenformer, Gates oder Lösungen wie den kürzlich getesteten Drum Leveler von SoundRadix. Alle diese Alternativen beseitigen aber nicht nur den Raumklang, sondern greifen auch in die Sustain- und Releasephase der Instrumente ein.

Auch beim proximity:EQ+ gibt es eine Gewichtungskurve und obendrein einen Modus, in dem die einzelnen Filter nicht mehr der Proximity-Kurve dienen, sondern als herkömmliche Filter Teilspektren anheben oder absenken können. Unser Vergleich mit drei Mitbewerbern zeigt, dass der proximity:EQ+ nicht der Allrounder für drastische Eingriffe ist, dafür aber sehr feinfühlig und ausgesprochen musikalisch mit dem Audiosignal umgeht. Zudem wird er zu einem vergleichsweise niedrigen Preis angeboten.

Der entropy:EQ+ geht deutlich kräftiger zur Sache, kann Transienten betonen und in einem Mix gehörig aufräumen. Da er drastisch zupacken kann, besteht allerdings auch die Gefahr von Artefakten, wenn man es übertreibt. So können bei hartem Einsatz verwaschene Noise-Fahnen oder andere Klangverfärbungen auftreten. Zwar machen diese Artefakte den Einsatz als Extrem-Effekt nicht zunichte – sie liegen meist noch innerhalb des Toleranzbereichs (wenn man nicht ausgesprochen puristisch an die Sache herangeht). Eine sorgfältige Dosierung und ein geschickter Einsatz der Gewichtung per EQ löst aber so manches Problem. Hat man den Dreh erst einmal raus, macht der entropy:EQ+ richtig Spaß und erschließt neue Möglichkeiten des Klang-Designs. Ein schönes Beispiel aus unserem Test ist die Bearbeitung der akustischen Gitarre, deren Anschlag er ausgesprochen prächtig herausarbeitet. Da kommt allenfalls noch ein akribischer Umgang mit Melodynes Sound Editor mit, allerdings nicht als Echtzeit-Bearbeitung und ohne die Möglichkeit der Automation.

Das Plus-Zeichen als Namenserweiterung steht für die Zusatzfunktionen (intelligente Klangoptimierung, Bearbeitung der Rauminformation sowie der Transienten bzw. der tonalen/atonalen Bestandteile) und deutet zudem darauf hin, dass sich – im Vergleich zu frei:raum – etwas getan hat: Vor allem die verschiedenen Betriebsmodi der nunmehr acht (zuvor sieben) Filter erweitern den Einsatzbereich der Plug-ins. Diese Doppelfunktion beim proximity:EQ+ und beim entropy:EQ+ wird insbesondere dann wichtig, wenn man sich nur eines der beiden Plug-ins zulegt. Dann hat man nämlich (über zwei Instanzen hintereinander) einen professionellen Achtband-Equalizer (wenngleich ohne den Lernmodus des smart:EQ+) und zudem noch den jeweiligen Spezialeffekt mit Gewichtungskurve.

Ein skalierbares Interface, ein A/B-Vergleich, Undo/Redo und ein Preset-Management erleichtern die Bedienung.

Die Möglichkeit, eigene Presets abzuspeichern, ist angenehm. Werkspresets gibt es überraschenderweise nicht – überraschend deshalb, weil kaum ein Hersteller, der seinem Plug-in einen eigenen Browser spendiert, auf eigene Presets verzichtet. Selbst bei herkömmlichen Equalizern findet man solche. Dass sonible dem User hier nichts anbietet und offenbar ganz auf dessen Kreativität setzt, ist nicht wirklich tragisch, doch einige Vorlagen für den Schnelleinstieg wären speziell beim entropy:EQ+ eine sinnvolle Ergänzung.

Das Trio eignet sich für Klangdesign, Klangkorrekturen und kann sowohl für einzelne Instrumente und Gruppen als auch für das Abmischen und Mastern verwendet werden.

Weniger erfreulich ist, dass Rechenleistung auch beim VST3 Plug-in eingefordert wird, wenn die Bypass-Funktion aktiviert ist. Zumindest gilt das für unser Testsystem (s. Anhang). Hier sollte der Hersteller nachbessern.

Trotzdem haben wir den drei Plug-ins unsere Best Product Award verliehen: Die Klangqualität, Musikalität und die Einzigartigkeit der Möglichkeiten, die hier geboten werden, tragen in der Summe dazu bei, dass man ohne Übertreibung von Top-Produkten sprechen kann – und das zu einem kundenfreundlichen Preis, der auch noch zwei Lizenzen beinhaltet.

Testautor: Holger Obst

Plus:

  • außergewöhnliche, teils einzigartige Effekte
  • hohe Audioqualität
  • musikalischer, kein technischer Klang
  • vielseitige Einsatzgebiete vom Sounddesign bis zum Mixen und Mastern
  • sinnvolle Erweiterungen gegenüber der Start-Version von frei:raum
  • geringere CPU-Last gegenüber frei:raum erlaubt die Anwendung mehrerer Instanzen beim Mixdown (nicht live)
  • übersichtliche, logische Bedienung

Minus:

  • CPU-Leistung wird auch im Bypass-Betrieb eingefordert
  • artefaktfreies Arbeiten mit entropy:EQ+ erfordert etwas Eingewöhnung
  • keine Werkspresets/Templates

Preise:

  • smart:EQ+, proximity:EQ+, entropy:EQ+: jeweils 129.- EUR;
  • Bundle 309.- EUR.
  • Ein Crossgrade für frei:raum wird aktuell nicht angeboten.

System:

  • PC: Win 7 aufwärts
  • Mac: OSX 10.7 aufwärts
  • Formate: AAX, AU, VST2, VST3
  • 32 und 64 Bit

Hersteller: Sonible www.sonible.com

Testsystem:

Win 8.1 PC, Intel 6-Core i7, 5930K, mit 3,5-3,8 GHz CPU unter Cubase 9 Pro, RME Fireface 802, Testprojekt mit 44,1 kHz Samplerate und 24 Bit Auflösung.

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