Test: Sonnox VoxDoubler Teil 2 – die Alternativen

Nachdem wir im ersten Teil des Tests zum Sonnox VoxDoubler die Funktionsweise gesehen haben, geht es nun um Anwendungsbeispiele.

Wir starten mit den Sonnox Plug-ins. Anschließend geht es dann um Alternativen. Derer habe ich sehr viele und auch viele gute gefunden. Um nicht auszuufern und für die beste Vergleichbarkeit habe ich immer das selbe Audio-Original verwendet. das mag zwar auf Dauer etwas nerven, bringt aber eine bessere Vergleichsmöglichkeit mit sich, als abwechslungsreiche Wechsel bei den Eingangssignalen.

 

Die CPU-Last

Gleich vorweg: Auf unserem Testsystem (Haswell Extreme Workstation, IntelCore i7-5930k, 3,5 GHz Sixcore, RME Fireface 802, Cubase 9 Pro, Testprojekt bei 44,1 kHz und 24 Bit) war eine Puffergröße von 2048 Samples notwendig, um die Sonnox Plug-ins knackfrei zu betreiben – die höchste überhaupt mögliche Puffergröße auf unserem System und Cubase 9.5 mit 32 Bit Fließkommaberechnung. Das bedeutet eine Latenz von rund 95 ms. Die Plug-ins sind also nur bei der Abmischung zu gebrauchen, nicht live oder während der Einspielphase. Mir ist bislang kein anderes Plug-in begegnet, das eine solch hohe Puffergröße benötigt, um ohne Audioaussetzer zu arbeiten.

Wir starten mit den Audiodemos:

Hier hören Sie erst das unbearbeitete Original, dann Widen mit 50% Mix-Anteil, im dritten Durchgang mit 100% Mix und schließlich mit maximalen Timing- und 85% Pitch-Abweichungen. Depth steht konstant auf 65%, Tone auf 85%.

 

Die Vorlage lieferte Sonuscore Lyrical Vocal Phrases. Hier habe ich Widen, gefolgt von Thicken verwendet, beide moderat eingestellt:

 

Die Ergebnisse sind klar und deutlich. Die geklonten Stimmen klingen nicht matt oder leicht verwaschen wie bei dem ein oder anderen Mitbewerber. Der PAZ-Analyser von Waves zeigt nur bei extremen Width- bzw. Spread-Einstellungen geringfügige Phasenauslöschungen an, die meines Erachtens auch im Hinblick auf eine Mono-Kompatibilität vernachlässigbar sind.

Ein Mönchschor aus Best Service / Eduardo Tarilonte Cantus, zunächst ohne Bearbeitung:

 

Mit Thicken:

 

Der Effekt ist hörbar aber nicht spektakulär. Immerhin: Mit Thicken klingt der Mönchschor breiter und kräftiger und immer noch natürlich.

 

Vergleich mit Mitbewerbern

Antares DUO (aus Avox 4 oder dem EVO-Bundle) bietet zwar mit Vocal Timbre und Vibrato mehr Parameter, um die Klone zu gestalten, klingt aber nicht so klar und kraftvoll wie die Sonnox Plug-ins und kostet weniger als die Hälfte:

 

Schlecht ist das auch nicht. Durchaus brauchbar. Aber es geht auch besser, zum Beispiel mit iZotope Nectar 2. Nectar 2 ist eine Suite mit mehreren Modulen für die Gesangsbearbeitung, darunter „Harmony“: Hier kann man vier Klone mit genau dosierbarer Tonhöhenabweichung, Lautstärke und Panoramaposition erstellen. Will man die Stimme lediglich doppeln, reichen geringfügige Tonhöhenabweichungen. Man kann aber auch skalengetreue Harmoniestimmen erzeugen.

 

Meiner Ansicht nach begegnet man sich mit Sonnox in puncto Transparenz und Authentizität auf Augenhöhe. Nectar 2 kann allerdings noch viel mehr, als nur Stimmen doppeln – und ist daher auch rund dreimal so teuer wie das Sonnox Toolset.

Ähnliche Klone wie Nectar 2 liefert die Antares Harmony Engine, die mit dem reinen Doppeln ebenfalls unterfordert ist und einen mehrstimmigen, skalengetreuen Chorgesang plus 16 weitere Chorstimmen zwecks Verdichtung anbietet und außerhalb des Avox Bundles rund 180 bis 190 Euro kostet.

 

Die Stärken der Harmony Engine liegen definitiv bei mehrstimmigen Klonen, weniger beim Doppeln; das wirkt sie dann doch ein wenig verwaschen.

Eventide H3000 Factory bietet mehrere Presets für die Stimmendopplung und bezieht sich dabei auf Werksklänge aus legendärer Vintage-Edelhardware.

Recording und Studiotechnik

Hier ein Micropitchshift-Slapback:

 

Das klingt angenehm warm und weich, ein bisschen nach Vintage. Eine sehr schöne, effektvolle Dopplung, finde ich. Die Zeitverzögerung könnte man auch verkürzen, wenn der Effekt noch unauffälliger sein soll. Das Preset „Dual 910S“, ebenfalls aus Eventides H3000 Factory, gibt sich wesentlich unauffälliger aber nicht wirkungslos:

 

Das Plug-in H3000 Factory ist ein modular aufgebauter Multieffekt, bei dem man virtuelle Kabel ziehen kann. Also wiederum ein Mitbewerber, der viel mehr kann als „nur“ die Stimmendopplung, Kostenpunkt ca. 330.- Euro.

Wenn wir bei Eventide bleiben, wäre da noch der virtuelle H910 Dual Harmonizer …

… der ebenfalls ein Preset namens „Vocal Doubler“ zu bieten hat und außerhalb des Anthology X – Bundles 229.- Euro kostet:

 

Der Fix Doubler von Softube ist eine virtuelle Reinkarnation des Real Time Auto Doublers AD-2 von Paul Wolff, der seinerzeit ein Bandmaschinen-Doubling imitierte, aber nie in Serie produziert wurde. Das Plug-in kann auch Gleichlauf- und Pegelschwankungen einer Bandmaschine und Vibrato-Effekte produzieren. Der Fix Doubler kostet zusammen mit dem Fix Flanger im Doppelpack 129.- Euro.

 

Hier habe ich die Parameter Mix, Delay Offset, Sweep und Rate variiert. Der Fix Doubler liefert einen ähnlich modernen, transparenten Klang wie die Sonnox Plug-ins und ist vielseitig verwendbar.

 

Das Abbey Road Studios / Waves Reel ADT hat ebenfalls einen edlen Vintage-Tape-Sound an Bord:

 

Vielleicht die beste virtuelle Bandmaschinen-Simulation ist u-he Satin. Und die kann natürlich auch doppeln:

 

U-he Satin verfügt darüber hinaus über ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis. Für rund 130 Euro erhält man ein extrem vielseitiges, akribisch emuliertes Produkt.

Wie eingangs erwähnt, kann man auch Echos und Reverbs als Doppler verwenden. Dazu ein paar Beispiele:

Rob Papens RP Delay ist ein wunderschönes Echo mit allerlei Extravaganzen. Es kann aber auch einfach ein sehr getragenes Doubling produzieren, womit das nächste Audiodemo startet.

Das Preset heißt „Vocal Stereo Tape Delay“. Zwischendurch habe ich die Echozeit über den globalen Length-Regler verkürzt.

 

Das Rob Papen Delay liegt bei 49.- Euro und ist damit ausgesprochen günstig.

Auch das UltraTap von Eventide kann doppeln …

 

… und ebenfalls vieles andere mehr (wie in unserem Test zu lesen).

Replika XT von Native Instruments ist ebenfalls ein sehr vielseitiges Echo, beim folgenden Demo kombiniert mit einer Bandmaschinensimulation und einem Micro-Pitch-Shifter (beides Bestandteile von Replika XT):

 

Der Flanger Antresol der D16 Group liefert ebenfalls Stimmendopplung:

 

Im GRM Tools Classic Bundle findet sich ein Doppler und ein Tap-Delay.

Beide zusammen können so klingen:

 

FXpansion Bloom ist ein vielseitig modulierbares Echo.

Hier ein modifizierter Tape Slapback-Effekt:

 

FabFilter Timeless 2 ist ein weiteres Echo mit allerlei Extras:

Hier habe ich über ein virtuelles XY-Pad die Verzögerungszeit und das Feedback für Echo 1 in zwei Schritten hochgesetzt:

 

Am Beispiel von Exponential Audio Nimbus möchte ich noch zeigen, dass auch Reverbs für eine Stimmendopplung verwendet werden können, vorausgesetzt sie haben ein Early Reflections Modul, am besten mit Parametern zur Verteilung und zum Pegelverlauf der Echos.

Hier habe ich die Hallfahne dezent beigemischt und die Halldauer von ultrakurzen 70 ms zu Beginn auf knapp 500 ms im dritten Durchlauf erhöht.

 

Kehren wir noch einmal zu den Sonnox Plug-ins zurück. Ein Einsatz mit anderen Instrumenten ist in Grenzen ebenfalls möglich. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber noch einmal an die extrem hohe Puffergröße erinnern, die die Plug-ins benötigen. Auch hier gilt also: Der Effekt ist nur beim Abmischen brauchbar.

Im nächsten Audiodemo hören Sie Widen. Den Effekt habe ich langsam mit dem Mix-Regler eingeblendet. Pitch und Timing sind niedrig eingestellt, etwa zwischen 10 und 15%. Zwischendurch habe ich beide Werte erhöht, um zu verdeutlichen, dass dann unbrauchbare Cluster-Echos des Anschlags entstehen (bei höheren Timing-Werten) bzw. zu starke Verstimmungen (bei höheren Pitch-Werten).

 

Die Gitarre stammt aus NI Session Guitarist Strummed Acoustic 2. Hier ein Versuch mit Thicken:

 

Der Chorus-Effekt ist angenehm klar, nimmt aber anderen Effekte dieser Art damit nicht die Existenzberechtigung. Erhöhte Timing-Werte führen auch hier zu wenig brauchbaren Echos der Attacks. Auch wenn man für Depth höhere Werte einstellt, kommt es zu ähnlichen Effekten. Der Parameter Depth bewirkt beim Gesang eine bessere Trennung zwischen der Originalstimme und den Klonen und arbeitet hinter den Kulissen offenbar auch mit einem zeitlichen Versatz.

Ein Holzbläser-Ensemble aus NI Symphony Series Woodwinds, zunächst unbearbeitet, Close-Mikrofonierung:

 

Mit VoxDoubler Thicken:

 

Den Pegel musste ich zurückfahren, um eine Verzerrung zu vermeiden (obwohl die „too loud“ – Anzeige hier nicht aufleuchtete). Insgesamt ist das Ergebnis nicht wirklich überwältigend – aber, wie eingangs erwähnt, ist ja das proklamierte Ziel die Gesangsanwendung und nicht ein Effekt für allerlei andere Gelegenheiten.

 

Fazit

Mit dem Sonnox VoxDoubler startet der britische Hersteller vielversprechend die neue Toolbox-Serie. Die beiden Plug-ins Widen und Thicken lassen sich kinderleicht bedienen und schaffen es, natürlich klingende Stimmdopplungen zu erzeugen oder auch einen Chor breiter zu machen. Wenn man es mit dem Humanisieren der Tonhöhenveränderungen nicht übertreibt, kann man kaum etwas falsch machen. Die Audioqualität spielt sich auf hohem Niveau ab. Die Ergebnisse sind klar, frei von Färbungen. Nur bei Extremeinstellungen zeigte ein externer Analyser minimale Phasenauslöschungen an. Sogar auf die Tiefenstaffelung und die Klangfarbe kann man begrenzt Einfluss nehmen.

Extras wie alternative Vintage/Tape-Modi, Echo-Effekte, Harmoniestimmen oder Stimmverfremdungen sind allerdings nicht an Bord und per Definition auch nicht gewollt.

Der Preis ist angemessen. Wer hier zugreift, wird die Investition nicht bereuen. Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass sehr hohe Puffergrößen eingestellt werden müssen, um die Plug-ins knackfrei und verzerrungsfrei einsetzen zu können. Für die Einspielphase oder den Live-Einsatz sind die Plug-ins kaum tauglich. Da eine Stimmendopplung grundsätzlich auch live ein interessanter Effekt ist, besteht hierin eine große Einschränkung.

Ob es sich bei dem Sonnox VoxDoubler um ein „Must-Have-Plug-in“ handelt, hängt sehr davon ab, über welches Equipment man bereits verfügt und was man erreichen will.

Wenn man in puncto Stimmenbearbeitung ein vielseitiges Paket braucht, lohnt sich beispielsweise Nectar 2 von iZotope. Hier ist ein Doppler an Bord, der mehr kann als die Sonnox-Plug-ins und der klanglich ebenfalls überzeugt.

Geht es nur um das Doppeln, so ist das Duo Fix Doubler und Fix Flanger von Softube eine ernsthafte Konkurrenz – ebenfalls mit bestechend hoher Audioqualität.

Eventide hat mit H3000 Factory und dem H910 Dual Harmonizer den Code edler Vintage-Hardware in Plug-ins transferiert. Beide Effektgeräte liefern sehr gute Stimmendopplungen, mit dem Hauch der Noblesse vergangener Dekaden.

Die Bandmaschinensimulation u-he Satin ist absolut erstklassig und kann – quasi nebenbei – auch phantastisch klingende Dopplungen erzeugen. Ebenfalls ein potenter Konkurrent, vor allem, wenn man noch keine gute Bandmaschinensimulation hat.

Das Plug-in Reel ADT von Abbey Road Studios / Waves kommt meiner Ansicht nach klanglich an Satin nicht heran, erzeugt aber auch einen Vintage-Bandmaschineneffekt und ist speziell auf Dopplungen ausgelegt.

Wenn man die Stimmendopplung als modulierten Zeitverzögerungs- und Tonhöhenmodulations-Kombieffekt versteht, wird man feststellen, dass auch einige gute Echos sehr schöne Ergebnisse liefern, die meiner Ansicht nach ebenfalls den Sonnox-Plug-ins in der Praxis nicht nachstehen. Hier wären das Eventide UltraTap, Rob Papens RP Delay, Native Instruments Replika XT und FabFilter Timeless 2 Kandidaten, die gute Ergebnisse liefern und als Echos mit speziellen Extras auch noch weit darüber hinaus Freude bereiten können.

Die Liste der Alternativen ist damit nicht komplett, sondern nur eine Auswahl.

Unterm Strich stellt man also fest, dass Sonnox mit dem VoxDoubler zwar zwei erstklassige Plug-ins vorstellt, die allerdings bei genauem Hinsehen auf ein breites Feld von teils sehr attraktiven Mitbewerbern stoßen. Also doch kleine leichte Entscheidung. Wie schön, dass man Wide und Thicken auch als voll funktionstüchtiges Demo testen kann.

Testautor: Andreas Ecker

Plus:

  • natürlich klingende Dopplungen und Anreicherungen
  • Einfluss auf die Tiefenstaffelung und Klangfarbe
  • sehr gute Audioqualität
  • einfache Bedienung

Neutral:

  • funktional klar definiert und nur auf bestimmte Effekte ausgerichtet
  • kein Experimentierpotential

Minus:

  • Weiterverkauf als „gebrauchte Software“ nur nach expliziter Genehmigung durch Sonnox
  • extrem hohe Puffergröße mit entsprechender Latenz notwendig