Test: Ueberschall Deep House und Techno ID
|Test: Ueberschall Deep House und Techno ID
Die beiden Loop-Libraries bieten angesagten Club-Sound, beinhalten auch Vocals und werden mit den Funktionen des kostenlosen Players Elastik 2 zu einem Klanglabor.
Anwendungsgebiete und Gemeinsamkeiten
Mit den Construction Kits kann man Loops
- einzelner Instrumente,
- Effektsounds,
- Gesangsphrasen,
- Sub- und kompletter Mixe
nach eigenem Geschmack arrangieren. Durch eine abwechslungsreiche Abfolge aufgeräumter bis voll instrumentierter Passagen sind problemlos Steigerungen bzw. eine ansprechende Dramaturgie möglich.
Die Libraries eignen sich für das rasche Erstellen von Songs. Alle Loops eines Construction Kits stellen eine Vielzahl teils alternativer Passagen eines kompletten Songs dar.
Die angezeigten Genres werden stilsicher getroffen; die Loops liegen praktisch produktionsfertig abgemischt vor und harmonieren im Sound miteinander. Es ist jedoch auch problemlos möglich, Loops anderer Kits oder anderer Libraries zu integrieren.
Da ein überzeugender Song sehr schnell erstellt werden kann, eignen sich die Libraries auch für Filmmusik zu entsprechenden Szenen. Wer unter Zeitdruck arbeitet, wird die reibungslos funktionierenden Vorlagen zu schätzen wissen.
Alle Songpassagen liegen jedoch auch sauber getrennt als einzelne Spuren vor. Wenn man durch die Libraries zappt, was dank Vorhörfunktion des Browsers komfortabel vonstatten geht, ist man überrascht, auf wie viel inspirierende Audioclips man stößt. Insbesondere Deep House hat eine Menge kreativer Audioclips zu bieten, die auch abseits des eigentlichen Ziel-Genres eine echte Bereicherung darstellen.
Anhand der Solo-Loops einzelner Instrumente zeigt sich eindrucksvoll, mit welch hoher Sorgfalt und Liebe zum Detail die einzelnen Spuren aufgenommen wurden. Speziell bei Deep House gibt es viele minimalistische Geräuschloops oder komplette Atmosphären, die nicht zuletzt für die Filmmusik interessant sind.
Zusammenfassung
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Auf den Punkt gebracht
Ueberschall Deep House und Techno ID liefert produktionsfertige Songs der beiden Genres in Form von Loops einzelner Instrumente, Gruppen, des gesamten Mixes – unterteilt in Songabschnitte. Wer sich in die beiden Genres einarbeiten und erste eigene Arrangements erstellen möchte oder für die Filmvertonung überzeugenden Club-Sound sucht, wird hier fündig und hat in Windeseile einen Song erstellt.
Benutzer-Bewertung
( Stimmen)
Techno ID gibt sich straight und auf angesagten Berliner Club-Sound zugeschnitten. Hier ist die Bandbreite fremd verwertbaren Materials deutlich schmaler ausgefallen.
Auch junge Komponisten, die im Bereich Deep House und Techno Deep loslegen wollen, finden inspirierende Vorlagen und Beispiele für Lernzwecke – sowohl was die Instrumentierung als auch den Sound/Mix angeht.
Nicht zu unterschätzen sind die Bearbeitungswerkzeuge der Elastik-Engine, die neben neuen Variationen eines Loops auch extreme Verfremdungen und Klangexperimente ermöglicht. Dadurch lassen sich einzelne Loops oder Ausschnitte gut in Songs einbauen, die überwiegend mit anderen Instrumenten komponiert sind. Insbesondere die Vocal-Loops von Deep House eignen sich für solche „externen“ Verwendungen, aber auch Basslinien, Hi-Hat-Figuren oder Effektsequenzen.
Innerhalb von Elastik erlauben die zplane-Algorithmen sowohl eine Transponierung mit Formantenkorrektur als auch eine über weite Bereiche artefaktfreie Tempoanpassung. Zu den Spezialwerkzeugen für Stutter-Effekte bis Re-Sampling kommen wir am Ende des Tests.
Die Libraries sind übersichtlich nach Construction Kits mit diversen Sub-Ordnern kategorisiert. Das Originaltempo und die Originaltonart wird im Namen eines jeden Loops angezeigt.
Der Browser ist recht komfortabel und erfasst über Such-Optionen alle vorhandenen Ueberschall-Libraries. So ist es beispielsweise möglich, über Genre alle passenden Loops zu erfassen.
Soundqualität und Sounds
Die Loops sind sauber aufgenommen und bearbeitet und exakt geschnitten. Nur wer nach absolut trockenen Instrumenten für eine umfangreiche eigene Bearbeitung mit externen Effekten sucht, liegt hier falsch.
Ueberschall ging es darum, den Sound von Deep House und Techno vollständig einzufangen, und das schließt die Verwendung der passenden Effekte mit ein. Mehr als ein abschließendes Mastering ist nicht zwingend notwendig.
Installation und Autorisierung
Die Autorisierung erfolgt stressfrei per Challenge-Response, am einfachsten über die Standalone-Version von Elastik. Elastik läuft in den gängigen Plug-in Formaten auf Mac und PC.
Die Libraries im Detail / Audiodemos
Deep House
Deep House / Minimal greift die weltweiten Varianten dieses Genres auf, wiegt 3,2 GB und beinhaltet 24 Construction Kits mit weit über 1000 Loops. Diese bestehen aus Drumgruppen, Percussion, Solo-Kickdrums, Keys (Akkorde oder Akkordfolgen), Basslinien, Synthesizer, Gesang, sowie atmosphärischen Effekten. Auch Instrumente, die man nicht unbedingt erwarten würde, sind anzutreffen, so etwa eine waschechte Solo-Trompete mit Retro-Jazz-Sound. Die Originaltempi reichen von 119 bis 127 BPM. (Wie bereits erwähnt, ist man durch die Temposynchronisation durch zplane Algorithmen jedoch flexibel. Auch bei 80 oder 150 BPM klingen die Loops einwandfrei.)
Die Library wurde von Marc Steinmeier und Ron Paul produziert, die im Dance/Club-Genre seit Jahren zuhause sind – von Kompositionen über Remixe namhafter Künstler bis zum Sounddesign und Mastern.
Erfreulicherweise sind Kompressoren ohne Übertreibung eingesetzt worden, der Sound ist also angenehm dynamisch. Nutzt man einzelne Instrumentenloops über die Einzelausgänge von Elastik, so kann man bequem Kompressoreffekte einsetzen, um noch mehr Druck zu erzeugen, eine gute Bandsimulation hinzufügen oder auch mit Excitern arbeiten, um das Obertonspektrum anzureichern.
Unter den verwendeten, also in den Loops enthaltenen Effekten, trifft man beispielsweise auf Ping-Pong-Echos und dezente Reverbs, Vinylknistern, Lo-Fi und Sättigung, sorgsam dosierte Verzerrer und gelegentlich (und glücklicherweise ohne penetrante Übertreibung) den klassischen Auto-Tune-Effekt bei den Vocals. Im Zusammenspiel ergeben die Loops eine exzellente Tiefenstaffelung und ein angenehm breites, offenes Panorama.
Techno ID
Techno ID / Minimal Berlin Techno von Asem Shama ist auf den tendenziell düsteren Techno-Sound Berliner Prägung fokussiert, umfasst 1,4 GB, zehn Construction Kits und 323 Loops mit einer Länge von bis zu 16 Takten. Die Originaltempi liegen in einem engen Bereich von 124 bis 128 BPM.
Das folgende Audiodemo zeigt deutlich, worum es bei Techno ID geht:
Grundlage ist ein treibender Beat, der in seinem Minimalismus eine hypnotische Komponente beinhaltet. Diese entfaltet sich natürlich nicht in Zimmerlautstärke und in der Kürze des Demos, sondern bei Club-Pegel und ausladenden Arrangements. Die einzelnen Loops reproduzieren in einem entsprechend angelegten Arrangement exakt die „Dramaturgie“ des Berliner Techno-Sounds. Im Wechsel zwischen minimalistischen und reicher instrumentierten Passagen mit eingefügten Effekt-Vocals, sehr bodenständigem, reduziertem, knarrendem Analog-Bass entfaltet sich der Sound vom Bauch aus. Melodielinien oder Akkordfolgen sind nicht anzutreffen. Synthesizersounds oder tonale E-Percussion beschränkt sich auf einen Akkord oder wenige Töne. Hier geht es um die pure minimalistische Kraft, garniert mit Synthesizer-Klangdesign und Modulationen zwischen Tonalität und Geräusch.
Hier habe ich drei Loops eingezeichnet: Zur Eröffnung eine Hi-Hat, gefolgt von einer Bassdrum und ab der Mitte der komplette Mix.
Die Bassdrum verfügt über einen beachtlichen Wumms.
Angenehm ist, dass es bei aneinandergeklebten Loops keine Pegelsprünge gibt. Ein Übergang ist dennoch zu bemerken. Diese Problematik entsteht am Beispiels auch durch den abrupten Einsatz des angezerrten und brüchigen Vocal-Effects. Die Stimme klingt wie aus einem Uralt-Radio oder einer Walkie-Talkie-Verbindung mit Akkuproblemen. Da ist es von Vorteil, dass sie auch separat vorliegt. Mit ein wenig Umgruppieren der Balken im Key-Editor von Cubase 8.5 Pro ist das kleine Problem des hörbaren Übergangs gelöst und der Aufbau spannender:
Ein anderes Beispiel:
Die Tracks Drum-Mix, Hi-Hat und Gesang könnten vielleicht noch eine finale Bearbeitung mit Infected Mushroom von Waves vertragen?
Naja … der Originalmix gefällt mir in diesem Fall besser. Der Minimalismus lässt Raum für jedes Instrument.
Ein Versuch mit Waves Parallel Particles:
Schon besser.
Mit u-he Presswerk als Kompressor und Satin zur Bandsättigung und als Echo-Effekt für die Klick-Percussion.
Das kommt meinen persönlichen Klangvorstellungen schon sehr nahe.
Bearbeitungen mit der Elastik-Engine im Edit Modus
Was man mit der Elastik-Engine alles anstellen kann, finden Sie auch in unseren anderen Test zu Ueberschall-Libraries, insbesondere beim Upright Bass.
Während das „Loopeye“ im Normalbetrieb die Wellenform kreisförmig darstellt …
… hat man im Edit-Modus Zugriff auf die Parameter Volume und Panorama …
… ein bei Bedarf extrem steilflankiges Multimode-Filter mit Cutoff und Resonanz, die Transponierung der Tonhöhe und Formanten, eine Hüllkurve, Resampling (Time) und Reverse.
Im Edit-Modus wird immer der gesamte Loop bearbeitet, im Sequence-Modus Ausschnitte daraus. Die Auflösung der Unterteilung geschieht in Notenwerden ab 1/64tel (Buzz-Effekte) und bis zum vollen Durchgang.
So sieht es beispielsweise aus, wenn man eine Hi-Hat (aus Deep House) in 16tel zerlegt und die Hits im Panorama hin- und her springen lässt:
Die Notenlänge der Fragmente lässt sich für alle editierbaren Parameter innerhalb eines Loops einstellen. Man kann also beispielsweise ein Sample in seiner gesamten Länge rückwärts abspielen und einzelne Slices herausgreifen und in der Tonhöhe verändern. Das probiere ich doch gleich man mit Gesang aus Deep House:
Ein Ausschnitt aus dem Original:
Im folgenden Audiodemo habe ich die Hi-Hat wie oben abgebildet verwendet, E-Toms mit Reverse- und Timestretch-Resampling verfremdet und eine Kopie der Vocals im zweiten Durchgang rückwärts laufen lassen, teilweise mit Timestretching. Die Stauchung der Vocals führt in diesem Fall dazu, dass die Slices getaucht und mehrere Oktaven höher mehrfach angespielt werden. (Es handelt sich hier also nicht um den zplane-Algorithmus, der Timestretching mit Formantenkorrektur ohne Mickey-Maus-Effekt erlaubt).
Über die Export-Funktion kann man bearbeitete Loops abspeichern und für künftige Projekte verwenden.
Mittels „Reset Part“ macht man Veränderungen innerhalb einer Parameterbearbeitung eines Loops rückgängig – sehr praktisch, sonst müsste man nämlich sämtliche Slices einzeln zurücksetzen. Ich habe meine Bearbeitung auf diese Weise gelöscht, und so klingt es ohne die Manipulationen:
Die Parameter sind übrigens auch automatisierbar (klassisch wäre beispielsweise eine Filter-Cutoff-Automation bei den Synth-Sounds). In Cubase 8.5 lassen sich die Parameter über die Cubase Quick-Controls auch über externe Spielhilfen steuern.
Fazit
Ueberschall Deep House und Techno ID liefert produktionsfertige Songs der beiden Genres in Form von Loops einzelner Instrumente, Gruppen, des gesamten Mixes – unterteilt in Songabschnitte. Wer sich in die beiden Genres einarbeiten und erste eigene Arrangements erstellen möchte oder für die Filmvertonung überzeugenden Club-Sound sucht, wird hier fündig und hat in Windeseile einen Song erstellt.
Diese Vorgehensweise ist natürlich nicht der Gipfel der Kreativität, aber die Libraries bieten noch erheblich mehr: Über die Solo-Loops der beteiligten Instrumente, kann man diese flexibel übereinanderlegen und eine eigene Spannungskurve und Dramaturgie entwickeln.
Ein nicht zu unterschätzendes Klanglabor erreicht man über den Edit- und Sequence-Mous: Hier trifft man vom Multimodefilter bis zu Reverse-Effekten auf eine Reihe spannender Verfremdungsmöglichkeiten. Für jede Effektbearbeitung kann man eine individuelle Unterteilung in tempoynchrone Slices anlegen und die Parameter pro Slice definieren.
Grundsätzlich können alle Loops frei auf der Klaviatur platziert und an das Tempo oder die Tonhöhe angepasst werden. Loop-Start und Loop-End ist ebenfalls frei wählbar. Über Copy/Paste verteilt man Kopien über die Tasten und über den Edit-Modus mehrere Variationen eines Loops.
Beide Libraries treffen den angesagten Club-Sound punktgenau. Schon beim Vorhören des Materials über den Browser fühlt man sich in die Underground-Clubs der Musik-Metropolen dieser Welt teleportiert. Kein Wunder: Die Macher von Techno ID und Deep House sind bekannte Künstler aus der Szene.
Techno ID ist straight und minimalistisch. Ueberschall spricht von „hypnotischen Grooves“, was keine Übertreibung ist: Beim Stöbern im Browser ist man versucht, einige Loops minutenlang durchlaufen zu lassen und kommt dabei auf den Geschmack – bei entsprechend hohem Pegel, versteht sich (damit meine ich nicht den Alkohol, sondern die Lautstärke).
Eine Verwendung außerhalb der Library und außerhalb des angezeigten Genres liegt allerdings nicht direkt auf der Hand, ist aber dennoch eine Option.
Deep House präsentiert sich im Detail vielseitiger und offener. Auch weisen die diversen Songs stilistisch eine größere Bandbreite auf. Hier findet man Vieles, bei dem man sofort auf „abwegige“ Ideen kommt, etwa atmosphärische Klänge für die Filmmusik oder eine waschechte Jazz-Trompete, die vom Klang her direkt in die 60er Jahre führt. Im Gegensatz zu Techno ID trifft man hier auch auf eine Handvoll Vocals, die ausreichend trocken vorliegen, um sie in anderen Kompositionen mittels Melodyne oder anderen Pitch-Time-Spezialisten (wie etwa Vielklang oder Re-Tune von zplane) einzusetzen.
Unterm Strich sind beide Libraries inspirierend, und es gibt nichts auszusetzen. Noch mehr Bearbeitungsoptionen innerhalb von Elastik wären natürlich toll, etwa eine skalengetreue Transponierung, aber laut Hersteller ist die Version 3 in Sicht und wird einige Neuerungen bringen.
Wer die Elastik Engine ausprobieren möchte, kann sich diese übrigens mit einem kostenlosen Starter-Paket an ausgesuchten Loops aus diversen Üeberschall-Libraries auf der Herstellerseite herunterladen.
Die Preise sind angesichts der Menge an Loops, der Audioqualität und den weit reichenden Bearbeitungsmöglichkeiten absolut fair.
Abschließend möchte ich Sie noch auf unseren Test zu Ueberschall Glitch Art aufmerksam machen – ebenfalls ein rundum gelungenes Produkt.
Testautor: Holger Obst
Plus:
- stilsicher komponierte Loops mit hypnotisch treibenden Grooves
- gute Audioqualität, genretypische Abmischung
- alle beteiligten Instrumente liegen auch solo vor
- vielseitig verwendbar, auch außerhalb des angezeigten Genres (Deep House)
- umfangreiche Bearbeitungen möglich (Elastik-Engine, Edit- und Sequence-Modus)
Minus:
- Die Loops können nicht skalengetreu, sondern nur insgesamt in Halbtonschritten transponiert werden.
Preise:
Deep House: 99.- EUR
Techno ID: 49.- EUR
Hersteller: Ueberschall