Test: Spectrasonics Keyscape Creative

Keyscape Creative ist ein Erweiterungspaket mit mehr als 1200 zusätzlichen Sounds – und es ist für Besitzer von Omnisphere 2 und Keyscape kostenlos.

Sowohl Omnisphere 2 als auch Keyscape haben wir für Sie getestet:

Test Omnisphere 2

Test Keyscape Teil 1

Test Keyscape Teil 2

Test Keyscape Teil 3

Test Keyscape Teil 4

Im vierten Teil des Keyscape-Tests ging es bereits um die Integration von Keyscape in Omnisphere 2. Um davon profitieren zu können, benötigt man natürlich beide Spectrasonics-Instrumente. Wer sich für den Erwerb beider Produkte entschieden hat, wird nun durch zusätzliche Sounds belohnt.

1200 frische Instrumente von Eric Persing und seinem Team sind etwas Besonderes – das geschmackvolle und inspirierende Klangdesign von Spectrasonics ist neben der außerordentlich sorgfältigen Entwicklung der Produkte (für Keyscape wurden zahlreiche antike Exemplare aufwändig restauriert) und der exzellenten Audioqualität eines der herausragenden Merkmale.

Auch nimmt man sich bei Spectrasonics Zeit für die Entwicklung: Die Arbeit an Keyscape nahm sage und schreibe zehn Jahre in Anspruch. Im Fall von Keyscape Creative hat das Team ein ganzes Jahr an den neuen Patches gearbeitet, die die Samples aus Keyscape mit der Engine und den Ressourcen von Omnisphere 2 verbinden. Bislang konnten beispielsweise die Oszillatorparameter nicht auf in Omnisphere 2 integrierte Keyscape-Instrumente angewendet werden – mit Keyscape Creative ist das möglich. Entstanden sind zahlreiche Sounds, die völlig neue Instrumente darstellen und weit über das Repertoire der ursprünglichen Keyscape-Library hinausgehen.

Daneben gibt es für Keyscape einige Verbesserungen,

  • unter anderem eine bessere Performance der LA Custom C7 Piano-Patches,
  • eine „Tweak“-Page des C7 mit detaillierteren Steuerungsoptionen
  • und 15 Velocity-Kurven für gängige Keyboards.

Recording und Studiotechnik

Die Velocity Kurven muss man allerdings erst einmal finden. Man vermutet ja zunächst eine globale Einstellung. Unter Utility oder System findet sich aber nichts. Bei den Oszillatoren (Main Page) wird man fündig.

Die Velocity-Einstellungen sind durchdacht: Für beide Layer kann die Empfindlichkeit der Anschlagsdynamik für die Lautstärke und die Filterhüllkurve eingestellt werden. Die Kurve selbst bietet ein Offset für Pianissimo und eine Deckelung bei Forte Fortissimo. Wer etwa mit einem Hammermechanik-Keyboard einspielt, muss dann nicht mehr mit aller Gewalt in die Tasten hauen, um die Dynamikspitze zu erreichen.

Persönliche Kurven können hier abgespeichert werden, und außerdem findet man die neuen Templates zu einigen Keyboards:

Die Tweak-Parameter des C7 sind etwas für Pianisten mit Feingefühl: Die Anpassungen sind spürbar aber subtil: Hier geht es um das optimale Verhalten des Instruments nach persönlichen Vorlieben.

Unter Utility geht es nun unter anderem auch zu den Video Tutorials (und zum Online-Manual).

Will man in den Genuss der Erweiterung kommen, muss man das Software-, das Library- und das Patch-Library Update (in dieser Reihenfolge) installieren. Dabei sollte man tunlichst nicht den STEAM-Ordner manuell verschieben – das Installationsprogramm erledigt alles automatisch. Eine neue Autorisierung ist nicht erforderlich (anders als beim letzten Update, s. Keyscape Test Teil 4). Nebenbei sei in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hingewiesen, dass Spectrasonics mit den Autorisierungen großzügig verfährt: Wer beispielsweise drei eigene Rechner am Start hat (Studio 1, Studio 2, mobiler Laptop), darf auch die Produkte dreimal installieren. Erst bei mehr als sechs Installationen in kurzer Zeit erwartet der Support von Spectrasonics eine Erklärung dafür, warum man so viele benötigt.

 

Zusammenfassung
  • 100%
    Klangqualität - 100%
  • 100%
    Variantenreichtum der Presets - 100%
  • 100%
    Inspirationsfaktor - 100%
  • 100%
    Preis-Leistungs-Verhältnis - 100%
100%

Zitat aus dem Fazit

Die grandiosen Klänge und Klangmalereien verführen zu stundenlangen Exkursionen.

 

Klangangebot

Innerhalb von Omnisphere 2 kann man bequem zum Keyscape Creative – Archiv navigieren:

Im Weiteren bietet der Browser eine Suchfunktion nach Attributen, eine Favoriten-Kennzeichnung und Vieles mehr (Details dazu in unserem Omnisphere 2 – Test).

Die von Spectrasonics aufgestellte Behauptung, dass man Keyscape-Sounds im Zusatzpaket Keyscape Creative teils nicht mehr wiedererkennt, wollen wir natürlich nicht einfach so hinnehmen, sondern haben die neuen Sounds und Möglichkeiten auch angetestet.

Der Sound „Ayers Rock“ aus der Kategorie „Electronic Mayhem“ bestätigt die Darstellung des Herstellers voll und ganz:

 

Solche Sounds gibt es zahlreich – passend für die ganze Palette von Filmmotiven und Stimmungen. Sie gestalten eine Filmatmosphäre beinahe von selbst. Mehr braucht man nicht. Und Fingerfertigkeit auch nicht: Ich habe die einzelnen Noten ziemlich wahllos eingespielt.

Anschließend habe ich Bewegungen im ORB, die ein Parametermorphing bewirken, als Automation aufgezeichnet.

Es kommt hier tatsächlich nur einer der beiden Oszillatoren von Omnisphere 2 zum Einsatz, und dieser verwendet ein Preset namens „Vinyl Keyscape 01“. Daher also das herrliche Knistern.

Nun kann man noch …

  • Frequenzmodulation,
  • Ringmodulation,
  • Waveshaper,
  • Unisono,
  • Harmonics
  • und Granularsynthese hinzufügen, außerdem
  • Filter,
  • Modulatoren aller Art
  • und natürlich eine Reihe von Effekte-Racks auf Layer- Patch- und Multi-Ebene.

Da beim zuletzt verwendeten Patch nur ein Oszillator am Start ist, bietet es sich an, in den zweiten Oszillatorblock einen weiteren Keyscape-Sound zu laden. Über den Browser der Oszillatoren erreicht man bei Bedarf auch gezielt Keyscape – Sounds (man muss sich also nicht etwa durch endlose Soundlisten wühlen). Unter anderem trifft man dort auf eine ganze Reihe weiterer „Vinyl Keyscape“-Variationen.

Hier habe ich jedoch eine Dolceola als zweite Klangquelle hinzugefügt. Bei meinen wahllos eingespielten Noten bin ich geblieben. Deshalb klingt es zunächst auch nicht so aufregend:

Das soll nicht so bleiben. Aus dem Pling-Pling der Dolceola kann man mit wenigen Handgriffen eine Klangtextur machen: Das Granular-Modul ist für solche Verfremdungen immer eine gute Wahl:

Und ein extravagantes Effekte-Rack mit Resonator und experimentellen Impulsantworten im Effekt Innerspace bewirken bereits eine vielschichtige Transformation – die Modulationsabteilung habe ich dazu noch gar nicht bemüht.

 

Sie merken schon, die Kombination aus Omnisphere 2 und den Sounds aus Keyscape fordert auch zu eigenen Klangexperimenten auf.

Zurück zu den 1200 Presets, von denen ich Ihnen doch zumindest noch eine Handvoll vorstellen möchte:

Hier ist die Chimeatron Vibra Harp am Werk …

… zusammen mit dem „Diffusionsfeld“ aus Omnisphere 2:

 

„Ethernal Time Stretcher“ heißt dieser Sound. Auch hier kann eine simple Orb-Automation mit der Maus (nach Rechtsklick und Enable Host Automation) eine Klangfahrt mit Überraschungseffekten auslösen:

 

Will man eine Filmszene vertonen, kann man solche Klangmorphings in Echtzeit und gezielt einspielen.

Auf der Grundlage des selben Patches: Ein Experiment mit LFO-Modulationen des Ringmodulators und der Stärke der Frequenzmodulation (ohne Orb):

 

Mit den Keyboards aus Keyscape hat das gar nichts mehr zu tun, eher mit einem außer Kontrolle geratenen futuristischen Maschinenpark. Dennoch profitieren solche Experimente von der hohen Klangqualität der Samples.

Es gibt natürlich auch ästhetische Klänge, wie beispielsweise diese Kombination eines Rhodes mit einer Kirchenorgel:

 

Für die Schwebungen im Raum ist das Granular-Modul zuständig.

Wer bei Keyscape Orgeln vermisst hat, findet nun eine ganze Reihe von Exemplaren dieser Spezies:

Ein Thema aus Toontracks Classic Soul MIDI Pack für EZkeys plus EZdrummer 2 mit einem Groove aus Sothern Soul, Gretsch Kit:

 

Bei diesem Patch mit dem Namen „Rusti Mechanical Calliope“ kommen folgende Klangquellen zum Einsatz:

Um den Rost und die brüchige Mechanik zu betonen, habe ich folgende Effekte geladen:

Vor allem der Foxy Fuzz trägt dazu bei, dass der Anschlag schön scheppert:

 

Die „Early `70s Dream Sequence“, eine Kombination aus Pianet (Keyscape) und dem Arp String Ensemble (Omnisphere):

 

Das Optican Track Piano, eine Kombination aus der Optican Marimba (Omnisphere) und dem Wing Tack Tremolo Stereo (Keyscape):

 

Solch eine tolle Patina, ein Sound, der fast von einer Schelllackplatte stammen könnte, findet man nirgendwo sonst, schon gar nicht so detailreich und in dieser Audioqualität. Berührende, fragile Retro-Sounds sind eine Spezialität von Eric Persing & Team. Omnisphere 2 und auch Keyscape haben eine ganze Reihe Klänge mit geradezu wehmütigem Retro-Charme an Bord. In meinem Omnisphere 2 – Test habe ich einige davon vorgestellt – und im Keyscape-Test auch die altgedienten Spielzeugklaviere sowie die nostalgischen Tasteninstrumente, aus denen sich im Laufe der Evolution E-Pianos und Klaviere entwickelten.

 

Fazit

Keine Frage, wer Omnisphere 2 und Keyscape besitzt, sollte sich, falls er es noch nicht getan hat, die kostenlose Erweiterung herunterladen. Viel Speicherplatz wird dafür nicht benötigt. Schließlich basieren die neuen Instrumente auf dem bereits vorhandenen Sample-Pool.

Die grandiosen Klänge und Klangmalereien verführen zu stundenlangen Exkursionen. Man trifft auf manch einzigartigen Sound, der einen so schnell nicht mehr loslässt, und neben dem puren Genuss beim Spielen dieser Patches ist es auch reizvoll, mit dem Orb, den Oszillatorparametern (wie FM, Ringmodulation, Granular-Algorithmus u.s.w.), den Effekten und Modulatoren in ganz persönliche Klangwelten abzutauchen. Wer nicht nur Presets verändern möchte, lädt Keyscape-Sounds in die Oszillator-Blöcke und konstruiert sein eigenes Instrument von Grund auf neu.

Mit vielen Patches schreibt sich die Filmmusik praktisch von selbst, und auch das nächste Ambient Album mit einem Feeling zwischen Meditation und Gänsehaut ist praktisch schon fertig – zahlreiche Sounds sind außergewöhnlich inspirierend und kreativitätsfördernd.

Einzigartige bis eigenwillige Keyboards und Orgeln für Jazz, Rock und Pop jeder Art sind ebenfalls an Bord.

Was für eine Meisterleistung!

Testautor: Holger Obst

Plus:

  • riesiges Angebot inspirierender Instrumente
  • extrem breit aufgestelltes, vielseitiges Repertoire
  • exzellente Audioqualität
  • kostenlose Erweiterung für Besitzer von Omnisphere 2 und Keyscape

Minus:

Systemvoraussetzungen:

Spectrasonics Omnisphere 2 und Keyscape

Hersteller: Spectrasonics