Test: Best Service Celtic Era

https://www.releasetime.de/test-toontrack-ezx-post-rock-fuer-ezdrummer-2/Maestro Eduardo Tarilonte hat wieder zugeschlagen: Mittelalterliche Welten, Sagen und Mythen bleiben ein faszinierendes Thema. Das Angebot ethnischer Instrumente mit Tarilontes Handschrift wächst beständig und hat in der Vergangenheit schon manche Highlights hervorgebracht. Celtic Era widmet sich den klanglichen Wurzeln der keltischen Kultur und reicht rund 2000 Jahre zurück.

 

Recording und Studiotechnik

 

Überblick

Die Sample Library läuft plattformübergreifend auf Best Service Engine 2. Dort sind auch andere Werke Tarilontes zuhause, etwa Forest Kingdom, Desert Winds, ERA Medieval Legends und ERA Persia. Unser Testkandidat knüpft an diese Reihe nahtlos an.

Die annähernd 19 GB große Library bietet 23 Blas-, Saiten-, Tasten- und Percussioninstrumente, welche sich aus einem Pool von rund 18.000 Samples rekrutieren. Mit Cranyx, Cornu und War Horns sind auch antike Instrumente aus der Bronzezeit an Bord, die bislang noch in keiner Samplelibrary verewigt wurden. Nur auf keltische Gesänge muss man verzichten. Wer speziell nach solchen sucht, findet sie in Tarilontes EraII Vocal Codex …

… oder auch bei 8Dio, Laurie, dort leider nicht ganz billig. Doch auch Celtic ERA verzichtet nicht ganz auf menschliche Stimmen: Eine Reihe geflüsterter Verse ist an Bord.

Den Schwerpunkt bilden jedoch die tonal spielbaren Instrumente, die mit großem Aufwand gesampelt wurden. Alleine der groß angelegte Samplepool unterstreicht diese Aussage. Multisamples, mehrere Velocity-Layer und Round Robins machen aus vielen Instrumenten nuanciert spielbare Highlights im Bereich Ethno. Wie die Instrumente klingen, werden wir noch ausprobieren. Jedenfalls fehlt es nicht an unterschiedlichen Artikulationen, sowie echten Legato- und Glissando-Samples. Die Instrumente wurden von genrekundigen irischen Musikern eingespielt.

Als Beigabe finden sich Klanglandschaften. Eine Kombination mit MIDI-Patterns soll zudem authentisches Strumming, etwa bei Akustikgitarren, und Grooves bei Percussioninstrumenten erzeugen. Auch das werden wir noch antesten.

 

Zielgruppe

Die Libraries zielen vor allem auf die Filmmusik, und hier neben Spielfilmen insbesondere auf TV-Dokumentationen. Daneben steht die Spielevertonung im Fokus. Auch Komponisten, die in den jeweiligen Genres unterwegs sind, also beispielsweise Klangmaterial für mittelalterliche oder ethnische Motive suchen, dürfen sich angesprochen fühlen.

 

Die Instrumente im Überblick

Die Protagonisten sind (neben den bereits erwähnten antiken Instrumenten und den Klanglandschaften):

  • die irisch-keltische Flötenfamilie: Flutes, Whistles, Pipes

Saitensinstrumente:

  • keltische Harfe,
  • irische Fiddle (Geige)
  • Akustikgitarre (Anschlag: Finger, Plektrum, strummed)
  • irische Bouzuuki
  • Tenor Banjo

Tasteninstrumente:

  • zwei Concertinas.

Percussion:

  • mit verschiedenen Schlegeln gespielte Rahmentrommeln verschiedener Größen (Bodhran, Bass Bodhran)

 

Die Instrumente im Detail

Alle 23 Instrumente in allen Funktionen vorzustellen, würde den Rahmen dieses Tests sprengen. Wir greifen daher aus den jeweiligen Gruppen einzelne Kandidaten heraus und schauen uns dabei auch die technische Aufbereitung und die zur Verfügung stehenden Spielvariationen an.

Wir starten mit den antiken Instrumenten aus der Bronzezeit. Unter Carnyx finden sich gleich mehrere Patches:

Die Carnyx war ein Vorläufer der Trompete und diente zwischen 200 vor und 200 nach Christus vor allem als Signalinstrument bei kriegerischen Auseinandersetzungen. Informationen zu jedem Instrument sind über die Info-Taste abrufbar.

Während man den Info-Text recht gut lesen kann, sind die Beschriftungen der opulenten Oberfläche ein klarer Fall für die Lesebrille – falls Sie zu den Mitmusikern fortgeschrittenen Alters gehören.

Hier finden sich Regler für die Lautstärke (3), Expression (4), Panoramaposition (5), Hall (6), Attack (7) und Release (8). Was gelbe und weiße Tasten bedeuten, wird im Info-Text nicht erwähnt, aber wer nicht das erste Mal ein Sample-Instrument vor sich hat, wird (treffsicher) ahnen, dass die gelben Tasten der Wahl von Artikulationen dienen und die weißen den klangauslösenden Spielbereich markieren.

Unter den 13 Spielweisen für die alte Kriegstrompete finden sich einige einzigartige Repetitionen, die man so nicht mit dem Aneinanderhängen von einzelnen Sustain-, oder Stakkato-Noten und auch nicht mit Legatofunktionen erzeugen könnte. Wie wir noch sehen und hören werden, sind ausgefallene Spielweisen ein Markenzeichen dieser Library.

Hier hören Sie eine der Repetitionen des Instruments Cranyx / Calls 1. Das Instrument lässt sich über drei Oktaven spielen.

 

In der Originaltonlage klingt das in der Tat nach einem 2000 Jahre alten Schlachtruf. Auf Anhieb fallen ein paar grundlegende Eigenschaften auf, denen man an vielen Stellen der Library begegnet:

Der monströse Hall ist allgegenwärtig und für Demonstrationszwecke sicher sinnvoll. Zappt man durch die Instrumente, so kann diese Überdosierung des Raumklanges auch nerven. Zum Glück reicht ein kleiner Klick auf den Miniaturschalter oberhalb des Hall-Reglers, und schon hört man die vorbildlich trocken aufgenommenen Samples.

Sicher ist Ihnen bei dem Audiodemo auch aufgefallen, dass sich die Geschwindigkeit der Repetition bei den Abwärtsschritten um eine Oktave jeweils halbiert. Hier liegen offenbar keine Multisamples, sondern eine einzige Aufnahme vor, die über den gesamten Spielbereich transponiert wird. In den unteren Lagen klingen die Calls des Cranyx nicht mehr natürlich, können aber als Effektklang dienen.

Diese Beschränkung auf ein Sample findet man nur bei Calls oder speziellen Ornamenten. Die meisten Instrumente der Library sind (auch) klassisch tonal spielbar und mit diversen Artikulationen ausgestattet. Es gibt eine Version des Cranyx, welche unter anderem Legato, Crescendo, Flutter und Marcato bietet – als Multisamples samt Velocity-Layern und Round Robins.

Hinzu kommen in Echtzeit steuerbare Parameter:

Neben den Standards Volume und Expression, Panorama, Attack und Release sind das Stakkato Speed (1), Marcato Speed (2), Vibrato Intensität (3) und Geschwindigkeit (4) sowie die Lautstärke von Release-Samples (5).

Die antiken Instrumente sind eine wahre Fundgrube für malerische Klangornamente, die nur noch wenig Beiwerk brauchen, um beispielsweise Szenen in nordischer Landschaft musikalisch aufzuwerten. Hier hören Sie Windgeräusche aus Soniccouture Geosonics, das Patch Battlefield Sorrow aus der Kategorie Soundscapes von Celtic Era und einige Spielweisen der Carnyx Calls 1:

 

Und so hört sich eine Collage aus Carnyx Calls 2 mit dem selben Hintergrund an. Als Hall habe ich Altiverb 7, Forest Austerlitz, verwendet:

 

Da die Originalsamples absolut trocken sind, kann man nach Belieben externe Klangbearbeitungen und Effekte einbinden, ohne dabei durch einen Raumklang eingeschränkt zu sein.

Carnyx Calls Low, ohne Hall:

 

Das zweite historische Instrument ist das Cornu, ein etwa drei Meter langes, in großem Bogen geschwungenes Horn, welches aufgrund seiner Dimension und seines Gewichts vom Spieler nicht nur kräftige Lungen verlangte. Es wurde von den Römern als Signalhorn während der Schlachten eingesetzt.

Als Sample-Instrument liegen diverse Spielweisen vor, die per Hot Keys (1) gesteuert werden: Der Artikulationswechsel beginnt mit der nächsten Note und dauert nur so lange, wie die betreffende Steuertaste gehalten wird.

Welche Artikulation man gerade benutzt, wird auch (ohne Lesebrille lesbar) zentral in der Grafik angezeigt (7). Die Steuertasten sind in diesem Fall recht bunt gemischt: Die blauen Tasten wechseln zu einem Vibrato und Slurred Vibrato mit ornamentreichen Tonübergängen. Hier kommen echte Legato-Samples zum Einsatz.

 

Diese „geschleiften“, unsauberen Legati klingen ungemein authentisch und heben sich mit ihrer archaischen Note von den typischen sauberen Legati bei Sample-Libraries klassischer Instrumente deutlich ab.

Das Instrument verfügt auch über kurze und lange Crescendi. Bei diesen Spielweisen sind auch polyphone Fanfaren möglich. Der Pegelverlauf der einzelnen Crescendo-Samples ist synchron. Bei mehrstimmigem Spiel kommt es auch nicht zu Phasenauslöschungen (wie sie beim Doppeln und Stretchen von Samples auftreten können).

 

Auch die Ausstattung mit fließend modulierbaren Parametern ist üppiger als bei der Kriegstrompete: Die Geschwindigkeit des Staccatos (4), Marcatos (5) und Vibratos (2) kann geregelt werden, beim Vibrato zusätzlich die Intensität (3).

Da bei der Sustain-Spielweise auch ohne Vibrato bereits geringfügige Tonhöhenschwankungen enthalten sind, überlagern sich diese mit dem virtuellen Vibrato, wenn man es einblendet. Moduliert man nun noch die Geschwindigkeit des Vibratos, so klingt es ausgesprochen natürlich und ist vom sturen LFO-Leiern weit entfernt. Mit dem Expression-Pedal lässt sich zugleich die Dynamik fließend steuern. Man kann also seine eigenen Crescendi und Decrescendi entwerfen und Spannungsbögen gestalten.

Hier habe ich die Lautstärke, die Intensität und Geschwindigkeit des Vibratos moduliert:

 

Diese Ur-Trompete klingt herrlich blechern und dezent brüchig, eine archaische Facette, die man bei aufpolierten, perfekten Klassik-Trompeten nicht findet. Ungenauigkeiten kommen aber auch von anderer Seite ins Spiel: Die Samples sind nicht geloopt, und während einige Noten auf ausreichend lange Samples zugreifen, sind andere Sustain-Samples etwas kurz geraten.

Hier hören Sie die Noten E3, F3, G3 und A3, alle mit dem Maximalwert für Expression und in der Sustain-Artikulation des Cornu:

 

Die Töne werden alle unterschiedlich lange gehalten. Das Attack bei A3 ist im Gegensatz zu den anderen Noten etwas sanfter ausgefallen. Lässt man die Taste erst nach dem kompletten Abspielen der Samples los, so werden kurze Release-Samples hörbar, die hier einfach nicht hingehören. Deren Lautstärke kann man über den Release-Regler steuern (wie wir es bereits beim Cranyx gesehen haben). Lässt man die Taste vor Beendigung des Samples los, so passt das angehängte Release.

Einen kleinen Ausrutscher gibt es bei den Round Robins der Note A3 bei der Stakkato-Spielweise. Grundsätzlich gefallen die kernigen Attacks des Stakkatos, doch hier hat sich ein falsches Sample eingeschlichen, das den Ton eine Oktave höher spielt. Die Oktavwechsel beim A3 im folgenden Audiodemo sind also ungewollt:

 

Wir wechseln zu den nächsten Instrumenten, den War Horns. Die beiden Kriegshörner klingen im Vergleich zu den anderen beiden Ur-Instrumenten weicher, sanfter und bringen es auch in der Maximalstellung von Volume und Expression nicht auf einen ähnlich hohen, dominanten Pegel. Auch hier findet man eine Reihe von „Calls“, also Spielweisen und kurzen Ornamenten, die ursprünglich als Signale zur Kriegsführung gedacht waren.

 

Einige Calls eignen sich auch für Szenen zwischen Naturromantik und Einsamkeit.

Es gibt ein Big Horn und ein Black Horn. Bei den Calls wechselt man per Key-Switch zwischen verschiedenen Signalfanfaren, die jeweils über mehr als zwei Oktaven spielbar sind, wobei allerdings (wie schon bei den Calls des Cranyx) ein Sample über den gesamten Bereich transponiert wird.

Das Big Horn gibt es auch als tonal und polyphon spielbares, aufwändig gesampeltes Instrument, welches ähnlich ausgestattet ist wie das Carnyx und das römische Cornu: Geboten werden Multisamples und diverse Spielweisen, unter anderem Slurred Legato, Flutter, Mortando, Falls und Crescendi. Auch die Vibrato-Geschwindigkeit und Intensität kann wiederum über Regler bzw. Spielhilfen gesteuert werden.

 

Wir kommen zu den Tasteninstrumenten:

Zwei Concertinas, Ziehharmonikas, sind an Bord. Die erste klingt etwas klarer und härter, die zweite etwas lieblicher und weicher, mit Tendenz zum Musette-Akkordion. Eduardo Tarilonte hat vor einigen Monaten eine erweiterte Akkordion-Library für NI Kontakt Player herausgebracht,

die ebenfalls eine Ziehharmonika beinhaltet, welche sich durch kräftige Nebengeräusche und Patina von Mitbewerbern abhebt. Genau das ist auch hier der Fall.

Vergleicht man das Kontakt-Instrument mit den beiden Ziehharmonikas aus Celtic Era, so handelt es sich dem Höreindruck nach um andere Instrumente, also nicht etwa um eine Zweitverwertung der selben Samples. Die beiden Concertinas aus Celtic Era wirken intimer, näher, archaischer und nicht so voll im Klang.

Bei den über vier Oktaven spielbaren Ziehharmonikas steuert man die Lautstärke fließend über den Parameter Bellow Pressure (Druck auf den Balg) (1). Der Expression-Regler ist zwar vorhanden, jedoch außer Betrieb. Den Volume-Regler sollte man nicht auf Maximum stellen, sonst kommt es bei hohen Werten für Bellow Pressure zu einer Übersteuerung und digitalen Verzerrung. Über Button Press (2) und Button Release (3) dosiert man die Nebengeräusche beim Anschlagen und Loslassen der Tasten. Per default sind diese bei einem Anschlag ab Mezzoforte aufwärts etwas laut eingestellt. Die Concertina wirkt dann übertrieben klapprig. Eine dezente Modulation der Nebengeräuschpegel kann hingegen zur Lebendigkeit der Darbietung wirksam beitragen. Hier habe ich den Regler Button Release zwischen 0 und 5 % moduliert:

 

Das war Concertina 2. Die Ziehharmonika No. 1 spielt das selbe MIDI-Pattern so ab:

 

Die Spielnebengeräusche werden dabei nicht moduliert und beherrschen (wie oben bereits angemerkt) das Geschehen. Fährt man sie zurück und begrenzt auch den Hallanteil, hat man eine erstklassige und angenehm lebendige Concertina. Die Vitalität kommt nicht von ungefähr: Dem Höreindruck nach kommen hier Round Robins, also alternierende Wiederholungssamples zum Einsatz, und auch das Klicken der Tasten wird von Anschlag zu Anschlag variiert (hier werden also ebenfalls alternierende Samples verwendet).

Das war es schon an Tasteninstrumenten. Googelt man nach „Tasteninstrumente der Kelten“, so erscheinen Harfen, alte Klaviere und antike Orgeln. Abgesehen von der Harfe, die meines Wissens ohne Tasten auskommt, dürften Klaviere und Orgeln den alten Kelten unbekannt sein.

Der historische Vorläufer der Ziehharmonika wird tatsächlich auf etwa 3000 vor Christus datiert, wird aber die Kelten nicht erreicht haben, da seine Verbreitung sich auf Fernost beschränkte. Die Klangerzeugung des chinesischen Chengs funktionierte bereits mit vibrierenden Stimmzungen, ein Prinzip, das man auch in Akkordions wiederfindet. Das Cheng erreichte erst Ende des 18. Jahrhunderts Europa und inspirierte europäische Instrumentenbauer zu einer Handaeoline, die bereits über Blasebalg und Knopftasten verfügte (1822).

Unabhängig davon, ob die Concertinas aus Era keltisch oder nicht keltisch sind: Die Namensgebung der Library sollte uns nicht daran hindern, die Concertinas für Tangos und Balkan-Folklore einzusetzen.

 

Saiteninstrumente

Deutlich mehr Instrumente finden sich in der Rubrik Strings. Hier trifft man auch auf die keltischen Harfen, denen man ihren historischen Hintergrund sofort abnimmt, denn sie klingen richtig schön altertümlich. Es sind zwei an der Zahl:

Die Harfen klingen gediegen nach altem Holz und haben mit dem aufpolierten Klang einer Konzertharfe wenig gemein. Sie eignen sich für liebliche oder romantische Motive, für Szenen der Kontemplation in menschenleerer Natur. Die Lautstärke steuert man über Volume, Expression und die Anschlagsdynamik. Schaltet man den Hall ab, so kann man das saubere, feine Ausklingen der Saiten bis zum sanften Verebben in Reinkultur genießen. So schön es auch ist – gelegentlich wird man ein kürzeres Release benötigen: Mit Expression lässt sich das Ausklingen des Instruments sanft abfangen. Für zwischendurch eingespielte, schnelle, perlende Läufe sollte man den Release-Regler steuern oder automatisieren.

 

Die keltische Harfe lässt sich über fünf Oktaven spielen, bringt also auch einen vollen, um nicht zu sagen majestätischen Bass hervor.

Die beiden Keltischen Harfen unterscheiden sich nicht großartig im Klang. Harfe No. 1 wirkt etwas transparenter, voller, offener; Harfe No. 2 etwas wärmer, mittiger, intimer. Die Harfen verfügen über Multisamples, Velocity-Layer und Round Robins und gehören zu den Highlights der Library.

Die Fiddle

… ist eine irische Geige und wird als klassisch spielbares Instrument sowie in Form dreier rhythmischer Patches angeboten. Dabei spielt die Geige temposynchron eine typische Rhythmik, etwa so:

 

oder so:

 

Dem Höreindruck nach werden mit dem Note-Off Releasesamples angehängt. Lässt man die Taste nicht exakt zum richtigen Zeitpunkt los, so klingen diese Releasesamples eher nach einem ungewollten kurzen Anschlag (wie im letzten Audiodemo an einigen Stellen zu hören). Dem kann man entgegenwirken, indem man die Enden der Noten quantisiert oder im Key-Editor manuell zurechtrückt.

Die Tempoanpassung geschieht mittels Timestretching und funktioniert in weiten Bereichen sehr gut und artefaktfrei. Erst bei extremer Verlangsamung kommt es durch die Dehnung der Transienten zu unnatürlich sägenden Geräuschen in der Attackphase. Diese kann man aber immer noch für Horrorszenen verwenden. Scherz beiseite:

Die Fiddle klingt teils ausgesprochen hart und drahtig, mit Leidenschaft im Zigeuner-Stil gespielt. Auch dieses Instrument hat seinen archaischen Reiz. Mir fällt kein Mitbewerber ein, der eine Fiddle derart herzhaft und ähnlich aufwändig in Szene setzt.

 

Die klassisch spielbare Fiddle verfügt über mehrere Key-Switches (1), darunter Legato und Bowed Legato. Über zwei Buttons (2, 3) schaltet man einen Grundton zu (A und D), der dann bei jeder gespielten Note erklingt und in der Lautstärke moduliert werden kann (4). Die Fiddle erhält damit einen gewissen Leierkasten-Sound, charakteristisch für irischen Folk.

Hier habe ich diverse Artikulationen eingebaut: Staccato, kurze und lange Slides, Rolls, Cut und Mordent:

 

Die Lautstärke steuert man am besten via Pedal über Expression. Vibrato lässt sich ebenfalls dosierbar hinzufügen, also bei Bedarf ein- und ausblenden und in der Geschwindigkeit regeln.

Eine kurze Phrase mit Drone, Artikulation: Fingered Legato. Vibrato, Drone-Lautstärke und Expression habe ich moduliert.

 

An weiteren Saiteninstrumenten findet sich eine irische Bouzouki, eine irische Laute, die sehr drahtig klingt und über einen präzisen Anschlag verfügt. Mittels Steuertasten (1) wechselt man zu Legato und anderen Spielweisen wie etwa Slides oder Harmonics. Bundgeräusche (2) und Armgeräusche des Spielers (3) können beigemischt werden. Auch die Geschwindigkeit der Slides ist regulierbar (4). Bundgeräusche werden bei einigen Artikulationen wie etwa den Slides automatisch eingeflochten oder sind Bestandteil der Samples. Oberhalb des Spielbereichs können sie über zwei Tasten auch manuell hinzugefügt werden (5).

Hier hören Sie Slides mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Harmonics und zum Schluss die einfache Sustain-Artikulation:

 

Unter Strumming finden sich eine Reihe von rhythmischen Patches. Sollten bei Ihnen die diversen Strummings und auch die rhythmischen Patterns der Percussion nicht funktionieren, liegt das vermutlich daran, dass Sie noch nicht auf die aktuelle Version des Players „Engine“ upgedatet haben.

So sieht die Auswahl der Strummed-Patches bei Irish Bouzouki aus:

Über verschiedene Tastaturbereiche steuert man die Grundtonart (etwa Dur, Moll, Septime-Akkorde) und den jeweiligen Mehrklang. Mit weiteren Steuertasten triggert man unterschiedliche Rhythmen und Schlagfolgen. Hier bin ich bei einer Schlagfolge geblieben und habe die Akkorde gewechselt:

 

Die Akustikgitarren (mit Plektrum und mit dem Finger gespielt) klingen ebenfalls recht klar und drahtig, obertonreich. Die Ausstattung ist ähnlich wie bei der Bouzouki. Auch hier können Bund- und Armgeräusche des Spielers beigemischt werden. Zu den Spielweisen zählen neben Slides auch Flageolets.

Beim Legato kommen echte Legato-Samples zum Einsatz. Im folgenden Audiodemo hören Sie exemplarisch einen aufgelösten Akkord sowie Intervalle, jeweils zuerst in der (polyphonen) Sustain-, dann in der (monophonen) Legato-Spielweise:

 

Die echten Legato-Samples klingen nicht bei allen Intervallen gleichermaßen natürlich. Auch differieren die als Legato spielbaren Intervalle. Während von C3 an aufwärts Legato-Samples bis zur großen Terz (E3) zur Verfügung stehen, wird bei den meisten anderen Noten auch eine gebunden gespielte Quinte noch als Legato gespielt. Außerhalb der mit echten Legatos unterstützten Intervalle bleibt die Gitarre bei gehaltener Legato-Steuertaste monophon, spielt aber kein virtuelles Portamento (als Ersatz für ein echtes Legato-Sample).

Bei dern Schlaginstrumenten trifft man auf unterschiedliche irische Rahmentrommeln. Es gibt eine Vielzahl von lebendigen Grooves, die man über Steuertasten wechselt. Spannend wird es, wenn man Klangparameter wie Expression, zufällige Timing-Abweichungen, Pick Noise und zufällige Anschlagsdynamik animiert:

 

Blasinstrumente

Unter den Flöten finden sich neben Irish Flute, Low Whistle und Whistle auch Dudelsäcke, die offenbar nicht nur von den Schotten, sondern auch von den Iren gespielt werden. Celtic Era bietet die umfangreichsten und artikulationsreichsten Dudelsäcke, die mir bislang begegnet sind. Das Angebot reicht von Sustain und Legato über diverse Rolls und Staccato zu kleinen Ornmenten wie Crann off und on Beat oder Poppino, Taps und Bounces. Im folgenden Audiodemo wechsele ich mehr oder weniger zufällig zwischen den Artikulationen:

 

Der Dudelsack eignet sich vor allem für ein bewegtes Spiel. Ein langes Verharren auf einem Ton fördert periodische Nebengeräusche oder auch dumpfe Knackser zutage:

 

Es klingt teilweise so, als seien hier kurze Abschnitte aus den Samples hörbar geloopt, aber der Übeltäter ist vielmehr das Vibrato. Ändert man nämlich dessen Geschwindigkeit, so beschleunigt oder verlangsamt man auch die periodischen Geräusche. Leider kann man das Vibrato bei dem Dudelsack nicht abschalten.

Bei bewegtem Spiel fallen solche kleinen Unzulänglichkeiten nicht mehr auf. Dazu ein Beispiel: ein nicht ganz ernst gemeinter Genre-Mix mit schweren Drums (Toontracks EZdrummer, Post Rock), IK Multimedias MODO Bass mit bx_bassdude als Effekt und dem keltischen Dudelsack anstelle einer Rock-Gitarre:

 

Die Irische Flöte ist ein weiterer Kandidat, der in puncto Vielseitigkeit und Ausstrahlung seinesgleichen sucht – zumindest im Ethno-Bereich, also abseits aufwändiger Klassik-Libraries.

Die Flöte lässt sich über gut zwei Oktaven spielen, bietet Fingered Vibrato und eine Reihe von Artikulationen, wie etwa Slow und Fast Slide, Triplets, diverse Rolls, Doublings, Bounce, Crann on/off Beat.

Wenn Ihnen diese Bezeichnungen teils neu und fremd erscheinen und Sie mehr darüber erfahren wollen, empfiehlt sich der „Essential Guide to Irish Flute and Tin Whistle“ (einfach googeln). Dort wird alles genau erklärt.

Es reicht aber auch, die Spielweisen einfach musikalisch sinnvoll einzusetzen. Das gelingt in Form malerischer Klangcollagen anhand der mitgelieferten Soundscapes sehr leicht:

 

Zum Vibrato: Nachdem ich das „Fingered Vibrato“ entdeckt hatte, suchte ich eine Weile nach dem Key-Switch, mit dem man es (anschlagsdynamisch) steuern kann. (Solche Funktionen kennt man von Chris Hein Libraries). Bei Celtic Era verweist Fingered Vibrato hingegen auf das in den Samples enthaltene Vibrato, auf das man keinen Einfluss hat. Ungeachtet dessen klingt es ausgesprochen natürlich und angenehm, nie aufdringlich (wie im vorherigen Audiodemo zu hören). Alternativ gibt es noch ein künstliches LFO-Vibrato, welches man alternativ einschalten kann. Dank der Modulation von Vibrato-Intensität und -geschwindigkeit über zwei Controller gelingt dieses Vibrato ebenfalls gut und klingt authentisch.

 

Bei den Soundscapes trifft man auf geschmackvolle Klangtexturen, deren Layer man ein- und ausblenden kann.

Bei den Faerie Whispers sind es die Layer Piano (1), Voice Pad (2), Whispers (3) und Chimes (4).

Hier habe ich ein paar aufgelöste Akkorde (polyphon) gespielt:

 

Wer also nach menschlichen Stimmen sucht, kommt hier doch noch auf seine Kosten. Im nächsten Audiodemo habe ich das Flüstern mit dem Voice Pad kombiniert und eine andere Library, Klanghaus Bio Machine, als zweites Instrument hinzugefügt. Die Bio Machine liefert die halb tonale, maschinenähnliche Klangtextur im Hintergrund.

 

Fazit

Best Service Cetic Era bietet eine Reihe erlesener Instrumente, die für mittelalterliche, irische Szenen eine üppige Fundgrube an Instrumenten und Klängen darstellen. Neben der Filmmusik, der Vertonung von TV-Dokumentationen und der Games-Branche können die Instrumente auch vielerlei andere Projekten mit Ethno-Flair bereichern.

Die irisch-folkloristischen Flöten, Geigen und Zupfinstrumente wie Harfe, Gitarre, Banjo, und Bouzouki sind in ihrer archaischen, intimen und detailreichen Form einzigartig. Man findet gleich eine ganze Reihe von Highlights in dieser Library. Eines davon sind die Dudelsäcke, die es so üppig ausgestattet, komfortabel und ausdrucksvoll spielbar nirgendwo sonst gibt.

Die Ausstattung mit Spielweisen ist insgesamt großzügig und bietet auch manche Ornamente mit Seltenheitswert. Bei den Saiteninstrumenten sind die klassischen Pendants anderer aufwändiger Libraries definitiv keine Konkurrenz: Eine herzhaft gespielte Fiedel, die auch mal derb kratzen darf, findet man nicht im Sinfonieorchester. Bei Celtic Era geht es um einen starken, ursprünglichen Ausdruck, oft mit der Patina von Nebengeräuschen garniert.

Fertiges Akkord-Strumming und authentisch wirkende, ethnische Percussion-Rhythmen sind ebenfalls an Bord und werden hinter der Kulisse über MIDI-Patterns generiert, also ohne Timestretching-Artefakte bei Tempoanpassungen. Wenn man diese Strumming-Patterns mit individuell einspielbaren Akkordwechseln und die Grooves mit zahlreichen rhythmischen Varianten (Wirbel etc.) mit einer Animation der gebotenen Parameter kombiniert (etwa leichte Timing-Abweichungen oder fließende Änderungen der Anschlagsdynamik), entstehen lebendige, sehr echt wirkende Passagen.

Auch die Klanglandschaften sind geglückt und liefern geschmackvolle Kulissen, die man sofort einsetzen und deren Layer man überblenden kann. So lassen sich Dramaturgie und Spannungskurve spielerisch aufbauen.

Celtic ERA ist unterm Strich eine einzigartige Sammlung teils seltener keltischer, mittelalterlicher und ethnischer Instrumente, mit der atmosphärisch dichte, musikalisch stimmige und klangmalerisch bezaubernde Kompositionen gelingen.

Plus:

  • seltene, antike Instrumente mit vielen Spielweisen
  • umfangreiche Ausstattung mit Multisamples, Velocity-Layern, Round Robins und diversen Artikulationen
  • sehr gute Aufnahmequalität
  • mit viel Einfühlungsvermögen eingespielte und aufbereitete Instrumente
  • ideal für keltische/mittelalterliche oder ethnische Kompositionen

Minus:

Preis (UVP): 259.- EUR

Systemvoraussetzung:

Engine 2 (kostenlos) – unbedingt aktuelle Version installieren (Stand: Mai 2018)

Mac und PC

Standalone, AU, VST, AAX

Näheres finden Sie auf der Produktseite des Herstellers.

Hersteller: Best Service