Test: TC VSS3 Native Reverb im Vergleich
|Wie viel Hall braucht man überhaupt?
Gute Raumsimulatoren sind ein Genuss für die Ohren, und das Arbeiten an der Raumakustik bei laufendem Playback ein einzigartiges Erlebnis. Instrumente werden erst zu dem, was sie sind, indem sie mit einer Raumakustik interagieren. Diese fließend zu verändern und die Metamorphosen live zu erleben, ist etwas Besonderes und zugleich eines der Dinge, die den Erlebnisunterschied zwischen Musikproduzenten und -konsumenten ausmachen.
Im Hinblick auf die endgültige Abmischung muss man aber nüchtern konstatieren, dass je nach Genre es nicht unbedingt der allerbeste Hall sein muss – und auch nicht der neueste.
Ein befreundeter Toningenieur meinte einmal zu mir „Ich halte den Halleffekt an sich grundsätzlich für völlig überbewertet. Das ist aber meine persönliche Sichtweise.“
Das hat mir zu denken gegeben. Und in der Tat ist es so, dass (meist) der Hall ein zwar unverzichtbarer Effekt ist, den man aber so abmischen sollte, dass man ihn nicht bewusst wahrnimmt – Ausnahmen bestätigen die Regel. Da fragt es sich, wie viel von den feinen Unterschieden zwischen den Top-Kandidaten, die sich ein Kopf-An-Kopf-Rennen liefern, noch übrigbleibt. Und was davon beim Hörer oder beim Auftraggeber ankommt.
Es gibt tatsächlich Top-Acts, deren Songs auch wegen des außergewöhnlich guten Klanges geschätzt und prämiert werden, die immer noch den Renaissance Reverb, und zwar fast ausschließlich diesen, verwenden. Und bei allem Respekt vor dem Waves-Produkt, das um die Jahrtausendwende als Non-Plus-Ultra unter den nativen Halls galt – hier ist der Abstand zu heutigen Spitzenprodukten doch deutlich.
Bei der Entscheidung für den persönlichen Lieblingshall kommt es also möglicherweise gar nicht auf „objektive“ Kriterien an, wie die Transparenz in den Höhen, ein feiner, seidiger Klang mit natürlich wirkenden Schwebungen in der Hallfahne, eine hohe Auflösung der Reflexionen oder eine (bei Bedarf) große Reflexionsdichte, Gestaltungsmöglichkeiten von Frühen Reflexionen und anderen Echo-Clustern oder eine authentisch wirkende, subtile Modulation.
Entscheidend ist vielmehr, mit dem Hall der Wahl reibungslos und intuitiv arbeiten zu können und seinen besonderen Eigenklang nahtlos in eine stimmige Interaktion mit den Instrumenten bringen zu können. Die Komposition des Raum-Klanges ist eine sehr subjektive Angelegenheit.
Wie viele Raumsimulatoren „man“ braucht, lässt sich also nicht allgemeingültig beantworten. „Man“ gibt es hier nicht. Manche benötigen nur einen, andere wissen die Vielfalt zu schätzen und setzen Reverbs ihren speziellen Leistngsmerkmalen entsprechend im Austausch ein.
Mehr zum Thema Hall finden Sie auch in unserem Vergleichstest zwischen 14 nativen Hallerzeugern. Dort sind auch noch andere empfehlenswerte Kandidaten dabei, etwa UltraSpace von Tone2, der IQ-Reverb von Hofa und der UltraReverb von Eventide. Ach ja, Blackhole von Eventide ist als Effektmaschine mit Hall-Morphing eine Sache für sich. Sehr interessant. Blackhole finden Sie in unserem Test zum Anthology X Bundle.
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Inhalt
- Vorbemerkung
- Die Wiederauferstehung – und ein kurzer Rückblick
- Wie viel Hall braucht man überhaupt?
- Preispolitik und die TC Powercore
- Installation
- Zusammenfassung
- Bedienoberfläche und Parameterausstattung
- Klangbeispiele – ein kleiner Vergleichstest / Instrument: Flügel
- Klangbeispiele – ein kleiner Vergleichstest / Instrument: Gesang
- Klangbeispiele – ein kleiner Vergleichstest / Instrument: Drums
- Fazit
- Schlussbemerkung zum besonderen Hintergrund dieses Tests