Test: u-he Diva

Fazit

Bislang ist mir noch kein virtuell-analoger Synthesizer begegnet, der den Klang der echten Hardware derart authentisch simuliert. Zwar gibt es potente Mitbewerber, die mit der richtigen Einstellung ebenfalls echt klingen, doch bei Diva kommt es nicht darauf an, passende Einstellungen zu finden – Diva klingt immer packend echt, auch wenn man sich in Grenzbereichen (etwa der Filter) bewegt.

Diva definiert zum gegenwärtigen Zeitpunkt (Juli 2016) die Referenz unter den virtuell-analogen Synthesizern, die es gezielt auf die Nachahmung legendärer Hardware abgesehen haben.

Ob es an den akribisch emulierten, praktisch latenzfrei operierenden Filtern liegt, ist schwer zu sagen. Auch die Oszillatoren klingen ungefiltert bereits überzeugend nach analoger Hardware. Jedenfalls fühlte ich mich beim Testen der Templates unwillkürlich an alte Zeiten erinnert, als ich noch mit dem Roland Alpha Juno 1 und 2, dem JP 8000 und dem Moog Voyager unterwegs war.

Ungeachtet der Frage, ob Diva nun endlich die lang ersehnte 1:1 Emulation analoger Hardware ist, wird dieser Hybrid-Synthesizer auch Freunden echter Hardware viel Freude bereiten, denn Diva erlaubt das Bauen von Hybrid-Modellen: Korg MS-20 Filter mit Minimoog-Oszillatoren, digitale JP-8000-Grundsounds mit Ladder-Filtern moog´scher Prägung. Wer wird schon allen Ernstes seine analogen Schätzchen in die einzelnen Bauteile zerlegen, um diese artfremd zu kombinieren? Mit Diva funktioniert das garantiert risikolos und unfallfrei und verhilft speziell den exotischen Oszillatoren des JP 8000 zu einer neuen, unverhofften Blüte. Regelrecht brachiale Sounds erreicht man beispielsweise, indem man die Feedback-Oszillatoren des JP-8000 mit dem VCF-Bite-Filter kombiniert. Nicht zuletzt sind auch die internen Effekte sehr gelungen und mehr als nur Beiwerk.

Zudem gibt Diva sich nicht puritanisch im Sinne einer totalen Einschränkung auf die Originale und deren Leistungsspektrum: Diva kann bis zu 16-fach polyfon gespielt werden, wobei sich die Polyfonie die Stimmen mit dem Unisono (bis zu sechsfach) teilt. Zudem gibt es einige Extras, etwa einen Ringmodulator beim MS-20 oder das fließende Überblenden zwischen den Wellenformen des Minimoog. (Aktuelle Moogs können das auch, aber beim Minimoog rasteten die Regler noch auf den Wellenformen ein.)

Eine üppige und vielseitige Auswahl an Presets macht bereits den Einstieg zu einem inspirierenden Erlebnis. Über eine Auswahl an Templates kann man seine eigenen Minimoog, MS-20, Jupiter 8 oder JP-8000-Sounds erstellen (und komfortabel mit Klangbeschreibung und signiert abspeichern). Da Diva logisch und übersichtlich aufgebaut ist, gelingt die Bedienung bis zu einem gewissen Grad mühelos.

Diva ermöglicht auch Klänge abseits analoger Standardsounds. Die LFO-Speed reicht bis in hörbare Frequenzen, zusammen mit Cross-Modulation der Oszillatoren und Filter-FM eröffnen sich auch abgedrehte Effektklänge und Geräuschhaftes.

Mit temposynchronen LFOs und einem kleinen aber feinen Arpeggiator bringt man Bewegung und Rhythmik in die Klänge.

Will man die Möglichkeiten der Lady aus Berlin vollständig ausloten und Sounds in allen Feinheiten konfigurieren, ist ein Blick ins Handbuch unerlässlich. Dieses ist in relativ leicht verständlichem Englisch verfasst. Ein deutsches Handbuch gibt es leider nicht.

Die exzellente Audioqualität und die latenzfreien Filter fordern ihren Preis, und u-he selbst warnt vor dem Leistungshunger seiner Diva. Ganz so schlimm ist es dann aber doch nicht: Mit einem halbwegs aktuellen Rechner kann man Diva bei geringer Latenz auch live einsetzen – der Multicore-Modus, der die Berechnung der Stimmen auf mehrere Kerne verteilt, macht es möglich. Dann sind sogar zwei Instanzen und noch eine handvoll anderer Instrumente oder Plug-ins drin – vorausgesetzt, dass sich diese deutlich genügsamer zeigen als Diva.

Diva kann nicht alles – beispielsweise gibt es Software-Synthesizer, die mit zeichenbaren Abläufen von Modulationssequenzern aufwarten, mit exotischen Effekten oder Granular-Resynthese. Solche Disziplinen sind jedoch nicht das Anliegen der Diva – hier geht es zuallererst um den einzigen, echten Analogsound und darüber hinaus um manch sinnvolle Leistungserweiterung der emulierten Legenden – und diese Aufgabe erfüllt Diva par Excellence.

Der Preis ist ausgesprochen fair.

Testautor: Holger Obst

Top Product Award

Plus

  • authentische Emulation mehrerer analoger Synthesizer auf Referenzklasseniveau
  • Kombinationsmöglichkeit von Modulen klassischer Analogsynthesizer
  • erstklassige Filter-Emulationen
  • exzellente Audioqualität
  • Vielzahl inspirierender Presets
  • fairer Preis

Minus

Preis (UVP): 179.- US-Dollar zzgl. 19% USt. in Europa

System:

Mac, PC

32 und 64 Bit

Formte: AAX, AU, VST2, VST3, NKS

Hersteller: u-he

Testsystem

Win 8.1 PC, Intel 6-Core i7, 5930K, mit 3,5-3,8 GHz CPU unter Cubase 8.5, RME Fireface 802, Testprojekt mit 44,1 kHz Samplerate und 24 Bit Auflösung.

Inhalt: