Test: Best Service Klanghaus Bio Machine
|Der Avantguarde-Instrumentenbauer Ferdinand Försch präsentiert mit Klanghaus Bio Machine seine neueste Kollektion extravaganter Instrumente und Rhythmen. Futuristische Klangmalereien und raumfüllende Beats weitab üblichen Schlagwerks sprechen Filmmusikschaffende, Spielevertoner, experimentell veranlagte Komponisten und Klangdesigner an.
Schon unser Autor Baldwin Freising stellte in seinem Test zu Klanghaus 2 fest, dass sich diese Sample-Library der Zuweisung zu irgendeiner Schublade oder eines Genres entzieht. Bei den Klanghaus-Paketen ist die pure Kraft exotischer Instrumente am Werk, die in diesem Fall nicht in entlegenen Regionen unseres Planeten entdeckt und dem Kulturbesitz einsamer Völker entliehen wurden, sondern Zeugnis der materialisierten, unbändigen Kreativität des Musikers und Instrumentenbauers Ferdinand Försch sind. In Klanghaus Bio Machine verschmilzt dabei abermals die Ausdruckskraft dieser Instrumente, welche die Samples liefern, mit den gestalterischen Optionen des Sample-Players, unter dessen Oberfläche sich ebenfalls einige experimentell ausgerichtete Eingriffsmöglichkeiten offenbaren.
Hinweise: Die Screenshots sind aufgrund unseres Seitenformats teilweise verkleinert. Klanghaus Bio Machine verfügt über eine skalierbare Oberfläche, sodass komfortabel gearbeitet werden kann. Die Beschriftungen und alle grafischen Elemente sind klar abgebildet und gut erkennbar.
Zuasmmenfassung
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Auf den Punkt gebracht
Die Klänge sind durch und durch exotisch, denn sie entstammen den avantgardistischen Klangobjekten, -skulpturen und Installationen des Klangkünstlers und Klangforschers Ferdinand Försch.
Benutzer-Bewertung
( Stimmen)
Hintergrund
Ferdinand Försch unterhält seit 1997 in Hamburg einen Veranstaltungsort, KlangHaus genannt, in dem seine Instrumente ausgestellt sind und auch in Aktion erlebt werden können. Der Klangkünstler Försch hat elektronische Musik studiert. Nach einer Begegnung mit John Cage begann er mit dem Bau eigener Instrumente. Seine ersten Materialien fand er auf dem Schrottplatz. Während andere es beim Geigen und Trommeln auf solchen Fundstücken belassen (und daraus ebenfalls Sample-Libraries machen), sind bei Ferdinand Försch hingegen Instrumente entstanden, für die man eher Begriffe wie Kunstobjekt, Skulptur oder Klanginstallation verwendet.
Bei Klanghaus Bio Machine handelt es sich also um eine weitere Sample-Library, die die Geschichte der Zusammenarbeit zwischen Best Service und Ferdinand Försch fortschreibt. Die Entwicklung des Interfaces geht maßgeblich auf die Arbeit von Dan Corches, Entwickler, Sound Designer und Komponist, zurück.
Überblick
Bei Klanghaus Bio Machine handelt es sich also um eine weitere Sample-Library, die die Geschichte der Zusammenarbeit zwischen Best Service und Ferdinand Försch fortschreibt. Die Klanghaus Bio Machine funktioniert als eigenständige Klangsammlung auf Basis des Sample-Players Engine 2 – auf Mac und PC in den gängigen Plug-in Formaten sowie Standalone. Man benötigt also nicht Klanghaus 1 oder 2, und Engine 2 gehört zum Lieferumfang. Besitzer von Klanghaus 2 können Klanghaus Bio Machine allerdings zu einem sensationell günstigen Preis erwerben (s. Anhang nach dem Fazit).
Klanghaus Bio Machine beinhaltet
- 1200 temposynchrone Grooves
- drei konfigurierbare Spielbereiche pro Preset
- acht Arpeggiatoren und Step-Sequencer
- eine große Auswahl an Step-Modulatoren pro Patch
- diverse Effekte wie etwa Hall, Echo und Bit-Crusher auf mehreren Ebenen zur weiteren Klanggestaltung
Die drei Parts sind wesentlich für die Vielschichtigkeit eines Patches.
Sie verfügen nämlich alle über eine ansehnliche Ausstattung mit Parametern …
… sodass man innerhalb eines Patches drei unterschiedliche Effektbearbeitungen und Rhythmisierungen per Sequenzer oder Arpeggiator konfigurieren kann. Die drei Parts münden in einen Main Part mit weiteren Möglichkeiten für Klangdesign und Performance.
Die Presets
Werfen wir einen Blick auf die Presets:
11 Kategorien beschreiben die verwendeten Instrumente und lassen bereits erahnen, welche Art von Klängen sich dahinter verbergen: So ist klar, dass Plate Gongs und Singing Bells eher sustainbetonte, schwebende Klänge mit sich bringen, während Prepared Drums attackbetontes Material liefert.
Der Titel „Bio Machine“ besagt also weniger, dass hier das Eigenleben von Bakterien, Pflanzen oder die Geräuschkulisse von Biotech-Laboren eingefangen wurde, sondern deutet vielmehr auf ein lebendiges, dynamisches, musikalisch-organisches Klang- und Rhythmuserleben hin, welches, das sei vorweggenommen, diese Library tatsächlich liefert. Um Ihnen den Beweis nicht länger schuldig zu bleiben, hier ein paar stichprobenartige Audiodemos:
Alu Zither Low 1:
Alu Zither Open 1
Der feine Klang dieser Zither hat schon seinen Reiz. Allerdings hätte ich mir eine Version mit längerem Ausschwingen gewünscht. Der Klang wird am Ende abgedämmt. Unter Alu Zither Open 2 finden sich allerdings Loops mit polyfonen, ineinander gleitenden und miteinander verschwimmenden Noten, die diesen kleinen Verlust mehr als wett machen.
Dark Sounds 1
Ein idealer Sound für düstere, unheilverkündende Szenen.
Zusammen mit Prepared Drums hat man schon einen Anfang für einen Song.
Ein Anwendungsbeispiel mit externen Mitspielern
Hier habe ich Mixi Scream aus Soundiron Voices of Rage hinzugenommen, dazu den Effekt von u-he, uhbik grains & pitch, aus dem uhbik-Bundle (ein Test folgt in Kürze) und Eventide Tverb für die Vocals.
Einen solchen Gesang im Zusammenspiel mit seinen Instrumenten hätte sich Ferdinand Försch wahrscheinlich nicht träumen lassen.
Vielleicht ist Ihnen auch aufgefallen, dass die Drums und das Pad aus Klanghaus Bio Machine in puncto Präsenz, Transparenz und Höhenspektrum das Nachsehen haben. Eine Korrektur ist rasch mit den On-Board-Mitteln der Master-Abteilung erledigt: Über einen Dreiband-Equalizer kann man auf die Schnelle den Frequenzgang anpassen.
Der kleine Kompressor war in beiden Fällen im Modus „Gentle“ optimal eingestellt. Bei den Drums hatte der Hersteller allerdings den Limiter in Betrieb genommen, und dieser bügelte die Transienten platt.
Hier noch einmal das Demo mit korrigiertem Sound der Bio Machine:
Wer tiefer editieren möchte, findet dazu umfangreiche Möglichkeiten im Pro Edit Menü von Engine 2.
Dort kann man die drei Tastaturzonen eines jeden Patches (zu denen wir noch kommen werden) separat bearbeiten. Allerdings erfordert ein zielgerichtetes Arbeiten im Pro Edit Menü Geduld und Einarbeitung. Baldwin Freising hat Pro Edit im Klanghaus 2 – Test unter die Lupe genommen und war nicht rundum begeistert.
Wer sich unter „Singing Bells“ etwas Liebliches erträumt hat, wird aufgeweckt, wenn er diese Loops hört:
Sehen wir es positiv: Süße Glöckchen gibt es wie Sand am Meer, solche sägenden Klänge in dieser schneidenden Penetranz und so schön detailreich sind eher selten und werden auch verlangt.
Der Plate Gong klingt tendenziell rau und schmutzig:
P-any 1 könnte die Klangkulisse für einen futuristisches Motor-Konstrukt liefern. Allerdings sind die Loops etwas kurz und sollten mit den internen Sequencern oder einer Modulation abwechslungsreicher gestaltet werden, wenn man sie für längere Passagen einsetzen will.
Bei diesem Loop aus P-any 1 …
… sind Filter und Sequencer aktiviert.
Bio Maschine hat (wie Klanghaus 2) per default die „Velocity to Filter Frequence“ Funktion eingeschaltet, wodurch das Filter über die Anschlagsdynamik gesteuert wird. Das Filter steht in der Werkseinstellung auf Maximum, sodass ohne weitere Eingriffe zunächst nicht gefiltert wird.
Hier habe ich die Filterfrequenz und Resonanz mit internen Modulatoren animiert und eine anderes Step-Sequenzer-Pattern eingesetzt. Auch den internen Hall, Model Room, habe ich mit einem sequenzartigen Modulator fragmentarisch beigemischt.
Es sind dabei recht abrupte Klangfolgen entstanden:
Beim Filter stehen übrigens Low-, Band- und High-Pass in 24 und 36 dB Flankensteilheit wahlweise zur Verfügung. Das Filter macht, was es soll, bringt aber keinen besonderen Eigencharakter mit sich, klingt also nicht etwa nach Vintage-Style. Multimodefilter dieser Bauart gibt es für alle drei Parts und zudem auch für die Main Section.
Die Modulationsoptionen sind exorbitant vielseitig, allerdings nicht wirklich lesbar. Damit meine ich beispielsweise diese Auswahl:
Die Modulations-Kategorie Basic erzeugt laut Manual einfache temposynchrone Modulationen in 1/16tel, 1/8 und so weiter. Welche LFO-Wellenform hier verwendet wird, erfährt man nirgendwo, und ob andere Modulationen temposynchron ablaufen und was konkret dahinter steckt, wird ebenfalls verschwiegen. Da hilft nur genaues Hinhören. Angesichts der Tatsache, dass dies nun die dritte Klanghaus-Library ist, wäre eine Weiterentwicklung des Interfaces wünschenswert gewesen.
Wechselt man zum Pro-Edit Modus, so wird es etwas konkreter. Hier trifft man auf Step-Sequenzer, die wie bei vielen Mitbewerbern auch editiert werden können und die natürlich temposynchron ablaufen. Bis zu 64 Steps können eingezeichnet werden:
Da sind sie, die ersten beiden Step-Sequenzen des grünen Layers aus P-any 1:
Die Presets der Library finden sich hingegen (wie bei andren Samplern auch) nicht im Arsenal der Engine (also nicht auf der Pro Edit Seite), sondern sind nur über die Oberfläche der Patches erreichbar. Die Engine ergänzt diese durch weitere Presets:
Unter den Bonus Patches findet sich eine betrunkene Jazz Band hinter der nächsten Türe:
Der Sound ist nicht uninteressant, aber die Band scheint ein paar Räume weiter entfernt zu spielen, dazwischen eine Lagerhalle mit Blechwänden.
Auch hier macht es keinen Unterschied, wenn man den Step-Sequenzer des aktiven Parts ausschaltet. Die Sequenz läuft weiter fort. Dabei wäre es doch einmal interessant, die einzelnen Loops ohne Sequenz zu spielen. Es sind ein ganze Reihe von Hits dabei.
Larcton 1
Ein sehr schöner, gefühlvoll und dynamisch eingespielter Loop. Die Attacks sind mal weich, mal akzentuiert.
Stringendo
Da freut man sich schon darauf, mit Melodyne 4 (oder einer andren Pitch/Time-Software) aus solch ausdrucksstarken und vielseitigen Tönen ein Streichersolo der besonderen Art zu machen. Die Loops klingen ausreichend nah, sind also nicht stark verhallt. Mit Zynaptiq UNVEIL kann man solche Raumanteile bei Bedarf übrigens exzellent entfernen. Das bedeutet natürlich Arbeit, dürfte aber zu außergewöhnlichen Ergebnissen führen.
Ein weiteres Anwendungsbeispiel – mit Melodyne
Es heißt, schönen Worten solle man Taten folgen lassen, hier also wenigstens ein kleines Tätchen: Wir starten mit zwei Loops aus dem Patch Stringendo 2 und einem rasch zusammengestellten Beat aus Toontracks EZdrummer 2, EZX Twisted Kit. Beide zusammen hören sich so an:
Der Drummer (der beim Twisted Kit übrigens auf Haushaltsgegenständen und Ähnlichem trommelt) und der Bio-Maschine-Spieler sind noch nicht im selben Groove, aber darum kümmern wir uns später.
Zunächst geht es darum, die Noten der Bio-Machine zu variieren. Bei solch einem kleinen Abschnitt wäre das musikalisch nicht unbedingt geboten, aber wir machen das hier mal zu Demonstrationszwecken und wollen den Testbericht schließlich nicht durch eine Entwickungsgeschichte eines ganzen Songs über Gebühr aufblasen.
Ausladende Anwendungsbeispiele mit Plug-in-Materialschlachten finden Sie bei Releastime auch, nämlich hier: Bei „In der kalten Schachtel“ wird aus einem männlichen Rap-Gesang eine reichlich verrückte, weibliche Stimme mit einigen Extras drumherum. Bei „Patcha Mama“ versuchen singfreudige Ladies mittels Silbenbaukasten eine indigenen Sänger zu begleiten. Ein gewagtes Unternehmen mit dem Geräusch von Taubenflügeln als Bridge. Die Anwendungsbeispiele sind wirklich unterhaltsam, und es gibt reichlichen Einsatz von Klangerzeugern und Bearbeitungsmitteln, alles mit Screenshots.
Hall und Echo sind bei dem Bio-Machine-Patch nicht eingeschaltet. Der Raumanteil in den Loops gehört eher zum Klangcharakter des hier verwendeten Instruments. Damit die anschließende Bearbeitung mit Melodyne mit einer differenzierten Erkennung der einzelnen Noten gelingt, habe ich dennoch den Raumanteil etwas heruntergefahren und die Attacks leicht betont. Ein Transienten-Tool wäre hier ein zu starkes Mittel gewesen, UNVEIL von Zynaptiq ermöglicht differenzierte Eingriffe. Hier das unbearbeitete Original:
Und hier die Version mit UNVEIL:
Melodyne 4 Studio benutzt den Algorithmus „mehrstimmig abklingend“. Trotz der Bearbeitung mit UNVEIL wird das leichte Nachschwingen nach dem Anschlag der nächsten Note als polyfones Spiel interpretiert. Die „Blobs“ bilden also (harmonische) Teiltöne ab.
Das Transponieren gelingt bei diesem Ergebnis nicht so gut: Die Transienten leiden – wie am Ende des Audiodemos zu hören. Was hingegen sehr gut geht, ist die Klanggestaltung einzelner Teiltöne. Ich habe mit dem zeitlichen Verlauf der Attackphase und auch innerhalb der Sustainphase experimentiert (bei Melodyne kann man einen Anker in den Blob setzen und dehnt und staucht dann je nach Verschiedbungsrichting des Ankers zugleich die Abschnitte links und rechts davon.
Jetzt fragen Sie sich: Wo bleibt der Beat vom EZ Drummer?
Diesen analysiere ich ebenfalls mit Melodyne, Algorithmus „percussive“.
Nun kann man über das Makro „Timing quantisieren“ den Bio-Maschinisten an den Groove des EZdrummers anpassen:
Das muss nicht unbedingt immer zu 100% erfolgen. Manchmal klingt es lebendiger – und auch realistischer – wenn zwei Musiker nicht exakt gleich schwingen. Im vorliegenden Beispiel erwies sich die Quantisierung nach der Referenzspur als schwierig, einfach deshalb, weil innerhalb der Blobs der Bio-Machine teils Mikro-Rhythmik enthalten ist. Ich hätte also noch viel mehr Trennungen durchführen müssen. Sei´s drum. Nach einigen Anpassungen habe ich nun dieses Ergebnis:
Mit Melodyne kann man seit der Version 4 aber noch mehr machen: Der Sound Editor bietet einige exotische Parameter, die auf der Grundlage der Analyse von Grundtönen und dem harmonischen Obertonspektrum mit seinen Teiltönen möglich sind. (Alle Details hierzu finden Sie in unserem Test zu Melodyne 4 Studio). Den Drums habe ich einen Exciter (Noveltech Character), einen Kompressor (u-he Presswerk) und bx_control zur Stereoverbreiterung spendiert.
Ein zweites Melodyne-Experiment mit dem monofonen Algorithmus melodisch ergibt zunächst ein Bild, bei dem Abschnitte mit Tonhöhenwechseln nur als Grundton erkannt wurden. Überraschender Weise gelingt die Transponierung trotzdem:
Solche Experimente, vor allem das Erste mit der mehrstimmigen Erkennung, brauchen ihre Zeit. An dem kurzen Abschnitt habe ich rund eineinhalb Stunden gearbeitet. Trotzdem macht es Spaß: Die Loops der Klanghaus Bio Machine verfügen nämlich über eine künstlerische Tiefe, in die einzutauchen immer eine kleine Entdeckungsreise ist. Widmet man sich dieem Fundus an exotischen Loops und Grooves mit einer gewissen Hingabe, so wird man mit einer Reise durch einen vielschichtigen Klangkosmos belohnt.
Und weil das so ist, holen wir gleich noch ein anderes exotisches Werkzeug aus der Kiste, den Krotos Dehumaniser II. Den hängen wir nun hinter die Melodyne-Bearbeitung.
Dazu noch die Bandsimulation von u-he, Satin, im Delay-Modus und einen zweiten Beat aus EZdrummer, MIDI-Pack Disco Grooves, EZXPop
Wir beenden hier den Rundgang – nicht ohne ein weiteres Mal auf unseren Test zu Klanghaus 2 zu verweisen. Unser Autor Baldwin Freising hat sich intensiv mit der Library auseinandergesetzt. Sie werden keinen anderen Test im Internet finden, der Klanghaus 2 so gerecht wird. Seine Detailinformationen ergänzen diesen Test ideal, denn die Ausstattung mit Funktionen ist weitgehend gleich geblieben und lässt sich auf Klanghaus Bio Machine übertragen. Abgesehen davon bietet Klanghaus 2 ebenfalls eine einzigartige Sammlung experimenteller Klänge und Grooves. Es lohnt sich, hinein zu hören.
Ergänzende Bemerkungen
Ferdinand Försch äußert in einem Interview mit der Zeit (online), dass seine Instrumente mit der Fertigstellung die Komposition bereits in sich trügen. Er müsse sie lediglich bespielen, um diese Komposition hörbar zu machen. Das Werk an sich liege jedoch fertig im Instrument vor – ein Mysterium, dessen Faszination ihn nicht mehr loslässt.
Übertragen auf Klanghaus Bio Machine bedeutet das, dass die Grooves bereits fertige Mini-Kompositionen sind. In der Tat reicht es, Loops und Grooves aneinanderzureihen und als Layer übereinander zu schichten.
Für Filmmusik-Komponisten, die oft unter Zeitdruck arbeiten, bietet diese Library eine Sammlung beeindruckender, dynamischer Klänge, die nur noch abgerufen und zusammengesteckt werden müssen.
Wer mit Bio Machine experimentelle Songs oder Klangprojekte abseits des Üblichen realisieren will, hat schnell eine inspirierende Grundlage gefunden, die oftmals kein riesiges Arsenal weiterer Instrumente mehr einfordert. Allerdings sind die Loops recht kurz. Sie eignen sich jedoch bestens für ein ausgiebiges Klangdesign mit externen Mitteln aller Art, und aufgrund ihres künstlerischen Niveaus und ihrer Ausdruckskraft wird einem dabei nicht langweilig. Ein wenig aufbereitet erweisen sich viele Grooves als ein perfektes Klangfundament für Soli – sei es Gesang, Saxofon, Gitarre oder ein anderes Instrument – einschließlich Synthesizer.
Im Rahmen unserer Kommunikation mit dem maßgeblichen Entwickler des Interfaces, Dan Corches, hat uns dieser noch auf Folgendes, nicht unwesentliches Detail hingewiesen:
„Ergänzend zu den Loops gibt es diverse Hits, z. B. Plate Gongs, Part 1, bei denen der Loop abgeschaltet ist. Da jeder der drei Parts im Patch eine ADSR-Hüllkurve hat, kann man sich aber auch aus den Loops selbst „Hits“ bauen, so kurz wie man sie haben will. Im neuesten Update der Engine kann man überdies die Time Stretch Engine in jeder Section an/ausschalten (Pro Edit), und so beispielsweise nur in einem Part per Pitchen diverse Klänge zu erzeugen, welche man im Elastique-Modus so nicht hinkriegt (zb. ganz tief runterpitchen und dann mit dem Step Sequencer spielen, mit ADSR formen). Die Funktion ist jedoch erst integriert worden, nachdem die Library fertig war, sonst hätte ich noch ein paar mehr Bonus Presets gebaut ;) Darüber hinaus enthält Bio Maschine ja auch etliche Grooves, welche nicht im 4/4 Takt sind, also bieten die Loop-Step Presets beispielsweise die Möglichkeit, diese trotzdem im 4/4 Takt zu loopen.“
FAZIT
Die Klanghaus Bio Machine von Best Service / Ferdinand Försch nimmt den Faden von Klanghaus 2 auf und liefert ein weiteres eindrucksvolles Paket an temposynchronen Grooves und ausdrucksstarken Loops mit klanglichem Tiefgang. Inspirierend und frisch.
Die Library ist eigenständig, setzt also nicht Klanghaus 1 oder 2 voraus, benutzt jedoch die selbe Oberfläche. Sie eignet sich für die Filmmusik, Spielevertonung und für experimentelle Songs abseits der Festlegung auf ein bestimmtes Genre.
Die Klänge sind durch und durch exotisch, denn sie entstammen den avantgardistischen Klangobjekten, -skulpturen und Installationen des Klangkünstlers und Klangforschers Ferdinand Försch. Teils wirken die Klänge sehr präsent und detailreich, nahe an (bislang ungehörten) Naturinstrumenten, teils sind sie mit Effekten verfremdet und greifen offenbar auch auf transponierte Samples zurück. Die bei diesen Verfremdungen entstandenen Klangfarben haben ohne Ausnahme ihren besonderen Reiz, vereinzelt würde man sich dennoch ein wenig mehr Detailreichtum und Transparenz im Höhenspektrum wünschen. Solche Wünsche lassen sich jedoch mit internen und erst recht mit externen Mitteln leicht realisieren.
Grooves und Loops können sowohl innerhalb eines Patches übereinandergelegt werden, in drei individuell konfigurierbaren Abteilungen mit umfangreich temposynchron modulierbaren Effeken versehen und als Sequenz und/oder Arpeggio abgespielt werden. Will man ausladende Passagen kreieren, so ist ein geschickter Wechsel von Loops angezeigt, sonst wird es trotz der ausdrucksstarken Klänge zu maschinell – die Loops sind nämlich nicht gerade lang. Wechsel gelingen hingegen gut, denn die einzelnen Loops passen gut aneinander. Brüche entstehen in der Komposition also nicht. Beim Layern sollte man Feingefühl walten lassen. Die Loops und Grooves arbeiten für sich alleine schon auf beeindruckende Weise mit Raumklang und Panorama-Effekten. Das bedeutet aber auch, dass man nun nicht beliebig viele Loops übereinander legen kann.
Abwechslung kann man auch durch die Modulation diverser Parameter erzielen. Exotische Modulationsquellen gibt es in überwältigend großer Auswahl. Moduliert man hiermit beispielsweise Filterparameter und steuert nach MIDI-Learn Cutoff und Resonanz über externe Controlle, befindet man sich bereits mitten in einer spannenden Performance, die ein Publikum mit der Bereitschaft, Hörgewohnheiten zu erweitern, auch live in ihren Bann ziehen kann.
Was weniger schön ist: Die Präsentation der Modulationsquellen ist etwas sperrig geraten. Deren lieblose Benennung führt wirklich nicht weiter. Hier hilft nur das Try & Error – Verfahren: Laden und ausprobieren. Dazu muss man immer wieder das Aufklappmenü bemühen. Ein zügiges Zappen durch die Modulatoren ist nicht möglich.
Der Entwickler nimmt hierzu folgendermaßen Stellung:
„Die Benennungen könnte man tatsächlich ein bisschen sinnvoller gestalten (vor allem die Basic Kurven), jedoch sind einige Presetgruppen so speziell, dass das wirklich schwierig ist. Außerdem hat auch hier der User die Möglichkeit, die Presets selbst so umzubenennen (und sogar auch in fremden Engine Libraries zu nutzen!) , wie er will, eine Freiheit, welche kein anderer Sampler zulässt. Da finde ich persönlich es angenehmer, wenn die Presets erst einmal nur nummeriert sind, anstatt irgendwelche verrückten Bezeichnungen zu haben, aber gut, das ist natürlich Geschmackssache.Das mit dem Zappen war schon bei Klanghaus2 eine Idee, könnte man in einem Update eventuell einbauen!“
Dem kann man insofern zustimmen, dass irgendwelche phansatievollen Namensgebungen in der Tat auch nicht weiter führen würden. Ein Update, welches ein zügiges Vorhören der Presets erlaubt, würde man als User sicher begrüßen.
Interessant wäre ein Wechsel zwischen zwei Varianten des selben Loops, beispielsweise mit unterschiedlichen Sequencer-Konfigurationen. Um das ohne Umwege und innerhalb eines Patches zu bewerkstelligen, bräuchte man eine Copy & Paste – Funktion, mit der man das Duplikat auf eine andere Taste legen könnte.
Insgesamt ist die Bedienung von Klanghaus Bio Machine schnell erlernt. Konzentriert man sich auf den Sound, auf das beachtliche, inspirierende Kreativpotenzial der Loops und Grooves, so wird man nicht so schnell aufhören, mit dieser Fundgrube an Klangexperimenten zu arbeiten.
Da es sich bei den Klangerzeugern, die für Klanghaus Bio Machine gesampelt wurden, um exotische, avantgardistische Unikate handelt, wäre es schön gewesen, diese im PDF-Manual auch fotografisch dokumentiert zu sehen.
Der Preis ist fair, das Crossgrade für Klanghaus 2 – Besitzer günstig.
Testautor: Holger Obst
Plus:
- Vielzahl inspirierender, frischer Klänge
- überwiegend hohe Klangqualität
- ausgefallene Modulationsmöglichkeiten
- fairer Preis (Crossgrade extrem günstig)
Minus:
- teilweise sperrige Bedienung, z. B. über Aufklappmenüs
- wenig aussagekräftige Bezeichnungen der Auswahl an Modultions-Sequenzen
Preis: 99.- EUR, Crossgrade 59.- EUR
System: Engine 2
Hersteller: Best Service
Testsystem:
Win 8.1 PC, Intel 6-Core i7, 5930K, mit 3,5-3,8 GHz CPU unter Cubase 8.5, RME Fireface 802, Testprojekt mit 44,1 kHz Samplerate und 24 Bit Auflösung.