Test: Toontrack EZX Post-Rock für EZdrummer 2
|Toontracks EZdrummer hat sich als Groove-Arranger einen Namen gemacht. Klangfutter für die Beats gibt es in Form zahlreicher Erweiterungspakete. Post-Rock EZX ist des Schlagzeugers Antwort auf die ungestüme Kraft der Natur – behauptet Toontrack.
Diese proklamierte Nähe zur Kraft der Natur kommt nicht von ungefähr: Eingespielt wurden Trommeln und Blech in Island – während draußen vor den Panoramafenstern des Studios Wind und Wetter tobten. Das Werbevideo zu Post Rock visualisiert (unter anderem) die kraftvolle Verbindung zwischen schwerem Schlagwerk und Naturgewalten – Prädikat sehenswert.
Also: Voll klingend, cineastisch, dramatisch sollen sie sein, diese Drums, zu denen passende Grooves gleich mit geliefert werden. Im Post-Rock EZX sind rund ein Drittel der gesamten Grooves enthalten, die während den Aufnahmesessions eingespielt wurden.
Wer in den Genuss der gesamten Kollektion von rund 400 Pattern kommen möchte, kann sich für eine überschaubare Zusatzinvestition von 25.- Euro das MIDI-Pack „Post-Rock Grooves“ zulegen. Geboten werden 4/4, ¾ und 6/8 straight und mit Swing. Ein kleiner Ausschnitt:
Man sieht schon, hier muss gescrollt werden – es steht reichlich Material zur Auswahl. Die Grooves funktionieren übrigens auch mit anderen Sample-Libraries der EZdrummer, EZdrummer 2 und der Superior Drummer Serie (bzw. mit virtuellen Drums anderer Hersteller, sofern das Mapping übreinstimmt). Auch zu Toontracks Superior Drummer finden Sie bei uns einen Test.
Kurzfassung
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Auf den Punkt gebracht
Die Auswahl der handverlesenen Instrumente, die Zusammenstellung der Kits und der Raumklang ergeben zusammen mit den stilsicheren, ausdrucksstarken Grooves ein in sich ruhendes, kraftvolles Schlagzeug-Paket.
Überblick
Post-Rock beinhaltet ganze vier Kits: ein Rogers von 1964, ein Sakae Trilogy, ein Tama und ein Yamaha. Das Sakae-Kit liegt auch in einer mit Besen und Felt Mallets (filzbezogene Klöppel) gespielten Version vor. Die Kits bestehen aus Bassdrum, Snaredrum, zwei Hänge- und zwei Standtoms, Hi-Hat sowie drei Becken-Slots (die mit Crash- und Ride-Becken bestückt werden können). Als Zugabe sind sechs extravagante Percussion-Instrumente an Bord, in der Grafik symbolisiert durch einen Stiefel (klingt wie tieffrequente Claps), eine Stufe der Eisentreppe (klingt entsprechend wie eine dicke Blechplatte), ein Piano (Holzklopfer), eine Meditationsschale „Singing Bowl“ und ein zusätzliches Becken, welches mit dem Bogen gestrichen oder angeschlagen vorliegt („Trash Gong“).
Im ersten Audiodemo kommen der Pianoklopfer, die eiserne Treppenstufe, die singende Schale, der Trash-Gong, ein Shaker und vom Rogers Kit die Bassdrum sowie ein Tom zum Einsatz:
Die chorähnlichen Klänge stammen von Soniccouture Box of Tricks, Instrument „Whirly Tubes“ (in der Luft kreisende Staubsaugerschläuche), die geflüsterten Staccatos aus Soundirons Pop-Vocal-Library Strawberry.
Eingespielt und abgemischt wurden die Kits von Anar Gislason. Birgir Jon Birgirsson hat elf Mixer-Presets erstellt. Die Aufnahmen fanden in den Sundlaugin Studios, Reykjavic, statt. Der ursprünglich als Schwimmbad genutzte Raum steuert eine voluminöse, angenehm rund klingende Ambience bei. Wer sich mit EZdrummer auskennt, weiß, dass im Mixer die Mikrofonierungen detailliert bearbeitet werden können. Die Direktmikrofonierung kann beispielsweise auf Einzelausgänge gelegt und die trockenen Samples auch mit externen Raumsimulatoren oder anderen Effekten bearbeitet werden. Näheres zu den Möglichkeiten von EZdrummer 2 finden Sie in unserem Test und unserem Tutorial zu diesem Produkt.
Kits & Grooves
Im Folgenden stelle ich einige Kits anhand der mitgelieferten, teils auch aus dem Add On – MIDI-Pack stammenden Grooves vor:
Wir fangen mit dem Rogers an, Session: Seismology, 84 BPM, Variationen aus den Ordnern Breakdown (8 Takte) und Built Up (8 Takte).
Der Groove ist schwer, basslastig und verfügt über Tiefe. Die Hi-Hat wirkt nur sehr dezent, Bassdrum und Toms sind die Hauptakteure. Man beachte die Verteilung der Toms im Panorama. Das Kit mit der Mixer-Konfiguration „Basic Rogers“ klingt dabei angenehm warm. Wie sich noch herausstellen wird, trifft dies auf die gesamte Library zu.
Noch etwas satter klingt es mit der Mixer-Version „Processed Rogers“. Hier kommt unter anderem eine Bandsättigungs-Simulation zum Einsatz.
Ähnlich wie bei Toontracks EZmix 2 sind Anpassungen am Sound betont einfach gehalten: Es stehen einige globale Regler zur Verfügung, im Hintergrund wirken teils komplexe Algorithmen.
Über das Abmischen der Lautstärken von Overhead-Mikros, Ambience, Reverb, Distortion und FX-Kanal sind weitere Klanganpassungen möglich. Insert-Effekte bietet EZdrummer (im Gegensatz zu Toontracks Superior Drummer) nicht. Wer detailliert in das Klanggeschehen eingreifen will, kann dies über die bereits erwähnten Einzelausgänge und externe Effekte tun.
Deftig wird es mit dem Lo-Fi Rogers, hier mit zwei Built Up – Variationen (aus der Session „Laki“, 140 BPM), dazwischen ein Fill, alles aus dem Add On – Pack:
Etwas präziser, nicht ganz so vintage-mäßig aber dennoch druckvoll und dunkel präsentiert sich das Basic Yamaha – Set mit 14-Zoll- Aluminiumsnare.
Will man der Snare mehr Biss verleihen, so bietet sich der Regler „Bottom Snare“ aus dem Mixer Menü an:
Jetzt klatscht das Netz deutlich hörbar gegen das Bodenfell der Snare:
Das „Distorted Tama“ klingt schön schmutzig und ein bisschen böse, vor allem, wenn man den comp-Kanal im Mixer etwas lauter einstellt. Die Beats stammen aus der Session „Askja“ und wurden bei 150 BPM eingespielt:
Der Schmutz lässt sich bei Bedarf genau dosieren:
Mit „Small Oak“ klingt derselbe Beat so:
Zum Einsatz kommt eine 14 Zoll Ludwig Steel Snare …
… eine 16 x 18 Zoll Yamaha Oak Custom Bassdrum …
und eine 14 Zoll Sabian Hi-Hat.
Auf den letzten drei Abbildungen können Sie (auszugsweise) erkennen, welche Instrumente für Snare, Hi-Hat und Bassdrum innerhalb des Post-Rock – Packs angeboten werden. Kits können frei zusammengestellt werden. Soweit andere EZX-Packs vorhanden sind, können auch Instrumente aus diesen Libraries in die Kits integriert werden.
Zwei Build Up – Variationen aus der Session „Eldfell“, eingespielt bei 70 BPM, hier mit dem Kit „Big Oak“:
Die Yamaha Oak Custom Snare und Oak Custom Bassdrum geben hier den Ton an.
Solche Beats klingen auch bei höheren Tempi gut. Da alle Beats auf MIDI-Pattern basieren, also bei tempowechseln kein Audiomaterial gedehnt oder gestaucht wird, gelingen Tempoveränderungen artefaktfrei. Den zuletzt benutzten Beat hören wir uns nun bei 120 BPM mit dem Kit „Roomy Sakae“ an:
Eine 6,5 x 14 Zoll Sakae Trilogy Snare und eine 16 x 22 Zoll Sakae Trilogy Bassdrum ersetzen hier die Pendants von Yamaha.
Hier habe ich die Tonhöhen von Snare, Standtom und Bassdrum verändert:
Die Snare-Figur mit Ghost-Notes und kleinen Wirbeln klingt nun beinahe militärisch.
Das Sakae Trilogy steht auch in einer mit Besen gespielten Variante zur Verfügung. Im folgenden Audiodemo habe ich nur für das Standtom die Besen-Variante verwendet und die Snare (die mit Stöcken gespielt wird) gegen eine Ludwig Steel ohne Netz getauscht:
Zwei Built-Up-Pattern der Session „Grimsnes“, bei 116 BPM eingespielt, und mit dem Sakae Brushes – Kit:
Das Sakae Kit gibt es auch mit Felt Mallets gespielt. Im folgenden Audiodemo habe ich mittels Edit Style den zuvor benutzten Beat verändert und mehr Toms, dazu die Stufe der Stahltreppe hinzugefügt.
Dynamik und Abwechslungsreichtum
Die Instrumente des Post-Rock Kits sind alle dynamisch ausdrucksstark spielbar. Hier exemplarisch ein Test der Larusson Custom Titanium – Snare von Velocity = 10 bis zu 127:
Dem Höreindruck nach sind auch alternierende Wiederholungssamples an Bord. Spielt man Repetitionen auf einer Snare oder einem Tom bei identischer Anschlagsstärke, so sind dezente Abweichungen im Klangbild der Samples erkennbar, etwa wie bei Wechseln zwischen Linke- und Rechte-Hand-Schlägen:
Das Gleiche gilt auch für die Toms, Becken und Hi-Hat.
Nun wird niemand so extrem gleichmäßig einspielen. Die Kombination aus dynamisch gestaffelten Samples (Velocity Layer) und den alternierenden Wiederholungssamples (Round Robins) machen in der Praxis den lebendigen, authentischen Klang perfekt.
Fazit
Toontracks Post-Rock EZX für EZdrummer ist eine runde Sache. Das Projekt Post-Rock-Drums mit authentischem, musikalisch-organischem Vintage-Sound, ist von A bis Z stimmig konzipiert und konsequent, mit liebevoller Detailarbeit, umgesetzt worden. Die Auswahl der handverlesenen Instrumente, die Zusammenstellung der Kits, das Ambiente und damit der Raumklang, ergeben zusammen mit den stilsicheren, ausdrucksstarken Grooves ein in sich ruhendes, kraftvolles Schlagzeug-Paket.
Die Kits erweisen sich dabei als sehr vielseitig: Auch mit Besen und Klöppeln gespielte Kits sind an Bord, und für experimentelle, atmosphärische Beats stehen einige außergewöhnliche Percussion-Instrumente zur Verfügung.
Eine Auswahl an Mixer-Presets präsentiert die Instrumente variantenreich: nah und intim, raumgreifend und voll, schmutzig und im Lo-Fi-Stil.
Die Anschlagsdynamik und der Abwechslungsreichtum lassen nichts zu wünschen übrig. Der Klang ist warm, voluminös, kraftvoll – tendenziell dunkel bis düster. Die Audioqualität bewegt sich auf zeitgemäß hohem Niveau. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Auf Hochglanz polierte Edel-Drums werden hier nicht geboten – das ist auch nicht das Ziel der Post-Rock-Drums.
Der Anspruch an die CPU ist erfreulich niedrig, sodass man diese Drums auch live und mit geringer Latenz ohne Audioaussetzer spielen kann.
Wie alle Ergänzungslibraries profitieren die Post Rock – Drums von der EZdrummer Engine, die es erlaubt, die Tonhöhe und die Dynamikspanne einzelner Instrumente anzupassen, die einen Mixer mit fertigen Sound-Presets und Einzelausgängen bereitstellt und die vor allem ein Kompositionswerkzeug einschließlich Song Creator beinhaltet, mit dem man im Nu aus den Vorlagen weitere spannende und authentisch klingende Beat-Variationen erzeugen kann.
Der Preis ist ausgesprochen fair. Da die Grooves rundum gelungen sind, empfiehlt sich als Ergänzung zur Sample-Library auch das Add On – Pack mit weiteren Post Rock MIDI Grooves.
Testautor: Holger Obst
Plus:
- stimmiges Konzept
- erdiger, voller, dunkler Klang
- dynamisch und abwechslungsreich spielbar
- ausdrucksstarke Grooves
- günstiger Preis
Minus:
–
Preis:
- EZX Post Rock: 69.- EUR
- MIDI Grooves Post Rock, Add On Pack: 25.- EUR
Systemvoraussetzungen:
- EZdrummer
- Plattformen: Mac, PC
- Formate: AU, VST, RTAS, AAX, Standalone
- 32 und 64 Bit
Hersteller: Toontrack