Test: SoundRadix Drum Leveler

Bedienelemente

Der zentrale Bereich wird von ausreichend dimensionierten Pegelanzeigen flankiert, die mit einem Gain-Level kombiniert sind. Die Kanäle sind per default verlinkt. Im M/S-Betrieb ist diese Verlinkung aufgehoben, und man kann durch das Lautstärkeverhältnis zwischen Mittel- und Seitensignal auch die Stereobreite beeinflussen.

Unter anderem stehen folgende Parameter zur Verfügung:

Sensitivity: Der scheint in der Version 1.1.1 hinzugekommen zu sein, findet sich nämlich nicht im Handbuch. Trotzdem schön, dass er da ist. Eigentlich würde ich einen Threshold dahinter vermuten, von denen gibt es aber ja schon zwei. Dem Höreindruck nach greift er in die zeitliche Analyse ein und betont in der Rechtsdrehung zunehmend die dynamischen Abläufe, während das Signal in der Linksdrehung eher gleichförmiger bewertet wird.

Target Level: Wie bereits erwähnt, gibt man hier die Ziel-Lautstärke für den bearbeiteten Bereich vor. Ebenso wie die beiden Thresholds wird Target Level als Linie dargestellt. Mit Alt-Klick springt sie auf -6 dB zurück.

Compression: Hier stellt man von 0 bis 100% ein, wie stark die Signale zwischen den Thresholds auf das Target-Level gezogen werden sollen. Bei 100% erreichen alle Hits das Target-Level. Liegt dieses beispielsweise bei -12 dB, erreichen alle detektierten Hits genau diese Ziellautstärke. Unterhalb von 100% wird der Prozess dann zunehmend relativer und damit dynamischer und nahe 0% subtil.

Im Expansion-Modus wird die Dynamik vergrößert. Ein Hit, der 3 dB über dem Traget Level liegt, erreicht bei -100% Compression (= 100% Expansion) 6 dB, ein Hit, der 6 dB unterhalb des Target Levels liegt, erreicht danach -12 dB. Man kann also sehr gezielt auf die Dynamik von Teilklängen eines Beats Einfluss nehmen.

Target Level stellt in diesem Fall also keine absolute, sondern eine relative Ziellinie dar. Bei der Arbeit mit dem Drum Leveler vergisst man das schnell und gerät dann in eine Try-And-Error-Arbeitsweise hinein.

Minimum Retrigger Time legt die minimale Zeitspanne fest, bis eine erneute Detektion stattfindet und ein erneuter Dynamikeingriff erfolgen kann.

Hold Time legt die Zeitspanne fest, innerhalb dessen eine Dynamikveränderung unverändert stehen bleibt.

Recovery bestimmt die Zeitspanne, bis das Regelverhalten komplett abgeklungen ist. Die Recovery-Time setzt mit dem Ende der Hold-Time ein und entspricht dem, was man Release nennt. Hohe Werte bewirken, dass beispielsweise die Kompressor-Funktion pumpt, ohne die neutrale Position wieder zu erreichen. Niedrige Werte eignen sich, um einzelne Schläge regelrecht herauszumeißeln.

Die Lautstärkefunktion eines Kompressors oder Expanders funktioniert sozusagen nach einem Hüllkurvenprinzip, wobei das Attack beim Drum-Leveler automatisch, also programmabhängig erfolgt und im Hintergrund durch das Zusammenspiel der Dynamik des Eingangssignals mit den Thresholds und der Kompressionsstärke geregelt wird. Dadurch nimmt Drum Leveler dem User eine Menge Arbeit ab, verkürzt die Lernphase und klingt musikalisch: Der Effekt setzt nicht urplötzlich ein (und bügelt dabei alle Transienten platt), ebenso wenig endet er abrupt, wenn der Low Threshold unterschritten oder der High Threshold überschritten wird – es sei denn, man hat es genau darauf angelegt, etwa um Buzz-Effekte zu erzeugen (dazu später mehr).

Gain Range legt den Lautstärkebereich fest, innerhalb dessen Dynamikveränderungen erfolgen. So lassen sich beispielsweise übertriebene Peaks im Expansion-Modus begrenzen, ebenso zu starke Signalabschwächungen durch den Kompressor.

Schmal und unscheinbar präsentiert sich das Sidechain-Filter am unteren Rand …

… doch für den chirurgischen Einsatz ist es unerlässlich und liefert die dritte Dimension. Die dritte Dimension?

1. Pegelabhängiges Regelverhalten durch die beiden Thresholds, Kompression/Expansion, Gain Range
2. Zeitabhängiges Regelverhalten durch Minimum Retrigger, Hold und Recovery
3. Frequenzabhängiges Regelverhalten durch das Sidechain-Filter.

Das Filter liegt im Detektionsweg des Dynamikmoduls, beeinflusst also nicht direkt den Frequenzgang des hörbaren Signals und arbeitet wahlweise im Bandpass- oder Bandstopp-Modus. Am besten schaltet man es in den Solo-Modus (der als Kontrollfunktion dient), um sich anzuhören, auf welche Frequenzbereiche man die Detektion fokussiert. Erst mit Hilfe des Filters lässt sich Drum Leveler so einstellen, dass tatsächlich die Bassdrum mehr oder weniger ausgeblendet werden oder eine Snare weit nach vorne wird.

Indirekt kann man mit dem Filter aber auch in das hörbare Frequenzspektrum in Form eines Sound-Designs eingreifen: Wenn man Lautstärke- und Dynamikveränderungen auf ein Teilspektrum begrenzt, ergibt sich daraus auch eine andere Klangfarbe.

Drum Leveler kann noch mehr: Die Sidechain-Funktion kann auch für ein externes Signal verwendet werden. Dabei arbeitet man mit einem externen Audiosignal zur Steuerung der Dynamik. Dieses Signal kann (in Cubase aber auch anderen DAWs) über den Send-Weg einer Audiospur oder einer Instrumentenspur zum Drum Leveler geroutet werden. Sollte Ihre DAW diese Funktion nicht unterstützen, legen Sie einfach eine Kopie des Audio-Tracks an, der den Drum Leveler steuern soll, und routen diese Kopie auf den Sidechain-Eingang. Die Alternative mittels Kopie hat zudem den Vorteil, dass man hier sogar noch mit einem zeitlichen Versatz des Triggersignals arbeiten kann.

Beispielsweise kann eine Bassdrum auf den Drum-Leveler im Snare-Kanal einwirken. Man kann die Bassdrum verwenden, um ihre eigenen Signalanteile im Snare-Kanal (Übersprechungen) zu unterdrücken.

Drum Leveler mit seinen fortgeschrittenen Fähigkeiten eröffnet aber noch ganz andere Perspektiven.

Bei herkömmlichen Kompressoren bietet sich externes Sidechain-Routing an, um etwa die Begleitinstrumente in einer Gruppe mittels Sidechain-Kompressor durch den Gesang in ihrer Lautstärke ein wenig abzuschwächen. (Der Effekt stammt ursprünglich aus dem Broadcasting, wo der Sprecher die Musik massiv übertönt, wenn er hineinplappert.)

Drum Leveler macht hingegen Klangexperimente und messerscharfe Eingriffe in Beats möglich, wenn sich die einzelnen Instrumente gegenseitig in ihrer Dynamik beeinflussen. Eine neue Spielwiese für Klangbastler.

Was Drum Leveler nicht kann, ist eine direkt über das Plug-in zuweisbare MIDI-Steuerung. Eine solche Funktionserweiterung liegt angesichts des Effekttyps, um den es hier geht, auch nicht nahe. Schließlich ist Drum Leveler kein Modulationseffekt.

In Cubase kann man aber über die Quick Controls acht externe Controller zuweisen und etwa die Thresholds variieren, die Stärke der Kompression modulieren oder mit den Zeitparametern spielen. Spannende Experimente für fortgeschrittenes Klangdesign tun sich auf.

Was sehr ungewöhnlich ist: Drum Leveler verfügt über keinen Bypass Schalter. Die Bypass-Funktion in der Kopfzeile des Cubase-Plug-ins (VST3) verfügt ebenfalls über keinen Bypass-Taster. Auch auf die globale Bypass-Funktion reagiert Drum Leveler nicht. Da wundert es schon fast, dass Drum Leveler wegen Verletzung der VST-Regeln nicht auf der Blacklist von Cubase Pro 9 gelandet ist. Für den schnellen Vergleich zum unbearbeiteten Signal kann man unter B neutrale Einstellungen vornehmen oder das Plug-in ganz ausschalten, was aber eine kurze Unterbrechung der Audio-Wiedergabe des gesamten Projekts zur Folge hat.
Es kann sein, dass die Bypass-Funktion anderer DAWs funktioniert. Sollten Sie mit einer anderen DAW unterwegs sein, hilft ein Antesten der Demo-Version.

Was ich ebenfalls vermisse, ist ein Mix-Regler für Parallel Processing. Drum Leveler ermöglicht drastische Effekte. Man kann sich behelfen, indem man Gain Range und Gate Range in Richtung 0 dB bewegt.

 

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